885. Sitzung des Bundesrates am 8. Juli 2011
A
Der federführende Wirtschaftsausschuss (Wi), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Verkehrsausschuss empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 1 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c)
In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b ist in § 1 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c nach den Wörtern "rein elektrisch betriebene Fahrzeuge" das Wort ", Brennstoffzellenfahrzeuge" einzufügen.
Folgeänderungen:
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Nummer 11 sind in Anlage 1 Buchstabe A Abschnitt I Nummer 4 Satz 6 nach den Wörtern "Bei extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen" die Wörter "und Brennstoffzellenfahrzeugen" einzufügen.
- b) In Nummer 12 Buchstabe d sind in Anlage 2 Abschnitt I Nummer 6 Satz 3 nach den Wörtern "extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge" die Wörter "und Brennstoffzellenfahrzeuge" einzufügen.
- c) In Nummer 13 Buchstabe c Doppelbuchstabe cc sind in Anlage 3 Teil II Nummer 3 Satz 2 nach den Wörtern "extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge" die Wörter "und Brennstoffzellenfahrzeuge" einzufügen.
Begründung:
Die Novelle der Pkw-EnVKV soll nun auch Elektrofahrzeuge einschließen. Dazu werden die Begriffe "reines Elektrofahrzeug" und "extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge" definiert.
Reine Elektrofahrzeuge sind demnach Pkw, die ausschließlich von einem Elektromotor angetrieben werden, den dazu erforderlichen Strom aus einer am Stromnetz aufladbaren Batterie gewinnen und neben dem Strom keinen Kraftstoffverbrauch aufweisen.
Extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge sind Fahrzeuge, die sowohl einen Elektro- als auch einen Verbrennungsmotor benutzen und folglich weitere Betriebskraftstoffe zum Antrieb oder zur Wiederaufladung der Batterie verbrauchen, wobei der Elektromotor den Strom aus einer am Stromnetz aufladbaren Batterie erhält.
Diese Definitionen schließen aber Brennstoffzellenfahrzeuge aus. Dies sind Fahrzeuge, die ausschließlich von einem Elektromotor angetrieben werden, der den dazu erforderlichen Strom aus einer durch eine Brennstoffzelle aufgeladenen Batterie erhält und die dazu externe Betriebsstoffe (H2) tanken.
Da einzelne Hersteller bereits angekündigt haben, in absehbarer Zeit Brennstoffzellenfahrzeuge in Großserie auf den Markt zu bringen, sollte der Geltungsbereich der Novelle auch auf diese Fahrzeuge ausgedehnt werden.
2. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 3a Absatz 2 Satz 2 - neu -)
In Artikel 1 Nummer 5 ist dem § 3a Absatz 2 nach der Tabelle folgender Satz anzufügen:
"Liegen die offiziellen spezifischen CO₂-Emissionen eines Fahrzeugs über dem Emissionsgrenzwert von 130 g CO₂/km, wird das Fahrzeug höchstens der CO₂- Effizienzklasse C zugewiesen."
Begründung:
Mit der Verordnung (EG) Nr. 443/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen im Rahmen des Gesamtkonzepts der Gemeinschaft zur Verringerung der CO₂-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen wird ab 2012 für neue Fahrzeuge ein Emissionsdurchschnitt von 130 Gramm CO₂ pro Kilometer festgelegt. Bereits jetzt sollen die besten CO₂- Effizienzklassen (z.B. A+, A und B) die Einhaltung dieses Emissionsdurchschnitts entsprechend abbilden. Dadurch werden zusätzliche Anreize für Investitionen in neue Motorentechnik gesetzt und aussagekräftigere Hilfestellungen für klimafreundliches Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher beim Neuwagenkauf angeboten. Fahrzeuge, deren offizielle spezifische CO₂- Emissionen über dieser Emissionsobergrenze liegen, sind abweichend von der Effizienzklassenberechnung höchstens der CO₂-Effizienzklasse C zuzuweisen.
3. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 3a Absatz 3 Satz 1 und 2)
In Artikel 1 Nummer 5 ist § 3a Absatz 3 wie folgt zu ändern:
- a) In Satz 1 ist das Wort "ein" durch das Wort "fünf" zu ersetzen.
- b) In Satz 2 ist die Angabe "Einvom-Hundert-Kriteriums" durch die Angabe "Fünfvom-Hundert-Kriteriums" zu ersetzen.
Begründung:
Die Einführung von höheren Effizienzklassen sollte von einem angemessenen zur Verfügung stehenden Marktvolumen solcher Fahrzeuge abhängig gemacht werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass durch einzelne, marktuntypische Angebote eine Änderung des Kennzeichnungssystems erforderlich wird, ohne dass damit die gewünschte Breitenwirkung erreichbar ist. Das führt neben einem erheblichen Aufwand in den Vertriebsorganisationen der Hersteller auch zu einer Desinformation der Verbraucher. Eine kurzfristig sich ändernde Bewertung gleicher Fahrzeuge sollte vermieden werden. (Hinweis: Nach den aktuellen Zahlen der Neuzulassungen von Pkw in Deutschland wäre die Ein-Prozent-Grenze schon bei einer Fahrzeugzahl von 29 000 erreicht.)
4. Hauptempfehlung*
(Bei Annahme entfällt Ziffer 7)
Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 3a Absatz 3 Satz 6)
In Artikel 1 Nummer 5 ist § 3a Absatz 3 Satz 6 wie folgt zu fassen:
"Spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie die Berechnungsgrundlagen für den Referenzwert, insbesondere Alternativen zur Bezugsgröße Masse, und den Anteil der zugelassenen Fahrzeuge in den Klassen insgesamt überprüfen und gegebenenfalls die Energieverbrauchskennzeichnung für Personenkraftwagen durch Änderung dieser Verordnung anpassen."
Begründung:
Bei der Berücksichtigung der Fahrzeuggröße und der damit einhergehenden Berechnung des Referenzwertes für die CO₂-Effizienzklasse kann es durch die Bezugsgröße Masse zu verzerrten Darstellungen kommen, die Verwirrungen bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern hervorrufen können. Dass z.B. schwere Geländewagen mit einem Gewicht von rund 2400 kg und einem CO₂- Ausstoß von rund 195 g/km einer besseren CO₂-Effizienzklasse zugewiesen werden als ein Kleinwagen mit 770 kg und einem CO₂-Ausstoß von 86 g/km, wird dauerhaft nicht zur Akzeptanz der Verbrauchskennzeichnung beitragen.
Das Fahrzeuggewicht ist in der Regel aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher kein ausschlaggebendes Kriterium für den Kauf eines Neuwagens.
Für die Berechnungsgrundlage der CO₂-Effizenzklassen sind daher nach der Erprobungsphase von drei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung weitere Kriterien wie z.B. Fahrzeugstandfläche (z.B. Produkt aus Spurweite und Radstand) oder Aspekte des Nutzwertes des Fahrzeugs (z.B. Sitzplätze) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu prüfen und zu erfassen.
Nach der Verordnung (EG) Nr. 443/2009 prüft auch die EU-Kommission bis zum Jahre 2014 weitere alternative Parameter wie z.B. die Fahrzeugstandfläche neben dem jetzigen Parameter Masse, um ein neues Konzept für die Beschreibung des Nutzwertes eines Fahrzeugs in Korrelation zu den tatsächlichen CO₂-Emissionen zu bilden. Diese Entwicklungen gilt es dann auch zu berücksichtigen.
Eine materielle Änderung, z.B. bei der Bildung des Referenzwertes für die CO₂-Effizienzklassen oder andere Anpassungen der Energieverbrauchskennzeichnung für Personenkraftwagen, erfordern dann zwingend die Änderung dieser Verordnung unter Beteiligung des Bundesrates.
- *. wurde nur im U als Hauptempfehlung beschlossen
5. Zu Artikel 1 Nummer 11 (Anlage 1 (zu § 3 Absatz 1 Nummer 1) Buchstabe A Abschnitt I Nummer 8 Satz 1)
(Bei Annahme entfällt Ziffer 6)
Artikel 1 Nummer 11 Buchstabe A Abschnitt I Nummer 8 Satz 1 ist wie folgt zu fassen:
"Anschließend ist die Jahressteuer für das jeweilige Fahrzeug, ausgenommen Elektrofahrzeuge, anzugeben."
Begründung:
Die Angabe von jährlichen Energieträgerkosten für Pkw ist auf Grund der hohen Volatilität insbesondere der Kraftstoffpreise nicht sinnvoll. Eine derartige Angabe hätte keinen Aussagegehalt über die absolute Höhe der tatsächlich anfallenden Kosten, sondern erlaubt lediglich einen relativen Vergleich zwischen unterschiedlichen Fahrzeugen. Ein solcher Vergleich ist jedoch durch die Angabe des Kraftstoffverbrauchs bereits gegeben. Von daher würde die vorgesehene Angabe von Energieträgerkosten keinen Beitrag zur Verbraucherinformation leisten. Es besteht dagegen eher die Gefahr der Verwirrung.
6. Zu Artikel 1 Nummer 11 (Anlage 1 (zu § 3 Absatz 1 Nummer 1) Buchstabe A Abschnitt I Nummer 8 Satz 1)
(Entfällt bei Annahme von Ziffer 5)
In Artikel 1 Nummer 11 Buchstabe A Abschnitt I Nummer 8 Satz 1 ist die Zahl "20.000" durch die Zahl "10.000" zu ersetzen.
Begründung:
Die durchschnittliche Fahrleistung von Pkw in Deutschland beträgt nach Angaben des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (Veröffentlichung "Verkehr in Zahlen") seit Jahren relativ konstant rund 13 000 Kilometer. Von daher ist ein Bezug auf eine Laufleistung von 10 000 Kilometern bei der Angabe von jährlichen Energieträgerkosten eine realistischere Grundlage für eine Verbraucherinformation.
Hilfsempfehlung zu Ziffer 4:
7. Der Ausschuss empfiehlt dem Bundesrat ferner, die folgende Entschließung zu fassen:
(Entfällt bei Annahme von Ziffer 4)
- 1. Der Bundesrat begrüßt die mit der Änderung der Verordnung beabsichtigte erweiterte Information für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu den Energiekenndaten neu zugelassener Personenkraftwagen. Damit wird die Möglichkeit eröffnet, auch die CO₂-Emissionen der Neuwagen in die Kaufentscheidung einfließen zu lassen.
- 2. Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass die in der Verordnung gewählte Bezugsgröße "Fahrzeugmasse" nicht geeignet ist, die Verbraucher über den tatsächlichen CO₂-Ausstoß zu informieren und der Automobilindustrie effektive Anreize zur Reduzierung des Fahrzeuggewichts und damit zu weniger Kraftstoffverbrauch zu geben.
- 3. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, eine geeignete Bezugsgröße zu wählen, die das Emissionsverhalten besser widerspiegelt als die Fahrzeugmasse. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob die Fahrzeuggrundfläche geeignet ist.
Begründung:
Es ist davon auszugehen, dass mit der Änderungsverordnung der CO₂-Ausstoß der Neuwagenflotte nur geringfügig zurückgehen wird, da die geplante Einteilung in acht Klassen von "A+ bis G" neben den CO₂-Emissionen auch die Fahrzeugmasse berücksichtigt. Auf Grund der gewählten Parameter zur Bestimmung des massebezogenen Referenzwertes erhält die Fahrzeugmasse einen verhältnismäßig hohen Einfluss auf die Bestimmung der Effizienzklasse. Im Ergebnis führt die Berücksichtigung der Fahrzeugmasse dazu, dass selbst bei (relativ) hohem Verbrauch ein schwergewichtiges Fahrzeug mit einem Verbrauch von sechs bis sieben Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer somit in eine hohe Effizienzklasse eingestuft wird. Im Gegensatz dazu können relativ leichte Kleinwagen mit einem Kraftstoffverbrauch von vier bis fünf Litern sehr wohl der Effizienzklasse G zugeordnet werden. Schwere Autos dürfen also deutlich mehr Kraftstoff verbrauchen als solche, die gewichtsoptimiert sind. Ein geringerer Einfluss der Fahrzeugmasse auf die Berechnung der Effizienzklasse ist deshalb erforderlich.
Als Alternative bietet sich die Fahrzeuggrundfläche an. Das Fahrzeuggewicht dürfte als Kaufentscheidung irrelevant sein. Kunden suchen sich nicht einen Neuwagen auf Grund des Gewichts aus, da es an sich keinen Vorteil darstellt, ob ein Pkw schwerer oder leichter ist. Die Fahrzeugfläche hingegen gibt einen nachvollziehbaren Wert für die Größe und den Platz an, die ein Fahrzeug für seine Nutzer bietet.