920. Sitzung des Bundesrates am 14. März 2014
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU) und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Zur Vorlage insgesamt
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Zielsetzung des Vorschlags der Kommission, das bestehende gravierende Marktungleichgewicht im EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS) durch die Einführung einer Marktstabilitätsreserve zu beseitigen. Er hält die vorgeschlagene Regelung, den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten zu flexibilisieren und damit das EU-EHS besser auf Marktschwankungen auszurichten und die Schockresilienz zu stärken, für zielführend. Die derzeitige Situation eines großen Zertifikateüberschusses bietet nicht ausreichend Anreize für Investitionen in CO₂-arme Technologien und beeinträchtigt so die Kosteneffizienz des Systems.
- 2. Der Bundesrat hält es jedoch nicht für ausreichend, ein solches System erst mit Beginn der vierten Handelsperiode 2021 einzuführen. Vielmehr sollte nach Ansicht des Bundesrates die Marktstabilitätsreserve bereits ab 2017 eingeführt und angewandt werden.
- 3. Der Bundesrat hält es zugleich für notwendig, die über das "Backloading" dem Emissionshandelsmarkt entnommenen 900 Millionen Zertifikate unmittelbar der Marktstabilitätsreserve zuzuführen.
- 4. Der Bundesrat nimmt die Feststellung der Kommission zur Kenntnis, dass bereits heute ein Zertifikateüberschuss von ca. 2 Milliarden Zertifikaten zu verzeichnen ist. Er hält daher eine weitergehende Reform für notwendig, deren Ziel es ist, diesen Überschuss noch in der dritten Handelsperiode weitgehend abzubauen bzw. dauerhaft vom Markt zu nehmen und damit bessere Preissignale für Investitionen in CO₂-arme Technologien zu setzen.
- 5. Zudem hält der Bundesrat es für sinnvoll, den Minderungspfad des Emissionshandels über eine befristete Erhöhung des Kürzungsfaktors ambitionierter zu gestalten. Durch die vorhandenen Überschüsse an Zertifikaten könnte die Minderung ohne zusätzliche Belastungen erreicht werden. Gleichzeitig werden technologische Lockin-Effekte vermieden.
- 6. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, zukünftig stärker die Chancen für einen über die europäischen Grenzen hinausgehenden Handel mit Treibhausgasen zu nutzen. Durch die Vernetzung des EU-Emissionshandels mit anderen Zertifikatemärkten würde auch das eventuelle Risiko von Unternehmensverlagerungen ins außereuropäische Ausland wegen des Emissionshandels (sog. "carbon leakage") begrenzt werden.
- 7. Um den Emissionshandel wieder zu einem wirksamen und verlässlichen Klimaschutzinstrument zu machen, bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich auch für die Prüfung einer Preisuntergrenze einzusetzen.
- 8. Mit der Nutzung internationaler Projektgutschriften (sog. Offsets) wurden in der Vergangenheit negative Erfahrungen gemacht. Dennoch haben sie ein relevantes Potenzial für den Finanz- und Technologietransfer im Rahmen der internationalen Klimaschutzpolitik. Sie sollten zukünftig nur unter folgenden Bedingungen zugelassen werden:
- - Begrenzung auf fünf Prozentpunkte im Zusammenhang mit einem ambitionierten EU-Ziel,
- - Verschärfung der Anforderungen zur Stärkung der klimapolitischen Integrität der geförderten internationalen Projekte.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Um den bestehenden enormen Überschuss an Zertifikaten rascher abzubauen und die Bindung von Kapital und Investitionen in Technologien mit hohem CO₂-Ausstoß ("carbon lockin") zu verringern, sollte die Bundesregierung gebeten werden, auf Änderungen und Ergänzungen des Vorschlages der Kommission hinzuwirken. Diese betreffen die Vorziehung des Beginns der Marktstabilitätsreserve bereits ab 2017, die unmittelbare Zuführung der dem Markt entzogenen Backloading-Menge von 900 Millionen Zertifikaten in diese Reserve und die zusätzliche Löschung von Zertifikaten.
In ihrem Vorschlag weist die Kommission bereits selbst darauf hin, dass aus ihrer Folgenabschätzung zur Marktstabilitätsreserve hervorgeht, dass deren Beginn bereits in der dritten Handelsperiode der Stärkung und der Effizienz des CO₂-Marktes zuträglich wäre. Daher sollte die Kommission aufgefordert werden, den Start der Marktstabilitätsreserve bereits auf das Jahr 2017 vorzuziehen. Dies bedeutet, dass im Jahr 2016 die Überschussmenge 2015 berechnet und auf dieser Grundlage ab dem Jahr 2017 reduziert werden kann.
Die zurzeit in den Jahren 2019 und 2020 vorgesehene Rückführung der Backloading-Menge von 900 Millionen Zertifikaten in den Markt ist für den Abbau der Überschüsse kontraproduktiv. Diese Menge sollte daher unmittelbar der Marktstabilitätsreserve zugeführt werden.
Durch das Vorziehen des Starts der Marktstabilitätsreserve bereits ab 2017 und die Zuführung der Backloading-Menge in diese Reserve verbleibt bis zum Ende der dritten Handelsperiode immer noch ein Überschuss von rund einer Milliarde Zertifikate. Um den Überschuss an Zertifikaten rascher zu reduzieren, sollten die Versteigerungsmengen in den Jahren 2017 bis 2020 zusätzlich um jeweils 100 Millionen Zertifikate gemindert werden. Diese Mengen sollten dem Markt endgültig entzogen werden.
B
- 9. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.