Der Bundesrat hat in seiner 920. Sitzung am 14. März 2014 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Ziel der Kommission, den Zugang von Arbeitskräften zu mobilitätsfördernden Diensten zu verbessern und die weitere Integration der Arbeitsmärkte zu fördern. Das Ziel, eine Mobilität unter fairen Bedingungen für Arbeitskräfte innerhalb der EU zu ermöglichen, wird ausdrücklich unterstützt. Der Bundesrat erkennt an, dass das Europäische Netz der öffentlichen Arbeitsverwaltungen (EURES) seit seiner Gründung 1993 bereits einen wesentlichen Beitrag für die berufliche Mobilität über Grenzen hinweg geleistet hat.
- 2. Vor dem Hintergrund der sozialen und wirtschaftlichen Lage in einigen Mitgliedstaaten der EU mit hoher Arbeitslosigkeit, insbesondere unter Jugendlichen, und der wachsenden Fachkräftebedarfe in anderen Mitgliedstaaten sowie der Möglichkeiten, die durch die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien gegeben sind, hält der Bundesrat die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen grundsätzlich für geeignet, den Zugang zu mobilitätsfördernden Diensten und zum Service von EURES im Bereich der Arbeitsvermittlung zu verbessern.
- 3. Um die Stellengesuche und -angebote effektiver abgleichen zu können, sollte weiter intensiv auf ein gemeinsames System der Klassifizierung hingearbeitet werden. Der Bundesrat begrüßt es, dass etablierte Instrumente wie der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) hierzu genutzt werden sollen. Der EQR ermöglicht es Berufstätigen, Arbeitssuchenden und Studierenden, ihre Qualifikationen bei Bewerbungen innerhalb der EU adäquat darzustellen, und erleichtert es Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, passende Bewerberinnen und Bewerber zielgerichtet auszuwählen. Der Bundesrat weist darauf hin, dass in diesem Zusammenhang die Entwicklung eines weiteren Klassifizierungssystems kritisch gesehen wird. Vielmehr sollte auf eine Verknüpfung des EQR mit dem EURES-Netzwerk hingearbeitet werden. Eine erneute Diskussion um die Harmonisierung von Qualifikationen könnte damit vermieden werden.
- 4. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Arbeitskräfte in der EU weiterhin mit zahlreichen Hindernissen konfrontiert sind, die sie davon abhalten, in einem anderen Mitgliedstaat zu arbeiten.
Zu den größten Hindernissen für die grenzüberschreitende und transnationale Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zählen neben der Sprachbarriere und einem Mangel an Information über das Leben und Arbeiten im Ausland auch Koordinierungsfragen insbesondere in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht. Zudem ergeben sich in konkreten Einzelfällen auch arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Fragen. Mithin sind Arbeitskräfte nicht nur vor der Arbeitsaufnahme in einem anderen EU-Mitgliedstaat, sondern vor allem während des Beschäftigungsverhältnisses sowie nach dessen Beendigung mit sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Problemen konfrontiert, die einer Lösung bedürfen. Die derzeitigen Ansprechpartner für die Betroffenen sind in erster Linie die EURES-Beraterinnen und -Berater.
- 5. Der Bundesrat betont daher, dass durch die vorgeschlagene Fokussierung der EURES-Aktivitäten auf die Arbeitsvermittlung die persönliche Beratung über die EURES-Beraterinnen und -Berater nicht ersetzt oder eingeschränkt werden darf. Im Gegenteil muss gerade in Zukunft die Beratungsleistung der EURES-Beraterinnen und -Berater zu praktischen Fragen des Arbeitens und der sozialen Absicherung im Ausland ein gleichberechtigter Bestandteil von EURES sein. Damit wird auch ein Beitrag zur Umsetzung des Ziels, Mobilität unter fairen Bedingungen zu ermöglichen, geleistet. Es muss sichergestellt sein, dass EURES-Beraterinnen und -Berater auf ein funktionierendes Netz zurückgreifen können, in dem die Sozialversicherungsträger und Sozialpartner im dem jeweiligen Aufnahmeland eingebunden sind, um so über das Arbeits- und Sozialrecht informieren zu können. Um die Mobilität junger Menschen zu fördern, muss vor allem für diesen Personenkreis eine individuelle, persönliche Beratungs- und Unterstützungsleistung über die EURES-Partner auch vor Ort sichergestellt sein. Ein wichtiges Kriterium der Beratung von jungen Menschen muss auch beinhalten, realistische berufliche Perspektiven aufzuzeigen, die eine Vermittlung in einen anderen Mitgliedstaat bietet.
- 6. Der Bundesrat erinnert daran, dass insbesondere in Grenzregionen die grenzüberschreitende berufliche Mobilität von großer Bedeutung für die Integration der Arbeitsmärkte und die wirtschaftliche Entwicklung ist. Er hebt in diesem Zusammenhang die Bedeutung der EURES-Grenzpartnerschaften hervor und weist darauf hin, dass die kontinuierliche fachliche Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften, Sozialpartnern und zuständigen Fachverwaltungen im grenzüberschreitenden Raum ein Alleinstellungsmerkmal der EURES-Grenzpartnerschaften ist. Ausschlaggebend für das reibungslose Funktionieren der durch unterschiedliche vorhandene Strukturen, die wirtschaftliche und soziale Lage sowie die jeweilige Arbeitsmarktsituation bedingten Grenzpartnerschaft ist eine ausgeglichene und paritätische Vertretung aller teilnehmenden Partner. Der Bundesrat sieht daher die Überlegungen der Kommission, die den Grenzpartnerschaften im Programm für Beschäftigung und soziale Innovation gewidmeten Mittel diesen nicht direkt zur Verfügung zu stellen, sondern den nationalen Koordinierungsbüros zuzuweisen, mit Sorge. Nationale Arbeitsverwaltungen würden in die Lage versetzt, sowohl die strategischinhaltliche als auch die finanzielle Steuerung der Grenzpartnerschaften zu übernehmen, während die regionalen Partner in der Folge lediglich als Dienstleistungserbringer für die nationalen Koordinierungsbüros fungieren würden.
- 7. Der Bundesrat lehnt die Vorschläge der Kommission im Hinblick auf die Organisation und Zusammensetzung der EURES-Grenzpartnerschaften ab, da diese die bewährte horizontale und gleichberechtigte Zusammenarbeit der EURES-Partner zugunsten einer hierarchisch gesteuerten Organisation unter Leitung der nationalen Koordinierungsbüros gefährden.
- 8. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf Artikel 21 Absatz a der Verordnung (EU) Nr. 1296/2013, der im Hinblick auf Aufbau und Tätigkeiten der EURES-Grenzpartnerschaften aus gutem Grunde auf die für die Grenzgebiete territorial zuständigen Behörden und gerade nicht, wie im vorliegenden Verordnungsvorschlag vorgesehen, auf die Mitgliedstaaten bzw. nationalen Arbeitsverwaltungen abstellt. In der Praxis wäre es im Falle von Grenzpartnerschaften, an denen mehrere Staaten beteiligt sind, wie z.B. EURES-T SLLR, EURES-T Oberrhein, EURES-T TriRegio, EURES-T Bodensee, EURES-T Maas-Rhein, weder zielführend noch umsetzbar, dass bis zu vier nationale Koordinierungsbüros im Einvernehmen entscheiden, wie die einzelnen Grenzpartnerschaften auf regionaler Ebene strategischinhaltlich als auch finanziell einzurichten sind.
- 9. Der Bundesrat kritisiert darüber hinaus, dass nur Organisationen vom nationalen Koordinierungsbüro akkreditiert werden, die alle universellen Dienstleistungen des EURES-Dienstleistungskatalogs anbieten können. Da die Sozialpartner, die lokalen Gebietskörperschaften sowie die Arbeitsministerien der Länder selbst keine Vermittlungstätigkeit anbieten, würden diese zu assoziierten Partnern heruntergestuft. Demgegenüber könnten profitorientierte private Arbeitsvermittlungen als EURES-Partner akkreditiert werden. Des Weiteren ist bei der Einbindung von privaten Arbeitsvermittlern in das EURES-Netz sicherzustellen, dass Qualitätsstandards eingehalten werden und die Kostenfreiheit für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für Vermittlungs- und Beratungsleistungen gewährleistet wird.