Antrag des Landes Baden-Württemberg
Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Marktüberwachung

Staatsministerium Baden-Württemberg Stuttgart, den 10. Januar 2008
Der Staatssekretär

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

die Regierung des Landes Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage mit Begründung beigefügte


zuzuleiten.
Ich bitte, gemäß § 36 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Beratung der Entschließung in den Ausschüssen zu veranlassen.


Mit freundlichen Grüßen
Hubert Wicker

Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Marktüberwachung

Begründung:

In jüngster Zeit sorgten mehrere weltweite, freiwillige Rückrufaktionen von Spielzeug aus fernöstlicher Produktion, insbesondere wegen zu hohem Bleigehalt in der Farbe bzw. verschluckbaren Magneten, für Aufsehen und öffentliche Debatten über die Sicherheit von Produkten. In der Diskussion wurde der Vorwurf laut, die deutschen und europäischen Marktüberwachungsbehörden würden ihren Pflichten zum Schutz der Verbraucher einerseits und der heimischen, regelkonform arbeitenden Industrie vor Wettbewerbsverzerrungen andererseits nicht ausreichend gerecht werden. Obwohl in den konkreten Fällen seitens der Hersteller und Behörden verantwortungsvoll und umsichtig gehandelt wurde, waren die Vorfälle Anlass für den Ruf nach einer stärkeren Marktüberwachung.

Die aufgeführten Maßnahmen sollen auf europäischer und nationaler Ebene bestehende Verbesserungspotenziale im Bereich der Marktüberwachung nutzen. Hierzu sind insbesondere die Grundlagen im nationalen Recht zu optimieren.

Zu den einzelnen Vorschlägen:

Zu Ziff. I. 1)

Das deutsche GS-Zeichen (GS = geprüfte Sicherheit) ist ein anerkanntes Sicherheitszeichen, das weit über die Grenzen Deutschlands hinaus Beachtung und beim Verbraucher hohe Akzeptanz findet. Im Bereich des Verbraucher- und Arbeitsschutzes soll es die Gewähr dafür bieten, dass die sicherheitstechnischen Anforderungen erfüllt und durch eine unabhängige Stelle (zugelassene Stelle) geprüft und regelmäßig überwacht werden. Außerdem ist es ein wichtiges Kriterium, an dem sich der Verbraucher orientieren kann. Daher sollte die Möglichkeit, das GS-Zeichen zu erteilen, erhalten bleiben bis ein europaweit einheitliches Sicherheitszeichen eingeführt ist.

Den aktuellen Überlegungen der EU-Kommission, das GS-Zeichen abzuschaffen, ist daher nachdrücklich entgegen zu treten.

Zu Ziff. I. 2)

Nach den Erfahrungen der Marktüberwachung bringen immer wieder bestimmte Hersteller oder Importeure mit der gesetzlich vorgesehenen "Eigenerklärung" sicherheitstechnisch mangelhafte Produkte in Verkehr. Grundsätzlich kann die Behörde erst tätig werden wenn mindestens ein begründeter Gefahrenverdacht hinsichtlich der Gefährlichkeit eines bestimmten Produkts vorliegt. Ein solcher Verdacht kann aber i.d.R. erst entstehen wenn das Produkt bereits auf dem Markt ist und Anhaltspunkte für seine unzureichende Sicherheit den Behörden bekannt werden. Um bessere Eingriffsmöglichkeiten zu haben, wenn Hersteller und Importeure wiederholt durch das Inverkehrbringen unsicherer Produkte aufgefallen sind, sollen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden dass solche Hersteller oder Importeure für eine bestimmte Zeit bestimmte Produkte nur nach Prüfung einer zugelassenen Stelle in Verkehr bringen dürfen, durch die der Nachweis erbracht wird, dass die Herstellung von einwandfreien Produkten gelingt.

Dieses Verfahren ist z.B. auch bei der Qualitätssicherung der Wareneingangskontrolle in der Industrie üblich.

Zu Ziff. II. 1), 2) und 3)

Die Erfahrungen der Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Verwendung des GS-Zeichens zeigen, dass

Dadurch wird die Bedeutung des GS-Zeichens geschädigt und entwertet. Die zugelassenen Stellen bzw. GS-Stellen tragen daher eine große Verantwortung dafür, dass die Zuerkennung des GS-Zeichens im Einzelfall tatsächlich berechtigt ist. Nach dem GPSG sind die zugelassenen Stellen verpflichtet, Kontrollmaßnahmen durchzuführen. Dies bedeutet dass sie neben den Marktüberwachungsbehörden zusätzliche Eigenverantwortung haben und diese auch wahrnehmen müssen. Die Verpflichtung zur Information der beauftragten Stelle (gemäß § 2 Abs. 14 GPSG die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin - BauA) bzw. der Marktüberwachungsbehörden bei Erkenntnissen über zu Unrecht verwendete GS-Zeichen verbessert im Zusammenhang mit der zentralen Veröffentlichung von zurückgenommenen oder missbräuchlich verwendeten GS-Zeichen die Transparenz und wirkt dadurch dem Missbrauch entgegen. Dasselbe gilt für die Einführung fälschungssicherer GS-Zeichen. Die Informationen sollen nicht nur der Behörde sondern auch dem Verbraucher anwenderfreundlich zur Verfügung stehen.

Zu Ziff. II.4)

Die Information der Verbraucher hat im Hinblick auf die Sicherheit von Produkten einen hohen Stellenwert. Aber das GPSG enthält - im Gegensatz z.B. zum Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (vgl. § 40 LFGB) - keine Regelungen, die die aktive Information der Öffentlichkeit durch die Behörden im Vorfeld der festgestellten Gefährlichkeit eines Produktes ermöglicht. Insbesondere können Ergebnisse untersuchter Verbraucherprodukte nicht öffentlich mitgeteilt werden, wenn zwar hinreichende Anhaltspunkte für deren Gefährlichkeit bestehen, die Voraussetzungen für eine Verbraucherwarnung nach GPSG aber nicht vorliegen. Für die Marktüberwachungsbehörden soll - wie im Lebensmittel- und Bedarfsgegenständerecht - eine Ermächtigungsgrundlage zur Information der Verbraucher auch in diesen Fällen geschaffen werden.

Eindeutige Rechtsgrundlagen sind in diesem Bereich wegen der Grundrechtsrelevanz von Veröffentlichungen sowie zum Schutz der Behörden vor hohen Amtshaftungsansprüchen erforderlich.

Zu Ziff. II.5)

Die Marktüberwachungsbehörden haben bisher praktisch keine Möglichkeit, die Verbreitung von sicherheitstechnisch bedenklichen Produkten über Internetauktionen von Anbietern außerhalb des Geltungsbereichs des GPSG zu unterbinden. Denn ein Zugriff auf den Anbieter ist meist, wenn überhaupt, nur schwer und zeitaufwändig möglich.

Für diese Fälle soll eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, die es den Marktüberwachungsbehörden ermöglicht, gegenüber Internetauktionshäusern, auf deren Plattform solche Produkte durch Dritte vertrieben werden, den Abbruch der Internetauktion anzuordnen um das Inverkehrbringen auf diesem Wege zu verhindern.

Zu Ziff. II. 6)

Es ist belegt, dass selbst unter Aufsicht von GS-Prüfstellen in Drittstaaten durchgeführte sogenannte Verschiffungskontrollen oft keine Gewähr dafür bieten, dass bei der zollrechtlichen Anmeldung von Produkten zur Einfuhr in den EU-Binnenmarkt tatsächlich EU-konforme Produkte eingeführt werden. So werden durchaus legal z.B. während des Transportes nach Europa Container und Produkte unter Zollverschluss in Häfen umgeladen.

Daher sollen vor der Einfuhr in den Binnenmarkt von GS-Prüfstellen stichprobenartige Überprüfungen bei Produkten mit GS-Zeichen oder Baumusterprüfung vorgenommen werden.

Zu Ziff. II. 7)

Beim Import von Waren aus dem europäischen Ausland erscheint es darüber hinaus für die Sicherheit und einen fairen Wettbewerb im Binnenmarkt notwendig, Importeuren und Händlern von solchen Importwaren, z.B. aus Fernost, die - bußgeldbewehrte - Pflicht aufzuerlegen, sich darüber zu informieren, ob ein GS-Zeichen auch tatsächlich erteilt worden ist. Dies ist gerechtfertigt, weil die Importeure und Händler im Verhältnis zu den im Binnenmarkt ansässigen Herstellern eine vergleichbare Verantwortung für das Inverkehrbringen tragen.

Zu Ziff. II. 8)

Im Gegensatz zur Regelung in § 19 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 2 GPSG, wonach GS-Prüfstellen bereits heute ein Bußgeld droht, wenn sie das GS-Zeichen zu Unrecht vergeben haben oder die Qualitätsüberwachung nicht ordnungsgemäß durchführen, gibt es vergleichbare Tatbestände für andere zugelassene Stellen nicht.

Wenn diese jedoch in Konformitätsbewertungsverfahren einbezogen wurden und hierbei nicht fachgerecht agiert haben, z.B. bei Baumusterprüfungen, Einzelprüfungen von Produkten oder der Qualitätssicherung, ist eine entsprechende Bußgeldbewehrung einer nicht ordnungsgemäßen Prüfung durch diese Stellen ebenfalls gerechtfertigt. Dies erscheint umso dringlicher, als in diesen Fällen die Beteiligung von Prüfstellen nur in Ausnahmefällen vorgesehen ist, und zwar bei Produkten mit einem hohen Gefahrenpotenzial.

Zu Ziff. III.

Das GPSG und die untergesetzlichen Vorschriften beinhalten eine Reihe von Bußgeldtatbeständen, jedoch fehlt - im Gegensatz zur früheren Regelung im Produktsicherheitsgesetz - eine Regelung zur Ahndung der Nichteinhaltung der materiellen Anforderungen des Gesetzes bzw. der Verordnungen an das Inverkehrbringen, also des eine Bußgeldbewehrung des Inverkehrbringens unsicherer Produkte als solches.