925. Sitzung des Bundesrates am 19. September 2014
Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 gemäß Artikel 110 Absatz 3 des Grundgesetzes und zu dem Finanzplan des Bundes 2014 bis 2018 gemäß § 9 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft und gemäß § 50 Absatz 3 Satz 1 des Haushaltsgrundsätzegesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
- a) Die positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung in den vergangenen Jahren hat maßgeblich zur Konsolidierung des Bundeshaushalts beigetragen. Nicht zuletzt die Zunahme der Steuereinnahmen bewirkte eine stetige Verringerung des Finanzierungsdefizits des Bundes. Die gute Lage am Arbeitsmarkt führte darüber hinaus zu einer verhältnismäßig stabilen Entwicklung der Sozialausgaben. Der Bundeshaushalt profitiert zudem in besonderem Maße von dem anhaltend niedrigen Zinsniveau, das ebenfalls jährlich für erhebliche Entlastungen sorgt. Hinzu tritt eine vorübergehende Kürzung der Zuschüsse an einzelne Sozialversicherungszweige (Gesundheitsfonds und Gesetzliche Rentenversicherung).
- b) Der Bundesrat erkennt an, dass die Bundesregierung nach einem avisierten strukturellen Überschuss 2014 nun mit dem Entwurf 2015 erstmals seit dem Jahr 1969 einen Haushalt ohne Nettokreditaufnahme erreichen kann. Im Vergleich zu den bisherigen Prognosen mehren sich jedoch die Anzeichen für eine konjunkturelle Abkühlung. Die derzeitigen geopolitischen Unruhen z.B. in der Ukraine und im Nahen Osten wirken zunehmend dämpfend auf die deutsche Wirtschaft, wobei das vollständige Ausmaß der zukünftigen Risiken derzeit noch nicht absehbar ist. Die anhaltende Nachfrageschwäche aus dem Euroraum belastet zusätzlich die wirtschaftliche Entwicklung. Zudem würde eine Normalisierung des allgemeinen Zinsniveaus zu einer deutlichen Steigerung der Zinsausgaben führen. Um die Zielsetzung eines Haushalts ohne Neuverschuldung langfristig abzusichern, bedarf es daher weiterer Konsolidierungsanstrengungen. Dabei ist auch die Sicherung der gesamtstaatlichen Einnahmenbasis unerlässlich, um die Finanzierung notwendiger Investitionen sowie zukunftswirksamer und wachstumsstärkender Maßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Verschuldungsgrenzen zu gewährleisten.
- c) Der Bundesrat begrüßt die Bereitschaft der Bundesregierung, in dieser Legislaturperiode vermehrt in die Bereiche Bildung, Forschung, Verkehr und Infrastruktur zu investieren. Angesichts bedeutender Investitionsdefizite sieht er aber die Notwendigkeit, darüber hinausgehende zusätzliche Mittel in diese Zukunftsbereiche umzulenken. Dies würde weitere Wachstumsimpulse freisetzen und einer möglichen Erlahmung der Konjunktur entgegenwirken.
- d) Der Bundesrat bittet in diesem Zusammenhang die Bundesregierung, im Bereich Verkehr und Infrastruktur alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um künftig mehr Planbarkeit, Verlässlichkeit und Flexibilität sicherzustellen.
- e) Der Bundesrat erwartet, dass im Haushaltsentwurf 2015 des Bundes die für den Verkehrsbereich bereitgestellten Regionalisierungsmittel erhöht werden. Der derzeitige Ansatz sollte zumindest um die zur Deckung von Kostensteigerungen dringend erforderliche und bisher erfolgte Dynamisierung von jährlich 1,5 Prozent aufgestockt werden. Tatsächlich benötigt wird ein Betrag von 8,5 Mrd. Euro, wie das Gutachten "Revision der Regionalisierungsmittel" festgestellt hat. Bei einem Einfrieren des Betrags bis zur Revision der Regionalisierungsmittel würde die Finanzierungslücke zu den tatsächlichen ÖPNV-Kosten eine Größenordnung erreichen, die aus den Länderhaushalten nicht geschlossen werden kann.
- f) Der Bundesrat stellt fest, dass eine Reihe an Faktoren einer verlässlichen und bedarfsgerechten Finanzierung von Bundesfernstraßen in den Ländern derzeit entgegensteht. Für eine nachhaltige und bedarfsgerechte Finanzierung muss die Planung, Verfügbarkeit und Steuerung der Finanzmittel im Bundesfernstraßenbau deutlich verbessert werden. Darüber hinaus bittet der Bundesrat die Bundesregierung, die Zweckausgabenpauschale für Planung und Baubegleitung in angemessener Weise zu erhöhen.
- g) Der Bundesrat weist erneut auf die Festlegung im Zuge der Einigung zur nationalen Umsetzung des Fiskalpakts und des Stabilitäts- und Wachstumspakts hin, in dieser Legislaturperiode ein neues Bundesteilhabegesetz zu erarbeiten und in Kraft zu setzen, das die rechtlichen Vorschriften zur Eingliederungshilfe ablöst. Er bekräftigt seine Erwartung an eine Regelung, die mit Wirkung zum 1. Januar 2017 eine jährliche Entlastung von 5 Mrd. Euro sicherstellt.
- h) Die Bundesregierung hat angekündigt, im Herbst 2014 einen Gesetzentwurf mit Korrekturen und Nachjustierungen am Steuerrecht vorzulegen. Auch der Bundesrat sieht steuerpolitischen Handlungsbedarf. Er fordert die Bundesregierung erneut dazu auf, die von den Ländern für erforderlich gehaltenen weiteren steuerrechtlichen Änderungsbedarfe zeitnah zusammenzutragen und deren Umsetzung zügig und in enger Abstimmung mit den Ländern vorzubereiten.
Der Bundesrat erinnert in diesem Zusammenhang auch an die weiteren steuerpolitischen Vorhaben der Bundesregierung etwa im Kampf gegen missbräuchliche Steuergestaltungen und grenzüberschreitende Gewinnverlagerungen international operierender Unternehmen.
Der Bundesrat geht davon aus, dass die Bundesregierung auf der Basis der mit den Ländern im Frühjahr vereinbarten Eckpunkte noch im Jahr 2014 einen Gesetzentwurf zur Verschärfung der Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung und zum Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen (§§ 371, 398a Abgabenordnung) beschließen wird.
- i) Der Bundesrat unterstützt die Zielvorgabe der Bundesregierung im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode, bis zum Jahr 2018 in Deutschland eine flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet mit Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s bereitzustellen.
Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung die frei werdenden Rundfunkfrequenzen für die Breitbanderschließung bereitstellen und die Erlöse aus der anstehenden Frequenz-Vergabe zur Unterstützung des Netzausbaus im ländlichen Raum einsetzen will. Gerade mit Blick auf die hohen Wirtschaftlichkeitslücken der Telekommunikationsbetreiber bei flächendeckenden Erschließungen mit Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s - vor allem in ländlichen Regionen - ist darüber hinaus jedoch eine Unterstützung der Länder oder deren Förderprogramme durch eine spürbare Finanzierung oder Kofinanzierung durch den Bund erforderlich.
- j) Der Bundesrat erkennt an, dass die Bundesregierung Maßnahmen zur Abmilderung der mit der Bundeswehrreform und dem Abzug der Gaststreitkräfte verbundenen Schließung von Standorten vorgenommen hat. So können in den Haushaltsjahren 2015 bis 2018 Konversionsgrundstücke an Kommunen vergünstigt abgegeben werden. Die nähere Konkretisierung des entsprechenden Haushaltsvermerks im Haushalt 2015 sollte in Abstimmung mit den Ländern erfolgen. Aufgrund der erheblichen Tragweite der Bundeswehrreform und des Abzugs der Gaststreitkräfte bittet der Bundesrat darum, die Kommunen bei Bedarf durch ergänzende Hilfen des Bundes zu unterstützen.
- k) Der vorsorgende Hochwasserschutz stellt besonders vor dem Hintergrund des Hochwassers im Juni 2013 einen bedeutenden und gemeinsam von Bund und Ländern stärker wahrzunehmenden Aufgabenschwerpunkt dar. Der Bundesrat erinnert an die von den Agrarministerinnen und -ministern sowie den Umweltministerinnen und -ministern geforderte Aufstellung eines Nationalen Hochwasserschutzprogramms. Er erwartet damit einhergehend eine aufgabengerechte Finanzausstattung, die sowohl eine Aufstockung des Plafonds in der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutz" (GAK) als auch zusätzliche Mittel für einen Sonderrahmenplan Hochwasserschutz innerhalb der GAK beinhaltet, um die in einem Nationalen Hochwasserschutzprogramm vorgesehenen Maßnahmen zeitgerecht in Angriff nehmen zu können.