Der Bundesrat hat in seiner 968. Sitzung am 8. Juni 2018 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 105a - neu - (§ 140 Absatz 2a - neu - MarkenG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 105 folgende Nummer einzufügen:
"105a. In § 140 wird nach Absatz 2 folgender Absatz eingefügt:
- (2a) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden." '
Begründung:
Seit einiger Zeit wird von einigen Oberlandesgerichten in Markensachen im einstweiligen Verfügungsverfahren die im Wettbewerbsrecht geltende sogenannte Dringlichkeitsvermutung des § 12 Absatz 2 UWG nicht mehr angewendet mit der Begründung, es fehle mangels planwidriger Regelungslücke an der Grundvoraussetzung einer analogen Anwendung.
Dies hat zur Folge, dass ein Antragsteller, der im Wege der einstweiligen Verfügung gegen eine Markenverletzung vorgehen möchte, nicht nur die Einhaltung einer von der Rechtsprechung vorgegebenen Frist (zum Beispiel in München in der Regel ein Monat) darlegen und glaubhaft machen muss, sondern darüber hinaus vortragen und glaubhaft machen muss, warum die Sache selbst eilbedürftig ist. Hierfür genügt insbesondere die Tatsache, dass auf eine Abmahnung hin keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wurde, nicht, da dies nur eine Voraussetzung für den Verfügungsanspruch, nicht für den Verfügungsgrund ist.
Problematisch ist dies in all den Fällen, in denen die Verletzungshandlung - insbesondere nach einer zuvor erfolgten Abmahnung - vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingestellt wurde (Beispiel: die markenverletzende Artikelbeschreibung eines in einem Online-Portal angebotenen Produkts wird geändert). Der Anspruch bleibt in diesem Fall bestehen, doch die Eilbedürftigkeit erscheint zumindest fraglich. Soweit ersichtlich, wird diese Konstellation auch von den Gerichten, die eine analoge Anwendung des § 12 Absatz 2 UWG im Markenrecht ablehnen, unterschiedlich behandelt mit der Folge, dass einige Gerichte gleichwohl den Verfügungsgrund großzügig bejahen, andere hingegen strenger sind, ohne dass für eine derartige Differenzierung aus dem Gesetz objektive Kriterien erkennbar wären. Hinzu kommt, dass der Anspruchsteller, wenn er gegen die gleiche Markenverletzung auch aus § 5 Absatz 2 UWG vorgehen kann, sich im Verfügungsverfahren trotz Beendigung der Verletzungshandlung auf die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Absatz 2 UWG berufen kann, wenn er seinen Anspruch auf das UWG stützt (vergleiche zum Ganzen Meinhardt, GRUR-Prax 2015, S. 27).
Diese Situation erscheint insgesamt sehr unbefriedigend. Eine Vereinheitlichung der unterschiedlichen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte durch den Bundesgerichtshof ist mangels dessen Zuständigkeit im Verfügungsverfahren nicht möglich.
Vor diesem Hintergrund sowie im Hinblick darauf, dass ein Großteil von einfacher gelagerten Markenfällen in der Praxis schnell und effektiv im einstweiligen Verfügungsverfahren abschließend gelöst werden kann, erscheint es angezeigt, eine dem § 12 Absatz 2 UWG entsprechende Regelung ausdrücklich auch in das Markengesetz aufzunehmen.