Der Bundesrat hat in seiner 856. Sitzung am 6. März 2009 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission mit ihrem Konjunkturprogramm vom 16. Dezember 2008 Vorschläge unterbreitet, wie der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise begegnet werden kann. Er hält es für richtig, in dieser schwierigen Situation vorübergehende und außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen.
- 2. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass das Konjunkturprogramm auch eine Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1927/2006 zum Europäischen Globalisierungsfonds umfasst.
- 3. Der Bundesrat erinnert daran, dass er bereits im Zuge der Einrichtung des Europäischen Globalisierungsfonds massive Zweifel bezüglich der Zielsetzung, der Umsetzung und der Erreichbarkeit eines den finanziellen Mitteleinsatz rechtfertigenden Mehrwerts, der über das auf einzelstaatlicher Ebene Erreichbare hinausgeht, geäußert hat. Das Ergebnis der ersten 18 Monate Laufzeit des Globalisierungsfonds hat die Zweifel bestätigt.
Diese Zweifel werden angesichts der vorgeschlagenen Änderungen weder beseitigt noch vermindert, sondern könnten vielmehr noch verstärkt werden: Durch die Ausdehnung der Anwendungskriterien auf die Finanz- und Wirtschaftskrise und die vorgeschlagene Absenkung der Mindestzahl von Entlassungen ist mit einem rasanten Anstieg möglicher Förderfälle zu rechnen.
- 4. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der Globalisierungsfonds nicht zu einem allgemeinen Hilfsinstrument zur Begleitung des Strukturwandels entwickelt werden sollte. Er sieht unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität und mit Blick auf den Europäischen Sozialfonds für ein weiteres strukturpolitisches Instrument im Gefüge von europäischer Kohäsionspolitik und nationaler Arbeitsmarktpolitik keinen Bedarf.
- 5. Auch bei Maßnahmen zur Abfederung von Folgen der Globalisierung ist vorrangig zu prüfen, inwiefern EU-Ausgaben einen Mehrwert gegenüber der Verwendung der Mittel für nationale Maßnahmen bewirken können. Insofern verweist der Bundesrat auf seine Positionen in der Stellungnahme vom 14. März 2008 (BR-Drucksache 657/07(B) ), dass sich die Aufgaben und Ausgaben auf solche Bereiche konzentrieren, die ein gemeinschaftliches Handeln erfordern, und dass Finanzmittel jedenfalls nicht schon aufgrund der Tatsache, dass sie aus dem EU-Haushalt stammen, einen europäischen Mehrwert erzeugen.
- 6. Der Bundesrat lehnt den Vorschlag, den EU-Finanzbeitrag von derzeit maximal 50 Prozent auf 75 Prozent anzuheben, ab. Eine solche Anhebung hilft den betroffenen Entlassenen nach Auffassung des Bundesrates nicht, führt aber zu einer deutlich höheren Belastung des EU-Haushalts und damit vor allem der Nettozahler.
- 7. Außerdem stellt der Bundesrat fest, dass sich laut Schätzungen der durchschnittliche Förderbetrag sowie die Zahl der Förderfälle vor allem in 2009 und 2010 vervielfachen werden. Dies könnte zu einer Absenkung des EU-Finanzierungsanteils unter die beschlossenen Maximalsätze oder alternativ zur Notwendigkeit einer erheblichen Ausweitung des finanziellen Rahmens für den Fonds mit der Folge einer deutlich höheren Belastung des EU-Haushalts und der Nettozahler führen.
- 8. Unbeschadet der massiven Zweifel stellt der Bundesrat fest, dass der vorliegende Vorschlag der Kommission bislang nicht den Anforderungen an eine bessere Rechtsetzung und an einen umfassenden Bürokratieabbau in Europa entspricht. Vor dem Hintergrund, dass bei den bislang wenigen Fällen einer Inanspruchnahme des Globalisierungsfonds von den betroffenen Mitgliedstaaten bereits ein erheblicher Vereinfachungsbedarf im Hinblick auf das konkrete Förderverfahren angemeldet wurde, bittet er die Bundesregierung daher, sich in den Verhandlungen auf EU-Ebene für Verfahrenserleichterungen mit dem Ziel eines praktikablen und effizienten Antrags-, Abrechnungs- und Kontrollverfahrens einzusetzen.
- 9. Der Bundesrat ist deshalb der Auffassung, dass eine Evaluierung der Maßnahmen des Europäischen Globalisierungsfonds mit der Zielsetzung erfolgen sollte, spätestens 2014 mit dem Beginn der neuen Strukturfondsperiode den Globalisierungsfonds in den Europäischen Sozialfonds zu integrieren und hierfür geeignete Methoden und Finanzierungswege zu schaffen, die es erlauben, flexibel auf die Auswirkungen der Globalisierung zu reagieren.