Empfehlungen der Ausschüsse
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse KOM (2010) 733 endg.; Ratsdok. 17672/10

879. Sitzung des Bundesrates am 11. Februar 2011

A

Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:

Gemäß Artikel 2 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags gilt die Verordnung nicht für Weinbauerzeugnisse, mit Ausnahme von Weinessig, oder Spirituosen oder aromatisierte Weine.

Die verschiedenen Kategorien von Weinbauerzeugnissen sind in Anhang XIb der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) geregelt, während der Begriff "aromatisierter Wein" in der Verordnung (EG) Nr. 1601/91 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung aromatisierten Weines, aromatisierter weinhaltiger Getränke und aromatisierter weinhaltiger Cocktails festgelegt ist.

Gemäß dem Verordnungsvorschlag sollen unter anderem alle Weinbauerzeugnisse sowie aromatisierte Weine ausgenommen sein. Dies ist insofern widersprüchlich, da damit zwar aromatisierte Weine, jedoch nicht die anderen in der Verordnung (EG) Nr. 1601/91 geregelten Erzeugnisse (aromatisierte weinhaltige Getränke und aromatisierte weinhaltige Cocktails) ausgenommen wären. Auch entspricht dies nicht den in verschiedenen Erwägungsgründen des Verordnungsvorschlags aufgeführten Hintergründen, wonach alle im Weinsektor geregelten Erzeugnisse ausgenommen sein sollen, da hier bereits entsprechende Regelungen bestehen, so auch im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1601/9 1.

Es ist daher davon auszugehen, dass aromatisierte weinhaltige Getränke und aromatisierte weinhaltige Cocktails von der Regelung des Artikels 2 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags ebenso wie die aromatisierten Weine ausgenommen sein sollen. Der Vorteil sowohl für die Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für die zuständigen Überwachungsbehörden wäre, dass gleichartige Erzeugnisse gleichartig rechtlich geregelt sind und entsprechenden Kontrollen unterliegen.

Es wird daher als sinnvoll erachtet, die Ausnahmeregelung für Weinbauerzeugnisse, Spirituosen und aromatisierte Weine im Artikel 2 Absatz 2 um die Begriffe "aromatisierte weinhaltige Getränke, aromatisierte weinhaltige Cocktails und weinhaltige Getränke" zu ergänzen.

Zu Artikel 31

Nach Artikel 31 müssen die Mitgliedstaaten künftig die Kontrollen zur Einhaltung der Regelungen für fakultative und zusätzliche fakultative Qualitätsangaben auf der Grundlage von Risikoanalysen durchführen. Die fakultativen Qualitätsangaben sind in verschiedenen Vermarktungsnormen geregelt (siehe Anhang II des Verordnungsvorschlags). Eine Kontrolle der Qualitätsangaben auf der Grundlage von Risikoanalysen ist in den Vermarktungsnormen nicht vorgesehen. Für die zusätzlichen fakultativen Qualitätsangaben bestehen bisher keine speziellen Regelungen. Die für die Kontrolle von Qualitätsangaben geltende Rechtslage sollte beibehalten werden. Der Aufwand für die systematische und durchgängige Erstellung von Risikoanalysen wird als unverhältnismäßig angesehen. Zudem ist der Begriff zusätzliche fakultative Qualitätsangabe sehr auslegungsbedürftig und daher nur schwer zu kontrollieren.

Zu Artikel 33 Absatz 1 Satz 2

Artikel 33 Absatz 1 Satz 2 regelt die entsprechende Anwendbarkeit der Verfahren und Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 auf alle amtlichen Kontrollen, mit denen die Erfüllung der Anforderungen im Zusammenhang mit den Qualitätsregelungen für die Erzeugnisse des Anhangs I geprüft wird. Dies bedeutet unter anderem, dass im Vorfeld von Kontrollen eine Risikoanalyse mit entsprechendem Verwaltungsaufwand erfolgen muss und die Kontrollen in das aufwändige Qualitätssicherungsmanagement aufzunehmen sind. Die Kontrollen sind dann entsprechend dem Qualitätssicherungsmanagement-System durchzuführen und zu dokumentieren, gegebenenfalls auch zu auditieren. Der mit der Ausweitung der Kontrollen für die zuständigen Behörden entstehende Mehraufwand ist unverhältnismäßig. Kontrollen, wie sie bislang gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 509/2006 und Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 vorgeschrieben sind, sind ausreichend.

Zu Artikel 37

Artikel 37 sieht eine erhebliche Ausweitung im Hinblick auf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten vor, Kontrollverpflichtungen aufzuführen und über die Kontrolle der Verpflichtungen zu berichten. Die Mitgliedstaaten müssen hierzu zukünftig im Rahmen der mehrjährigen nationalen Kontrollpläne gemäß der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 jährlich systematisch über die Kontrollergebnisse und die Art und Anzahl von Verstößen gegen Qualitätsregeln berichten. Diese Berichtspflicht schließt auch eingeleitete Gegen- und Durchsetzungsmaßnahmen ein. Darüber hinaus ist der formale Rahmen dieser Berichterstattung durch die von der Kommission vorgelegten Leitlinien zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Erstellung des Jahresberichts zum mehrjährigen nationalen Kontrollplan vorgegeben sowie eine Abgabefrist von sechs Monaten festgelegt. Gemäß den bisher einschlägigen und durch den Verordnungsvorschlag abzulösenden Verordnungen (EG) Nr. 509/2006 und Nr. 510/2006 bestanden keine Berichtspflichten für Qualitätsregelungen. Diese vollständig neue systematische und jährliche Berichtspflicht wird in der vorliegenden Form als nicht verhältnismäßig erachtet und daher abgelehnt.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher darauf hinzuwirken, dass die vorgesehene vielfältige Rückgriffsmöglichkeit der Kommission auf das Instrument der delegierten Rechtsakte überprüft und auf ein tragbares Maß begrenzt wird.

Dieses neue Instrument zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen in weitgehender Zuständigkeit der Kommission sollte sich auf technische Regelungsinhalte ohne grundsätzliche Relevanz beschränken. Gemäß dem vorliegenden Vorschlag sollen jedoch Regelungsinhalte mittels delegierter Rechtsakte bestimmt werden können, die zwar vordergründig technischer Natur sind, aber weitreichende Konsequenzen für die Betroffenen haben können, so dass sie faktisch eher grundsätzlicher Natur sind. Dies betrifft bei den Regelungen zu geschützten Ursprungsbezeichnungen und den geschützten geographischen Angaben insbesondere die Artikel 2 und 5. Bei den fakultativen Qualitätsangaben sollte eine überflüssige Parallelität zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und den darauf aufbauenden Rechtsakten des Durchführungsrechts vermieden werden. Aus Sicht des Bundesrates dürfen keine Detailregelungen ohne hinreichende Beteiligung der Mitgliedstaaten erlassen werden können, deren Einhaltung nach Artikel 31 von den Behörden (Land/Kommunen) auf der Basis von Risikoanalysen zu überwachen sind.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Der Bundesrat hat in seinem Beschluss vom 19. Dezember 2008 zum Grünbuch die Weiterentwicklung der EU-Qualitätspolitik begrüßt und betrachtet die Qualitätspolitik und deren Instrumente als einen wichtigen Wettbewerbsvorteil der Land- und Ernährungswirtschaft in der EU. Im Sinne des o.g. Beschlusses geht der Vorschlag im Hinblick auf die Zusammenführung dieser Instrumente in eine Verordnung und auf die damit verbundene Klarheit und Transparenz sowie auch in Bezug auf die Präzisierung der erforderlichen Überwachungsmaßnahmen in den jeweiligen Rechtsbereichen in die richtige Richtung. Die Bedeutung dieser Instrumente einer gemeinsamen Qualitätspolitik und des Schutzes kollektiven geistigen Eigentums in den jeweiligen Erzeugungsregionen wird entsprechend herausgestellt. Es wird somit gewährleistet, dass auch zukünftig die Produzenten von gebietsgebundenen Erzeugnissen entsprechend den jeweiligen unterschiedlichen Gegebenheiten und Anforderungen in den betreffenden Regionen dieses geistige Eigentum schützen können.

Die mit dem Vorschlag verbundene Verschlankung der Eintragungsverfahren auf EU-Ebene, die Zusammenführung der Verordnung (EG) Nr. 509/2006 und Verordnung (EG) Nr. 510/2006 sowie die Einbeziehung der Vorschriften zu den fakultativen Angaben erfordern entsprechende Anpassungen beim Bund, insbesondere bei den bisherigen Zuständigkeiten zweier Ressorts. Angesichts der bestehenden vergleichbaren Regelungen im Wein- und Spirituosenrecht zum Schutz geografischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen wird gebeten, nun eine Zusammenführung der Zuständigkeiten für diese Rechtsbereiche bei dem dafür bereits zuständigen Ressort zu prüfen.

Da auch die Länder bei der Umsetzung und Anwendung der Vorschriften direkt betroffen sind, muss gerade vor dem Hintergrund des neuen Instruments der EU-Rechtsetzung im Rahmen delegierter Rechtakte eine Beteiligung der Länder auch im Vorfeld gewährleistet sein und die Anwendung des Instruments der delegierten Rechtsakte muss sehr sorgsam geprüft und begleitet werden können. Eine Ermächtigung für delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 290 AEUV sollte daher ausschließlich in den Fällen vorgesehen werden, in denen bisher nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle im Sinne des Komitologie-Beschlusses verfahren wurde. Sofern bestimmte nicht wesentliche Änderungen oder Ergänzungen im Wege von delegierten Rechtsakten festgelegt werden, sollten diese erst nach vorheriger Anhörung von Experten aus Verwaltungen der Mitgliedstaaten erlassen werden.

B