842. Sitzung des Bundesrates am 14. März 2008
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Agrarausschuss (A), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U), der Wirtschaftsausschuss (Wi) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat {begrüßt} und [unterstützt] die mit dem Richtlinienvorschlag verbundene Zielsetzung, bis 2020 in der gesamten EU einen Anteil von 20 Prozent Erneuerbarer Energien zu erreichen.
- 2. Er begrüßt die Festlegung nationaler Teilziele im Sinne einer angemessenen Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten.
- 3. Der Bundesrat begrüßt ferner aus der Sicht des Klimaschutzes grundsätzlich die Vorschläge der Gemeinschaft für eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energiequellen zur Energieerzeugung und für einen erhöhten Einsatz von Biokraftstoffen im Verkehrssektor.
- 4. Der Bundesrat ist allerdings der Auffassung, dass der Richtlinienvorschlag wegen fehlender Begriffsbestimmungen, unpräziser Definitionen und mangels näherer Erläuterungen zu Anhang VII noch erheblich ergänzungs- und verbesserungsbedürftig ist.
- 5. Die Bundesregierung wird gebeten, bei den Beratungen auf Gemeinschaftsebene darauf hinzuwirken, dass dem Schutz der natürlichen Lebensräume im Rahmen der vorgeschlagenen Richtlinie sowohl hinsichtlich einer umfassenden und präzisen Definition solcher Lebensräume als auch der Referenzzeitpunkte besondere Rechnung getragen wird.
- 6. Den Erneuerbaren Energien kommt im Energiemix der Zukunft wachsende Bedeutung zu, weil sie maßgeblich dazu beitragen können, die CO₂-Intensität der Stromerzeugung in der EU weiter zu verringern und zugleich die Versorgungssicherheit auf eine strukturell breitere Grundlage zu stellen. Der Bundesrat unterstützt die Zielsetzungen des Europäischen Rates vom März 2007, die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um mindestens 20 Prozent zu verringern und den Anteil erneuerbarer Energien auf 20 Prozent am Endenergieverbrauch zu steigern.
- 7. Der vorgelegte Richtlinienvorschlag enthält wichtige Schritte zur Erreichung dieser Ziele.
- 8. Er ist eine praktikable Maßnahme, um dieses Ziel umzusetzen.
- 9. Dazu gehören insbesondere die Einführung eines klaren Entwicklungspfads für die Zeit bis 2020 sowie die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zum Ausbau von Grenzkuppelstellen, um einen europäischen Binnenmarkt für Erneuerbare Energien zu ermöglichen.
- 10. Der Bundesrat hält den für Deutschland genannten Zielwert in Höhe von 18 Prozent Erneuerbarer Energien im Jahr 2020 für ambitioniert. Der Zielwert steht in Übereinstimmung mit der Zielsetzung des "Integrierten Energie- und Klimapakets" (IEKP) der Bundesregierung, mit dem auf nationaler Ebene die Umsetzung der Ziele des Ratsbeschlusses vom März 2007 erreicht werden soll. Nach dem IEKP soll der Anteil Erneuerbarer Energien bei Strom von derzeit 14 Prozent auf 27 Prozent im Jahr 2020 gesteigert werden. Bei der Wärme sollen 14 Prozent und bei den Kraftstoffen 17 Prozent aus Erneuerbaren Energien stammen. Für notwendig gehalten wird eine parallele Verringerung des Energieverbrauchs durch Steigerung der Energieeffizienz. Der Bundesrat hält den Zielwert nur durch große Anstrengungen aller beteiligten Akteure in Politik und Wirtschaft für erreichbar.
- 11. Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission vorgesehene umfassende Berücksichtigung aller Verwendungszwecke der Erneuerbaren Energien indem erstmals neben Strom und Verkehr auch der Wärme- und Kältesektor aufgenommen wird.
- 12. Der Bundesrat unterstützt die Kommission grundsätzlich in ihrer Auffassung, dass jeder Mitgliedstaat einen eigenen Aktionsplan verabschiedet, der die notwendigen Maßnahmen zur Erreichung der von der Kommission vorgeschlagenen nationalen Ziele zusammenfasst.
- 13. Der Bundesrat begrüßt, dass das bewährte und erfolgreiche nationale Förderinstrument einer Stromeinspeisungsvergütung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das bereits von vielen Staaten kopiert wurde, durch den Richtlinienvorschlag der Kommission anerkannt wird und auch zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Zielerreichung leisten kann.
- 14. Auch wird begrüßt, dass der aus grenzüberschreitendem Handel importierte Strom aus Erneuerbaren Energien bzw. erworbene Zertifikate nur dann in die nationale Bilanzierung einfließen, wenn ein Mitgliedstaat sein jeweiliges Zwischenziel erreicht hat.
- 15. Kritisch sieht der Bundesrat den Regelungsvorschlag, auch in geänderten Gebäuden die Nutzung Erneuerbarer Energien zur Verpflichtung zu machen [, da der Vollzug einer solchen Verpflichtung mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden wäre]. Der Vorschlag wird aus Gründen des Subsidiaritätsprinzips abgelehnt, da er zu weitgehend in mitgliedstaatliche Kompetenzen eingreift.
- 16. Der Bundesrat begrüßt, dass der Richtlinienvorschlag für den Handel mit Strom aus Erneuerbaren Energien europaweit einheitliche Herkunftsnachweise und die Einführung nationaler Registerstellen vorsieht.
- 17. Mit der Möglichkeit zur Übertragung von Herkunftsnachweisen zwischen den Mitgliedstaaten [nach Artikel 9] hat die Kommission ein wirkungsvolles Instrument zur Realisierung des gemeinschaftlichen Ziels für Erneuerbare Energien im Jahr 2020 entwickelt. Einzelnen Mitgliedstaaten wird mit diesem Instrumentarium ein Anreiz gegeben, die Nutzung Erneuerbarer Energien über das von der Kommission festgelegte Ziel hinaus auszubauen, die Entwicklung von innovativen Technologien voranzutreiben und damit ein wissensgestütztes Wirtschaftswachstum zu forcieren.
- 18. Es sollte allerdings klargestellt werden, dass der Herkunftsnachweis nach Artikel 6 (wie im EEG) freiwillig ist. Auch erscheint die Einrichtung lediglich einer zentralen Stelle für das Erteilen von Herkunftsnachweisen als nicht sinnvoll. Diese Vorgehensweise wäre mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden.
- 19. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf zu achten, dass das System in der vorgeschlagenen Ausgestaltung keinen unnötigen Verwaltungsaufwand für die Mitgliedstaaten verursacht und somit unverhältnismäßig hohe Transaktionskosten für Beteiligte vermindert werden. Insbesondere trifft dies auf die Ausstellung von Herkunftsnachweisen zu, die nur der nationalen Abrechnung dienen und nicht für bilaterale Übertragungen vorgesehen sind.
- 20. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei den Verhandlungen im Rahmen des europäischen Mitentscheidungsverfahrens dafür einzusetzen, dass nur Herkunftsnachweise für bilaterale Übertragungen oder sonstigen Handel ausgestellt werden müssen. Für innerstaatliche Abrechnungen sind weniger aufwändige Nachweismöglichkeiten (beispielsweise Nachweise aus bestehenden Fördersystemen) sachgerecht.
- 21. Die von der EU vorgesehene einheitliche Verpflichtung einer 10-prozentigen Beimischung von Biokraftstoffen wird damit begründet, dass dadurch für Kohärenz bei den Kraftstoffspezifikationen und bei der Verfügbarkeit der Kraftstoffe gesorgt wird. Die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag haben im Rahmen der Umsetzung der Meseberger Beschlüsse weitergehende Ziele beschlossen (10 Prozent Treibhausgasreduktion entspricht einer Beimischung von 20 Prozent Volumen). Das Ziel einer EU-weiten Kohärenz ist vor diesem Hintergrund fraglich. Weiterhin sind Biokraftstoffe weder bezogen auf die Fläche, noch bezogen auf die CO₂-Vermeidungskosten besonders effizient.
- 22. Des Weiteren erscheint es nicht sachgerecht, bei der Berechnung des Anteils aus erneuerbaren Quellen auf den Endenergieverbrauch abzustellen, da die klima- und energiepolitischen Ziele, den CO₂-Ausstoß und den Verbrauch an (fossilen) Energieträgern zu verringern, in erster Linie vom Primärenergieverbrauch bestimmt sind. Wird der Endenergieverbrauch als Maßstab herangezogen, wird die Umwandlungsebene nicht berücksichtigt. Darüber hinaus fehlen derzeit noch Erhebungen, die den Wärme- und Kälteverbrauch sinnvoll erfassen.
- 23. Artikel 13 Abs. 3 des Richtlinienvorschlags fordert die Erstellung von Zertifizierungssystemen für Installateure von Anlagen für Erneuerbare Energien gemäß der in Anhang IV festgelegten Kriterien. Hier ist es von entscheidender Bedeutung, dass als Zertifizierungssystem für die Bundesrepublik Deutschland die Meisterprüfungs- und Ausbildungsverordnung im Installateur- und Heizungsbauerhandwerk anerkannt wird. Für den speziellen Bereich der Biomasseöfen (wie Kachelöfen usw.) ist weiterhin die Meisterprüfungs- und Ausbildungsverordnung für das Ofen- und Luftheizungsbauerhandwerk anzuerkennen.
- 24. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Berufsausbildung in Deutschland mit qualifizierten Abschlüssen endet und zur Ausübung der während der Berufsausbildung erworbenen Tätigkeiten befähigt. Ein solcher Berufsabschluss kann jedoch nicht befristet werden bzw. die weitere Ausübung des Berufs kann nicht von regelmäßigen Fortbildungsveranstaltungen abhängig gemacht werden, wie dies in Nummer 10 des Anhangs IV vorgesehen ist.
- 25. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, bei der weiteren Behandlung des Richtlinienvorschlags auf folgende Gesichtspunkte hinzuwirken:
- Der Regelungsvorschlag, auch in geänderten Gebäuden die Nutzung Erneuerbarer Energien zur Verpflichtung zu machen, soll aus der Richtlinie gestrichen werden. Er beinhaltet einen unzulässigen Eingriff in mitgliedstaatliche Zuständigkeiten und widerspricht dem Rahmencharakter der Richtlinie.
- 26. - Der Regelungsvorschlag, den Einsatz Erneuerbarer Energien in Bauvorschriften zu fördern, soll sich nur in Ausnahmefällen auf eine finanzielle Förderung beziehen. Verpflichtende Maßnahmen sind in der Regel (z.B. entsprechend den EU-Bestimmungen für staatliche Umweltbeihilfen) ohne finanzielle Förderung umzusetzen. Vielmehr soll hierunter die besondere Berücksichtung des Einsatzes Erneuerbarer Energien bei der Herausgabe von Bauvorschriften verstanden werden.
- 27. - Das Ziel von 10 Prozent Biokraftstoffbeimischung ist nur als Empfehlung vorzugeben. Es sollte den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, wie sie ihre Gesamtverpflichtung zur CO₂-Reduktion erfüllen.
- 28. - Die Berechnung des Anteils aus Erneuerbaren Energien ist auf den Primärenergieverbrauch abzustellen.
- 29. - Es ist klarzustellen, dass der Herkunftsnachweis freiwillig ist.
- 30. - Das Verfahren zur Erlangung des Herkunftsnachweises ist unbürokratisch auszugestalten. In jedem Fall sollten mehrere Stellen (öffentlichrechtliche oder private) berechtigt werden, Herkunftsnachweise auszustellen. Die Einrichtung lediglich einer zentralen Stelle für das Erteilen von Herkunftsnachweisen erfordert einen erheblichen bürokratischen Aufwand.
- 31. - Anstelle eines aufwendigen Zertifizierungssystems ist ein satellitengesteuertes Monitoring der Entwicklung der besonders gefährdeten Naturgebiete, beispielsweise der tropischen Regenwälder, einzuführen und Länder, die diese Flächen in Ackerfläche umwandeln, sind von Biomasseimporten auszuschließen.
- 32. - Der Richtlinienvorschlag greift mit den Vorgaben in Artikel 12 zu den Verwaltungsverfahren und Vorschriften in mitgliedstaatliche Kompetenzen der Bundesländer ein. Dies wird aus Gründen des Subsidiaritätsprinzips abgelehnt.
- 33. - Ein Berufsabschluss kann aus handwerksrechtlicher Sicht nicht befristet werden bzw. die weitere Ausübung des Berufs kann nicht von regelmäßigen Fortbildungsveranstaltungen abhängig gemacht werden. Nummer 10 des Anhangs IV sollte daher aufgehoben werden.
- 34. - Im Anhang IV sollte der Begriff "Klempner" durch "Installateur und Heizungsbauer" ersetzt werden, da der Klempner Metalldächer und Metallfassaden erstellt. Darüber hinaus sollte der Beruf "Ofen- und Luftheizungsbauer" aufgenommen werden, der zusätzlich den Einbau von Biomassekesseln (Kachelöfen, Pelletsfeuerungen) umfasst.
- 35. Der Bundesrat unterstützt die Einführung einheitlicher, EU-weiter Nachhaltigkeitskriterien für die Herstellung von Biokraftstoffen und anderen flüssigen Brennstoffen. Die Festlegung einer Untergrenze für das Treibhausgasminderungspotenzial von 35 Prozent bei der Erzeugung von Biokraftstoffen [in Artikel 15 Abs. 2] hält der Bundesrat allerdings für zu gering. Um die für die Herstellung von Biokraftstoffen zur Verfügung stehende Biomasse möglichst effizient und klimaschonend zu nutzen, sollten für das mindestens erforderliche Treibhausgasminderungspotenzial ambitioniertere Zielwerte formuliert werden. Der Bundesrat bekräftigt insofern seine Stellungnahme vom 15. Februar 2008 (BR-Drucksache 038/08(B) ).
- 36. Der Bundesrat begrüßt die Bestrebungen der Kommission, die Anerkennung der Produktion von Biokraftstoffen an ökologische Nachhaltigkeitskriterien zu knüpfen und somit neben den energie- und agrarwirtschaftlichen Belangen auch die Ziele des Umweltschutzes umfassend zu definieren.
- 37. Der Bundesrat stellt allerdings fest, dass der Richtlinienvorschlag bei der Einwertung der Biokraftstoffe fast ausschließlich auf Kriterien für die ökologische Nachhaltigkeit, insbesondere auf deren Potenzial zur Verminderung der Treibhausgas-Emissionen, abstellt.
Diese Eingrenzung greift angesichts der auch in den Erwägungsgründen des Richtlinienvorschlags bestätigten Bedeutung der Erneuerbaren Energiequellen für die Stärkung der Energieversorgungssicherheit, der Förderung der technologischen Entwicklung, der Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten und der Möglichkeiten der regionalen Entwicklung vor allem in ländlichen Gebieten wesentlich zu kurz und droht das bisher in vielen Mitgliedstaaten bereits Erreichte zu gefährden.
- 38. Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, in den weiteren Beratungen auf EU-Ebene auf die Aufnahme der vorstehenden gesellschaftspolitischen, sozialen und ökonomischen Ziele im Sinne einer umfassenden Nachhaltigkeitsbetrachtung hinzuwirken.
- (bei Annahme entfällt Ziffer 39)
- 39. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung bei den weiteren Beratungen des Richtlinienvorschlags darauf zu achten, auch die Ziele der Verbesserung der Versorgungssicherheit, der Erschließung neuer Beschäftigungsfelder, der Förderung der Technologieentwicklung sowie der Entwicklung regionaler ländlicher Räume zu berücksichtigen.
- 40. Weiterhin sollen bisherige Investitionen im Sinn einer umfassenden Nachhaltigkeit übergangsweise Vertrauensschutz erhalten, wenn sie Anstrengungen zur Optimierung ihrer Nachhaltigkeit, insbesondere ihrer Treibhausgas-Emissionen unternehmen.
- 41. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass in die Richtlinie auch die Angabe eines "Energieeffizienzfaktors" für Biokraftstoffe aufgenommen werden sollte, um damit das Verhältnis der Energiegehalte von Kraftstoff und Ausgangsbiomasse in einer aussagekräftigen Kenngröße offen zu legen. Biokraftstoffe können auch bei hohen Treibhausgasminderungspotenzialen je Energieeinheit eine schlechte Energieeffizienz aufweisen. So gilt es gerade auch bei Biokraftstoffen der zweiten Generation kritisch zu prüfen, ob die Konversion der Ausgangsbiomassen zu Kraftstoff eine im Gesamtkontext der möglichen Nutzungspfade vertretbare Energieeffizienz aufweist. Angesichts der beschränkten Potenziale der Biomasse ist bei ihrer energetischen Nutzung der jeweils bestmögliche Treibhausgas-Minderungseffekt sowie der größtmögliche Beitrag zur Versorgungssicherheit anzustreben. Dies wird in der Regel dann erreicht, wenn Biomassen dort eingesetzt werden, wo sie Energie mit bestmöglichen Wirkungsgraden erzeugen. Maßstab dafür kann der Energieeffizienzfaktor sein.
- 42. In Artikel 15 Abs. 3 bis 5 des Richtlinienvorschlags werden Kriterien für die ökologische Nachhaltigkeit der zur Herstellung von Biokraftstoffen und anderen flüssigen Biobrennstoffen verwendeten Rohstoffe festgelegt.
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass beim Anbau von nachwachsenden Rohstoffen und von Rohstoffen für Nahrungs- oder Futtermittel keine unterschiedlichen Anforderungen gelten sollen.
Die Nutzungseinschränkungen für bestimmte Flächen gemäß Artikel 15 Abs. 3 und 4 ist insofern nicht nachvollziehbar, als beispielsweise die Verwendung von Grünlandaufwuchs oder Holz aus Pflegemaßnahmen aus ökologisch sensiblen Gebieten deren Status grundsätzlich nicht gefährdet. Der Bundesrat wertet den Vorschlag in Artikel 15 Abs. 3 und 4 jedoch als ersten Versuch, globale Fehlentwicklungen wie beispielsweise die fortschreitende Rodung von Urwäldern einzudämmen.
- 43. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in den weiteren Beratungen darauf hinzuwirken, dass die Nachhaltigkeitskriterien in Artikel 15 Abs. 3 und 4 nur für solche Biokraftstoffe und andere flüssige Biobrennstoffe gelten, deren ihnen zu Grunde liegenden Rohstoffe nicht in der Gemeinschaft erzeugt wurden. Für in der Gemeinschaft angebaute landwirtschaftliche Rohstoffe reichen die in Artikel 15 Abs. 5 festgelegten Vorgaben aus.
- 44. Sollte eine Unterscheidung der Nachhaltigkeitskriterien für in der Gemeinschaft und für nicht in der Gemeinschaft angebaute Rohstoffe nicht durchsetzbar sein, bittet der Bundesrat die Bundesregierung dafür einzutreten, dass die Regelungen in Artikel 15 Abs. 3 und 4 nicht zu Nutzungseinschränkungen auf solchen Flächen führen, auf denen die biologische Vielfalt beziehungsweise deren naturschutzfachlicher Wert erst auf Grund der Teilnahme an Agrarumwelt- oder Naturschutzprogrammen entstanden ist. Dies gilt insbesondere für die Bestimmungen für Grünland.
- 45. Der Bundesrat hält die Vorgabe des Artikels 15 Abs. 6, wonach die Mitgliedstaaten Biokraftstoffe, die in Übereinstimmung mit Artikel 15 gewonnen werden, nicht aus sonstigen Nachhaltigkeitsgründen außer Acht lassen dürfen, für zu weitgehend. Den Mitgliedstaaten muss innerhalb des Rahmens der Richtlinie die Möglichkeit verbleiben, erforderlichenfalls zusätzliche Nachhaltigkeitskriterien festzulegen. Dies gilt insbesondere für die Frage der finanziellen Förderung nach Artikel 15 Abs. 1 Buchstabe c, die in den Mitgliedstaaten häufig über steuerrechtliche Regelungen erfolgt und somit in der Entscheidungskompetenz der Mitgliedstaaten liegt. Dies muss auch weiterhin möglich bleiben.
Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, im weiteren Beratungsverfahren für eine Streichung des Absatzes 6 einzutreten.
- 46. Der Bundesrat begrüßt die Einführung ökologischer Nachhaltigkeitskriterien für alle flüssigen Biobrenn- und Biokraftstoffe. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darüber hinaus auf europäischer Ebene darauf hinzuwirken, dass auch die außerhalb der EU produzierte Biomasse, insbesondere für Nahrungs- und Futtermittel sowie zur stofflichen Nutzung, den gleichen ökologischen Anforderungen gerecht werden muss, um Umweltprobleme nicht zwischen verschiedenen Biomassenutzungspfaden zu verschieben.
- 47. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, angesichts der nur beschränkt verfügbaren Biomasse, insbesondere heimischen Ursprungs, der suboptimalen Beiträge der Biokraftstoffe zum Klimaschutz und der zu erwartenden Kostensteigerungen für den Verbraucher, das europäische Biokraftstoffziel von 10 Prozent Marktanteil bis 2020 kritisch zu überprüfen.
- 48. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung bei den weiteren Beratungen zum Richtlinienvorschlag darauf hinzuwirken, dass ein europäisches Biokraftstoffziel unter den Vorbehalt der tatsächlichen nachhaltigen Erzeugung der Biomasse, der kommerziellen Verfügbarkeit von Biokraftstoffen der zweiten Generation und der geeigneten Mischungsverhältnissen angepassten Kraftstoffqualitätsrichtlinie gestellt wird. Investitionssicherheit kann nur für solche Ziele beansprucht werden, bei denen Ökologie und Ökonomie im Einklang stehen.
- 49. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung auf europäischer Ebene auf die Festlegung normgerechter Beimischungen zu drängen, die einheitliche und verbraucherfreundliche Kraftstoffqualitäten sowie die Einhaltung heutiger und zukünftiger Kfz-Emissionsanforderungen sichern; dabei sind auch Innovationen bei der Entwicklung sparsamer Verbrennungsmotoren zu unterstützen.
Begründung zu den Ziffern 46 bis 49 (nur gegenüber dem Plenum):
Auf Grund der sehr ambitionierten Ziele im Biokraftstoffmarkt, die mit heimischer Biomasse nicht erreicht werden können und deshalb Importe aus Drittstaaten erfordern, sind Mindest-Nachhaltigkeitskriterien dringend erforderlich. Dabei sind die Ziele der Verbesserung der Versorgungssicherheit, der Optimierung volkswirtschaftlicher Wirkungen und der Entwicklung regionaler ländlicher Räume zu berücksichtigen. Nur eine hohe Qualität sichert die Akzeptanz der Bioenergie-(Förderung) und ist der Garant für einen erfolgreichen Ausbau der Bioenergie. Die Kommission hat bereits in ihrer Biokraftstoff-Strategie 2006 gefordert, dass die Wirtschaft ihre Produktionsverfahren hinsichtlich der Treibhausgas-Emissionen optimieren muss. Eine angemessene Übergangsfrist ist jedoch angesichts der getätigten Investitionen notwendig.
Um Fehlentwicklungen zu Lasten des Umwelt- und Klimaschutzes auf den konkurrierenden Märkten der Kraftstoffe, der Wärme- und Stromerzeugung, der stofflichen Nutzung und der Lebensmittel- und Futtermittel frühzeitig zu verhindern, sind die Nachhaltigkeitskriterien auf alle landwirtschaftliche Biomassen anzuwenden.
Aus Klimaschutzsicht ist im Verkehrssektor nicht der Kraftstoff das zentrale Problem, sondern der Umfang (Fahrzeugkilometer) und die Qualität (Wirkungsgrad) seiner Nutzung. Biomasse ist insbesondere zur Wärme- und Stromerzeugung einzusetzen, weil sie dort ihre beste Eignung zur Geltung bringt, d. h. ihre größten Klimaschutzpotenziale effizient und kostengünstig realisiert und gleichzeitig fossile Kraftstoffe für die Mobilität frei setzt. Wachstums- und Ausbauziele für Biokraftstoffe sind deshalb mit Blick auf wirtschaftlichere Einsatzbereiche, die zumindest im nächsten Jahrzehnt noch relativ hohen Klimaschutzkosten und die teilweise begrenzten Beiträge der Biokraftstoffe zum Klimaschutz kritisch zu überprüfen.
Solange Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme noch nicht ausreichend entwickelt und umgesetzt sind, solange Biokraftstoffe mit einer optimalen Treibhausgas-Emissionsminderung, die gleichzeitig mit Nahrungsmitteln nicht in Konkurrenz stehen, nicht wirtschaftlich zur Verfügung stehen und solange geeignete Kraftstoffqualitätsnormen nicht europaweit festgelegt sind, sollte der verbindliche Charakter eines Biokraftstoffziels ausgesetzt bleiben.
Die Festlegung geeigneter Kraftstoffnormen soll mit Blick auf die EU-Luftqualitätsrichtlinie und die darin enthaltenen verbindlichen Luftbelastungsgrenzwerte bei Stickstoffdioxid ab 2010 sowohl die Einhaltung der Kfz-Emissionsanforderungen im Fahrzeugbestand als auch die Einhaltung der künftigen Kfz-Emissionsanforderungen dauerhaft gewährleisten und darüber hinaus die Entwicklung effizienter Motorkonzepte unterstützen.
- 50. Weiterhin bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass die nach Artikel 16 Abs. 4 des Richtlinienvorschlags möglichen Übereinkünfte der Gemeinschaft mit Drittländern zunächst nur bis zum Jahr 2010 bzw. 2012 befristet werden, damit die Ergebnisse aus dem Bericht der Kommission über das Funktionieren der Massenbilanzüberprüfung bzw. Erkenntnisse aus der Wirksamkeit der Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen zeitnah Eingang in die Übereinkünfte mit Drittstaaten finden können.
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- 51. Der Verkehrsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.