883. Sitzung des Bundesrates am 27. Mai 2011
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Mitteilung der Kommission zum Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO₂-armen Wirtschaft bis 2050, in der Treibhausgas-Minderungsziele für 2020 bis 2050 genannt sind.
- 2. Die Mitteilung der Kommission zu einem Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO₂-armen Wirtschaft bis 2050 enthält mehrere mögliche Szenarien, mit denen die EU eine Senkung der Treibhausgasemissionen in Höhe von 80 bis 95 Prozent erreichen könnte. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass diese Szenarien einen wertvollen Beitrag für die Diskussion über mögliche Etappenziele bis 2050 liefern. Allerdings sind die Reduktionsannahmen, die auch auf dem Einsatz der Kernenergie und der Abscheidung und Einspeicherung von CO₂ beruhen, zu überprüfen, nachdem infolge des Reaktorunglücks in Fukushima die Frage der weiteren Nutzung der Kernenergie neu bewertet wird und auch die Technik zur Einspeicherung von CO₂ zum Teil auf Vorbehalte der Bevölkerung stößt.
- 3. Der Bundesrat hält eine detaillierte Betrachtung der Emissionsentwicklung in einzelnen Sektoren für grundsätzlich sinnvoll, weist aber darauf hin, dass für die Entwicklung sektorspezifischer Vorgaben und Maßnahmen die damit verbundenen Kosten und Unsicherheiten vertieft untersucht werden müssen. Insbesondere sind auch die Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit der Energieversorgung zu gewährleisten.
- 4. Der Bundesrat begrüßt den Hinweis auf die internationale Dimension des Klimawandels. Die EU muss jede Gelegenheit nutzen, die Zusammenarbeit mit ihren internationalen Partnern auszubauen. Ohne Zweifel wäre ein wirksames globales Vorgehen der beste Weg, das Klima zu schützen und die Verlagerung von CO₂-Emissionen zu vermeiden. Eine weitgehende Vorreiterrolle der EU ist sehr kritisch zu hinterfragen.
- 5. Der Bundesrat unterstreicht die Aussage der Kommission, dass die Auswirkungen von Maßnahmen auf die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Industriezweige weiter beobachtet und analysiert werden müssen. Wenn sich die wichtigsten Konkurrenten der EU nicht in ähnlicher Weise engagieren, sind geeignete Maßnahmen unverzichtbar, um den Risiken der Emissionsverlagerung zu begegnen.
- 6. Der Bundesrat betont, dass durch den Emissionshandel entstehende Wettbewerbsnachteile für die europäische Industrie begrenzt werden müssen. Deshalb lehnt er eine weitere Verknappung der Emissionszertifikate für die dritte Handelsperiode ab. Er betrachtet mit Sorge die Überlegungen, einen Teil der zu versteigernden Emissionszertifikate für die dritte Handelsperiode stillzulegen, und betont, dass jeglicher Eingriff in den bereits laufenden Handel auf Grund der erneuten Beeinträchtigung der Investitionssicherheit höchst problematisch ist. Nach der umfassenden Neugestaltung der Regeln beim Wechsel von der zweiten auf die dritte Handelsperiode ist es nun für die Akzeptanz des Systems unumgänglich, Sicherheit und Berechenbarkeit für die Teilnehmer beizubehalten. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Neubewertung der mit der Kernenergienutzung verbundenen Risiken infolge des schweren Reaktorunglücks in Fukushima zu einer verstärkten Nachfrage nach Emissionsrechten führen wird.
- 7. Um endlich Investitionssicherheit für energieintensive Branchen zu schaffen, fordert der Bundesrat die Kommission auf, die Überarbeitung der Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen zügig abzuschließen und eine weitreichende Kompensation für die Strompreiserhöhungen infolge des Emissionshandels zu ermöglichen.
- 8. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei den in der Mitteilung angekündigten Rechtsetzungsvorschlägen dafür einzusetzen, dass
- - die CO₂-Minderungsziele für den Sektor "Stromerzeugung" ohne die Nutzung von Kernenergie erreicht werden. Stattdessen sollten im Sektor die Anstrengungen zum Ausbau erneuerbarer Energien, von Netzen und Speichern sowie zur Energieeinsparung und der Erhöhung der Energieeffizienz vorangetrieben werden.
- - die EU, anstatt weitere Mittel zur Erforschung der Kernfusion einzusetzen, verstärkt in die Bereiche erneuerbare Energien, Stromnetzausbau, Stromspeicher und Programme zur Energieeinsparung und Energieeffizienz investiert.
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- 9. Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz, der Finanzausschuss, der Ausschuss für Innere Angelegenheiten, der Verkehrsausschuss und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.