Der Bundesrat hat in seiner 915. Sitzung am 11. Oktober 2013 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das mit dem Verordnungsvorschlag verfolgte Ziel, die finanziellen Interessen der EU auch mit strafrechtlichen Mitteln wirksamer zu schützen. Als größter Beitragszahler in der EU hat Deutschland hieran ein besonderes Interesse. Nicht zuletzt stärkt konsequente Verfolgung von Betrug und Missbrauch die Steuerehrlichkeit und sichert dadurch die finanzielle Leistungsfähigkeit der EU und der Mitgliedstaaten.
- 2. Der Bundesrat hält die Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft für grundsätzlich geeignet, unionsweit für mehr Effektivität bei der strafrechtlichen Ahndung von Delikten zu sorgen, die gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtet sind. Der Schutz der finanziellen Interessen der EU gegen Betrug und Missbrauch muss in allen Mitgliedstaaten ausnahmslos gewährleistet sein. Daher verspricht die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft nur dann einen Mehrwert, wenn sich ihre Zuständigkeit nicht auf nur einige Mitgliedstaaten im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit beschränkt, sondern sich möglichst alle Mitgliedstaaten an der Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft beteiligen. Eine Strafverfolgung der zwei Geschwindigkeiten innerhalb Europas brächte kaum einen Nutzen. In diesem Fall könnte der mit der Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft verbundene empfindliche Eingriff in die nationale Souveränität in einem der sensibelsten Bereiche eine Verletzung des Subsidiaritätsgrundsatzes zur Folge haben.
- 3. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, wonach die Europäische Staatsanwaltschaft nach dem Legalitätsprinzip tätig werden soll. Er ist ebenfalls der Ansicht, dass die Europäische Staatsanwaltschaft ihre Tätigkeit unabhängig und nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, der Unparteilichkeit und der Fairness ausüben sollte.
- 4. Er befürwortet eine auf EU-Ebene schlanke Europäische Staatsanwaltschaft mit dezentralem, in die nationalen Strafverfolgungssysteme eingebundenem Unterbau. Die vorgesehene Ermittlungsführung, Anklageerhebung und Prozessvertretung durch (weisungsgebundene) Abgeordnete Europäische Staatsanwälte, die gleichzeitig nationale Staatsanwälte sind, gewährleisten eine enge Vernetzung der europäischen und nationalen Strafverfolgung und ermöglichen den Zugriff der Europäischen Staatsanwaltschaft auf die bewährten Strukturen und Kenntnisse vor Ort, die für ihre Tätigkeit unerlässlich sind.
- 5. Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass es sich bei den in die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft fallenden Verfahren oftmals um solche von erheblichem Umfang handeln wird, in denen komplexe Strukturen aufzuklären sind. Jedenfalls bei zeitgleich an mehreren Orten durchzuführenden strafprozessualen Maßnahmen, wie zum Beispiel Durchsuchungen, wird es mehrerer Abgeordneter Europäischer Staatsanwälte bedürfen, um den akuten Arbeitsanfall sachgerecht zu bewältigen. Der tatsächliche Bedarf an Abgeordneten Europäischen Staatsanwälten kann naturgemäß erst nach Entscheidung über die Ausgestaltung der Strukturen und Abläufe bestimmt werden. Im Rahmen des den Mitgliedstaaten zukommenden Vorschlagsrechts fordert der Bundesrat, die Ansiedelung der Abgeordneten Europäischen Staatsanwälte in Deutschland auf Landesebene vorzunehmen und deren Anzahl und Auswahl den Ländern vorzubehalten. Angesichts der im Grundgesetz vorgesehenen Zuständigkeit der Länder für die Strafverfolgung sieht der Bundesrat eine Weisungsbefugnis der Europäischen Staatsanwaltschaft gegenüber nationalen Staatsanwaltschaften als problematisch an.
- 6. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft in dem für die Mitgliedstaaten besonders sensiblen Bereich der strafrechtlichen Verfolgung zu erheblichen Souveränitätseinbußen für die Mitgliedstaaten führen wird. Fußend auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat sich die Union im Bereich der Strafverfolgung bislang vornehmlich darauf beschränkt, die nationalen, auf Rechtshilfe und gegenseitiger Anerkennung von Entscheidungen basierenden Strafverfolgungssysteme zu unterstützen. Nunmehr erhält sie in einem begrenzten Bereich der strafrechtlichen Verfolgung eigene, unabhängig und vorrangig ausgestaltete Zuständigkeiten. Die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft darf die Hoheitsrechte der Mitgliedstaaten indes nicht weiter beschneiden als für die Erreichung ihres Zwecks unbedingt erforderlich. Neben der Verankerung der Europäischen Staatsanwaltschaft in den nationalen Strafverfolgungssystemen gebietet die weitestmögliche Wahrung nationaler Hoheitsrechte Folgendes zu beachten:
- - Der Bundesrat hält es für richtig, die originäre Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft auf Straftaten zu begrenzen, die gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtet sind (PIF-Delikte); - Er spricht sich dafür aus, die in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Staatsanwaltschaft fallenden Straftatbestände unmittelbar in der Verordnung oder einem Annex zu definieren. Der Verweisung auf eine noch nicht verabschiedete Richtlinie und erst recht der Verweisung auf zu ihrer Umsetzung erlassene nationale Vorschriften fehlt die erforderliche Normenklarheit;
- - Der Bundesrat anerkennt das Bedürfnis, die Zuständigkeiten zwischen der Europäischen Staatsanwaltschaft und den nationalen Staatsanwaltschaften klar gegeneinander abzugrenzen. Um Doppelverfolgungen oder Strafverfolgungslücken zu vermeiden, muss die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft auch Delikte erfassen, die mit gegen die finanziellen Interessen der Union gerichteten Straftaten in untrennbarem Sachzusammenhang stehen. Indes darf sich die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft kraft Sachzusammenhangs nur soweit erstrecken, wie ein Lebenssachverhalt von der Rechtskraft einer strafgerichtlichen Entscheidung zu einem PIF-Delikt erfasst würde (sogenannte Nebisinidem-Konstellationen). Die insofern für die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft vorgesehenen Kriterien und der Konfliktlösungsmechanismus erscheinen dem Bundesrat hierfür grundsätzlich geeignet;
- - Er sieht die vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft für die Verfolgung von PIF-Delikten als zu weitgehend an. Er spricht sich für eine konkurrierende Zuständigkeit von Mitgliedstaaten und Europäischer Staatsanwaltschaft mit einem Evokationsrecht der Europäischen Staatsanwaltschaft aus. Damit wird sichergestellt, dass die nationalen Strafverfolgungsbehörden zügig und wirksam Ermittlungen einleiten können und Mitgliedstaaten mit bislang bestehenden Vollzugsdefiziten zu verstärkten eigenen Anstrengungen zur strafrechtlichen Bekämpfung von Betrug und Missbrauch ermuntert werden. Im Übrigen entspricht es dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, nur dort und in dem Maß in die nationale Souveränität einzugreifen, wo und soweit dies tatsächlich erforderlich ist;
- - In diesem Zusammenhang fordert der Bundesrat, die Zuständigkeitsregeln auch um eine Pflicht zur Abgabe bzw. Rückgabe eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens an die zuständigen nationalen Strafverfolgungsbehörden zu ergänzen. Kriterien hierfür könnten die Höhe des Schadens, strafrechtliche Ermittlungen in nur einem Mitgliedstaat und die Gewährleistung einer angemessenen Strafverfolgung durch die nationalen Strafverfolgungsbehörden sein.
- 7. Der Bundesrat begrüßt, dass sich die Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft nach nationalem Recht richten. Er hält es mit Blick auf den Katalog der in das nationale Recht zu implementierenden Ermittlungsmaßnahmen nicht für zielführend, der Europäischen Staatsanwaltschaft mehr Befugnisse einzuräumen als der nach nationalem Recht zuständigen Staatsanwaltschaft. Insbesondere sind Vorgaben des nationalen Verfassungsrechts für schwerwiegende Grundrechtseingriffe, wie beispielsweise für eine Telekommunikationsüberwachung ( § 100a StPO) oder eine akustische Wohnraumüberwachung ( § 100c StPO), zu beachten.
- 8. Der Bundesrat begrüßt unter dem Gesichtspunkt der Schonung von Personalund Sachressourcen der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte die vorgesehene Möglichkeit, in geeigneten Fällen Ermittlungsverfahren nach Opportunitätsgesichtspunkten durch "Vergleich" abschließen zu können, wenn der Schaden wieder gutgemacht ist. Allerdings kommen in der Praxis häufig sogenannte Mischfälle vor, in denen auch die finanziellen Interessen eines Landes oder anderer inländischer Rechtsträger geschädigt sind. Für diese Fälle fordert der Bundesrat, neben der Zustimmung des Verdächtigen auch die des ebenfalls betroffenen Landes vorzusehen.
- 9. Der Bundesrat sieht die Regelung zur Zulässigkeit von Beweismitteln nach nationalem Recht im Grundsatz als vertretbar an. Wichtig erscheint, dass für eingriffsintensive Maßnahmen der Beweiserhebung ein Richtervorbehalt vorgesehen ist und die Beweiszulassung nur für die von der Europäischen Staatsanwaltschaft betriebenen Verfahren gilt. Er hat jedoch Zweifel, ob der Verweis auf die Artikel 47 und 48 der Grundrechtecharta der EU ausreicht, um in der Praxis eine Prüfung und Ablehnung von Beweismitteln bei gravierenden Rechtsverstößen zu erlauben.
- 10. Er sieht die Notwendigkeit, der Europäischen Staatsanwaltschaft das Instrumentarium zum Rechtshilfeverkehr in Strafsachen mit Mitgliedstaaten ebenso wie mit Drittstaaten an die Hand zu geben. Nur wenn die Europäische Staatsanwaltschaft auf völkerrechtlich verbindlicher Grundlage Drittstaaten um Auslieferung und Rechtshilfe ersuchen kann, wie dies bislang die nationalen Staatsanwaltschaften können, kann ihre Arbeit die gewünschte Wirkung erreichen. Daher begegnet die in Artikel 59 Absatz 4 des Verordnungsvorschlags vorgesehene Regelung, nach der die Mitgliedstaaten die Europäische Staatsanwaltschaft als für die Durchführung von Rechtshilfeersuchen auf Grundlage internationaler Übereinkommen zuständige Behörde anerkennen, erheblichen Bedenken. Einerseits träte die Europäische Staatsanwaltschaft in sich aus internationalen Verträgen ergebende Rechte und Pflichten ein, ohne dass die EU selbst Partei des jeweiligen Vertrages ist. Andererseits ließe sich die Ausübung rechtshilferechtlicher Befugnisse durch die Europäische Staatsanwaltschaft nicht mit in internationalen Verträgen vorgesehenen justizministeriellen oder diplomatischen Geschäftswegen in Einklang bringen. Eine Überstellung verfolgter Personen aus einem Mitgliedstaat in einen anderen ohne richterliche Überprüfung lehnt der Bundesrat ab. Er empfiehlt, den Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. Juli 2002, Seite 1) in der Fassung des Rahmenbeschlusses 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 (ABl. L 81 vom 27. März 2009, Seite 24) für entsprechend anwendbar zu erklären.
- 11. Der Bundesrat begrüßt, dass auch die Haftung der Europäischen Staatsanwaltschaft und der Abgeordneten Europäischen Staatsanwälte in Ausübung ihres Amtes festgeschrieben wird. Er versteht den Wortlaut von Artikel 69 Absatz 3 und 4 des Verordnungsvorschlags trotz der variierenden Terminologie dahin, dass auch von einem etwaigen Verschulden unabhängige Ansprüche bestehen sollen. Der Bundesrat hebt hervor, dass zumindest für besonders eingriffsintensive Maßnahmen, wie zum Beispiel Freiheitsentziehungen, Sicherstellungen und Durchsuchungen der Schutz Betroffener, nicht hinter dem Umfang, wie er im deutschen Recht in dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) seine Regelung findet, zurückbleiben darf. Er fordert, dass durch eine Strafverfolgungsmaßnahme Geschädigte ihre Ansprüche nach dem materiellen und dem Verfahrensrecht des Mitgliedstaates und in dem Mitgliedstaat, dem sie angehören, geltend machen können. Es erscheint unzumutbar, diese Geschädigten auf ein ihnen unbekanntes Recht und den Gang zum Gerichtshof der EU zu verweisen.
- 12. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Übermittlung von personenbezogenen Daten und Erkenntnissen durch die Europäische Staatsanwaltschaft an die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten zum Zweck der Verfolgung und Verhütung von Straftaten oder zur Abwehr einer unmittelbaren, ernsthaften Gefahr für die öffentliche Sicherheit einer ausreichenden Regelung bedarf. Er hält die in dem Erwägungsgrund 42 in Bezug genommene Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12. Januar 2001, Seite 1) nicht für eine geeignete Rechtsgrundlage. Die genannte Verordnung verweist in den Artikeln 8 und 9 auf die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 (ABl. L 281 vom 23. November 1995, Seite 31), die betreffend die öffentliche Sicherheit, die Landesverteidigung, die Sicherheit des Staates und die Tätigkeiten des Staates im strafrechtlichen Bereich keine Anwendung findet.
- 13. Er ist auch der Auffassung, dass die Übermittlung und weitere Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die zwischen der Europäischen Staatsanwaltschaft und den Mitgliedstaaten übermittelt werden, einen dem Rahmenbeschluss 2008/977/JI des Rates vom 27. November 2008 über den Schutz personenbezogener Daten (ABl. L 350 vom 30. Dezember 2008, Seite 60) vergleichbaren Standard aufweisen muss. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass Erkenntnisse und personenbezogene Daten, die aus Strafverfahren der Mitgliedstaaten stammen, ohne ausdrückliche Zustimmung der übermittelnden Behörden nicht an Drittstaaten, internationale Organisationen oder sonstige Dritte weitergegeben werden.
- 14. Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass jede Inkohärenz der Datenübermittlungs- und Datenschutzvorschriften, insbesondere für Abgeordnete Europäische Staatsanwälte, die gemäß Artikel 6 Absatz 6 des Verordnungsvorschlags zugleich Aufgaben als einzelstaatliche Staatsanwälte wahrnehmen können sollen, erhebliche Rechtsunsicherheiten nach sich ziehen könnte. Personenbezogene Erkenntnisse werden sich in den sogenannten Mischfällen häufig auch auf Straftaten beziehen, für die eine originäre Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft nicht besteht. Für die Übermittlung solcher "doppelrelevanten" Erkenntnisse sollte ein einheitlicher Rechtsrahmen angestrebt werden.
- 15. Er gibt weiter zu bedenken, dass die Übermittlung von Erkenntnissen aus Ermittlungsverfahren an öffentliche Stellen in den Mitgliedstaaten, die sich ausweislich des Erwägungsgrundes 42 an Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12. Januar 2001, Seite 1) orientieren soll, auch dann möglich sein muss, wenn die Kenntnis der Daten aus der Sicht der übermittelnden Stelle für die Aufgabenerfüllung des Empfängers erforderlich ist. Die entsprechende Regelung in § 14 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG) hat sich in der Praxis bewährt.
- 16. Der Bundesrat weist darauf hin, dass der Verordnungsvorschlag von der Prämisse ausgeht, dass sich alle Mitgliedstaaten - mit Ausnahme Dänemarks, Großbritanniens und Irlands - an der Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft beteiligen. Die Abschätzung der Kostenfolgen unter Einbeziehung der Einsparungen bei dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und Eurojust beruht ebenfalls auf dieser Annahme. Sollte die Europäische Staatsanwaltschaft indes lediglich im Wege der Verstärkten Zusammenarbeit errichtet werden, werden abhängig von der Anzahl der teilnehmenden Mitgliedstaaten die Kosten deutlicher höher ausfallen, weil die bisherigen Strukturen in einem gewissen Umfang aufrechterhalten bleiben müssten.
- 17. Der Bundesrat hält eine Regelung zur Frage der Vollstreckung rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen für erforderlich. Aus der Aufgabenbeschreibung der Europäischen Staatsanwaltschaft in Artikel 4 Absatz 3 des Verordnungsvorschlags ("... nimmt ... die Aufgaben der Staatsanwaltschaft wahr, ... bis die Sache endgültig entschieden ist.") folgt, dass die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft mit Eintritt der Rechtskraft eines Urteils endet. Eine ausdrückliche Zuständigkeit der nationalen Staatsanwaltschaften für die Vollstreckung ist nicht vorgesehen.
- 18. Ebenso fehlt eine Bestimmung dazu, bei welcher Stelle die möglicherweise erheblichen gerichtlichen Verfahrenskosten und die Vollstreckungskosten verbleiben. Angesichts der Entscheidungsfreiheit der Europäischen Staatsanwaltschaft, welchen Abgeordneten Europäischen Staatsanwalt sie mit den Ermittlungen betraut und ob und wo sie Anklage erhebt, sowie angesichts der Tatsache, dass Beträge aus der Einstellung von Ermittlungsverfahren auf Grundlage eines Vergleichs dem Unionshaushalt zufließen, erscheint es nur billig, dass auch die Kosten bei diesem verbleiben.
- 19. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.