971. Sitzung des Bundesrates am 19. Oktober 2018
Der federführende Wirtschaftsausschuss (Wi), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (U) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat, die Entschließung nach Maßgabe folgender Änderungen zu fassen:
1. Zu Nummer 1
Nummer 1 ist wie folgt zu fassen:
"1. Der Bundesrat stellt fest, dass es zur Erreichung der Klima- und Erneuerbare-Energien-Ausbauziele erforderlich ist, alle vorhandenen Klimaschutz- und Klimaanpassungspotenziale, insbesondere der Photovoltaik- und Begrünungspotenziale, in den urbanen Räumen zu heben, da so ein Zubau von erneuerbaren Energien in Synergie mit Begrünungs- und Wasserrückhaltelösungen besonders flächenschonend umsetzbar ist. Durch die Förderung von Synergien zwischen Klimaschutz und Klimaanpassung werden unter anderem die Klimaziele schneller erreicht und die klimatische Leistung der urbanen Räume verbessert."
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Bei Energieerzeugern in urbanen Räumen, die multifunktionale Maßnahmenkombinationen umsetzen, ist eine Förderung gerechtfertigt. Durch die multifunktionale Nutzung von urbanen Räumen sowohl für die Energieerzeugung als auch für Klimaanpassungsmaßnahmen, zum Beispiel bei der Kombination Photovoltaik auf Gründächern, werden u.a. die Klimaziele schneller erreicht und die klimatische Leistung der urbanen Räume verbessert. Gründächer bringen eine Leistungssteigerung der Solarmodule, da die Betriebstemperatur durch die Verdünstungskühlungsleistung der Pflanzen gesenkt wird. Gleichzeitig wird der Urbane-Hitzeinsel-Effekt vermindert und die Biodiversität der urbanen Räume gefördert. Die Retensionsfähigkeit der Gründächer trägt durch die Verzögerung des Abflusswassers und die daraus folgende Entlastung der Sielnetze bei Starkregenereignissen zur Überflutungsvorsorge der Stadt bei. Durch die Dämmwirkung eines Gründachs wird der Energieverbrauch für Kühlung und Heizung von Gebäuden reduziert und infolgedessen die Abdeckung des Energiebedarfs durch erneuerbaren Energien leichter gemacht.
Im Sinne einer nachhaltigen, ökologischen Entwicklung sowie der Zukunftsfähigkeit und Attraktivität der Stadt sind die Begrünung und die energetische Aktivierung der jeweils geeigneten Dach- und Fassadenflächen sowie Freiraumflächen in einer möglichst synergetischen Wirkungsweise notwendig. In der inneren Stadt können Nutzungssynergien zwischen Solarthermie, Photovoltaik, Dachbegrünung und Nutzungen wie Dachterrassen oder Flächenbedarfe für Erholungs- und Spielflächen adäquate Lösungen bieten. Im besten Fall nutzen Investoren, Bauherren und Planer die inhaltliche Verknüpfung der Ziele "Grüne Stadt" und "Solarstadt". Für die wachsende Stadt Hamburg, mit einem steigenden Bedarf an Wohnraum und Infrastruktur, sind diese multifunktionalen Nutzungen von urbanen Räumen Schlüssel für eine nachhaltige Zukunft.
Zu Nummer 8 Satz 2, Nummer 8a - neu -
2. a) In Nummer 8 Satz 2 sind die Wörter "eine Regelung zu treffen" durch die Wörter "Regelungen zu prüfen" zu ersetzen.
3. b) Nach Nummer 8 ist folgende Nummer 8a einzufügen:
"8a. Der Bundesrat stellt fest, dass die Mieterstromförderung nur zu einem unzureichenden Ausbau der Photovoltaik beigetragen hat. Wesentliche Hemmnisse sind hohe bürokratische und messtechnische Anforderungen sowie steuerrechtliche Fragen. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, die Erkenntnisse aus der Marktanalyse für den Mieterstrombericht nach § 99 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes möglichst frühzeitig mit den Ländern und der Branche zu diskutieren und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten."
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Zu Buchstabe a:
Bei gewerblich genutzten Gebäuden, insbesondere im urbanen Umfeld, ist von typischen Nutzungszeiten am Tag auszugehen, an denen die Stromerzeugung aus einer PV-Dachanlage verfügbar ist und somit eine hohe Direktnutzungsquote erzielt werden kann. Daher ist die Förderbedürftigkeit noch zu prüfen. Die Möglichkeit, den erzeugten Strom direkt zu verkaufen, sind davon zunächst unabhängig zu beurteilen.
Zu Buchstabe b:
Aus der Praxis und verschiedentlichen Informationsveranstaltungen zur Umsetzung von Mieterstromprojekten wurde stets auf die Hemmnisse aus bürokratischen und steuerrechtlichen Gründen sowie aufgrund messtechnischer Anforderungen hingewiesen. Der Mieterstrombericht ist nach § 99 EEG erst für den 30. September 2019 terminiert. Für notwendige Anpassungen, bestmöglich im Rahmen des 100-Tage-Gesetzes, sollten bereits vorliegende Erkenntnisse des BMWi frühzeitig mit den Ländern und der Branche diskutiert und entsprechende Empfehlungen erarbeitet werden.
Zu Nummer 8a - neu -, 8b - neu -*
* Bei Annahme mit Ziffer 3 ist die Nummerierung redaktionell anzupassen.
Nach Nummer 8 sind die folgenden Nummern 8a und 8b einzufügen:
4. "8a. Der Bundesrat stellt fest, dass eine Ungleichbehandlung zwischen Eigenheimbesitzern, die Eigenversorgung auf Basis erneuerbarer Energien betreiben, und Stromkunden im Mieterstrommodell besteht. Diese ergibt sich daraus, dass Eigenversorgung bei einer installierten Leistung bis 10 kWp und nicht mehr als 10 MWh selbstverbrauchten Stroms von der EEG-Umlage befreit ist, Mieterstrom jedoch nicht. Um Mieterstrommodelle attraktiver zu machen, regt der Bundesrat an, den an die Mieter gelieferten Strom von der EEG-Umlage vollständig zu befreien.
5. 8b. Der Bundesrat regt zudem an, Maßnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass das Angebot von Mieterstrom und die Einspeisung von Überschussstrom zu einer Gewerbesteuerpflicht für Vermieter führen und die dafür notwendigen Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen."
Folgeänderung:
In der Begründung sind nach dem sechsten Absatz folgende Absätze einzufügen:
"Zu Nummer 8a:*
* setzt Annahme von Ziffer 4 voraus
Eine Befreiung des gelieferten Stroms von der EEG-Umlage ist vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass der Strom nicht durch das Netz der öffentlichen Versorgung geleitet wird und dieses damit entlastet. Eine Befreiung des gelieferten Stroms von der EEG-Umlage sorgt für eine bessere Verteilung des gesellschaftlichen Nutzens der Energiewende, indem Mieterstrom mit Eigenstrom von Eigenheimbesitzern gleichbehandelt wird. Zudem werden Aufwand und Bürokratiekosten für den Anbieter des Mieterstroms erheblich reduziert. Im Gegenzug ist eine Vergütung aus dem EEG-Konto heraus nicht mehr notwendig und kann entfallen, da die Befreiung von der EEG-Umlage einen größeren wirtschaftlichen Anreiz setzt.
Im Gegensatz zu dem von einem Anlagenbetreiber selbst genutzten Strom (Eigenstrom) zählt die von den Mietern direkt verbrauchte Energie nach dem Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG 2017) nicht als Eigenverbrauch, da die Mieter wirtschaftlich gesehen vom Anlagenbetreiber getrennte Parteien sind. Für die Anerkennung als Eigenversorgung verlangt das EEG 2017 die Personenidentität zwischen Erzeuger und Verbraucher, die bei einer Mieterstromlieferung gerade nicht besteht. Der Direktverbrauch (Belieferung von Dritten mit EE-Strom ohne Nutzung des Netzes der allgemeinen Versorgung) sollte dem Eigenstromverbrauch gleichgesetzt oder zumindest begünstigt werden. Das Kriterium Personenidentität für den Eigenstromverbrauch sollte hinterfragt werden.
Zu Nummer 8b:**
** setzt Annahme von Ziffer 5 voraus
Die Vermietung von Wohnraum ist von der Gewerbesteuer befreit. Im Fall einer Mieterstromlieferung bzw. der Einspeisung des Überschussstroms aus der Solaranlage ins Netz wird die eigentlich gewerbesteuerbefreite Vermietungstätigkeit gewerbesteuerpflichtig. Um das zu verhindern, muss das Gewerbesteuergesetz angepasst werden. Damit würden Mieter den Eigenheimbesitzern gleichgestellt, welche die Vorteile der Eigenversorgung schon länger in Anspruch nehmen können."
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Zu Nummer 8a - neu - und 8b - neu -:
Auf die ergänzte Begründung wird verwiesen.
Zu Nummer 8a - neu - bis 8e - neu -, Nummer 10*
* Bei Annahme mit Ziffern 3, 4, 5 ist die Nummerierung redaktionell anzupassen.
a) Nach Nummer 8 sind folgende Nummern 8a bis 8e einzufügen:
6. "8a. Der Bundesrat stellt fest, dass energierechtliche Vorgaben und der daraus resultierende Erfüllungsaufwand die Geschäftstätigkeit vieler Marktakteure zunehmend belasten. Dadurch können neue Vermarktungskonzepte erschwert sowie die Wettbewerbsfähigkeit gerade von kleinen und mittelständischen Unternehmen beeinträchtigt werden.
7. 8b. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, durch Aufnahme von Bagatellgrenzen und Erleichterungen bei messtechnischen Anforderungen kurzfristige Anpassungen der energierechtlichen Regelungen vorzunehmen und damit bürokratische Hemmnisse insbesondere bei Mieterstrommodellen zu beseitigen.
8. 8c. Geprüft werden sollte zudem, inwieweit Einnahmen aus der Einspeisevergütung nach EEG für Kleinanlagen bis zu einer Bagatellgrenze von Einkommensteuer und Umsatzsteuer befreit werden können.
9. 8d. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die auf Bundesebene vorgesehene deutliche Erhöhung des Ausbaus der erneuerbaren Energien auch eine Anpassung des Förderdeckels für solare Strahlungsenergie (52 GW) erfordert. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, möglichst schnell einen Vorschlag für eine Neugestaltung dieser Förderbegrenzung vorzulegen.
10. 8e. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung ferner auf, ein separates Ausschreibungssegment für große Dachflächen-Photovoltaikanlagen einzuführen."
11. b) Nummer 10 ist zu streichen.
Folgeänderung:
In der Begründung sind nach dem sechsten Absatz folgende Absätze einzufügen:
"Zu Nummern 8a und 8b:*
* setzt Annahme von Ziffer 6 oder 7 voraus, bei Ablehnung von Ziffer 7 redaktionell anzupassen
Eine bürokratische Hürde bei der Realisierung von Mieterstrommodellen besteht darin, dass den Anlagenbetreiber als Stromlieferant eine Vielzahl von Pflichten, u.a. nach dem EnWG (§§ 40 bis 42), treffen. Die Einführung einer Bagatellgrenze kann hier Abhilfe schaffen. Dies entspräche auch dem Gedanken der EE-Richtlinie, die in ihrer Neufassung eine Bagatellgrenze von 30 kW für lokalen Eigenverbrauch vorsieht.
Zu Nummer 8c:**
** setzt Annahme von Ziffer 8 voraus
Hauseigentümer, die PV-Strom erzeugen und einspeisen, unterliegen den Vorgaben des EStG und UStG. Diese verursachen für die Stromerzeuger einen relativ hohen Aufwand und können im Einzelfall einer entsprechenden Investitionsentscheidung entgegenstehen. Vor dem Hintergrund sinkender Einspeisevergütungen einerseits und dem Verwaltungsaufwand der Finanzämter andererseits wäre zu prüfen, inwieweit auch hier Bagatellgrenzen für Kleinanlagen (10 kWp) eingeführt werden könnten.
Zu Nummer 8d:***
Für die solare Strahlungsenergie ist im EEG ein absoluter Förderdeckel von 52 GW vorgesehen. Diese Deckelung passt nicht mehr zu dem bundesseitigen Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien auf etwa 65 Prozent bis 2030 zu erhöhen. Auch mit Blick auf die Sektorenkopplung und den damit verbundenen erhöhten Ausbaubedarf auch der Photovoltaik setzt die bestehende Deckelung das falsche Signal.
Zu Nummer 8e:****
*** setzt Annahme von Ziffer 9 voraus **** setzt Annahme von Ziffer 10 voraus
Dachflächen-PV-Anlagen weisen gegenüber Freiflächen PV-Anlagen in aller Regel Wettbewerbsnachteile auf, die die Zuschlagschancen im Ausschreibungssystem gravierend einschränken. Die komparativen Vorteile großer Dachflächen-PV-Anlagen - vor allem die Möglichkeit der EE-Stromerzeugung in besonderer Nähe zu Verbrauchern und innerhalb gut ausgebauter urbaner Stromnetze - können damit nicht zum Tragen kommen. Abhilfe würde die Einrichtung eines eigenen Ausschreibungssegments für Dachflächen-PV-Anlagen schaffen."
In Absatz 7 der Begründung ist Satz 4 zu streichen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Zu Nummer 8a - neu - bis 8e - neu -:
Auf die ergänzte Begründung wird verwiesen.
Zu Nummer 10:
Zuschaltbare Lasten sind aus fachlicher Sicht nur in den Gebieten sinnvoll, in denen Engpässe bestehen. Die vorliegende Formulierung würde zuschaltbare Lasten grundsätzlich bundesweit ermöglichen. Dies würde zu höheren Kosten für Stromverbraucher führen, denen in vielen Fällen keine systemischen oder netzseitigen Nutzen gegenüberstehen.
12. Zu Nummer 9 Satz 1a - neu - In Nummer 9 ist nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:
"Dazu muss jedoch sichergestellt sein, dass der Einsatz von z.B. zusätzlichen Power to Heat Anlagen netzdienlich erfolgt und keinen zusätzlichen Netzausbau erfordert".