Der Niedersächsische Ministerpräsident Hannover, 5. Februar 2019
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landes regierungen von Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zum Transport von Gefahrgut auf Großcontainerschiffen zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 974. Sitzung des Bundesrates am 15. Februar 2019 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Weil
Entschließung des Bundesrates zum Transport von Gefahrgut auf Großcontainerschiffen
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1.) Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich für weitreichendere Regelungen für den containerisierten Transport von Gefahrgut mit Großcontainerschiffen mit dem Ziel eines verbesserten Schutzes der Meeresumwelt sowie der deutschen Küsten und Inseln einzusetzen. Dabei sind die Belange der Schifffahrt, der Hafenwirtschaft sowie einer möglichen Havariebekämpfung angemessen zu berücksichtigen.
- 2.) In diesem Rahmen ist insbesondere auf Maßnahmen für eine verpflichtende Nutzung geeigneter Verkehrstrennungsgebiete, eine verbesserte Sicherung der Container und deren Überwachung sowie eine Besenderung zum besseren Auffinden von Gefahrgutcontainern im Havariefall hinzuwirken.
- 3.) Die Bundesregierung wird gebeten, den Bundesrat über die diesbezüglich ergriffenen Initiativen und Maßnahmen zu unterrichten.
Begründung:
Auf dem Weg von Sines, Portugal, nach Bremerhaven verlor das Containerschiff MSC ZOE (L: 396m, B: 59m, Flagge: Panama) bei stürmischem Wetter auf dem küstennahen Schifffahrtsweg "Terschelling German Bight" vor der niederländischen und deutschen Nordseeküste rund 290 Container. Hiervon enthielten einige auch Gefahrgut, welches eine besondere Bedrohung für die Meeresumwelt und die angrenzenden Ufer und Strände darstellt. Die anschließende Suche nach über Bord gegangenen Containern und die Identifikation von Gefahrgut gestalten sich mangels Besenderung als sehr schwierig.
Der Bund und die Küstenländer Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein befassen sich im Rahmen ihrer partnerschaftlichen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Havarievorsorge und der Bekämpfung von Meeresverschmutzungen bereits seit Längerem mit den Risiken, die von der zunehmenden Containerschifffahrt ausgehen. In einer Expertise vom 24. April 2018 ("Havarien mit Containerfrachtern: Herausforderungen an das Havariekommando aus Umweltsicht") wurden die potentiellen Gefahren der Havariebekämpfung durch die in Containern geladenen Güter betrachtet.
Danach stellen Container, die im Wasser schwimmen oder an das Ufer gespült werden, ein Risiko für die Schifffahrt (Beschädigungen durch Zusammenstöße), ein Risiko für Menschen (bei gesundheitsschädlichem Inhalt) oder eine Entzündungs- oder Explosionsgefahr (bei entsprechendem Inhalt) dar. Dies gilt insbesondere beim Öffnen angeschwemmter Container mit Gefahrgütern, weil nach dem Überbordgehen bei Havarien die Innenverpackungen oft beschädigt oder leck sein werden. Besonders problematisch für die Meeresumwelt kann das bei Freisetzung von Schadstoffen in räumlich begrenzten Bereichen wie z.B. Ästuaren oder Buchten sein.
Für die Organisation der Havariebekämpfung sollten über Bord gegangene Container mit ihren gefährlichen Eigenschaften umgehend identifiziert werden können, damit eine sichere Bergung erfolgen oder zumindest eine entsprechende Warnung ausgegeben werden kann. Gleichzeitig sollten sie so prioritär geborgen werden können.
Havarien großer Containerschiffe können wegen der mitgeführten Ladung aber auch aufgrund der an Bord vorhandenen Treibstoffvorräte große Umweltschäden hervorrufen. Nach der Anlaufbedingungsverordnung (AnlBV) sind bereits jetzt Tankschiffe und Gastankschiffe bestimmter Größenordnungen dazu verpflichtet, das küstenfernere Verkehrstrennungsgebiet "German Bight Western Approach" vor der deutschen Küste mit größerer Wassertiefe zu befahren. Um küstennahe Havarien wie die der "MSC ZOE" zu vermeiden, sollte eine Verschärfung von Schifffahrtsrouten-Regelungen international geprüft werden.