Der Bundesrat hat in seiner 836. Sitzung am 21. September 2007 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Bemühungen der EU, die mit dem Verordnungsvorschlag insbesondere die Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln zur Behandlung spezifischer Krankheiten, die Referenzwerte für die Kontrolle von Arzneimittelrückständen in Lebensmitteln tierischer Herkunft und die Festsetzung von Rückstandshöchstmengen in Übereinstimmung mit internationalen Standards regelt.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den Beratungen dieses Vorschlags Folgendes zu berücksichtigen:
- 2. Die angestrebte leichtere Lesbarkeit des Rechtstextes sollte durch eine Zusammenfassung der Einzelbestimmungen und Verfahrensabläufe in verschiedenen Anhängen, die sich jeweils an eine Anwendergruppe richten, und soweit möglich durch die analoge Verwendung von Begriffen und Definitionen aus bestehenden Rechtstexten der EU zum Lebensmittelrecht unterstützt werden.
- 3. Vom Anwendungsbereich der Verordnung sollten zusätzlich Pestizide und Biozide ausgeschlossen werden, da hierfür getrennte Gemeinschaftsregelungen bestehen.
- 4. Die Regelung der Referenzwerte dient dem Zweck, ein Beurteilungskriterium für nachgewiesene Rückstände unterschiedlichster Herkunft einzuführen. Dadurch soll ein einheitliches Verwaltungshandeln gewährleistet und hinsichtlich vieler Substanzen die Grundlage für eine Ahndung geschaffen werden. Insofern wird die Regelung der Referenzwerte befürwortet. Die Festlegung von Referenzwerten sollte sich jedoch nicht alleine an der analytischen Realisierbarkeit, sondern auch an der gesundheitlichen Relevanz orientieren. In Erwägungsgrund Nummer 22 des Vorschlags wird deshalb explizit auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Bedeutung der Exposition und die technische Durchführbarkeit verwiesen. Dies sollte sich auch im verfügenden Teil (Artikel 17 und 18) widerspiegeln.
Erfahrungen aus angrenzenden Bereichen (NRKP, Festlegung von MRPL-Werten) haben verdeutlicht, dass die festgelegten Werte sich nicht allein aus der analytischen Machbarkeit ableiten sollten, weil daraus eine ständige Korrektur der Werte resultieren würde. Damit würde die derzeitige Situation für die Untersuchungseinrichtungen im Wesentlichen beibehalten.
Es wird darauf hingewiesen, dass jede Änderung von Referenzwerten zu einer Neu- oder Revalidierung der eingesetzten Untersuchungsverfahren führt. Der Aufwand, Methoden zur Rückstandsuntersuchung auf pharmakologisch wirksame Stoffe zu validieren, ist sehr groß. Es werden dabei wertvolle Untersuchungskapazitäten gebunden und in Folge dessen hohe Kosten verursacht.
- 5. In Artikel 2 Buchstabe a wird lediglich der Begriff "Rückstand" definiert. Eine Definition des Begriffs "pharmakologisch wirksamer Stoff" sollte eingefügt werden und sicherstellen, dass auch Substanzen, die unter Angabe einer anderen Zweckbestimmung ggf. missbräuchlich als Arzneimittel eingesetzt werden, reglementiert werden können.
- 6. In Artikel 2 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags ist eine Definition des Begriffs "Lebensmittel lieferndes Tier" vorgesehen. Die vorgeschlagene Formulierung könnte dazu führen, dass Tierhalter, insbesondere Hobbytierhalter, die strengeren arzneimittelrechtlichen Regelungen für ihre Tiere mit dem Argument ablehnen ihre Tiere seien nicht eigens für diesen Zweck gezüchtet worden. Von Bedeutung ist dieser Punkt insbesondere deshalb, weil zum ersten Mal eine Definition für Lebensmittel liefernde Tiere festgeschrieben würde, die sich klar auf die Zweckbestimmung des Einzeltieres und nicht auf die übliche Zweckbestimmung einer Tierart bezieht. Insofern würden möglicherweise ungewollt Maßstäbe für angrenzende Rechtstexte gesetzt. Gleichzeitig sollen aber auch die mit den Regelungen zum Equidenpass bestehenden Ausnahmemöglichkeiten für eindeutig identifizierbare Nutztiere bestehen bleiben. Um sicherzustellen, dass die Zuordnung von Einzeltieren nach objektiven Kriterien erfolgt, sollte die Definition so geändert werden, dass sie alle Tiere umfasst die einer Tierart angehören, die in den Mitgliedstaaten üblicherweise für den Zweck der Nahrungsmittelerzeugung gezüchtet, aufgezogen, gehalten, geschlachtet getötet oder geerntet wird, sowie Tiere, die eigens für den Zweck der Nahrungsmittelerzeugung gezüchtet, aufgezogen, gehalten, geschlachtet, getötet oder geerntet werden, und gleichzeitig ermöglicht, dass Einzeltiere ausgenommen werden können, sofern sie dauerhaft identifizierbar von der Nahrungsmittelgewinnung ausgeschlossen sind.
- 7. Die grundsätzliche Vorgehensweise bei der Extrapolation nach Artikel 5 sollte verdeutlicht werden. Insbesondere das Procedere der Extrapolation bei unterschiedlichen Tierarten in Verbindung mit einer Vielzahl unterschiedlicher Substanzen sollte präzisiert werden.
- 8. Das bestehende Anwendungsverbot für verbotene oder nicht gelistete Stoffe im Sinne des Artikels 5 Abs. 2 bzw. Artikels 14 der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 sollte beibehalten werden. Zwar ergeben sich entsprechende Anwendungsverbote in der Regel zumindest mittelbar aus der Richtlinie 082/2001/EG. Die angestrebte Verbesserung der Lesbarkeit der Bestimmungen über festgesetzte Rückstandshöchstmengen sowie die Rechtssicherheit für die Endanwender (Angehörige veterinärmedizinischer Berufe, für Kontrollen zuständige Behörden) würden allerdings unterstützt, wenn in vorliegendem Vorschlag oder an anderer geeigneter Stelle der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 entsprechende ausdrückliche Anwendungsverbote für verbotene und nicht gelistete Stoffe enthalten wären.
- 9. Stoffe, für die keine Rückstandshöchstmengen und kein Referenzwert festgelegt sind sollten praktisch einem Anwendungsverbot unterliegen (siehe oben). Die Lebensmittel- und Tierarzneimittelüberwachungsbehörden sind nicht in der Lage, beim Nachweis solcher Stoffe zu entscheiden, ob derartig belastete Lebensmittel als gesundheitsgefährdend einzustufen sind, und zwar unabhängig von der nachgewiesenen Konzentration. Der Verordnungsvorschlag sollte daher um Regelungen ergänzt werden, wie mit Lebensmitteln tierischer Herkunft verfahren werden soll, in denen Rückstände von Stoffen nachgewiesen werden, für die keine Rückstandshöchstmengen oder Referenzwerte für Maßnahmen festgelegt sind.
- 10. Lebensmittel, bei denen die festgelegten Höchstgehalte überschritten sind, sollten weder verarbeitet noch zum Verschnitt mit dem gleichen Erzeugnis oder mit anderen Erzeugnissen vermischt werden dürfen. Die Aufnahme eines Verbots der Verwendung und Vermischung von Lebensmitteln, die Referenzwerte oder Rückstandshöchstmengen überschreiten, sollte daher geprüft werden. Wenn Stoffe im Sinne von Artikel 13 Abs. 6 Buchstabe a und Buchstabe b im Lebensmittel nachgewiesen werden, sollte dies auf Grund des Anwendungsverbots dieser Stoffe geeignete Sanktionierungen zur Folge haben und zwar sowohl für importierte Produkte als auch für Produkte aus den Mitgliedstaaten.
- 11. Zu Artikel 15 wäre es notwendig, darauf zu verweisen, dass die Methoden für die Analyse von Rückständen den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über die amtliche Lebensmittelkontrolle festgelegten Kriterien entsprechen. Insgesamt sollten die Bestimmungen zu Probenahme- und Analysenverfahren noch stärker in diese Verordnung eingebunden werden.
- 12. Die Schaffung einer Datenbank über die national von den Mitgliedstaaten und zentral von der EMEA zugelassenen Tierarzneimittel wird angeregt, um die Nichtverfügbarkeit von Tierarzneimitteln in Fällen von so genannten Therapienotständen zu vermeiden. Vor dem Hintergrund der Inkraftsetzung dieser Verordnung nicht vor Ende 2009 hält der Bundesrat es für notwendig, weitere kurzfristig greifende Maßnahmen für die Zielsetzung der Verordnung in Betracht zu ziehen und schnellstmöglich anzugehen. Vor allem erscheint die Schaffung einer Datenbank der national und zentral zugelassenen Tierarzneimittel von großem Nutzen. Die bei den einzelnen nationalen Zulassungsbehörden und der EMEA vorhandenen Arzneimittellisten für Lebensmittel liefernde Tiere bräuchten hierfür lediglich zusammengeführt werden. Ein öffentlicher Zugriff hierauf auf der Homepage der EMEA würde die Information über verfügbare Tierarzneimittel wesentlich verbessern und dadurch i. V. m. § 56a Abs. 2 AMG die Fälle von Therapienotständen minimieren. Dies wäre auch im Sinne des Verbraucher- und Tierschutzes ein Gewinn.