Der Bundesrat hat in seiner 866. Sitzung am 12. Februar 2010 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Initiativen und den Maßnahmenplan der Kommission zur Stärkung der öffentlichprivaten Partnerschaften (ÖPP).
Der Bundesrat stimmt mit der Kommission darin überein, dass durch ÖPP im Infrastrukturbereich die Umsetzung von Projekten nachhaltig verbessert werden kann. Nach Auffassung des Bundesrates können ÖPP insbesondere durch den Lebenszyklusansatz zu einer Effizienzsteigerung, Kostensenkung und einer nachhaltigen Qualitätssicherung beitragen. Der Bundesrat unterstützt deshalb ÖPP als alternative und innovative Beschaffungsvariante zur konventionellen Eigenrealisierung des öffentlichen Bereichs.
- 2. Die Mitteilung der Kommission betrifft die Verwaltung der Länder.
- 3. Der Bundesrat weist auf die vielfältigen Aktivitäten und die erfolgreichen ÖPP-Projekte der Länder, der Kommunen und des Bundes hin, die maßgeblich dazu beigetragen haben, ÖPP in Deutschland auf den Weg zu bringen. Die ÖPP-Initiative wird in Deutschland gerade auch von der föderalen Struktur in breitem Umfang getragen. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Länder sehr frühzeitig die positiven Effekte von ÖPP erkannt und sich nachdrücklich und mit Erfolg für eine substanzielle Steigerung ihres Anteils an öffentlichen Investitionen eingesetzt haben. Er befürwortet eine konsequente Fortsetzung aller zielführenden Initiativen, um die Akzeptanz von ÖPP auf allen staatlichen Ebenen weiter zu erhöhen.
- 4. Der Bundesrat betont, dass die Rahmenbedingungen für die Teilnahme kleiner und mittlerer Unternehmen an ÖPP kontinuierlich gepflegt und verbessert werden müssen, um den Anteil mittelständischer Akteure in diesem dynamischen Markt spürbar zu erhöhen. Diesem Ziel einer mittelstandsfreundlichen Ausgestaltung dienen vor allem eine verstärkte Inanspruchnahme von ÖPP für kleine, mittelstandsgerechte Projekte, eine verbesserte Transparenz und eine Senkung der Transaktionskosten durch Standardisierungen.
- 5. Die von der Kommission vorgesehenen Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen werden vom Bundesrat begrüßt. Insbesondere die Initiative, hinsichtlich der Zuweisung von EU-Mitteln für Investitionsvorhaben gleiche Wettbewerbsbedingungen für ÖPP gegenüber konventionellen Eigenrealisierungen des öffentlichen Bereichs zu schaffen, ist dringend geboten.
- 6. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei den Beratungen über die Mitteilung der Kommission im Rat für Folgendes einzusetzen:
- - Der Bundesrat befürwortet ausdrücklich einen Dialog zu dem Thema ÖPP mit allen relevanten Interessengruppen.
Der Bundesrat setzt sich für eine einfache und übersichtliche Organisationsstruktur ein, bei der möglichst viele Zuständigkeiten gebündelt sind. An Stelle der Gründung einer ÖPP-Gruppe sollten die Aktivitäten auf europäischer Ebene beim European PPP Expertise Centre (EPEC) konzentriert werden, um Parallelstrukturen zu vermeiden.
Die genannten möglichen Vorhaben (Herausgabe von Leitlinien) werden auch vor dem Hintergrund der bereits bestehenden nationalen Kompetenzzentren und zahlreicher bestehender Richtlinien, Leitlinien und Leitfäden im Bezug auf den Grundsatz der Subsidiarität nicht für erforderlich gehalten.
- - Es wird begrüßt, dass EU-Fördermittel auch für ÖPP-Projekte zugänglich gemacht werden sollen. Die bestehenden haushaltsrechtlichen Verfahren und Vorschriften des Bundes, der Länder und der Kommunen regeln, in welchen Fällen die Realisierung einer Maßnahme in Form einer öffentlichprivaten Partnerschaft bzw. Zusammenarbeit erfolgen kann. Diese Regelungen haben sich in ihrer bisherigen Form bewährt. Das Vorhaben der Kommission, dabei Diskriminierungsfreiheit zwischen der privaten oder öffentlichen Verwaltung eines Projekts zu gewährleisten, sollte darüber hinaus nicht zu zusätzlichen Verfahrensvorschriften führen, die die Komplexität bestehender Verfahren erhöhen oder die Handlungsmöglichkeiten der öffentlichen Auftraggeber einschränken.
- - Der Bundesrat bekräftigt, dass die EU keine umfassende Regelungskompetenz für Fragen der ÖPP in den Mitgliedstaaten hat. Er appelliert an die Kommission, den Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten, Regionen und lokalen Gebietseinheiten nicht durch legislative Eingriffe einzuschränken. Dies betrifft insbesondere auf Dienstleistungskonzessionen gerichtete Regulierungsbestrebungen der Kommission, die die Gefahr begründen, die notwendige Flexibilität bei der Ausgestaltung attraktiver und effektiver ÖPP-Projekte zu behindern.
- - ÖPP erfordern keine zusätzlichen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zur Vergabe von Konzessionen. Die bestehenden vergaberechtlichen Regelungen reichen für eine erfolgreiche Umsetzung mit ÖPP aus.
Die Vergabe von Baukonzessionen ist bereits derzeit hinreichend im Gemeinschaftsrecht geregelt. Bei Dienstleistungskonzessionen hat der Gemeinschaftsgesetzgeber bislang bewusst auf sekundärrechtliche Regelungen der Vergabe verzichtet. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH besteht jedoch auch hier kein rechtsfreier Raum. Vielmehr gelten die aus den Grundfreiheiten des AEUV abzuleitenden primärrechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und der Transparenz. Ein besonderer Regelungsbedarf der Dienstleistungskonzession kann demnach nicht mit ÖPP hergeleitet werden.
Der Bundesrat hat bereits in seiner 802. Sitzung am 9. Juli 2004 Regelungen zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen abgelehnt (BR-Drucksache 408/04(B) ). Es sind bislang keine Änderungen oder Entwicklungen eingetreten, die einen neuen Vorstoß der Kommission rechtfertigten.
- - Der Bundesrat befürwortet ausdrücklich einen Dialog zu dem Thema ÖPP mit allen relevanten Interessengruppen.