COM (2018) 364 final
Der Bundesrat hat in seiner 972. Sitzung am 23. November 2018 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat teilt grundsätzlich die Einschätzung der Kommission, dass eine leistungsfähige Justiz eine wichtige Grundvoraussetzung für Rechtsstaatlichkeit in der EU darstellt. Er nimmt Bezug auf seine Stellungnahmen zum EU-Justizbarometer aus den vergangenen Jahren (vergleiche BR-Drucksache 244/13(B) , BR-Drucksache 171/14(B) , BR-Drucksache 092/15(B) , BR-Drucksache 173/16(B) und BR-Drucksache 279/17(B) ) und wiederholt die darin geäußerte grundsätzliche Kritik.
- 2. Er hält ferner eine übersichtliche, leicht lesbare und verständliche Darstellung des EU-Justizbarometers für eine wichtige Voraussetzung dafür, dass das Instrument wahrgenommen wird und die ihm zugedachten Ziele erreichen kann. Er sieht die jährlich zunehmende Kleinteiligkeit des Justizbarometers ebenso kritisch wie die ständig wachsende Komplexität der teilweise überfrachteten graphischen Darstellungen, deren Aussagen ohne umfangreiche Vorkenntnisse teilweise kaum noch nachvollzogen werden können.
- 3. Der Bundesrat hält eine stärkere Konzentration des EU-Justizbarometers auf Kernfragen für geboten. Die Auswahl der Fragestellungen sollte danach erfolgen, ob sie für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und die Effizienz der Justizsysteme der Mitgliedstaaten von zentraler Bedeutung sind und ob alle Mitgliedstaaten in der Lage sind, valides Datenmaterial zu den Fragestellungen beizubringen. Entscheidend ist ferner, inwiefern ein Vergleich der mitgliedstaatlichen Justizsysteme möglich ist. Angesichts der Unterschiedlichkeit der nationalen Justizsysteme erscheint insbesondere ein "Ranking" weder möglich noch zielführend.
- 4. Er kritisiert in diesem Zusammenhang insbesondere die fortgesetzte Ausweitung des EU-Justizbarometers auf den Bereich der Strafrechtspflege. Nach der Aufnahme der Dauer von Gerichtsverfahren zur Bestrafung von Geldwäschetaten im 5. EU-Justizbarometer nimmt das 6. EU-Justizbarometer in Schaubild 67 die Organisation der Staatsanwaltschaften in den Blick, obwohl eine nachvollziehbare Darstellung der Aufsichtsstrukturen und Weisungsbefugnisse von 28 Mitgliedstaaten in einem Schaubild offensichtlich nicht gelingen kann. Der Bundesrat sieht hier in besonderer Weise ein Problem der Vergleichbarkeit und erinnert daran, dass wegen der besonders empfindlichen Berührung der demokratischen Selbstbestimmung durch Straf- und Strafverfahrensnormen die EU im Bereich der Strafrechtspflege besondere Zurückhaltung walten lassen sollte.
- 5. Er hält es ferner für sinnvoll, die Datenerhebung zum EU-Justizbarometer künftig in einem zweijährigen oder längeren Turnus durchzuführen. Ein längerer Erhebungszeitraum erscheint angesichts der geringfügigen Änderungen des Datenmaterials von Jahr zu Jahr völlig ausreichend, um relevante längerfristige Entwicklungen in den Justizsystemen abzubilden. Der Bundesrat stellt fest, dass die bislang praktizierte Art der Datenerhebung hinsichtlich des Umfangs und der Häufigkeit zu einer erheblichen Belastung der Mitgliedstaaten, insbesondere derjenigen mit föderalen Justizstrukturen, geführt hat, die in einem problematischen Verhältnis zu dem möglichen Erkenntnisgewinn steht.
- 6. Der Bundesrat spricht sich daher dafür aus, die Datenabfragen zum EU-Justizbarometer mit der Kommission des Europarates für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) so zu koordinieren, dass künftig die Beantwortung eines Fragebogens alle zwei Jahre ausreichend ist. Er hält es ferner für sachgerecht, die Fragebögen zur Datenerhebung in allen Amtssprachen der EU zu versenden, um eine konsistente Beantwortung zu gewährleisten.
- 7. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, seine Position bei den Verhandlungen im Rat zu berücksichtigen und besonders darauf zu achten, dass aus dem EU-Justizbarometer keine unnötigen Belastungen für die Justiz erwachsen.
- 8. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.