851. Sitzung des Bundesrates am 28. November 2008
A.
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Ziel des Richtlinienvorschlags, die auf der Grundlage der Baseler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II) im Jahr 2006 erlassenen Richtlinien über die Aufnahme und die Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Bankenrichtlinie) und über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (Kapitaladäquanzrichtlinie) zu verbessern.
- 2. Des Weiteren begrüßt der Bundesrat den erweiterten Aufsichtsrahmen für das Krisenmanagement und die verstärkte Kooperation der Aufsichtsbehörden der EU-Mitgliedstaaten (Colleges), um die Effizienz und Wirksamkeit der Beaufsichtigung zu erhöhen. Aus Wettbewerbsgründen ist es jedoch erforderlich, dass gleiche Aufsichtsmaßstäbe gelten.
- 3. Zu Recht weist die Kommission darauf hin, dass von den Instituten verlangt werden muss, die Liquiditätsrisikotoleranz auf einen angemessenen Wert festzulegen.
- 4. Der Bundesrat unterstützt die Position der Kommission, für Investmentanteile (Organismen für gemeinsame Anlagen - OGA) die Eigenkapitalanforderungen für risikoärmere Vermögenswerte des Investmentsondervermögens deutlich abzusenken, jedoch die Eigenkapitalunterlegung hoch anzusetzen, wenn die Vermögenswerte entweder risikoreich sind oder das Risiko unbekannt ist.
- 5. Der Bundesrat teilt angesichts der Finanzmarktkrise die Einschätzung der Kommission, dass Änderungen im Interbankengeschäft und bei Kreditverbriefungen erforderlich sind. Ein erhöhter Schutz der Kreditinstitute in ihrer Gläubigerfunktion trägt dazu bei, die Finanzmarktstabilität zu festigen.
- 6. Zu den neuen Großkreditregeln nimmt der Bundesrat eine differenzierte Haltung ein. Die Regulierungen dürfen nicht dazu führen, die Finanzmarktkrise und die noch andauernden Liquiditätsschwierigkeiten zu verschärfen.
- 7. Bankaufsichtlich hält der Bundesrat es im Grundsatz für richtig, künftig die Privilegierung von Interbankengeschäften einzuschränken (die 25-Prozent-Großkreditgrenze gibt es im Nichtbankenkreditgeschäft seit längerem). Die Veränderung im Interbankengeschäft muss jedoch schrittweise erfolgen. Zeitlich abgestuft sollte für das erste Jahr nach Inkrafttreten der nationalen Umsetzungsgesetze eine Obergrenze von 35 Prozent der Eigenmittel und im Jahr darauf von 30 Prozent und ein weiteres Jahr später von 25 Prozent gelten. Eine solche zeitliche und qualitativ abgestufte Vorgehensweise dürfte dazu beitragen, den Liquiditätskreislauf zu fördern.
- 8. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Definition von Kreditnehmereinheiten gemäß der wirtschaftlichen Abhängigkeit ein bewährtes bankaufsichtliches Instrument darstellt, um Risiken transparent zu machen.
- 9. Der Bundesrat fordert dazu auf, die neue Definition der Kreditnehmereinheit eng an den risikorelevanten Abhängigkeiten auszurichten. Bislang ist der Begriff der "verbundenen Kunden" ausschließlich auf die Vermögensseite der betreffenden Kunden konzentriert, um festzustellen, ob ein Kreditnehmer auf Grund finanzieller Schwierigkeiten eines Anderen Rückzahlungsprobleme haben könnte. Die Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass Unternehmen finanziell voneinander abhängig sein und ein signifikantes Risiko darstellen können, wenn sie von ein und derselben Gesellschaft finanziert werden. Der Bundesrat macht darauf aufmerksam, dass die Umstellung der Global-Limit-Systeme, in denen die Kreditnehmereinheiten erfasst sind, für die Kreditwirtschaft eine sehr anspruchsvolle organisatorische und EDV-technische Aufgabe sein wird, die die Kosten deutlich erhöhen wird. Es bedarf daher angemessener Übergangsfristen.
- 10. Der Bundesrat weist darauf hin, dass bei bestimmten Modellen des Kreditrisikotransfers auf Nichtbanken ein Selbstbehalt von 5 Prozent des Gesamtrisikos bei Originatoren (Verkäufer der Forderungen) und Sponsoren (Verwalter von Zweckgesellschaften) nicht ausreichend sein dürfte. Wie sich in der Finanzmarktkrise gezeigt hat, sind die Informationen über die Risiken asymmetrisch verteilt und waren in weiten Teilen für die Marktteilnehmer nicht transparent. In Übereinstimmung mit der Position der Bundesregierung, der derzeitigen Haltung im Europäischen Parlament und den ursprünglichen Überlegungen der Kommission sollte daher ein quantitativ angemessener höherer Prozentsatz für den Selbstbehalt des Risikos gelten, der einerseits hoch genug ist, um einen Anreiz für risikobewusstes Handeln zu geben, andererseits Handlungsspielraum für die Kreditvergabe belässt. Als Anreiz sind auch abgestufte Selbstbehaltprozentsätze denkbar, wenn nachweislich durch ein qualitätsvolles, von den Aufsichtsbehörden anerkanntes Risikomanagement eines Kreditinstituts sicherstellt ist, dass die institutsspezifischen und die systemischen Risiken deutlich vermindert sind.
B.
- 11. Der Finanzausschuss und der Rechtsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.