Gesetzesantrag der Länder Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein
Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Hafenplanungen
(Hafenplanungsbeschleunigungsgesetz)

A. Problem und Ziel

Die gerichtliche Überprüfung von Zulassungsentscheidungen für große Infrastrukturprojekte stellt die Gerichte angesichts der Komplexität und des Umfangs der Verfahren vor besondere Herausforderungen, die sich auch auf die Verfahrensdauer auswirken. Daher sind für die gerichtliche Überprüfung von Zulassungsentscheidungen z.B. für Großkraftwerke, Energieleitungen, Eisenbahnen, Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen, Flughäfen und Verkehrslandeplätze die Oberverwaltungsgerichte oder das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig.

Demgegenüber sieht die Verwaltungsgerichtsordnung bislang für den Bau bzw. Ausbau von Häfen keine besondere Eingangszuständigkeit vor. Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts bzw. des Bundesverwaltungsgerichts besteht nur, wenn das Vorhaben mit dem Ausbau einer Bundeswasserstraße einhergeht (§ 48 Abs. 1 S.1 Nr. 9, § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO). Für nach Wasserrecht planfeststellungsbedürftige Hafenprojekte bleibt es bei der Eingangszuständigkeit des Verwaltungsgerichts. Die Unterscheidung zwischen wasserstraßenrechtlichen und wasserrechtlichen Planungsverfahren ist im Zusammenhang mit der Frage, welches Gericht erstinstanzlich für Streitigkeiten über ein Hafenprojekt zuständig sein sollte, jedoch nicht sach- und praxisgerecht. Ob die Planfeststellung nach Wasserstraßen- oder nach Wasserrecht erfolgt, richtet sich nicht nach Größe, Komplexität oder infrastruktureller Bedeutung des Projekts, sondern allein danach, ob die Änderung der Verkehrsfunktion einer Bundeswasserstraße durch wasserbauliche Maßnahmen zur Beeinflussung der Schiffbarkeit bezweckt ist. Insbesondere kommt es darauf an, ob aufgrund der räumlichen Situation die Fahrrinne der Bundeswasserstraße direkt für den Hafenbetrieb in Anspruch genommen wird. Häufiger werden Hafenprojekte nach Wasserrecht planfestgestellt, so dass sich eine gerichtliche Überprüfung der oftmals sehr komplexen rechtlichen und tatsächlichen Fragen über drei Instanzen anschließen kann. Dies gilt auch für Häfen, die für sehr große Schiffe zugänglich sind und typischerweise eine hohe verkehrsinfrastrukturelle und wirtschaftliche Bedeutung haben.

Folge können langjährige Verfahrensdauern sein (Beispiele: Hafenausbau Köln-Godorf: Planfeststellung im August 2006 - Urteil des Bundesverwaltungsgerichts am 19. Februar 2015; Offshore-Terminal Bremerhaven: Planfeststellung im November 2015 - Hauptsacheverfahren z. Zt. in erster Instanz beim Verwaltungsgericht Bremen anhängig; Hafenerweiterung Hamburg-Altenwerder: Planfeststellung in 1995, Gerichtsverfahren beim Verwaltungsgericht Hamburg abgeschlossen in 2015). Angesichts der herausragenden infrastrukturellen und verkehrspolitischen Bedeutung der größeren Häfen, die nicht hinter derjenigen von Flughäfen zurücksteht, soll auch für nach Wasserrecht planfestgestellte Hafenprojekte eine Eingangszuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts eingeführt werden. Neben einer Abkürzung der Verfahrensdauer würde die Verwaltungsgerichtsbarkeit gleichzeitig von Prozessen entlastet, die sonst regelmäßig zwei Tatsacheninstanzen mit einer teilweisen Wiederholung umfangreicher Beweisaufnahmen ausfüllen.

B. Lösung

Durch eine Ergänzung des § 48 Abs. 1 VwGO wird eine erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte für Streitigkeiten über Planfeststellungsverfahren für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1.350 t Tragfähigkeit zugänglich sind, eingeführt. Dies wird in der Mehrzahl der Verfahren zu einem deutlichen Zeitgewinn führen. Die bestehende erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO bleibt unberührt.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen

Bei den Vorhabenträgern, Planfeststellungsbehörden und weiteren Verfahrensbeteiligten einer verwaltungsgerichtlichen Streitigkeit über Planfeststellungsverfahren für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1.350 t Tragfähigkeit zugänglich sind, sowie bei den Ländern als Gerichtsträger entfällt der Aufwand für das Verfahren in der Instanz vor dem Verwaltungsgericht.

Gesetzesantrag der Länder Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein
Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Hafenplanungen (Hafenplanungsbeschleunigungsgesetz)

Der Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen Bremen, 5. Februar 2019

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierungen der Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein haben beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Hafenplanungen (Hafenplanungsbeschleunigungsgesetz) mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag zu beschließen.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 974. Sitzung des Bundesrates am 15. Februar 2019 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carsten Sieling

Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Hafenplanungen (Hafenplanungsbeschleunigungsgesetz)

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung

§ 48 Absatz 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch ....des Gesetzes ...vom ... (BGBl. I S....) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Mit der Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung wird eine erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte für Streitigkeiten über Planfeststellungsverfahren für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1.350 t Tragfähigkeit zugänglich sind, eingeführt. Damit entfällt in diesen Verfahren eine Tatsacheninstanz. Dies beschleunigt das Verfahren und führt zu schnellerer Rechtssicherheit für alle Beteiligten.

Das Planfeststellungsverfahren erstreckt sich bei Häfen nur auf die Teile des Vorhabens, die einen Gewässerausbau darstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.02.2015 - 7 C 11/12 -, Rn. 20f. = NVwZ 2015, 1070 <1072>; Schenk, in: Sieder/ Zeitler/ Dahme/ Knopp, WHG, 51. Aufl. 2017, § 68 Rn. 9). Entsprechend ist die Eingangszuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts begrenzt. Sie erstreckt sich ferner auf Plangenehmigungen sowie auf Genehmigungen von Nebeneinrichtungen, die mit dem Hafen in einem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Im Übrigen bleibt es bei der Eingangszuständigkeit des Verwaltungsgerichts.

Soweit für wasserstraßenrechtlich planfestzustellende Hafenprojekte schon nach geltendem Recht in Einzelfällen eine Eingangszuständigkeit des BVerwG nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. § 14e Abs. 1 WaStrG besteht, bleibt diese aufgrund des allgemeinen Verhältnisses zwischen § 48 und § 50 VwGO (vgl. Panzer/Bier, in: Schoch/ Schneider/ Bier, VwGO, Stand 33. EL, § 48 Rn. 2) unberührt. Ebenfalls unberührt bleibt die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts für Streitigkeiten über Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 9 VwGO.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1 und 2

Es handelt sich um redaktionelle Änderungen.

Zu Nummer 3

Durch Anfügung einer neuen Nummer 11 in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird eine erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte begründet für Streitigkeiten über Planfeststellungsverfahren für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1.350 t Tragfähigkeit zugänglich sind.

Ein Hafen ist eine Anlage bestehend aus Wasserflächen und angrenzenden Landflächen mit Einrichtungen, die zum An- und Ablegen sowie zum Be- und Entladen von Wasserfahrzeugen bzw. Ein- und Ausschiffen von Passagieren geeignet und bestimmt sind. Kennzeichnend für einen Hafen ist mithin die Liege-, Lade-, und Löschfunktion (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 10.03.2015 - 1 KN 042/13 (PDF) - juris Rn. 32).

Allerdings ist dieser Hafenbegriff weit und umfasst auch Infrastrukturen von vergleichsweise geringer Bedeutung (vgl. EuGH, Urteil v. 09.03.2006 - C 323/03 - Rn. 33), wie z.B. Yachthäfen oder Häfen für kleinere Binnenschiffe. Streitigkeiten über diese kleinen Anlagen stellen die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Regel vor keine außergewöhnlichen Herausforderungen. Die Eingangszuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts soll auf Streitigkeiten über Hafenprojekte beschränkt sein, für die sie angesichts der Größe und Bedeutung des Hafens und der damit verbundenen Komplexität und Dauer eines gerichtlichen Verfahrens gerechtfertigt ist. In Anlehnung an Kriterien des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. Anlage 1 Ziff. 13.9. - 13.11 UVPG; Anhang I Nr. 8 RL 2011/92/EU), an die bereits jetzt in einigen Landeswassergesetzen die Hafenplanfeststellung anknüpft (§ 139 Abs. 1 LWG SH; § 6 Abs. 4 WVHaSiG MV), sieht § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 VwGO-E eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts vor, wenn der Hafen für Schiffe mit mehr als 1.350 t Tragfähigkeit zugänglich ist. Häfen, die diese Schwelle überschreiten, weisen typischerweise eine hohe verkehrsinfrastrukturelle und wirtschaftliche Bedeutung auf. Zugleich ermöglicht das Abgrenzungskriterium der Zugänglichkeit eine sichere Unterscheidung und ist in der Praxis einfach zu handhaben. Die Vorschrift gilt sowohl für Seehäfen als auch für Binnenhäfen.

Mit dem Begriff "Wasserfahrzeuge" werden alle Boots- und Schiffstypen erfasst, einschließlich Fähren und sonstigen maschinenbetriebenen Fahrzeugen wie z.B. Seekränen.

Zu Artikel 2

Artikel 2 regelt das Inkrafttreten. Einer Übergangsregelung für im Zeitpunkt des Inkrafttretens rechtshängige Verfahren bedarf es wegen § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG nicht.