954. Sitzung des Bundesrates am 10. März 2017
Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß Artikel 12 Buchstabe b EUV wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die institutionelle Sonderstellung der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) grundsätzlich beibehalten wird, um die Unabhängigkeit der nationalen Energieregulierungsbehörden zu bewahren.
- 2. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass sich die ACER als Koordinierungs- und Beratungsgremium der nationalen Energieregulierungsbehörden mit den derzeitigen Entscheidungsfindungsmechanismen bewährt hat.
- 3. Der Bundesrat lehnt eine Ausweitung von Letztentscheidungskompetenzen der ACER ab. Dies verstößt nicht nur gegen das Subsidiaritätsprinzip aus Artikel 5 Absatz 3 EUV, sondern greift auch rechtfertigungslos in die Unabhängigkeit der nationalen Energieregulierungsbehörden ein. Das Ziel der Kommission, Hemmnisse im Strombinnenmarkt durch uneinheitliche Entscheidungen der von grenzübergreifenden Fragen betroffenen nationalen Regulierungsbehörden zu verhindern, lässt sich auch auf mitgliedstaatlicher Ebene ausreichend erreichen. Hierzu ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die durch die jeweilige Frage betroffenen nationalen Regulierungsbehörden bzw. Mitgliedstaaten eine einvernehmliche Problemlösung finden. Eine stärkere Letztentscheidungskompetenz der ACER in transnationalen Fragen würde sich nachteilig auf die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden auswirken.
- 4. Der Bundesrat fordert, dass auf die geplante Abschwächung der Mehrheitserfordernisse im Regulierungs- wie im Verwaltungsrat der ACER verzichtet wird. Die grundsätzliche qualifizierte Mehrheit in diesen Gremien sichert bisher die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips bei allen Aktivitäten der ACER und dient als zusätzliche Garantie der Unabhängigkeit der nationalen Energieregulierungsbehörden. Sie ist daher zwingend erforderlich. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass es deshalb sogar der Einführung der doppelt qualifizierten Mehrheit gemäß Artikel 16 Absatz 4 EUV im Regulierungsrat der ACER bedarf.
- 5. Der Bundesrat sieht insbesondere in der vorgeschlagenen Regelung des Artikels 6 Absatz 8 einen Verstoß gegen das in Artikel 5 Absatz 4 EUV niedergelegte Verhältnismäßigkeitsprinzip, da durch diese Regelung eine tendenziell unbeschränkte Ausweitung von Entscheidungskompetenzen der ACER ermöglicht wird. Die vorgeschlagene Neufassung des Artikels 6 Absatz 8 überträgt der ACER die Entscheidung über potentiell alle (gegebenenfalls auch unstreitige) Regulierungsfragen, sofern sie grenzüberschreitende Bedeutung haben. Die Entscheidungskompetenz wird dabei nicht nur auf gemeinsamen Antrag der zuständigen nationalen Regulierungsbehörden ausgelöst, sondern bereits dann, wenn diese Behörden binnen einer knapp bemessenen Frist von sechs (bzw. maximal zwölf) Monaten keine Einigung über die betroffene Frage erzielen können.
* Die Ausschussberatungen gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG sind noch nicht abgeschlossen.