910. Sitzung des Bundesrates am 7. Juni 2013
A
- 1. Der federführende Wirtschaftsausschuss und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.
B
- 2. Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zuzustimmen.
C*
Der federführende Wirtschaftsausschuss (Wi) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat ferner, die folgende Entschließung zu fassen:
- 3. Der Bundesrat begrüßt die aktuelle Novellierung der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI), die die dringend notwendige Anpassung der Leistungsbilder an den aktuellen Stand der Technik sowie die Aktualisierung der Honorartafelwerte, verbunden mit einer Vereinfachung der Honorarvorschriften, umsetzt.
- 4. Der Bundesrat nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass die Bundesregierung wesentlichen Teilen seines Beschlusses vom 12. Juni 2009 (vergleiche BR-Drucksache 395/09(B) ) nicht gefolgt ist.
Das gilt insbesondere für die ausdrückliche Bitte,
- 5.** - den Verzicht auf verbindliche Honorarsätze für Beratungsleistungen in seinen Auswirkungen kritisch zu begleiten und gegebenenfalls zur Verbindlichkeit der Honorare für Beratungsleistungen nach Anlage 1 der Verordnung zurückzukehren;
- 6.** - dem Bundesrat innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der novellierten HOAI über die Entwicklung sowie über möglicherweise notwendige Anpassungsmaßnahmen, insbesondere im Hinblick unter anderem auf die Auskömmlichkeit der Honorarstruktur, zu berichten.
- 7. Die Bundesregierung hat sich für die Überarbeitung der HOAI zu lange Zeit gelassen und versucht, wie bei der vorangegangen sechsten Novellierung, kurz vor Ende der Legislaturperiode ihre Verordnung ohne die Möglichkeit für eine ausreichende Beratung und für Änderungen von Seiten der Länder durchzusetzen.
Eine angemessene Diskussion auf Ebene des Bundesrates und eine Umsetzung von dessen Beschlüssen in dieser Legislaturperiode ist ohne Gefährdung des Inkrafttretens der siebten Novelle der Verordnung in Gänze nicht möglich.
Der Bundesrat sieht erheblichen Diskussionsbedarf zu den inhaltlichen Vorgaben der Studien und Gutachten, die der Festlegung der Honorarvorgaben zu Grunde gelegt wurden. Durch das kurze Zeitfenster war und ist eine inhaltliche und fachliche Überprüfung nicht möglich. Die Nichteinbeziehung der beratenden Leistungen der Anlage 1 auf Grund europarechtlicher Bedenken (Dienstleistungsrichtlinie) ist nicht ausreichend belegt.
Der Bundesrat sieht sich daher in seiner Gesetzgebungsbeteiligung stark eingeschränkt, sowohl inhaltlich als auch durch das enge zur Verfügung stehende Zeitfenster.
- 8. Der Bundesrat stellt mit Befremden fest, dass die Unterrichtung der Länder über den Inhalt der siebten Novelle der Verordnung und den Verbleib der Beratungsleistungen im unverbindlichen Teil der HOAI so spät erfolgt ist, dass auf Grund des dadurch verursachten engen Zeitrahmens eine angemessene Diskussion auf Ebene des Bundesrates und eine Umsetzung von dessen Beschlüssen in dieser Legislaturperiode nicht mehr möglich ist, ohne das Inkrafttreten der siebten Novelle der Verordnung in Gänze zu gefährden.
- 9. Die Länder haben sich stets mit großem Nachdruck für eine weitere Modernisierung der HOAI eingesetzt und die Bundesregierung in diesem Vorhaben bestärkt. Der jetzt gegebene, unangemessen hohe Zeitdruck entspricht diesem kooperativen Geist nicht.
- 10. Die beabsichtigte Honorarerhöhung ist grundsätzlich angemessen und trägt den modernisierten Leistungsbildern und dem nicht unwesentlich erhöhten Leistungsumfang Rechnung. In einzelnen Leistungsbildern ist die vorgesehene Honorarneustrukturierung verbesserungsbedürftig.
- 11. Die beabsichtigte Honorarerhöhung soll den modernisierten Leistungsbildern und dem nicht unwesentlich erhöhten Leistungsumfang Rechnung tragen. Der Bundesrat stellt dazu fest: Zweistellige Steigerungssätze bedeuten auch eine besondere Belastung für die Bauhaushalte von Ländern und Kommunen, zumal unter angespannten finanzpolitischen Rahmenbedingungen.
- 12. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ihre mangelnde Einbeziehung in den Prozess der Novellierung kritisiert und sich mit Blick auf steigende Baukosten gegen die Novelle ausspricht.
- 13. Er bittet die Bundesregierung, die Auswirkungen der Honorarerhöhung in Abstimmung mit allen am Baugeschehen Beteiligten alsbald zu evaluieren.
- 14. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in der nächsten Legislaturperiode die Auswirkungen der Honorarerhöhung zu evaluieren.
- 15. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Frage der Rückführung der Beratungsleistungen in den verbindlichen Teil der HOAI in der neuen Legislaturperiode intensiv geprüft werden muss. Er bittet die Bundesregierung, darüber innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung zu berichten.
- 16. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darüber hinaus um Umsetzung der baufachlichen Forderung, nach der Regelungen für die örtliche Bauüberwachung für Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen als verbindlich in die HOAI aufzunehmen sind. Stattdessen wurde in der aktuellen HOAI-Novelle die Bauüberwachung für Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen als "Besondere Leistung" definiert (vergleiche Anlage 12.1, Abschnitt LPH 8 sowie Anlage 13. 1, Abschnitt LPH 8).
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die Stärkung der Verbindlichkeit von Honorarregelungen dient der Realisierung von Infrastrukturmaßnahmen der Daseinsvorsorge und einer Erhaltung der Baukultur. Die öffentlichen Auftraggeber sind wegen der Auslagerung von Leistungen in immer stärkerem Maß auf Regelungen zur angemessenen und auskömmlichen Honorierung von freiberuflich tätigen Architekten und Ingenieuren angewiesen.
- *. Die Ziffern 3 bis 16 setzen die Zustimmung zur Verordnung entsprechend Ziffer 1 voraus.
- **. Der Einleitungssatz ist bei Annahme von Ziffer 5 und/oder Ziffer 6 mitbeschlossen.