Arbeitsdokument der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über einen Aktionsplan der Gemeinschaft für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren (2006 bis 2010): Strategische Grundlage für die vorgeschlagenen Aktionen KOM (2006) 14 endg.; Ratsdok. 5734/06
Der Bundesrat hat in seiner 821. Sitzung am 7. April 2006 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat anerkennt, dass eine gezielte Ausrichtung der Gemeinschaftspolitik im Bereich Schutz und Wohlbefinden von Tieren für die kommenden Jahre erfolgen soll und die weiteren Bemühungen der Kommission auf hohe Tierschutznormen in der EU und auf internationaler Ebene ausgerichtet sind.
- 2. Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass eine Weiterentwicklung des Tierschutzes mit dem Ziel einer Harmonisierung der Vorgaben zum Wohl der Tiere nicht nur in der EU, sondern auch darüber hinaus notwendig ist.
Er hält es jedoch für erforderlich, dass vor der Entwicklung neuer Rechtsvorschriften deren Notwendigkeit und der tatsächliche Regelungsbedarf sorgfältig geprüft wird. So wird für den Bereich der Milchviehhaltung derzeit kein Regelungsbedarf gesehen.
Der Bundesrat fordert, dass die künftigen Tierschutzstandards nach fundierten, wissenschaftlich begründeten Erkenntnissen ausgerichtet werden, die sozioökonomischen Auswirkungen und die Marktmechanismen berücksichtigt sowie die Regelungen praxisorientiert formuliert werden. Er unterstreicht, dass die Weiterentwicklung sich auch am Machbaren orientieren muss; nicht zuletzt im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe. Dem Wettbewerbsdruck durch höhere Standards, dem Erzeuger in der EU im globalisierten Welthandel ausgesetzt sind, muss bei der Folgenabschätzung künftig noch stärkeres Augenmerk geschenkt werden.
Der Bundesrat hält es zudem für erforderlich, dass die Bürokratie auf ein Mindestmaß reduziert wird.
Der Bundesrat weist mit Nachdruck darauf hin, dass neu einzuführende Maßnahmen und Mindestnormen nicht Bestandteil von Cross Compliance werden dürfen.
- 3. Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass gezielte Finanzhilfen an Landwirte, die höhere Tierschutznormen erfüllen, erforderlich sind.
Er weist darauf hin, dass sich die Tierhalter den neuen Bestimmungen nur anpassen können, wenn die durch höhere Anforderungen bedingten Zusatzkosten in erster Linie über den Verkaufspreis ausgeglichen werden können.
- 4. Der Bundesrat begrüßt das Anliegen der Kommission, die Öffentlichkeit künftig noch stärker einzubeziehen und über die Tierschutznormen zu informieren, damit über die Kaufentscheidungen der Verbraucher der Schutz und das Wohlbefinden von Tieren gefördert werden; dabei muss transparent gemacht werden, dass höhere Tierschutzstandards auch höhere Preise für solche Lebensmittel rechtfertigen.
Er begrüßt das Anliegen der Kommission, verbesserte Marketing-, Etikettierungs- und Kommunikationsstrategien zu entwickeln und bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass dies nicht zu einseitigen Belastungen der Landwirtschaft in der EU führt und neben Erzeugnissen und Lebensmitteln aus Drittstaaten auch verarbeitete tierische Erzeugnisse in diese Regelungen mit einbezogen werden.
- 5. Nach Auffassung des Bundesrates muss die Kommission ihre auf hohe Tierschutznormen auf internationaler Ebene ausgerichteten Ziele mit Nachdruck weiter verfolgen, damit die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe in der EU weiterhin sichergestellt ist; hierzu gehört, dass Drittstaaten, die ihre Produkte in der EU vermarkten, vergleichbar tierschutzfreundliche Produktionssysteme anstreben.
- 6. Er begrüßt den geplanten Vorschlag zur Berücksichtigung der Bedenken der Öffentlichkeit hinsichtlich des Handels mit Hunde- und Katzenfellen und daraus hergestellter Erzeugnisse.
- 7. Der Bundesrat begrüßt die geplante Koordinierung des Standpunkts der Gemeinschaft betreffend die Aufnahme revidierter Unterbringungs- und Pflegeleitlinien im Rahmen des Europäischen Übereinkommens ETS 123 (zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere).
Er nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission im Begriff ist, die Richtlinie 86/609/EWG zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere zu überarbeiten, um die Vorschriften zu Tierversuchen weiterzuentwickeln und sicherzustellen, dass die Tiere angemessen gepflegt und tierschutzkonform behandelt werden.
Er begrüßt die geplante Europäische Partnerschaft zwischen Kommission und Industrie zur Förderung von Alternativen zum Tierversuch sowie die Vorlage eines Berichts der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Entwicklung, Validierung und rechtliche Anerkennung alternativer Methoden zu Tierversuchen im Bereich der Kosmetika. Er hält es jedoch für erforderlich, dass die Bedingungen für die Genehmigung von Tierversuchen, die Anforderungen an das Personal und die Zulassung von Einrichtungen, in denen Versuchstiere gehalten und gezüchtet werden, EU-weit einheitlich geregelt werden.