Punkt 7 der 860. Sitzung des Bundesrates am 10. Juli 2009
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
Zur gesetzlichen Neuregelung der Erstattung der Beiträge zur Sozialversicherung durch die Bundesagentur für Arbeit bei struktureller Kurzarbeit Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die gesetzlichen Regelungen zur Erstattung der vom Arbeitgeber zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung durch die Bundesagentur für Arbeit bei konjunktureller Kurzarbeit uneingeschränkt auf den Bereich der strukturellen Kurzarbeit zu übertragen.
Begründung
Nach der geltenden Fassung des § 421t Absatz 1 SGB III werden bei konjunktureller Kurzarbeit dem Arbeitgeber ab dem ersten Kalendermonat des Bezugs von Kurzarbeitergeld 50 Prozent der von ihm zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung erstattet. Für Zeiten der Teilnahme einer vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers an einer beruflichen
Qualifizierungsmaßnahme werden dem Arbeitgeber die von ihm zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung in voller Höhe erstattet, wenn der zeitliche Umfang der Qualifizierungsmaßnahme mindestens 50 Prozent der Ausfallzeit beträgt.
Darüber hinaus wird durch das vorliegende Gesetz § 421t SGB III rückwirkend dadurch ergänzt, dass bei konjunkturell bedingter Kurzarbeit dem Arbeitgeber für alle seine Betriebe ab dem siebten Kalendermonat des Bezugs von Kurzarbeitergeld 100 Prozent der von ihm zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung erstattet werden, auch wenn keine berufliche Qualifizierungsmaßnahme durchgeführt wird.
Vor dem Hintergrund der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung infolge der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise begrüßt der Bundesrat die verbesserten gesetzlichen Leistungen der Bundesagentur für Arbeit bei konjunktureller Kurzarbeit. Arbeitgeber werden in ihren Bemühungen unterstützt, trotz länger anhaltender Arbeitsausfälle mit Hilfe des Kurzarbeitergeldes Beschäftigungsverhältnisse zu erhalten. Es wird gewährleistet, dass Arbeitgeber in allen Betrieben entlastet werden, um so möglichst flexibel das Instrument der Kurzarbeit nutzen und Arbeitsplätze sichern zu können.
Allerdings reichen die genannten gesetzlichen Regelungen nicht aus, da sie sich nur auf den Bezug von konjunkturellem Kurzarbeitergeld zum Erhalt der Arbeitsplätze erstrecken. Für den Arbeitsmarkt sind aber zusätzliche stabilisierende Maßnahmen erforderlich, da die schlechte wirtschaftliche Entwicklung bei einer zunehmenden Anzahl von Unternehmen tiefgreifende strukturelle Auswirkungen hat. Die aktuelle Krise führt dazu, dass bundesweit mehr Unternehmen als in den Vorjahren entweder Insolvenz anmelden oder im Zuge betrieblicher Restrukturierung Personalanpassungen vornehmen müssen.
Zur Vermeidung von Entlassungen und zur Verbesserung ihrer Vermittlungsaussichten haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei betrieblicher Restrukturierung Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld zur Förderung der Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Die bestehenden Regelungen bei struktureller Kurzarbeit nach § 216b SGB III sehen bisher allerdings keine Erstattung der vom Arbeitgeber zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung durch die Bundesagentur für Arbeit vor, wie dies bei konjunktureller Kurzarbeit der Fall ist. Darüber hinaus wird das Instrument des Transferkurzarbeitergeldes vornehmlich von großen Unternehmen genutzt, da insbesondere kleine und mittlere Unternehmen bei betrieblicher Restrukturierung oftmals nicht über genügend finanzielle Mittel verfügen, um das Instrument nutzen zu können.
Vor dem Hintergrund fehlender finanzieller Mittel vieler Unternehmen bei betrieblicher Restrukturierung führen die unterschiedlichen gesetzlichen Leistungsansprüche bei konjunkturell und strukturell bedingter Kurzarbeit zu einer ungleichen Behandlung sowohl von Unternehmen als auch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Würden auch bei struktureller Kurzarbeit die Beiträge zur Sozialversicherung ab dem siebten Monat in voller Höhe erstattet, würde dies eine große finanzielle Entlastung der Arbeitgeber darstellen. Dies wiederum könnte dazu führen dass mehr Arbeitgeber in die Lage versetzt werden, sich auf Maßnahmen struktureller Kurzarbeit einzulassen. Dies würde mehr von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bessere Chancen für eine berufliche Neuorientierung und für einen sozialverträglichen Transfer in eine Anschlussbeschäftigung bieten.
Um in der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise unabhängig von der
Betriebsgröße, der finanziellen Lage der Betriebe oder dem Vorliegen konjunktureller oder struktureller Kurzarbeit eine gleiche Behandlung sowohl von Unternehmen als auch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu gewährleisten muss daher der Gesetzgeber handeln.
Aus den genannten Gründen fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, die gesetzlichen Regelungen zur Erstattung der vom Arbeitgeber zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung durch die Bundesagentur für Arbeit bei konjunktureller Kurzarbeit uneingeschränkt auch auf den Bereich der strukturellen Kurzarbeit zu übertragen. Dazu sind die bestehenden Regelungen nach § 421t Absatz 1 SGB III sowie die beabsichtigten Neuregelungen zu § 421t SGB III im "Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und zur Änderung anderer Gesetze" auf die bestehenden Regelungen bei struktureller Kurzarbeit nach § 216b SGB III zu übertragen.