Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 30. Dezember 2008 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 16. Dezember 2008 dem Bundesrat zugeleitet.
Die Vorlage ist von der Kommission am 16. Dezember 2008 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.
Hinweis: vgl.
Drucksache 803/07 (PDF) = AE-Nr. 070860
Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Sicherheit der Patienten unter Einschluss der Prävention und Eindämmung von therapieassoziierten Infektionen
Der Rat der europäischen Union -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 152 Absatz 4 Unterabsatz 2,
auf Vorschlag der Kommission1,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses2,
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen3,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1) Gemäß Artikel 152 des Vertrages ergänzt die Tätigkeit der Gemeinschaft die Politik der Mitgliedstaaten und ist auf die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, die Verhütung von Humankrankheiten und die Beseitigung von Ursachen für die Gefährdung der menschlichen Gesundheit gerichtet.
- (2) Schätzungen zufolge kommt es in den EU-Mitgliedstaaten bei 8 bis 12 % der in Krankenhäuser eingelieferten Patienten während der Behandlung zu Zwischenfällen4.
- (3) Unzureichende Patientensicherheit stellt sowohl ein schwerwiegendes Problem der öffentlichen Gesundheit als auch eine hohe wirtschaftliche Belastung der ohnehin begrenzten Gesundheitsbudgets dar. Ein Großteil der Zwischenfälle in Krankenhäusern wie auch in der medizinischen Grundversorgung könnte verhindert werden; die meisten davon sind offenbar auf systemische Faktoren zurückzuführen.
- (4) Der Vorschlag der Kommission basiert auf den und ergänzt die Arbeiten auf dem Gebiet der Patientensicherheit, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durch ihre Weltallianz für Patientensicherheit (World Alliance for Patient Safey), vom Europarat und von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geleistet wurden.
- (5) Die Kommission fördert mit dem 7. Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung die Forschung auf dem Gebiet der Gesundheitssysteme, und zwar insbesondere die Erforschung der Qualität von Gesundheitsleistungen im Rahmen des Themas Gesundheit, wobei ein Schwerpunkt auch auf der Patientensicherheit liegt. Im Rahmen des Themas Informations- und Kommunikationstechnologie wird die Patientensicherheit ebenfalls eingehend behandelt.
- (6) Im Weißbuch "Gemeinsam für die Gesundheit: Ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013" vom 23. Oktober 20075 wird die Patientensicherheit als ein Aktionsbereich genannt.
- (7) Es liegen Hinweise darauf vor, dass die Mitgliedstaaten der EU hinsichtlich der Entwicklung und Durchführung wirksamer und umfassender Strategien zur Förderung der Patientensicherheit einen unterschiedlichen Entwicklungsstand aufweisen6. Deshalb soll mit dieser Initiative ein Rahmen geschaffen werden, der die Politikentwicklung sowie künftige inner- und zwischenstaatliche Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Bewältigung der wichtigsten Probleme, denen die EU auf dem Gebiet der Patientensicherheit gegenübersteht, voranbringen kann.
- (8) Durch Einbindung in den Prozess der Patientensicherheit sollten die Patienten informiert und zum Handeln befähigt werden; sie sollten über die Sicherheitsniveaus und darüber aufgeklärt werden, wo sie zugängliche und verständliche Informationen zu Beschwerde- und Rechtsbehelfsmöglichkeiten finden können.
- (9) Die Mitgliedstaaten sollten umfassende Berichterstattungs- und Lernsysteme einrichten oder verbessern, so dass Umfang und Ursachen von Zwischenfällen im Hinblick auf die Entwicklung effizienter Lösungen und Maßnahmen erfasst werden können. Die Patientensicherheit sollte einen festen Platz in der Aus- und Weiterbildung derjenigen haben, die im Gesundheitswesen arbeiten und entsprechende Leistungen erbringen.
- (10) Zwecks Einführung effizienter und transparenter Programme, Strukturen und Strategien auf dem Gebiet der Patientensicherheit sollten auf Gemeinschaftsebene vergleichbare und aggregierte Daten erhoben und bewährte Verfahrensweisen unter den Mitgliedstaaten verbreitet werden. Zur Erleichterung des Lernens voneinander ist es erforderlich, durch eine Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission eine einheitliche Terminologie der Patientensicherheit sowie gemeinsame Indikatoren zu entwickeln, wobei die Arbeiten der einschlägigen internationalen Organisationen berücksichtigt werden sollten.
- (11) Instrumente der Informations- und Kommunikationstechnologie wie elektronische Patientenakten oder Verschreibungen können die Patientensicherheit verbessern, zum Beispiel durch systematisches Screening nach möglichen Medikamenteninteraktionen oder -allergien.
- (12) Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (European Centre for Disease Prevention and Control, ECDC) hat geschätzt, dass etwa jeder zwanzigste Krankenhauspatient an einer therapieassoziierten Infektion erkrankt.
- (13) Zur Ergänzung von Strategien, die auf den vorsichtigen Einsatz von Antibiotika abzielen, sollten nationale Strategien ausgearbeitet werden, welche die Prävention und Eindämmung therapieassoziierter Infektionen in die nationalen Ziele für die öffentliche Gesundheit einbeziehen und die Verringerung des Risikos, in den Gesundheitseinrichtungen an therapieassoziierten Infektionen zu erkranken, bezwecken. Wichtig ist, dass die Ressourcen, die für die Umsetzung der Bestandteile der nationalen Strategie erforderlich sind, im Rahmen der Kernfinanzierung der Gesundheitsversorgung bereitgestellt werden.
- (14) Prävention und Eindämmung von therapieassoziierten Infektionen sollten für Gesundheitseinrichtungen eine langfristige strategische Priorität darstellen. Alle Hierarchieebenen und Funktionen sollten zusammenarbeiten, um ergebnisorientierte Veränderungen in Bezug auf Verhaltensmuster und Organisation zu erreichen, indem auf allen Ebenen die Zuständigkeiten definiert, die unterstützenden Strukturen und lokalen technischen Ressourcen organisiert und Evaluierungsverfahren eingeführt werden.
- (15) Die verfügbaren Daten zu therapieassoziierten Infektionen reichen nicht aus, um Überwachungsnetzen aussagekräftige Vergleiche zwischen einzelnen Einrichtungen zu ermöglichen, um die Epidemiologie therapieassoziierter Pathogene zu beobachten und um Strategien zur Prävention und Eindämmung von therapieassoziierten Infektionen zu evaluieren und Leitlinien hierfür zu entwickeln. Aus diesem Grund sollten Überwachungssysteme auf Ebene der Gesundheitseinrichtungen sowie auf regionaler und nationaler Ebene geschaffen oder ausgebaut werden.
- (16) Um die zuvor genannten Ziele im Hinblick auf die Patientensicherheit unter Einschluss der Prävention und Eindämmung therapieassoziierter Infektionen zu erreichen, sollten die Mitgliedstaaten zum einen die Vollständigkeit ihres Konzeptes gewährleisten, zum anderen aber auch berücksichtigen, welche Elemente einen echten Einfluss auf die Prävalenz und die Belastung durch Zwischenfälle haben -
Empfiehlt:
Teil I
Massnahmen der Mitgliedstaaten
I. Begriffsbestimmungen
Für diese Empfehlung gelten die in Anhang 1 aufgeführten Begriffsbestimmungen.
II. Allgemeine Fragen der Patientensicherheit
- (1) Die Mitgliedstaaten sollten die Einführung und Weiterentwicklung nationaler Strategien und Programme unterstützen durch
- (a) Benennung der auf ihrem Hoheitsgebiet für die Patientensicherheit zuständigen Behörde oder Behörden;
- (b) Einbeziehung der Patientensicherheit als vorrangiges Thema in ihre gesundheitspolitischen Strategien und Programme auf nationaler sowie auf regionaler und lokaler Ebene;
- (c) Förderung der Entwicklung sichererer Systeme, Prozesse und Instrumente unter Einschluss von Informations- und Kommunikationstechnologien.
- (2) Die Mitgliedstaaten sollten die Handlungskompetenzen der Bürger und Patienten stärken und sie informieren durch
- (a) Einbeziehung der Organisationen und Vertreter der Patienten in die Ausarbeitung von Strategien und Programmen zur Förderung der Patientensicherheit auf allen Ebenen;
- (b) umfassende Information der Patienten über Risiken, Sicherheitsniveaus und die getroffenen Maßnahmen zur Verringerung oder Vermeidung von Fehlern und Gewährleistung, dass die Patienten vor der Einwilligung in Behandlungen aufgeklärt werden, damit die Wahlmöglichkeiten und die Entschlussfreiheit der Patienten gewahrt bleiben.
- (3) Die Mitgliedstaaten sollten Systeme zur Berichterstattung über Zwischenfälle und entsprechende Lernsysteme einführen oder ausbauen, die
- (a) eine angemessene Information über Umfang, Art und Ursachen von Fehlern, Zwischenfällen und Beinaheunfällen gewährleisten;
- (b) durch Schaffung eines offenen und fairen Umfelds für die Berichterstattung die Arbeitskräfte im Gesundheitswesen dazu anregen, aktiv zu berichten. Diese Berichterstattung sollte sich von den Disziplinarsystemen und -verfahren der Mitgliedstaaten für die Arbeitskräfte des Gesundheitswesens unterscheiden; die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Haftung dieser Personen sollten klar geregelt sein.
- (4) Die Mitgliedstaaten sollten die Aus- und Weiterbildung der Arbeitskräfte im Gesundheitswesen auf dem Gebiet der Patientensicherheit fördern durch
- (a) Förderung der multidisziplinären Aus- und Weiterbildung aller Angehörigen der Gesundheitsberufe, aller sonstigen Arbeitskräfte im Gesundheitswesen sowie des entsprechenden Management- und Verwaltungspersonals im Gesundheitswesen auf dem Gebiet der Patientensicherheit;
- (b) Zusammenarbeit mit Organisationen, die an der Ausbildung von Fachkräften des Gesundheitswesens beteiligt sind, damit gewährleistet ist, dass die Patientensicherheit in den Studienplänen und in der Fort- und Weiterbildung der Angehörigen von Gesundheitsberufen angemessene Berücksichtigung findet.
- (5) Die Mitgliedstaaten sollten die Patientensicherheit angemessen klassifizieren, kodieren und messen, indem sie mit der Europäischen Kommission zusammenarbeiten,
- (a) um unter Berücksichtigung internationaler Standardisierungsarbeiten gemeinsame Definitionen und eine einheitliche Terminologie auszuarbeiten;
- (b) um eine Reihe einheitlicher, zuverlässiger und vergleichbarer Kernindikatoren auf EU-Ebene zur Ermittlung von Sicherheitsproblemen, zur Evaluierung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und zur Erleichterung des Voneinanderlernens unter den Mitgliedstaaten zu entwickeln;
- (c) um vergleichbare Daten und Informationen zu Art und Anzahl der Ergebnisse in Bezug auf die Patientensicherheit auf EU-Ebene zu erheben und auszutauschen, um so das Voneinanderlernen zu erleichtern und eine Informationsgrundlage für die Prioritätensetzung zu schaffen.
- (6) Die Mitgliedstaaten sollten auf europäischer Ebene Wissen, Erfahrungen und Best Practice austauschen durch
- (a) Austausch von Best Practice und der gesammelten Erfahrungen mit der Einführung effizienter und transparenter Programme, Strukturen und Strategien auf dem Gebiet der Patientensicherheit unter Einschluss von Berichterstattungs- und Lernsystemen zur Bekämpfung von Zwischenfällen bei der Behandlung;
- (b) Austausch der gesammelten Erfahrungen mit der Wirksamkeit von Maßnahmen und Lösungen auf dem Gebiet der Patientensicherheit auf Ebene der Gesundheitsversorgung und Bewertung der Übertragbarkeit derselben.
III. Prävention und Eindämmung von therapieassoziierten Infektionen
- (1) Die Mitgliedstaaten sollten eine nationale Strategie zur Prävention und Eindämmung therapieassoziierter Infektionen annehmen und durchführen, die folgende Ziele verfolgt:
- (a) Durchführung von Präventions- und Kontrollmaßnahmen auf Mitgliedstaatsebene, damit therapieassoziierte Infektionen eingedämmt werden können;
- (b) Verbesserung der Prävention und Eindämmung von Infektionen auf Ebene der Gesundheitseinrichtungen;
- (c) Einführung oder Ausbau von Systemen der aktiven Überwachung auf Ebene des Mitgliedstaats und auf Ebene der Gesundheitseinrichtungen;
- (d) Förderung der Aus- und Weiterbildung der Arbeitskräfte im Gesundheitswesen auf Ebene des Mitgliedstaats und auf Ebene der Gesundheitseinrichtungen;
- (e) Verbesserung der Patienteninformation;
- (f) Förderung der Forschung.
- (2) Die Mitgliedstaaten sollten die Einführung - möglichst innerhalb eines Jahres nach Annahme dieser Empfehlung - eines geeigneten bereichsübergreifenden Mechanismus für die koordinierte Durchführung der nationalen Strategie sowie für die Zwecke des Informationsaustauschs und der Koordinierung mit der Kommission, dem ECDC und den anderen Mitgliedstaaten7 erwägen.
IV. Weitere Empfehlungen
- (1) Die Mitgliedstaaten sollten den Inhalt dieser Empfehlung bei Gesundheitsorganisationen, Berufsverbänden und Bildungseinrichtungen verbreiten und sie dazu anregen, die vorgeschlagenen Konzepte zu übernehmen, damit die grundlegenden Elemente in die alltägliche Praxis umgesetzt werden können.
- (2) Die Mitgliedstaaten sollten die in Teil II und III dieser Empfehlung beschriebenen grundlegenden Elemente ergänzen, indem sie die in Anhang 2 vorgesehenen Maßnahmen fördern.
- (3) Die Mitgliedstaaten sollten der Kommission über die Durchführung der Empfehlung Bericht erstatten, und zwar binnen zwei Jahren nach ihrer Annahme sowie danach auf Aufforderung der Kommission, damit ein Beitrag zum Follow-up dieser Empfehlung auf Gemeinschaftsebene geleistet werden kann.
Teil II
Bericht der Kommission
- (1) Die Kommission wird ersucht, spätestens drei Jahre nach Annahme dieser Empfehlung dem Rat einen Durchführungsbericht vorzulegen, in dem sie auf der Grundlage der Informationen der Mitgliedstaaten die Auswirkungen der Empfehlung beurteilt und prüft, in welchem Maße die vorgeschlagenen Maßnahmen effektiv funktionieren und ob Bedarf für weitere Maßnahmen besteht.
Geschehen zu Brüssel,
Für den Rat
Der Präsident
Anhang 1
Begriffsbestimmungen
Angehörige der Gesundheitsberufe | Personen, die im Rahmen ihres Berufs Gesundheitsdienstleistungen erbringen und im jeweiligen Mitgliedstaat bei der zuständigen Behörde registriert sind. |
Antibiotika | Stoffe, die entweder synthetisch oder auf natürlichem Wege von Bakterien, Pilzen oder Pflanzen produziert werden und die zur Abtötung oder Hemmung des Wachstums von Mikroorganismen, darunter Bakterien, Viren und Pilze, sowie von Parasiten, insbesondere von Protozoen, eingesetzt werden. |
Arbeitskräfte im Gesundheitswesen | Sämtliche Arbeitskräfte, die unmittelbar mit der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen befasst sind. |
Gesundheitseinrichtung | Einrichtung, in der Arbeitskräfte des Gesundheitswesens sekundäre und tertiäre Gesundheitsdienstleistungen erbringen. |
Patientenbehandlungsplan | Schriftliche Anleitung für die krankenpflegerische oder multidisziplinäre Gesundheitsversorgung. |
Patientensicherheit | Bewahrung des Patienten vor unnötigen Schädigungen oder potenziellen Schädigungen im Zusammenhang mit der Gesundheitsversorgung. |
Primärversorgung | Örtliche Gesundheitsversorgung durch Angehörige der Gesundheitsberufe, die als erste Anlaufstelle für die Patienten fungieren. |
Programm | Breiter Rahmen mit Zielvorgaben, der als Grundlage für die Festlegung und Planung spezieller Projekte dient. |
Prozessindikator | Dieser Indikator bezieht sich auf die Einhaltung vorgegebener Verhaltensregeln, z.B. in Bezug auf Handhygiene, Überwachung, Standardarbeitsweisen. |
Sekundärversorgung | Spezialisierte Gesundheitsleistungen, die von fachlich ausgebildeten Angehörigen der Gesundheitsberufe erbracht werden, die in der Regel nicht als erste Anlaufstelle für die Patienten fungieren. |
Strukturindikator | Dieser Indikator bezieht sich auf alle Arten von Ressourcen wie etwa Personal, Infrastrukturen, Ausschüsse. |
Tertiärversorgung | Spezialisierte Gesundheitsleistungen, die - in der Regel auf Überweisung von Angehörigen der Gesundheitsberufe im Rahmen der Primär- und Sekundärversorgung - von fachlich ausgebildeten Angehörigen der Gesundheitsberufe erbracht werden, die in einer Gesundheitseinrichtung arbeiten, die über das für spezielle Untersuchungen und Behandlungen erforderliche Personal und die entsprechenden Einrichtungen verfügt. |
Therapieassoziierte Infektion | Therapieassoziierte Infektionen (in Krankenhäusern werden sie auch als Nosokomial- oder Krankenhausinfektionen bezeichnet) sind Krankheiten oder Pathologien (Erkrankung, Entzündung), die mit der Präsenz eines Krankheitserregers oder eines seiner Produkte infolge der Exposition gegenüber Behandlungseinrichtungen oder Behandlungsverfahren zusammenhängen. |
Verbindungspersonal der Infektionskontrolle | Angehörige der Gesundheitsberufe, die in den Stationen/Abteilungen arbeiten und die als Verbindungsleute zwischen ihrer Station/Abteilung und dem Team für die Prävention und Eindämmung von Infektionen fungieren. Dieses Verbindungspersonal trägt zur Förderung der Prävention und Eindämmung von Infektionen in den jeweiligen Stationen/Abteilungen bei und gibt dem entsprechenden Team Feedback. |
Zwischenfall | Ereignis, durch das ein Patient geschädigt wird. Eine Schädigung impliziert eine Beeinträchtigung der Struktur oder Funktion des Körpers und/oder jede sonstige, sich daraus ergebende schädliche Auswirkung. |
Anhang 2
Unterstützende Massnahmen
1. Fragen der allgemeinen Patientensicherheit
- (1) Die Mitgliedstaaten sollten die Einführung und Weiterentwicklung nationaler Strategien und Programme unterstützen, indem sie
- (a) gewährleisten, dass klare, für die im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats erbrachten Gesundheitsdienstleistungen geltende Sicherheitsstandards regelmäßig überprüft und aktualisiert werden;
- (b) sicherstellen, dass Berufsorganisationen der Gesundheitsberufe eine aktive Rolle bei der Gewährleistung der Patientensicherheit spielen.
- (2) Die Mitgliedstaaten sollten die Handlungskompetenzen der Bürger und Patienten stärken und sie informieren durch
- (a) Verbreitung von Patienteninformationen über Beschwerdeverfahren und mögliche Rechtsbehelfe sowie über die hierfür geltenden Bedingungen für den Fall einer behandlungsbedingten Schädigung;
- (b) Erwägung der Entwicklung von Kernkompetenzen im Bereich der Patientensicherheit (d. h. der wesentlichen Kenntnisse, Verhaltensweisen und Fähigkeiten, die für die Gewährleistung von mehr Sicherheit bei der Behandlung notwendig sind) für Patienten.
- (3) Die Mitgliedstaaten sollten Berichterstattungs- und Lernsysteme über Zwischenfälle einführen oder ausbauen, die
- (a) Patienten, ihren Angehörigen und sonstigen informellen Betreuern die Gelegenheit geben, über ihre Erfahrungen zu berichten;
- (b) andere Systeme der Sicherheitsberichterstattung wie etwa die Systeme der Pharmakovigilanz und der Medizinprodukte ergänzen, wobei es jedoch möglichst nicht zu einer Mehrfachberichterstattung kommen sollte.
- (4) Die Mitgliedstaaten sollten die Aus- und Weiterbildung von Arbeitskräften des Gesundheitswesens auf dem Gebiet der Patientensicherheit fördern durch
- (a) Einbeziehung der Patientensicherheit in den akademischen und postakademischen Unterricht sowie in die kontinuierliche Fortbildung in den Gesundheitsberufen;
- (b) Erwägung der Entwicklung von Kernkompetenzen auf dem Gebiet der Patientensicherheit (d. h. welche wesentlichen Kenntnisse, Verhaltensweisen und Fähigkeiten für die Verbesserung der Sicherheit von Behandlungen erforderlich sind), damit alle Arbeitskräfte im Gesundheitswesen sowie das Management- und Verwaltungspersonal diese Kernkompetenzen erwerben können;
- (c) Information aller Arbeitskräfte im Gesundheitswesen über die bestehenden Risiken, Sicherheitsniveaus und Maßnahmen zur Verringerung oder Vermeidung von Fehlern sowie Verbreitung dieser Informationen.
- (5) Die Mitgliedstaaten sollten die Patientensicherheit angemessen klassifizieren, kodieren und messen, indem sie
- (a) die Definitionen, die Terminologie und die internationalen Arbeiten beachten, etwa die Internationale Klassifizierung für die Patientensicherheit, die gerade von der WHO entwickelt wird, sowie die Arbeiten des Europarats auf diesem Gebiet;
- (b) Indikatoren für Sicherheitsprobleme sowohl für die nationale Ebene als auch für die Ebene der Gesundheitsversorgung zur Verfügung stellen.
- (6) Die Mitgliedstaaten sollten Wissen, Erfahrungen und Best Practice auf europäischer Ebene austauschen durch
- (a) rechtzeitigen Austausch wichtiger Warnhinweise in Bezug auf die Patientensicherheit unter den Mitgliedstaaten;
- (b) Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedstaaten sowie mit dem ECDC, der Europäischen Kommission und den einschlägigen internationalen Organisationen.
- (7) Die Mitgliedstaaten sollten die Forschung auf dem Gebiet der Patientensicherheit ausbauen und fördern:
- (a) Erforscht werden sollten auch Fragen und Maßnahmen in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung sowie die wirtschaftlichen Kosten von Zwischenfällen und Maßnahmen.
2. Prävention und Eindämmung von therapieassoziierten Infektionen
- (1) Die Mitgliedstaaten sollten nationale Strategien zur Prävention und Eindämmung therapieassoziierter Infektionen entwickeln durch:
- (a) Durchführung von Präventions- und Eindämmungsmaßnahmen auf Mitgliedstaatsebene, und zwar insbesondere durch:
- - Durchführung von standardisierten und risikobasierten Präventions- und Eindämmungsmaßnahmen in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung;
- - Einbeziehung der Maßnahmen zur Prävention und Eindämmung von Infektionen in die Behandlungspläne der Patienten;
- - Sicherung der Verfügbarkeit von Leitlinien und Empfehlungen auf Mitgliedstaatsebene;
- - Förderung der Einhaltung von Präventions- und Kontrollmaßnahmen durch Verwendung von Struktur- und Prozessindikatoren sowie der Ergebnisse der bestehenden Zulassungs- und Zertifizierungsverfahren;
- (b) Verbesserung der Prävention und Eindämmung von Infektionen auf Ebene der Gesundheitseinrichtungen.
Es wird empfohlen, folgende Strukturen einzuführen:
- - ein Programm zur Prävention und Eindämmung therapieassoziierter Infektionen, das z.B. folgende Aspekte behandelt: organisatorische und strukturelle Vorkehrungen, diagnostische und therapeutische Verfahren (z.B. zur Vermeidung von Antibiotikaresistenzen), Ressourcenbedarf, Überwachungsziele, Aus- und Weiterbildung sowie Information der Patienten;
- - einen interdisziplinären Ausschuss für die Prävention und Eindämmung von Infektionen, der das Programm zur Vorbeugung und Eindämmung therapieassoziierter Infektionen ausarbeitet und seine Durchführung überwacht;
- - ein Team zur Prävention und Eindämmung von Infektionen, dessen Aufgabe es ist, das Programm zur Prävention und Eindämmung therapieassoziierter Infektionen durchzuführen.
- (c) Einführung oder Ausbau von Systemen der aktiven Überwachung durch:
- - auf Mitgliedstaatsebene:
- - Organisation von Prävalenzstudien in regelmäßigen Abständen;
- - Einführung und Ausbau koordinierter Netzwerke zur Überwachung der Inzidenz bestimmter Infektionsarten zwecks Erhebung nationaler Referenzdaten, ergänzt durch ein koordiniertes Follow-up von Prozess- und Strukturindikatoren, damit die Durchführung der nationalen Strategie evaluiert werden kann;
- - Gewährleistung einer Echtzeit-Überwachung und einer zügigen Berichterstattung über ein gehäuftes Auftreten therapieassoziierter Infektionen gegenüber der zuständigen Stelle;
- - Berichterstattung über Cluster und Infektionsarten, die für die EU oder auf internationaler Ebene von Bedeutung sind, gemäß den geltenden Rechtsvorschriften;
- - auf Ebene der Gesundheitseinrichtungen:
- - Gewährleistung der Qualität der mikrobiologischen Dokumentation und der Patientenakten;
- - Überwachung der Inzidenz bestimmter Infektionsarten, ergänzt durch Prozess- und Strukturindikatoren zur Evaluierung der Durchführung von Maßnahmen der Infektionskontrolle;
- - Echtzeit-Überwachung von Clustern bestimmter Infektionsarten und/oder bestimmter Stämme therapieassoziierter Pathogene.
- - Dabei sollten - soweit möglich - die vom ECDC empfohlenen Überwachungsmethoden und -indikatoren sowie die auf EU-Ebene vereinbarten Falldefinitionen verwendet werden.
- - auf Mitgliedstaatsebene:
- (d) Förderung der Aus- und Weiterbildung in den Gesundheitsberufen durch:
- - auf Mitgliedstaatsebene:
- - Festlegung und Durchführung spezieller Schulungen und/oder Ausbildungsprogramme für das mit der Infektionskontrolle befasste Personal und stärkere Schulung anderer Arbeitskräfte im Gesundheitswesen auf dem Gebiet der Prävention und Eindämmung von therapieassoziierten Infektionen.
- - Auf Ebene der Gesundheitseinrichtungen:
- - Durchführung regelmäßiger Schulungen zu den Grundprinzipien der Hygiene und der Infektionsprävention und -kontrolle für das gesamte Personal im Gesundheitswesen einschließlich des Managements;
- - Durchführung regelmäßiger Aufbauschulungen für Personen, die besondere Aufgaben im Bereich der Prävention und Eindämmung therapieassoziierter Infektionen wahrnehmen.
- - auf Mitgliedstaatsebene:
- (e) Verbesserung der Patienteninformation seitens der Gesundheitseinrichtungen durch
- - präzise und verständliche Informationen über das Risiko therapieassoziierter Infektionen, über die zur Vermeidung dieses Risikos von der Gesundheitseinrichtung getroffenen Maßnahmen sowie darüber, wie die Patienten selbst zur Verhinderung solcher Infektionen beitragen können;
- - spezielle Information von Patienten, die an therapieassoziierten Pathogenen erkrankt sind (z.B. über die Präventions- und Kontrollmaßnahmen).
- (f) Förderung der Forschung:
- - zur Epidemiologie, zu neuen Technologien und Maßnahmen der Prävention und Therapie sowie zur Kostenwirksamkeit von Maßnahmen zur Prävention und Eindämmung.
- (a) Durchführung von Präventions- und Eindämmungsmaßnahmen auf Mitgliedstaatsebene, und zwar insbesondere durch:
- 1 ABl. C vom , S. .
- 2 ABl. C vom , S. .
- 3 ABl. C vom , S. .
- 4 Technischer Bericht "Improving Patient Safety in the EU", ausgearbeitet für die Europäische Kommission, veröffentlicht 2008 von der RAND Cooperation.
- 5 KOM (2007) 630 endg.
- 6 Safety improvement for Patients in Europe (SIMPATIE), von der Gemeinschaft aus ihrem Programm im Bereich der öffentlichen Gesundheit 2003-2008 finanziertes Projekt, www.simpatie.org.
- 7 Dieser bereichsübergreifende Mechanismus sollte den in der Empfehlung 2002/77/EG des Rates zur umsichtigen Verwendung antimikrobieller Mittel in der Humanmedizin genannten bereichsübergreifenden Mechanismus ergänzen oder in diesen einbezogen werden.