Der Bundesrat hat in seiner 842. Sitzung am 14. März 2008 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission ihre Strategieplanung für 2009 mit den fünf Schwerpunkten "Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze", "Bekämpfung des Klimawandels", "sichere Energieversorgung", "Migration" und "Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger" erneut frühzeitig vorgelegt hat. Diese frühzeitige Vorlage ist dieses Mal umso bedeutsamer, als in 2009 voraussichtlich der EU-Reformvertrag in Kraft tritt, Neuwahlen zum Europäischen Parlament stattfinden und anschließend auch eine neue Kommission gebildet wird. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, die Vorhaben für 2009 qualifiziert vorzubereiten und umzusetzen.
- 2. Obwohl die vorgeschlagenen Schlüsselinitiativen erst anhand der noch vorzulegenden konkreten Einzelvorhaben insbesondere auf ihren europäischen Mehrwert unter Berücksichtigung von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit bewertet werden können, ist bei der vorgenommenen Prioritätensetzung für 2009 aus wirtschaftspolitischer Sicht des Bundesrates grundsätzlich zu begrüßen, dass die Kommission den Schwerpunkt weiterhin auf Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit für mehr Wachstum und Beschäftigung in Europa legt. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass die ständige Verbesserung der Standortqualität Europas Richtschnur bei den angekündigten Prioritäten sein muss. Die Erhöhung der Mittel für Forschung und Entwicklung, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation durch Umschichtungen im Haushalt weist in die richtige Richtung.
- 3. Aus sozialpolitischer Hinsicht begrüßt der Bundesrat, dass die Kommission Sozial- und Wirtschaftspolitik nicht isoliert betrachtet, sondern sie als einander bedingende Teile einer umfassenden Reformstrategie für mehr Wachstum und Beschäftigung begreift. Der Bundesrat sieht die europäische Sozialpolitik und die angekündigte Überarbeitung der Sozialagenda als entscheidende Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit der EU und der Mitgliedstaaten. Der Bundesrat betont, dass vor diesem Hintergrund den Bürgerinnen und Bürgern das soziale Gesicht Europas noch näher gebracht und für sie erfahrbar gemacht werden muss. Er ist der Auffassung, dass die Kommission mit dem in ihrer Mitteilung "Chancen, Zugangsmöglichkeiten und Solidarität: eine neue gesellschaftliche Vision für das Europa des 21. Jahrhunderts" (KOM (2007) 727 endg.) gewählten Fokus auf der Verbesserung von "Lebenschancen" den richtigen Ansatz für eine zukunftsweisende Sozialpolitik gewählt hat und spricht sich dafür aus, dass dieser auch bei der Überarbeitung der sozialpolitischen Agenda berücksichtigt wird.
- 4. Der Bundesrat begrüßt, dass die Energie- und Klimapolitik auch in 2009 eine Priorität im Handeln der Kommission und der europäischen Institutionen sein wird. Er unterstützt die EU in ihrem Anspruch, beim Einsatz für den Klimaschutz eine Vorreiterrolle zu spielen und bei den entsprechenden internationalen Verhandlungen Führungsstärke zu zeigen.
Allerdings setzt sich der Bundesrat auch dafür ein, dass die Umsetzung der auf internationaler und europäischer Ebene erfolgten Beschlüsse zum Schutz des Klimas in einer fairen innereuropäischen Lastenverteilung erfolgt, die die deutsche Wirtschaft in ihrer Wettbewerbsfähigkeit nicht beeinträchtigt: Was die Umsetzung des Energie- und Klimapakets vom 23. Januar 2008 angeht, verweist er insofern auf seine Beschlüsse vom 14. März 2008. Der Bundesrat wird die Diskussion um die Weiterentwicklung der europäischen Energiestrategie und den neuen Energieaktionsplan für die Jahre 2010 bis 2014 konstruktiv und kritisch begleiten.
- 5. Die Initiativen zur besseren Anwendung und Durchsetzung des Binnenmarktrechts können entscheidend dazu beitragen, die Qualität und die Attraktivität Europas als Wirtschaftsstandort zu stärken. In diesem Zusammenhang sind auch die im Rahmen der Modernisierung der Binnenmarktpolitik geplante systematischere und stärker integrierte Beobachtung der Schlüsselmärkte für Waren und Dienstleistungen sowie die sektorbezogenen Erhebungen intensiv zu begleiten. Das hier zum Einsatz kommende Instrumentarium darf insbesondere nicht zu weiteren unverhältnismäßigen Verwaltungslasten und -kosten bei den Unternehmen führen.
- 6. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission weiterhin der Unterstützung von KMU besondere Bedeutung bei der Förderung von Wachstum und Beschäftigung beimisst. Er erwartet von der angekündigten europäischen Regelung für KMU konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für KMU, um ihr Unternehmenspotenzial vollständig zu erschließen. Von besonderer Bedeutung sind dabei weitere Anstrengungen zur Verringerung der Verwaltungslasten von Unternehmen. Die von der Kommission angekündigten Vorschläge zum Abbau der Verwaltungslasten müssen zu echten Verbesserungen für die Unternehmen führen, insbesondere für die KMU.
- 7. Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich die Absicht der Kommission, bis Ende 2009 die Prüfung des Acquis abzuschließen und das Programm zur besseren Rechtsetzung auf EU-Ebene weiter zu verfolgen. Dies gilt insbesondere für die Aktivitäten der Kommission zur Verringerung der Verwaltungslasten durch Informationspflichten, wie beispielsweise statistische Erhebungen, Berichtspflichten und Statistikstandards. Der Bundesrat sieht in diesem Zusammenhang mit großem Interesse den Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe unabhängiger Interessensträger im Bereich Verwaltungslasten entgegen.
Er weist darauf hin, dass das entsprechende Aktionsprogramm zur Verringerung der Verwaltungslasten in der EU allerdings nur den Abbau von unnötigen Verwaltungslasten bei Unternehmen um 25 Prozent bis zum Jahr 2012 vorsieht. Der Bundesrat setzt sich dafür ein, dass die Messung und Quantifizierung der Informationspflichten sowie der Abbau der daraus resultierenden Verwaltungslasten auf der EU-Ebene künftig zusätzlich auch bezogen auf Verbraucherinnen und Verbrauchern, den Behörden insbesondere der Mitgliedsstaaten sowie gemeinnützigen Einrichtungen vorangebracht wird. Die einheitliche EU-Methodik des Standardkosten-Modells würde nach Auffassung des Bundesrates eine solche Ausweitung auf die genannten Zielgruppen ermöglichen.
- 8. Der Bundesrat sieht dem Bericht der Kommission zur Überprüfung des EU-Finanzsystems mit Interesse entgegen. Er erwartet, dass die Reform des Finanzsystems die Stärken der EU ausbaut und derzeitige Unzulänglichkeiten beseitigt. Erforderlich sind eine Überprüfung der Einnahmen und Ausgaben des EU-Haushalts sowie mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung der Finanzierungslasten auf die Mitgliedstaaten. Die Reform soll dadurch die Funktionsfähigkeit der Union insgesamt erhöhen. Der Bundesrat wird sich innerhalb der gesetzten Frist im Rahmen des Konsultationsverfahrens zur EU-Finanzreform gesondert äußern.
- 9. Der Bundesrat betont die wichtige Rolle der Kohäsionspolitik für die Verringerung wirtschaftlicher und sozialer Disparitäten in Europa. Dies muss das vorrangige Ziel der Kohäsionspolitik bleiben. Der Bundesrat stimmt mit der Kommission überein, dass die Strukturfonds-Programme in diesem Rahmen einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Lissabon-Strategie leisten. Der Bundesrat hält es deshalb für erforderlich, auch nach 2013 in der Kohäsionspolitik einen inhaltlichen Schwerpunkt auf die Ziele von Lissabon zu setzen. Hierzu ist auch zukünftig eine EU-weite Innovationsförderung notwendig. Aus Sicht der Länder ist außerdem die Förderung der Vernetzung und des Erfahrungsaustausches im Rahmen der grenzüberschreitenden, transnationalen und interregionalen Kooperationen eine wichtige europäische Aufgabe. Soweit Regionen aus der Förderung im Rahmen des Konvergenzzieles ausscheiden, soll es angemessene und gerechte Übergangsregelungen geben, damit die mit Hilfe der europäischen Kohäsionspolitik erreichten Erfolge nicht wieder in Frage gestellt werden. Der Bundesrat hält den Erhalt und Ausbau des dezentralen Systems der europäischen Kohäsionspolitik sowie weitere Anstrengungen zum Bürokratieabbau und zur Vereinfachung der Verwaltung der Strukturfondsprogramme für erforderlich. Im Übrigen verweist er auf die Stellungnahme der deutschen Länder zum Vierten Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, die gemeinsam mit der Stellungnahme der Bundesregierung im Rahmen der entsprechenden Konsultation vorgelegt wurde.
- 10. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission Maßnahmen unter besonderer Berücksichtigung der Finanzdienstleistungen für Privatkunden ergreifen will. Er bittet die Bundesregierung dafür Sorge zu tragen, dass Kommissionsregelungen im Finanzdienstleistungssektor national zu keinen Einschränkungen in der Produktvielfalt und im Leistungsangebot für den Privatkunden führen.
Der Bundesrat teilt die Auffassung, dass der Rahmen für eine grenzüberschreitende Finanzmarktintegration im Interesse der Verbraucher und der Steigerung der Effizienz verbessert werden sollte. Dieses Ziel erfordert jedoch nicht in allen Fällen eine "Maximalharmonisierung". Im Übrigen verweist der Bundesrat auf seinen jüngsten Beschlüsse zur Binnenmarktstrategie für das Europa des 21. Jahrhunderts vom 15. Februar 2008 (BR-Drucksache 865/07 (PDF) ) und zur Integration der Hypothekarkreditmärkte vom 14. März 2008 (BR-Drucksache 035/08 (PDF) ).
Die Ankündigung der Kommission aktiv auf die Turbulenzen auf den weltweiten Finanzmärkten zu reagieren, wird vom Bundesrat ausdrücklich unterstützt. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass bei den hier vorgesehenen langfristigen Anpassungen bei der Regulierung und Überwachung der Finanzdienstleistungen auf eine Stärkung der nationalen Aufsichtsbehörden und die Optimierung ihrer Zusammenarbeit hingewirkt werden sollte. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Finanzindustrie durch die Maßnahmen der Kommission im Finanzdienstleistungssektor nicht unverhältnismäßig hoch bürokratisch belastet werden darf.
- 11. Im Rahmen der integrierten Meerespolitik begrüßt der Bundesrat den Aufbau eines Europäischen Meeresbeobachtungs- und Datennetzwerks, um den verschiedenen Akteuren einen Zugang zu den bereits vorhandenen, aber fragmentierten Daten zu ermöglichen. In die Entwicklung dieses Netzwerks müssen die maßgeblichen Akteure wie Küstenregionen und Hafenstädte einbezogen werden. Der Bundesrat unterstützt weiter die Einrichtung elektronischer Systeme für den Seeverkehr und die Meeresüberwachung. Er begrüßt die intensivere Koordinierung der maritimen Überwachung und geht davon aus, dass die Einrichtung einer europäischen Küstenwache mit eigenen Kompetenzen nicht vorgesehen ist.
Der Bundesrat teilt die Auffassung des Europäischen Rates, dass zu einem zukunftsfähigen Europa auch eine Strategie für den Ostseeraum notwendig ist. Die Schlussfolgerung des Rates, dass diese Strategie dazu beitragen sollte, die dringenden Umweltprobleme in Bezug auf die Ostsee zu bewältigen, wird unterstützt. Der Ostseeraum hat ein hohes Potenzial in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung und Innovation und weist bereits jetzt hohe Wachstumsraten auf. Die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des Ostseeraums und der notwendige Ausbau der Infrastruktur müssen die ökologischen Herausforderungen in der Region angemessen berücksichtigen. Wesentlicher Bestandteil der Ostseestrategie sollte aus Sicht des Bundesrates die Umsetzung der europäischen Meerespolitik im Ostseeraum sein. Der integrative Ansatz der Meerespolitik verbindet nachhaltiges Wirtschaftswachstum mit effektivem Schutz der Ökosysteme und wird den Ansprüchen und Chancen der Region in besonderer Weise gerecht. Darüber hinaus sollte die Funktion des Ostseeraums als Schlüsselregion für die Zusammenarbeit mit Russland genutzt werden.
- 12. Der Bundesrat begrüßt die Ankündigung der Kommission, Maßnahmen zur Freisetzung des Potenzials der Kultur- und Kreativwirtschaft besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Die Kreativwirtschaft ist ein wichtiger Bestandteil einer europäischen Ökonomie. Damit Europa auch künftig im internationalen Wettbewerb erfolgreich bestehen kann, muss es seine Potentiale in der kreativen Ökonomie freisetzen. Dies erfordert das Zusammenspiel von Talenten, Technologie und Toleranz über Branchen- und Sektorengrenzen hinweg. Die EU sollte sich auf die die nationalen Grenzen überschreitenden Aspekten konzentrieren.
- 13. Aus verkehrspolitischer Sicht ist zu begrüßen, dass das im Januar 2006 veröffentlichte Aktionsprogramm NAIADES, das die Förderung der Binnenschifffahrt, insbesondere die Verbesserung der Marktbedingungen, Modernisierung der Flotte, Entwicklung des Humankapitals und Ausbau der Infrastruktur vorsieht, erneut auf die Agenda gesetzt wurde. Mit Blick auf die angestrebte Reduzierung der CO₂-Emissionen beim Gütertransport durch die Verlagerung von LKW auf die Verkehrsträger Zug und Binnenschiff kommt dem Aktionsprogramm erhöhte Bedeutung zu.
Grundsätzlich unterstützt werden die Anstrengungen zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen des Güterverkehrs, einschließlich der Emissionen des Schiffsverkehrs. Insbesondere in der Seeschifffahrt werden nach wie vor unter anderem besonders umweltschädliche Schweröle mit hohem Schadstoffgehalt verwendet. Auch im Bereich des Schiffsverkehrs sind erhebliche Emissionssenkungen erforderlich und möglich. Die Kommission sollte geeignete Anreize für die Durchführung von Clean-Ship und Clean-Port-Pilotprojekten schaffen. Im Bereich der Binnenschifffahrt, die im System mit öffentlichen Binnenhäfen und zahlreichen privaten Umschlagsstellen eine wichtige Rolle spielt, bestehen Potentiale zur Senkung der Emissionen. Gleichwohl sollten die Regelungen zur Verringerung der Treibhausgas- und Schadstoffemissionen im Bereich der Schifffahrt ausgewogen erfolgen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Die Kommission wird dazu aufgerufen, sich auf Ebene der IMO für die Schaffung internationaler Standards noch in diesem Jahr einzusetzen.
- 14. Der Bundesrat begrüßt die Initiativen der EU im Hinblick auf das Forschungsprogramm zum Luftverkehrsleitsystem für den einheitlichen europäischen Luftraum (SESAR). Die Initiative trägt dem ständig zunehmenden Verkehr in Europa Rechnung und soll Flugabläufe effizienter, kostengünstiger, klimafreundlicher und sicherer machen. Das Forschungsprogramm zum Luftverkehrsleitsystem muss entschlossen vorangetrieben werden, um bis 2013 die notwendigen Entwicklungen für die Verwirklichung des einheitlichen europäischen Luftraums zu erzielen.
- 15. Der Bundesrat begrüßt, dass auf europäischer Ebene in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Projekten und Gesetzesvorhaben verabschiedet wurden, die zur Erhöhung der Sicherheit der Unionsbürger beigetragen haben. Er bedauert jedoch, dass die Kommission die von der deutschen EU-Präsidentschaft gestartete Initiative für den "Zugang der Strafverfolgungsbehörden zum System EURODAC" derzeit nicht weiter verfolgt.
- 16. Bei den von der Kommission angekündigten Maßnahmen zur Vollendung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems bis 2010 weist der Bundesrat darauf hin, dass ein neuer Aufbau von Bürokratie strikt zu vermeiden ist. Es sollten vor allem bestehende Einrichtungen als Plattform genutzt werden. Daher wird die Neuschaffung einer Europäischen Unterstützungsagentur, insbesondere ihre etwaige Ausstattung mit Kontrollfunktionen gegenüber Mitgliedstaaten, abgelehnt. Asylverfahren müssen auch weiterhin in nationaler Verantwortung betrieben werden.
- 17. Der Bundesrat erkennt die europäische Einwanderungspolitik als ein zentrales und wichtiges europapolitisches Thema mit erheblicher Bedeutung für die Innen-, Zuwanderungs-, Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik der Mitgliedstaaten an. Er verweist jedoch erneut auf die Beachtung der Kompetenzordnung und bestärkt seine Überzeugung, dass insbesondere der Zugang zum nationalen Arbeitsmarkt in der Kompetenz der Mitgliedstaaten bleiben muss.
- 18. Der Bundesrat begrüßt die Absicht, in die Überlegungen zum Bevölkerungsschutz in Europa auch chemische, biologische, nukleare und radiologische Gefahrenlagen (CBNR-Lage) einzubeziehen. Kern der Überlegungen sollte sein, wie die EU einen oder mehrere Mitgliedstaaten in einer CBNR-Lage unterstützen kann, um die zusätzlich zu den eigenen Ressourcen benötigte Hilfe anderer Mitgliedstaaten in Anspruch nehmen zu können. Der Bundesrat unterstreicht erneut, dass jeder Mitgliedstaat für die erforderlichen Ressourcen (Personal und Gerätschaft) selbst verantwortlich bleibt und die EU ausschließlich koordinierend tätig wird. Er weist darauf hin, dass alle Vorschläge und Initiativen auf europäischer Ebene, die auf Anschaffung von Gerät und/oder EU-Truppen abzielen, abzulehnen sind. Solche Ergänzungen seitens der EU bergen die Gefahr, dass im Hinblick auf EU-Einsatzmittel mitgliedstaatliche Anstrengungen reduziert oder gar nicht unternommen werden. Die EU-Einsatzmittel wären somit keine Ergänzung, sondern eine Ersetzung nationaler Ressourcen. Dies ist im Interesse eines wirksamen Katastrophenschutzes in Europa nicht zielführend, zumal damit auf mittlere Sicht eine Kompetenzverschiebung hin zur EU erfolgen würde.
- 19. Bezüglich der als Leitmaßnahme für 2009 aufgeführten "Initiative zur Verbesserung der Einsatzfähigkeit der Zivilschutzressourcen" ist darauf hinzuweisen, dass erst im letzten Jahr das EU-Gemeinschaftsverfahren einer umfassenden Überarbeitung unterzogen wurde. Die permanente Vorlage neuer Vorschläge zur Änderung des Verfahrens, ohne dass zwischenzeitlich überhaupt praktische Erfahrungen mit dem überarbeiteten Verfahren gesammelt werden konnten, vermittelt nicht den Eindruck eines konsequent durchdachten Gesamtansatzes im Katastrophenschutz auf europäischer Ebene. Vor einer erneuten Veränderung sollten zunächst die Maßnahmen der letzten umfassenden Änderung des Gemeinschaftsverfahrens auf ihre Wirksamkeit evaluiert werden. Eine Ausweitung des Gemeinschaftsverfahrens lehnt der Bundesrat ab, soweit sie eine Kompetenzerweiterung auf europäischer Ebene zur Folge hat. Er verweist insoweit auf die im Dezember 2006 zwischen den Mitgliedstaaten erzielte politische Einigung über das Finanzierungsinstrument für den Bevölkerungsschutz, zu welcher der Bundesrat sein Einverständnis nur mit der Maßgabe erteilt hat, dass die Kommission ihre Kompetenzen nicht ausweitet.
- 20. Im Hinblick auf die im Gesundheitswesen geplanten Initiativen für das Jahr 2009 bekräftigt der Bundesrat erneut, dass jedwede Initiative mit Auswirkungen auf den sensiblen Bereich der gesundheitlichen Versorgung besonders sorgfältig unter Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zu prüfen ist. Dies bedeutet insbesondere den Verzicht auf legislative Vorgaben und bürokratische Belastungen. Das erklärte Ziel der EU, "durch hohe Standards in Bereichen wie Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz die globale Ordnung mitzugestalten", darf nicht dadurch erreicht werden, dass hoch entwickelte und in der Finanzierung immer wieder auszutarierende Gesundheitssysteme in den EU-Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden.
- 21. Im Hinblick auf die Themen Chancengleichheit und Antidiskriminierung unterstreicht der Bundesrat seine Haltung, wonach angesichts des ausreichenden Rechtsrahmens der EU in diesen Bereichen das bisher erreichte Rechtsschutzniveau im Vordergrund stehen sollte und nicht die Schaffung neuer rechtlicher Regelungen. Im Hinblick auf die von der Kommission für möglich erachtete Bewertung und Überarbeitung der vorhandenen Standards weist der Bundesrat darauf hin, dass dies auch als Gelegenheit gesehen werden sollte, den vorhandenen Rechtsbestand zu bereinigen. Generell ist der Bundesrat der Auffassung, dass Standards für das Antidiskriminierungsrecht sinnvoller und sachnäher auf der Ebene der Mitgliedstaaten und Regionen festgelegt werden sollen. Weitere Initiativen der Kommission in der Antidiskriminierungspolitik lehnt der Bundesrat ab.
- 22. Der Bundesrat bedauert, dass sich das Thema Demographie in der Strategieplanung für 2009 nicht mehr wiederfindet. Die Herausforderungen aus der zu erwartenden demographischen Entwicklung in der Gemeinschaft bestehen nach wie vor und sind als Querschnittsaufgaben auch weiterhin in vielen Handlungsfeldern der EG zu berücksichtigen.
- 23. Die Strategieplanung für 2009 sieht die Umsetzung der Ergebnisse der Einigung über den "Health Check" der Gemeinsamen Agrarpolitik vor. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass im Rahmen des Health Check die Planungssicherheit für die Landwirte und Verlässlichkeit der GAP-Reform 2003 gewahrt und uneingeschränkt bis 2013 - auch in finanzieller Hinsicht - fortgeschrieben und für den Ausstieg aus der Milchquote in 2015 die notwendigen Begleitmaßnahmen für einen gleitenden Ausstieg festgelegt werden.
- 24. Der Bundesrat stimmt mit der Kommission darin überein, dass 2009 ein wichtiges Jahr für die Kommunikationsarbeit in Europa sein wird. Er begrüßt die von der Kommission gewählten vier Prioritäten in der Kommunikationspolitik: Vertrag von Lissabon, Haushaltsreform, Wachstum und Beschäftigung, Energie und Klimawandel. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, hinsichtlich der Inhalte des Vertrags von Lissabon und mit Blick auf die Europawahlen 2009 besonderen Wert darauf zu legen, die mit dem Integrationsprozess verbundenen Chancen und Vorteile für die Bürgerinnen und Bürger zu kommunizieren. Er sieht darin einen Beitrag zur Stärkung des unmittelbaren Bürgerinteresses an Europa. Auch die Erreichung der Ziele der Energie- und Klimaschutzpolitik erfordert, dass die Bürgerinnen und Bürger dabei mitwirken und ihr Verhalten entsprechend ausrichten. Das Europäische Jahr der Kreativität und der Innovation wird umso erfolgreicher sein, je mehr das Potential der Bürgerinnen und Bürger für diese Ziele mobilisiert werden kann.
- 25. Der Bundesrat erkennt an, dass sich die Kommission verpflichtet, den Personalbestand ab 2010 konstant zu halten und bis 2013 keine neuen Planstellen zu beantragen. Der Bundesrat lehnt allerdings Forderungen der Kommission nach einer Verstärkung ihres Personals für das Jahr 2009 als nicht nachvollziehbar ab. Insbesondere ist weder erkennbar, inwieweit der Personalmehrbedarf tatsächlich auf erweiterungsbedingte oder sonstige Belastungen zurückzuführen ist, noch ist feststellbar, ob die Kommission das vorhandene Einsparpotential infolge der verbesserten interinstitutionellen Zusammenarbeit und der zunehmenden Verlagerung von Kommissionsaufgaben auf Agenturen tatsächlich ausgeschöpft hat. Der Bundesrat sieht es in diesem Zusammenhang als nicht akzeptabel an, dass entsprechend den Ergebnissen des von der Kommission im Jahr 2007 durchgeführten Personalscreenings knapp die Hälfte des gesamten Personals der Kommission in Querschnittsbereichen, wie administrativer Unterstützung und Koordinierung, eingesetzt wird. Vor diesem Hintergrund fordert der Bundesrat die Kommission auf, rasch konkrete Schritte für einen tatsächlichen Personalumbau und -abbau in der Kommission einzuleiten und darüber im Rahmen des Haushaltsverfahrens 2009 Parlament und Rat Bericht zu erstatten.
- 26. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass den Sprachen- und Übersetzungsdiensten eine begrenzte Anzahl zusätzlicher Stellen zugeteilt werden soll. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung dem Einzelplan für die Kommission im Haushaltsverfahren für 2009 erst dann zuzustimmen, wenn die Kommission die gegenwärtige Mittelverwendung für die Übersetzungsleistungen exakt aufschlüsselt und gegebenenfalls den von ihr veranschlagten zusätzlichen zu bestreitenden Bedarf für Übersetzungsleistungen exakt benennt. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass der Bedarf für zusätzliche Planstellen für Übersetzungsleistungen ausschließlich durch interne Umschichtungen innerhalb der Kommission gedeckt werden darf.
Der Bundesrat kritisiert in diesem Zusammenhang, dass die Kommission die Weiterentwicklung ihrer ungenügenden Übersetzungspraxis bislang nicht in ihre jährliche Strategieplanung mit aufgenommen hat. Insbesondere ist zu bemängeln, dass die bereits im Juli 2007 angekündigten Maßnahmen zur Verbesserung der vom Bundesrat wiederholt gerügten Situation bis heute nicht vorgelegt worden sind. Der Bundesrat fordert die Kommission auf, die nationalen Parlamente bei der Ausarbeitung und Fortschreibung einer Übersetzungsstrategie für die Herausforderungen einer erweiterten Union im 21. Jahrhundert in einem transparenten Verfahren kontinuierlich zu beteiligen.
- 27. Der Bundesrat wendet sich gegen die von der Kommission vorgeschlagene Gründung zweier neuer Agenturen. Er bemängelt in diesem Zusammenhang, dass es bislang an klaren und nachvollziehbaren Begründungserfordernissen für die Errichtung von Agenturen fehlt. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich gegenüber den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission dafür einzusetzen, dass die Arbeiten an der verbindlichen Formulierung von Rahmenbedingungen für Regulierungsagenturen wieder aufgenommen und zügig zum Abschluss gebracht werden. Insbesondere sollten neben einer angemessenen parlamentarischen Kontrolle von Agenturen auch umfassende Rechtsschutzregelungen gegenüber Handlungen und Entscheidungen von EU-Agenturen vorgesehen werden. Unabhängig davon fordert der Bundesrat die Kommission auf, auch die bereits bestehenden Agenturen einer Überprüfung, insbesondere in Bezug auf ihre weitere Notwendigkeit, die transparente Durchführung ihrer Aufgaben sowie die Einstellungspolitik für Personal, zu unterziehen.
- 28. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.