Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: Aktionsplan zur Abwehr der steigenden Gefahr der Antibiotikaresistenz KOM (2011) 748 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl. Drucksache 559/01 = AE-Nr. 012128 und AE-Nr. 060196

Brüssel, den 15.11.2011 KOM (2011) 748 endgültig Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament den Rat

Aktionsplan zur Abwehr der steigenden Gefahr der Antibiotikaresistenz

1. Einleitung

1.1. Die steigende Gefahr der Antibiotikaresistenz

Seit der Einführung von Penicillin in der 1940er Jahren sind Antibiotika, d.h. antimikrobielle Mittel, von wesentlicher Bedeutung für die Behandlung vieler mikrobieller Infektionen bei Mensch und Tier. Neben ihrem Einsatz zur Behandlung von Infektionskrankheiten (z.B. Lungenentzündung, Tuberkulose, Malaria, HIV/Aids) und Infektionen durch Krankenhauskeime (z.B. Methicilinresistente Staphylococcus aureus (MRSA)) sind sie unverzichtbar für die Senkung des Risikos von Komplikationen bei komplexen medizinischen Eingriffen, wie Hüftoperationen, Organtransplantationen, Chemotherapie zur Krebsbehandlung und bei der Versorgung Frühgeborener. Zudem werden Antibiotika auch in der Veterinärmedizin und zu nichttherapeutischen Zwecken eingesetzt (z.B. Desinfektionsmittel, Konservierungsmittel sowie Lebens- und Futtermittelzusätze).

Siebzig Jahre später sind diese Anwendungen nun ernsthaft gefährdet, und zwar durch das Auftreten und die Ausbreitung von Mikroben, die gegen erschwingliche und bislang wirksame Arzneimittel der ersten Wahl resistent sind und die diese Mittel nun zur Infektionsbehandlung unwirksam machen. Diese Resistenz ist ein natürliches biologisches Phänomen, wird aber durch eine ganze Reihe von Faktoren verstärkt. Durch den unangemessenen Einsatz therapeutischer Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin, die Verwendung von Antibiotika zu nichttherapeutischen Zwecken sowie die Belastung der Umwelt mit Antibiotika werden das Auftreten und die Ausbreitung resistenter Mikroorganismen beschleunigt. Dies hat schwerwiegende Folgen:

Die Resistenzentwicklung, der Druck, weniger Antibiotika einzusetzen, ebenso wie geringe Marktanreize und die steigenden Probleme sowie Kosten bei der Entwicklung neuer wirksamer Antibiotika halten von Investitionen in diesem Bereich ab, mit der Folge, dass derzeit nur wenige neue Antibiotika in der Entwicklung stehen.

Der zunehmende weltweite Handels- und Reiseverkehr fördert die Ausbreitung der Antibiotikaresistenz von einem Land bzw. Kontinent zum anderen. Daher stellt die Antibiotikaresistenz ein globales Gesundheitsproblem dar.

1.2. Die laufenden Bemühungen reichen nicht aus

Das Problem der Antibiotikaresistenz ist nun seit vielen Jahren bekannt und wurde sowohl vom Europäischen Parlament als auch vom Rat zur Kenntnis genommen:

Die Kommission hat eine Reihe wichtiger Maßnahmen getroffen:

Gleichermaßen wurden einige Maßnahmen auf internationaler Ebene, beispielsweise von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem Codex Alimentarius, getroffen.

1.3. Notwendigkeit erheblicher Maßnahmenverschärfung und neuer entschlossener Initiativen

Die bisher getroffenen Maßnahmen gehen zwar in die richtige Richtung, dennoch konnten sie die steigende Gefahr der Antibiotikaresistenz nicht eindämmen. Daher bedarf es einer erheblichen Verschärfung der gegenwärtigen sowie einer neuen Reihe rigoroser Maßnahmen, um den Druck zum Antibiotikaeinsatz zu verringern und die weitere Ausbreitung der Resistenz zu verhindern, damit mikrobielle Infektionen auch weiterhin bekämpft werden können.

Nur ein ganzheitliches Konzept kann erfolgreich sein. Antibiotikaresistenz ist ein großes europäisches und weltweites gesellschaftliches Problem, das viele verschiedene Bereiche, wie Human- und Veterinärmedizin, Tierhaltung, Landwirtschaft, Umwelt und Handel erfasst. Durch isolierte, einzelne Maßnahmen lässt es sich nicht erfolgreich beheben. Lebensmittel und der direkte Kontakt mit Tieren können den Übertragungsweg der Antibiotikaresistenz vom Tier zum Menschen bilden, was den Zusammenhang von Human- und Veterinärmedizin deutlich macht, wie er auch in der Initiative "Tiere und Menschen - Eine Gesundheit"4 zum Ausdruck kommt. Die Tatsache, dass sich die Resistenz von einem Land zum anderen durch Reisen oder den Transport von Tieren, Lebensmitteln, Futtermitteln usw. ausbreiten kann, unterstreicht die Notwendigkeit, grenzüberschreitende koordinierte Maßnahmen zu treffen.

Auf der Grundlage eines solchen ganzheitlichen Konzepts zielen die neuen Maßnahmen dieses Aktionsplans auf Folgendes ab:

2. Schlüsselmassnahmen zur Erfolgreichen Bekämpfung der Antibiotikaresistenz

2.1. Angemessener Einsatz von Antibiotika

Antibiotika angemessen einzusetzen, ist von wesentlicher Bedeutung, um die Antibiotikaresistenz zu verringern und ihr vorzubeugen; dieses Konzept bildet zudem den Eckpfeiler der EU-Strategie zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin. Antibiotika sollten nur, wenn es notwendig ist, und nach bewährten Verfahren verwendet werden.

Umsichtiger Antibiotikaeinsatz in der Humanmedizin

Die Antibiotikaresistenz hängt unmittelbar damit zusammen, wie Patienten und die verschreibenden Ärzte Antibiotika einsetzen. Werden diese Wirkstoffe falsch verwendet (beispielsweise durch falsch indizierte oder nicht korrekte Einnahme) können sich antibiotikaresistente Bakterien entwickeln. Will man die steigende Antibiotikaresistenz eindämmen, muss die angemessene oder umsichtige Abgabe durch Ärzte und Apotheker an den Patienten gefördert werden.

In der Empfehlung des Rates zur umsichtigen Verwendung antimikrobieller Mittel in der Humanmedizin5 von 2002 sind spezifische Maßnahmen dargelegt, die die Mitgliedstaaten und die Union treffen sollten, um die Antibiotikaresistenz einzudämmen (z.B. die Errichtung eines Überwachungssystems, die Einführung von Kontrollmaßnahmen wie die Verschreibungspflicht für Antibiotika, die Förderung von Aufklärungs- und Schulungsprogrammen usw.). Zwar wurden den 2005 und 2010 von der Kommission veröffentlichten Berichten zufolge bedeutende Fortschritte bei der Umsetzung dieser Empfehlung erzielt, doch gibt es immer noch zahllose Bereiche, in denen nur begrenzte Verbesserungen erreicht wurden.

Maßnahme Nr. 1:

Verstärkte Förderung des angemessenen Antibiotikaeinsatzes in allen Mitgliedstaaten

In Zusammenarbeit mit dem ECDC strebt die Kommission Folgendes an:

Umsichtiger Antibiotikaeinsatz in der Veterinärmedizin

Werden Antibiotika für Tiere nicht optimal eingesetzt, insbesondere durch Unterdosierung, kann es leicht zur Antibiotikaresistenz kommen. Bei der Durchführung der geltenden Vorschriften für Tierarzneimittel und Fütterungsarzneimittel bemüht man sich, dafür zu sorgen, dass Tieren Arzneimittel nur in der korrekten therapeutischen Dosierung verabreicht werden. Dies geschieht auch am Rande der laufenden Überarbeitung dieser Rechtsvorschriften.

Im Veterinärbereich hat sich eine Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten (Tierarzneimittelbranche, Tierärzten und Landwirten) etabliert, um den umsichtigen Einsatz zu fördern. Darüber hinaus wurden von internationalen Organisationen, Veterinärverbänden sowie den Mitgliedstaaten Leitlinien für den Antibiotikaeinsatz erarbeitet. Einige Mitgliedstaaten haben auch verschiedene - legislative und andere - Maßnahmen eingeführt, um den umsichtigen Einsatz zu fördern. Allerdings bestehen zwischen den Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede bei den Verkaufszahlen für Antibiotika, die sich nicht durch die Tierhaltungspraxis erklären lassen. Zudem wächst die Besorgnis über den Einsatz von Antibiotika im Veterinärbereich, die für den Menschen von besonderer Bedeutung sind.

Beispiele:

Maßnahme Nr. 2:

Stärkung des Regelungsrahmens für Tierarzneimittel und Fütterungsarzneimittel durch das für 2013 vorgesehene Überprüfungspaket, insbesondere

Maßnahme Nr. 3:

Einführung von Empfehlungen zur umsichtigen Verwendung in der Veterinärmedizin, einschließlich Folgeberichte, nach dem Muster der Empfehlung von 2002 zur umsichtigen Verwendung antimikrobieller Mittel in der Humanmedizin.

2.2. Prävention von mikrobiellen Infektionen und deren Ausbreitung

Infektionsschutz und -bekämpfung in Gesundheitseinrichtungen

Die Belastung durch Infektionen, die in Einrichtungen des Gesundheitswesens auftreten - so genannte nosokomiale Infektionen - ist in der EU hoch und steht mit dem Problem der Antibiotikaresistenz in engem Zusammenhang. Letztere ist bei fast allen nosokomialen Krankheitserregern aufgetreten, und die meisten Faktoren der neuartigen Resistenz erscheinen zunächst in Einrichtungen der gesundheitlichen Versorgung. Angesichts der wissenschaftlichen Erkenntnisse, denen zufolge sich etwa 20-30 % aller nosokomialen Infektionen durch intensive Präventions- und Kontrollprogramme vermeiden ließen, enthält die Empfehlung des Rates "Sicherheit der Patienten unter Einschluss der Prävention und Eindämmung von therapieassoziierten Infektionen"9 von 2009 Empfehlungen zur Verstärkung der Prävention und der Bekämpfung von Infektionen in Einrichtungen des Gesundheitswesens.

Maßnahme Nr. 4:

Stärkung von Infektionsschutz und -bekämpfung in Einrichtungen des Gesundheitswesens
Infektionsschutz und -bekämpfung bei landwirtschaftlichen Nutztieren

Verbesserte Tiergesundheits- und Biosicherheitsmaßnahmen sowie die Förderung der guten landwirtschaftlichen Praxis verhindern Infektionen und tragen daher zur Verringerung des Antibiotikaeinsatzes bei Tieren, einschließlich der Aquakultur, und somit der Antibiotikaresistenz der Erreger von Tierseuchen und der Zoonoseerreger bei ("Vorbeugen ist besser als Heilen").

Neben den laufenden Programmen zur Bekämpfung von Salmonellen bei Geflügel werden derzeit Kosten-Nutzen-Analysen für die Salmonellenbekämpfung bei Schweinen durchgeführt, der zweiten Quelle der Salmonellose beim Menschen, damit ein Ziel für die Infektionsbekämpfung (möglicherweise resistenter Erreger) festgesetzt werden kann.

Maßnahme Nr. 5:

Einführung neuer Vorschriften für Tiergesundheit, die sich auf die Prävention von Krankheiten, die Verringerung des Antibiotikaeinsatzes und die Ersetzung der derzeit geltenden tierseuchenrechtlichen Vorschriften unter Berücksichtigung der Seuchenbekämpfung konzentrieren.

2.3. Entwicklung neuer wirksamer Antibiotika oder Behandlungsalternativen

Entwicklung neuer Antibiotika für die Humanmedizin

Ein 2009 veröffentlichter Bericht mit dem Titel "The bacterial challenge: time to react"10 (Die bakterielle Herausforderung: Es ist an der Zeit, zu reagieren) unterstreicht das Dilemma zwischen den wachsenden Problemen, die mit multiresistenten Bakterien in der EU einhergehen, und der dringenden Notwendigkeit, neue Antibiotika zu entwickeln, um dem medizinischen Bedarf nachzukommen. Die Studie ruft zu einer europäischen Strategie auf, um dieses Dilemma zu überwinden. Diesem Aufruf verlieh der Rat am 1. Dezember 2009 mit

Absatz 1.2 der oben genannten Schlussfolgerungen des Rates über Anreize für wirksame Antibiotika noch weiteren Nachdruck.

Durch das FP711 werden zahlreiche Forschungsprojekte gefördert, die darauf abzielen, die Antibiotikaentwicklung zu fördern. Dazu gehört auch die Unterstützung für klinische Prüfungen nicht patentgeschützter Antibiotika. Dennoch mangelt es jetzt schon seit vielen Jahren an Investitionen der Industrie in die Entwicklung neuer Antibiotika, und nur wenige Produkte, die zur Bekämpfung resistenter Stämme geeignet wären, befinden sich in einer fortgeschrittenen Phase der Entwicklung. Solange neue wirksame Antibiotika fehlen, besteht das Risiko, dass sich die Resistenz weiterentwickelt und dass sich bestimmte Infektionen nicht mehr erfolgreich behandeln lassen.

Für das Fehlen der Investitionen in neue Antibiotika seitens der Industrie gibt es mehrere Gründe. Die Entwicklung neuer wirksamer und sicherer Antibiotika wird wissenschaftlich immer schwieriger und kostenaufwändiger. Beschränkungen des Antibiotikaeinsatzes schrecken von Investitionen ab. Die Preisgestaltung lohnt nicht den Aufwand, und die Kosten stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen. Die meisten Antibiotika werden nur für kurze Zeit verabreicht. Generika machen einen steigenden Anteil am Antibiotikamarkt aus. Es bedarf dringend verstärkter Forschung und Entwicklung und eines neuen Geschäftsmodells für Antibiotika.

Maßnahme Nr. 6:

Schrittweise Förderung beispielloser Forschungszusammenarbeit und Entwicklungsbemühungen, um neue Antibiotika zum Patienten zu bringen, durch

Diese Maßnahme wird durch verstärkte Maßnahmen zur Sicherstellung des umsichtigen Einsatzes sowie der internationalen Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Resistenzübertragung ergänzt.

Entwicklung von Antibiotika in der Veterinärmedizin

Die Entwicklung von Antibiotika für den möglichen Einsatz in der Veterinärmedizin wird behindert, insbesondere weil Unsicherheit darüber besteht, ob neuen Antibiotika oder auch nur neuen Indikationen für solche Wirkstoffe eine Zulassung für den Veterinärbereich erteilt würde.

Entwicklung von Diagnoseinstrumenten in der Human- und Veterinärmedizin

Diagnoseinstrumente, die Schnelltests für die rasche und genaue Ermittlung pathogener Mikroorganismen und/oder die Feststellung von deren Sensitivität für Antibiotika ermöglichen, spielen eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung mikrobieller Infektionen. Forschungsarbeiten zur Entwicklung solcher Instrumente sowie deren Einführung im Gesundheitswesen werden aus dem FP7 gefördert; außerdem ist zu erwarten, dass weitere Bemühungen aus dem künftigen Forschungs- und Innovationsprogramm 2014-2020 (Horizon 2020) gefördert werden.

Entwicklung von Impfstoffen und sonstigen Präventionsmaßnahmen

Impfstoffe und sonstige Präventionsmaßnahmen könnten enorme Auswirkungen zur Eindämmung der Infektionsausbreitung und somit des Behandlungsbedarfs haben. Deshalb sollten Forschung und Innovation in diesem Bereich gefördert werden.

Maßnahme Nr. 7:

Förderung der Bemühungen zur Analyse der Notwendigkeit neuer Antibiotika in der Veterinärmedizin

2.4. Gemeinsame Anstrengungen mit internationalen Partnern, um die Risiken der Ausbreitung der Antibiotikaresistenz durch den internationalen Handels- und Reiseverkehr sowie über die Umwelt einzudämmen

Da es sich bei der Antibiotikaresistenz um ein globales Problem handelt, hat die EU bereits aktiv an mehreren internationalen Foren mitgewirkt, deren Ziel darin besteht, weltweit die Sensibilisierung für dieses Problem zu verstärken und mehr gemeinsame Maßnahmen zu entwickeln. Die Kommission wird diese Arbeit auch weiter fortsetzen, beispielsweise indem sie andere WHO-Regionen dazu ermuntert, das Konzept der WHO-Region Europa zu übernehmen, indem sie für ständige Kohärenz mit der Arbeit der WHO-Beratungsgruppe für integrierte Überwachung der Antibiotikaresistenz sorgt, weitere Beiträge zur Entwicklung des Tiergesundheitskodexes der Internationalen Organisation für Tiergesundheit (OIE) leistet, eine aktive Rolle im Codex Alimentarius spielt und die Handelspartner weiterhin dazu aufruft, ihre eigenen Maßnahmen gegen die Antibiotikaresistenz zu erwägen.

Darüber hinaus strebt die EU die Entwicklung bilateraler Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz an. Die EU hat bereits 2009 auf Ersuchen des EU-US-Gipfeltreffens die bilaterale Zusammenarbeit mit den USA zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz aufgenommen. Im Jahr 2011 gab die Transatlantische EUUS-Taskforce (TATFAR) 17 wesentliche Empfehlungen zur verstärkten Zusammenarbeit in 3 Schlüsselbereichen ab: 1) Angemessener therapeutischer Einsatz von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin, 2) Vorbeugung vor arzneimittelresistenten Infektionen und 3) Strategien zur Verbesserung der künftigen Entwicklung neuer Antibiotika. Die TATFAR-Empfehlungen zur konkreten künftigen Zusammenarbeit in diesen Schlüsselbereichen stehen mit den Prioritäten dieses Aktionsplans im Einklang.

Maßnahme Nr. 8:

Entwicklung und/oder Stärkung multilateraler und bilateraler Verpflichtungen zur Prävention und Bekämpfung der Antibiotikaresistenz in allen Bereichen

Multilaterale Zusammenarbeit
Bilaterale Zusammenarbeit

3. Sonstige übergreifende Massnahmen

Neben den oben genannten Hauptmaßnahmen sollten noch einige weitere getroffen werden zwecks Überwachung, Forschung, Kommunikation sowie Aufklärung und Schulung.

3.1. Überwachung

3.1.1. Überwachung der Antibiotikaresistenz und des Antibiotikaverbrauchs in der Humanmedizin

Es wurden EU-Überwachungssysteme für die Antibiotikaresistenz (das Europäische Netz zur Überwachung der Antibiotikaresistenz) und den Antibiotikaverbrauch (das Europäische Netz zur Überwachung des Antibiotikaverbrauchs, ESAC) errichtet. Diese Systeme liefern Schlüsselinformationen und -daten zur Unterstützung der Prävention und der Kontrolle der Antibiotikaresistenz. Zudem liegen derzeit nur sehr wenige Daten über den Antibiotikaverbrauch und die Antibiotikaresistenz bei Kindern in Europa vor, obwohl gerade Kleinkindern die meisten Antibiotika in der EU verabreicht werden.

Maßnahme Nr. 9:

Verstärkung der Überwachungssysteme für Antibiotikaresistenz und Antibiotikaverbrauch in der Humanmedizin

3.1.2. Überwachung der Antibiotikaresistenz und des Antibiotikaverbrauchs bei Tieren

Die Überwachung der Antibiotikaresistenz bei zur Lebensmittelerzeugung gehaltenen Tieren ist für die meisten wichtigen Zoonosebakterien zwingend vorgeschrieben. Mit diesen Bakterien (wie Salmonella, E. coli) können sich Menschen direkt oder durch den Verzehr von Lebensmitteln infizieren; zudem können die Bakterien die Antibiotikabehandlung beim Menschen gefährden. Auf der Grundlage jüngster EFSA-Empfehlungen wird die Kommission eine Aktualisierung der Überwachungsvorschriften vorschlagen. Daten über den Antibiotikaeinsatz sowohl beim Menschen wie bei Tieren sind notwendig, damit Risikoprofile erstellt werden können. Ferner sind sie für die Risikobewertung und Forschungszwecke sowie für die Festlegung von Risikomanagementzielen und die Bewertung von deren Effektivität erforderlich.

Die Vereinheitlichung der Überwachung von Resistenzen bei Bakterien, die Mensch, Tier, Umwelt und Lebensmittel gefährden, erleichtert die Vergleichbarkeit der Überwachungsergebnisse und liefert damit besseren Input für Risikobewertung und Risikomanagement. Darüber hinaus ist Entscheidungsträgern, den betreffenden Berufsgruppen und der Öffentlichkeit der Zugang zu Daten und Informationen über Antibiotikaresistenz und den Antibiotikaeinsatz zu ermöglichen und zu erleichtern.

Maßnahme Nr. 10:

Verstärkung der Überwachungssysteme für Antibiotikaresistenz und Antibiotikaverbrauch in der Veterinärmedizin

3.2. Ergänzende Forschung und Innovation

Wissenschaftliche Forschung und Innovation dienen als Grundlage für wissenschaftlich fundierte politische und rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz und können neue Instrumente für Diagnose und Therapie liefern. Diagnoseinstrumente, die Schnelltests für die rasche und genaue Ermittlung pathogener Mikroorganismen und/oder die Feststellung von deren Sensitivität für Antibiotika ermöglichen, spielen eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung mikrobieller Infektionen. Impfstoffe und sonstige Präventionsmaßnahmen könnten enorme Auswirkungen zur Eindämmung der Infektionsausbreitung und somit des Behandlungsbedarfs haben. Deshalb sollten Forschung und Innovation in diesem Bereich gefördert werden.

Aus dem FP7 wird eine Vielzahl kooperativer Forschungsprojekte gefördert, die zu einem besseren Verständnis der Resistenzmechanismen führen sollen, ebenso wie Projekte, die Wissenschaftler sowie kleine und mittlere Unternehmen dazu anregen sollen, gemeinsam neue innovative Lösungen für Diagnosetests und zur Bekämpfung der Ausbreitung der Antibiotikaresistenz zu erarbeiten.

Maßnahme Nr. 11:

Verstärkung und Koordinierung von Forschungsanstrengungen, insbesondere

3.3. Kommunikation, Aufklärung und Schulung

Da mehr als 50 % der EU-Bürger immer noch glauben, dass Antibiotika gegen Viren wirken, müssen das Bewusstsein und das Verständnis der breiten Öffentlichkeit und der Beschäftigten des Gesundheitswesens, des Veterinärwesens und anderer Berufsgruppen für die Antibiotikaresistenz und die Bedeutung des angemessenen Antibiotikaeinsatzes durch Aufklärungskampagnen in der gesamten EU geschärft werden. Dazu muss das Thema der Antibiotikaresistenz integraler Bestandteil der Aus- und Fortbildungsprogramme für die Beschäftigten des Gesundheits- und Veterinärwesens werden. Der "Europäische Tag der Sensibilisierung für Antibiotika" - eine jährliche europäische Gesundheitsinitiative - findet am 18. November statt und soll das Bewusstsein für die Gefährdung der öffentlichen Gesundheit durch die Antibiotikaresistenz und für die umsichtige Verwendung von Antibiotika schärfen. Er bietet ein Forum, um die Verbreitung von Informationen und Kernbotschaften zu diesem Thema zu fördern. Da 2011 bereits mehr als 35 Mitgliedstaaten und internationale Partner Kampagnen und Veranstaltungen für diesen Tag geplant haben, sollte diese Initiative beibehalten und ausgeweitet werden.

Diese Kommunikationsbemühungen sollten durch die Wirksamkeitsforschung unterstützt werden, um die Auswirkungen dieser Kampagnen auf praktizierende Ärzte und die breite Öffentlichkeit zu verbessern und zu maximieren.

Maßnahme Nr. 12:

Erhebung und vergleichende Wirksamkeitsforschung

Aufbauend auf den Ergebnissen der Eurobarometer-Erhebung von 2010 zur Antibiotikaresistenz wird die Kommission bis spätestens 2015 eine neue EU-weite Erhebung mit folgenden Zielen durchführen:

4. Ex-POST-Bewertung

Zur Prüfung und Bewertung der Entwicklungstendenzen, der Auswirkungen und der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen und der Ziele, die mit der Durchführung des Fünfjahresplans zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz erreicht wurden, wird die Kommission den Antibiotikaeinsatz und die Antibiotikaresistenz überwachen und gegebenenfalls Folgeberichte über die Durchführung und die auf einzelstaatlicher Ebene getroffenen Maßnahmen in Auftrag geben.

5. Schlussfolgerungen

Die steigende Antibiotikaresistenz stellt eine der größten neu auftretenden Gefahren für die menschliche Gesundheit dar.

Zu ihrer Bekämpfung wird im Einklang mit der Initiative "Eine Gesundheit" ein ganzheitlicher Ansatz betont.

Die Kommission schlägt vor, einen fünfjährigen Aktionsplan zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz einzuführen, der sich in 12 Hauptmaßnahmen gliedert:

Mehrere Mitgliedstaaten haben bereits proaktiv Maßnahmen durchgeführt, die den auf EU-Ebene in Erwägung gezogenen Maßnahmen gleichen. Auf diesen einzelstaatlichen Maßnahmen und den mit ihnen gewonnenen Erfahrung sollten die praktische Entwicklung und Durchführung dieses Aktionsplans aufbauen.