A. Problem und Ziel
- In Hochschulen und Forschungseinrichtungen besteht dringender Bedarf für die Zulassung befristeter Beschäftigungsverhältnisse von Wissenschaftlern und anderen Mitarbeitern, die aus Drittmitteln finanziert werden. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass im Wissenschaftsbereich die unbefristete Förderung von Institutionen tendenziell immer mehr durch befristete Förderung von Projekten ersetzt wird.
- Die einschlägigen Bestimmungen im Hochschulrahmengesetz (HRG) reichen nicht aus, um die in diesem Bereich bestehenden arbeitsrechtlichen Probleme zu lösen. Das HRG enthält konkrete Regelungen über die Möglichkeit der befristeten Beschäftigung von wissenschaftlichen Mitarbeitern nur für die Qualifikationsphase. Es lässt längstens eine Befristung solcher Arbeitsverhältnisse von bis zu sechs Jahren vor der Promotion und von bis zu weiteren sechs Jahren nach der Promotion zu.
- Danach oder außerhalb dieser Phase ist eine befristete Beschäftigung praktisch nicht möglich.
- Die unbefriedigende Gesetzeslage hat zur Folge, dass
- - Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf die befristete Beschäftigung qualifizierter Wissenschaftler und anderer Mitarbeiter verzichten auch wenn entsprechende Drittmittel vorhanden sind, weil sie befürchten, diese Personen nach Auslaufen der Drittmittel aus dem eigenen Budget weiterbeschäftigen zu müssen,
- - Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deswegen ins Ausland abwandern
- - Drittmittel nicht abgerufen und wichtige Forschungsansätze nicht weiterverfolgt werden.
- Deswegen ist eine klare und eindeutige Regelung über die Zulässigkeit von Drittmittelbefristungen außerhalb bzw. nach der Qualifikationsphase im Bundesrecht notwendig.
B. Lösung
- Aufnahme einer Regelung ins Teilzeit- und Befristungsgesetz des Bundes, die
- - zusätzlich zur befristeten Beschäftigung aus Haushaltsmitteln auch die Finanzierung eines Beschäftigungsverhältnisses aus Drittmitteln als sachliche Begründung für eine Befristung ausdrücklich zulässt,
- - außer für wissenschaftliche Mitarbeiter auch für sonstige Beschäftigte anwendbar ist, die aus Drittmitteln finanziert werden, wie z.B. Laboranten, denn auch bei diesen Beschäftigten ist häufig eine Weiterbeschäftigung nach Auslaufen eines Drittmittelprojekts im Rahmen eines Anschlussprojekts oder der Grundausstattung einer Hochschule oder Forschungseinrichtung nicht möglich,
- - durch eine sog. Tarifsperre sicherstellt, dass jeweils eine den besonderen Gegebenheiten der Forschungsprojekte entsprechende individuelle Befristung gewählt werden kann und für den Wissenschaftsbereich keine allgemeinen, für dieses Umfeld nicht passenden tarifvertraglichen Befristungsregelungen Anwendung finden,
- - auch für sog. Altfälle gilt, bei denen die Arbeitsverhältnisse bereits vor Einführungen der "6 plus 6"-Regelung ins HRG bestanden und bei denen die Frist von 12 Jahren überschritten worden ist oder demnächst überschritten wird, denn solche Arbeitsverträge enden nach dem geltenden § 57f Absatz 2 HRG spätestens am 29. Februar 2008.
C. Alternativen
- Im Rahmen der Zielsetzung Keine.
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
- 1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Keine.
- 2. Vollzugsaufwand
Keiner.
E. Sonstige Kosten
- Keine.
Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes
Der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburg, 22. August 2006
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen
Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat beschlossen, dem Bundesrat den anliegenden
- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes
mit dem Antrag vorzulegen, dass der Bundesrat diesen gemäß Art. 76 Abs. 1 GG im Bundestag einbringen möge.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 825. Bundesratssitzung am 22. September 2006 aufzunehmen. Der Gesetzentwurf soll vorgestellt und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zugewiesen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ole von Beust
Erster Bürgermeister
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
- Das Teilzeit- und Befristungsgesetz vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1966), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3002), wird wie folgt geändert:
- 1. § 14 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 wird wie folgt gefasst: "7. der Arbeitnehmer aus haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmten Haushaltsmitteln oder ganz oder überwiegend aus Drittmitteln vergütet und entsprechend beschäftigt wird oder".
- 2. In § 22 wird folgender Absatz 3 angefügt: "(3) Allgemeine tarifvertragliche Regelungen für befristete Arbeitsverträge sind im Wissenschaftsbereich in den Fällen des § 14 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 nur insoweit anwendbar als sie die nach dieser Vorschrift zulässigen Beschäftigungsmöglichkeiten nicht einschränken."
Artikel 2
- Dieses Gesetz tritt am ... in Kraft.
Begründung
Das Hochschulrahmengesetz (HRG) enthält in seinen §§ 57a ff. Regelungen über die befristete Beschäftigung von wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich jedoch auf die Qualifikationsphase beschränken (mögliche befristete Beschäftigung bis zur Promotion 6 Jahre, nach der Promotion ebenfalls noch einmal 6 Jahre). Diese Regelungen, die unmittelbar geltendes (Bundes-)Arbeitsrecht darstellen, werden durch die im Rahmen der Föderalismusreform vorgesehenen Verlagerungen von Gesetzgebungskompetenzen auf die Länder nicht berührt.
Regelungen über die Möglichkeit der befristeten Beschäftigung insbesondere aus Drittmitteln nach Ablauf dieser 12 Jahre bzw. außerhalb der Qualifikationsphase trifft das geltende HRG nicht. Dies ist ein erheblicher Mangel des Gesetzes. Die Hochschulen, aber auch Forschungsinstitutionen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, die Fraunhofer Gesellschaft, die Leibniz-Gemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft, ebenso der Wissenschaftsrat und die Hochschulrektorenkonferenz und ferner die Interessenverbände der Nachwuchswissenschaftler haben bereits die Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung angemahnt.
Die derzeit unsichere Rechtslage führt u.a. dazu, dass
- - Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf die befristete Beschäftigung qualifizierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verzichten, auch wenn entsprechende Drittmittel vorhanden sind, weil sie befürchten, diese Personen nach Auslaufen der Drittmittel aus dem eigenen Budget weiterbeschäftigen zu müssen;
- - Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deswegen ins Ausland abwandern;
- - Drittmittel nicht abgerufen und wichtige Forschungsansätze nicht weiterverfolgt werden.
Das HRG enthält zwar in § 57b Absatz 2 Satz 3 den Hinweis, dass nach Ablauf der 12-jährigen befristeten Beschäftigung im Rahmen der Qualifikationsphase eine weitere befristete Beschäftigung nach den Regeln der Teilzeit- und Befristungsgesetzes möglich sei, diese Verweisung löst jedoch die oben dargestellten Probleme aus folgenden Gründen nicht:
- - Das Teilzeit- und Befristungsgesetz enthält keine spezielle Regelung für Drittmittelbefristungen, anders als die frühere Fassung des HRG (Fassung der 4. Novelle), die eine solche Möglichkeit in § 57b Absatz 2 Nummer 4 ausdrücklich vorsah. Im Gegensatz dazu enthält jedoch das Teilzeit- und Befristungsgesetz in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 eine ausdrückliche Regelung für die befristete Beschäftigung aus Haushaltsmitteln, die wörtlich dem alten § 57b Absatz 2 Nummer 2 des HRG in der Fassung der 4. Novelle entspricht.
- - Da der Bundesgesetzgeber mithin für die befristete Beschäftigung aus Haushaltsmitteln die alte, offenere HRG-Regelung übernommen hat, bei der befristeten Beschäftigung aus Drittmitteln jedoch nicht, liegt der Schluss nahe, dass nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz die befristete Beschäftigung aus Drittmitteln nicht oder doch nur unter den früheren engen Voraussetzungen zulässig sein soll.
- - Diese früheren, engen, vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Beschränkungen der Drittmittelbefristung waren es jedoch gerade, die zu den Problemen in Hochschulen und Forschungseinrichtungen geführt haben, u.a. zur Umwandlung von befristeten in unbefristete Beschäftigungsverhältnisse durch die Arbeitsgerichte ohne Rücksicht auf das Auslaufen der Drittmittel. Hierzu wird auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.6.1996 zur befristeten Beschäftigung verwiesen, mit dem die Verfassungsbeschwerde der Gewerkschaften gegen die frühere Regelung im HRG als unbegründet zurückgewiesen wurden (BVerfG AP Nr. 2 zu § 57a HRG Blätter 2193, 2199).
- - Zudem erhält das Teilzeit- und Befristungsgesetz keine sog. Tarifsperre, was bedeutet, dass selbst bei Zulässigkeit von Drittmittelbefristungen nach diesem Gesetz die SR 2 y BAT für diese befristeten Beschäftigungsverhältnisse anzuwenden sind, die u.a. eine für den Hochschul- und Wissenschaftsbereich ungeeignete Höchstgrenze von 5 Jahren für die befristete Beschäftigung vorsehen.
Aus allen diesen Gründen bedarf es einer klaren und eindeutigen Regelung über die Zulässigkeit von Drittmittelbefristungen im Bundesrecht, die entsprechend der vom Bundesgesetzgeber gewählten Systematik jetzt ins Teilzeit- und Befristungsgesetz aufgenommen werden sollte und zwar in den o.g. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7, der nach dem vorliegenden Antrag neben der Beschäftigung aus Haushaltsmitteln zusätzlich die Beschäftigung aus Drittmitteln als Befristungsgrund nennen soll.
Die vorgeschlagene Regelung schafft die notwendige Klarheit, da sie dem früheren § 57b Absatz 2 Nummer 4 HRG(4. Novelle) entspricht und diese Regelung, wie die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zeigt, die genannten Mängel nicht enthielt. Außerdem sieht der Vorschlag die hier erforderliche Tarifsperre vor. Diese beschränkt sich auf allgemeine Befristungsregelungen in Tarifverträgen, lässt also zukünftige wissenschaftsspezifische Tarifvertragsbestimmungen über befristete Arbeitsverträge unbeschränkt zu.
Die Regelung ist offen formuliert, so dass sie auch auf nichtwissenschaftliches Personal (Laborassistenten etc.) angewendet werden kann, das aus Drittmitteln vergütet wird. Auch bei diesem Personenkreis ist eine Weiterbeschäftigung im Rahmen eines Anschlussprojektes oder der Grundausstattung der Hochschule oder Forschungseinrichtung nicht immer möglich.
Dann muss das Arbeitsverhältnis beendet werden können, weil anderenfalls auch hier die Gefahr besteht, dass auf Einstellungen von vornherein verzichtet wird, um finanzielle Risiken zu vermeiden.
Handlungsbedarf besteht auch wegen der sog. Altfälle, deren Arbeitsverhältnisse bereits vor Einführung der "6 plus 6"-Regelung in § 57b Absatz 1 HRG bestanden und bei denen die Frist von 12 Jahren überschritten worden ist oder demnächst überschritten wird, denn solche Arbeitsverträge enden nach § 57f Absatz 2 HRG spätestens am 29. Februar 2008.