Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein mehrjähriges Gemeinschaftsprogramm zum Schutz der Kinder bei der Nutzung des Internet und anderer Kommunikationstechnologien KOM (2008) 106 endg.; Ratsdok. 7241/08

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 05. März 2008 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 28. Februar 2008 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 29. Februar 2008 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.


Hinweis: vgl.
Drucksache 050/98 = AE-Nr. 980146 und
Drucksache 320/02 = AE-Nr. 021298

Begründung

1. Einleitung

Seit seinen Anfängen als ein Kommunikationswerkzeug, das hauptsächlich von Experten und Wissenschaftlern benutzt wurde, hat sich das Internet zusammen mit anderen Kommunikationstechnologien (nachstehend "Online-Technologien" genannt)1 zu einem Kommunikationsmittel entwickelt, das heute in den meisten Teilen der Welt in Privathaushalten, Schulen, Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen genutzt wird. Das Internet hat das Ende des 20. und den Anfang des 21. Jahrhunderts geprägt.

Seit der Aufstellung des Aktionsplans zur Förderung der sicheren Nutzung des Internet2 haben sich sowohl die Technologien als die Anwendungen ganz erheblich verändert. Die Technik ist viel leichter zugänglich geworden und die Entwicklung der Werkzeuge und Dienste hat zu einer Vielfalt von Anwendungen geführt, die weit größer und reicher ist, als dies zur Zeit der Aufstellung des Aktionsplans absehbar war. Überdies sind Kinder und Jugendliche oft die ersten, die von den neuen Möglichkeiten tatsächlich Gebrauch machen.

Die neu entstehenden Technologien und Anwendungen bieten großartige Möglichkeiten für die Beteiligung, Kreativität und Meinungsäußerung aller Mitglieder der Gesellschaft.

Kinder sind zunehmend aktive Nutzer der Online-Technologien. Die Möglichkeiten der Interaktivität und Mitwirkung im Online-Umfeld können die Lebensqualität vieler junger Menschen verbessern. Dies bedeutet aber auch, dass die jungen Leute Entscheidungen treffen müssen vor denen sie normalerweise nicht stehen würden und die häufig für ihre eigene Sicherheit von Belang sind. Der Schutz der Kinder vor schädlichen Inhalten und Verhaltensweisen im Internet und die Eindämmung der Verbreitung illegaler Inhalte sind daher Themen, die politische Entscheidungsträger und Gesetzgeber, Unternehmen und Endnutzer, insbesondere aber Eltern, Betreuer und Erzieher regelmäßig beschäftigen.

Kinder und Jugendliche gehen zwar sehr geschickt mit Online-Technologien um, sie kennen die Risiken und wissen auch, wie man sie umgehen kann. Vielen von ihnen mangelt es jedoch an Reife hinsichtlich der Einschätzung der Situationen, in die sie sich begeben, und der möglichen Konsequenzen, die sich aus ihrem Handeln ergeben. Gleichzeitig vertrauen sie sich mit ihren Online-Erfahrungen selten ihren Eltern oder Betreuern an, sondern werden diese nur als letzten Ausweg um Hilfe bitten. Für Personen, die für die Sicherheit der Kinder verantwortlich sind, bilden diese Faktoren ein großes Problem.

Zu den größten Gefahren für Kinder im Zusammenhang mit Online-Technologien gehören die direkte Schädigung von Kindern, etwa als Opfer sexuellen Missbauchs, der durch Fotos, Filme oder Tondateien dokumentiert und dann online verbreitet wird (Material über Kindesmissbrauch), aber auch Fälle, in denen sich Täter mit Kindern anfreunden, um sie dann sexuell zu missbrauchen ("Grooming") und in denen sie Opfer von Schikanen im Online-Umfeld werden ("Cyber-Bullying").

Die Europäische Union spielt seit 1996 eine Vorreiterrolle beim Schutz der Kinder im Online-Umfeld. Die aufeinander folgenden Programme zur sichereren Nutzung des Internet3 waren und sich ein wichtiger Bestandteil der Aktivitäten der Kommission in diesem Bereich. Sie stellen gegenwärtig die einzige europaweite Initiative dar, die sich mit Fragen des Schutzes der Kinder im Online-Umfeld beschäftigt und umfassen mehrere Maßnahmen, die sich als wirksam erwiesen haben.

So wurde Folgendes erreicht:

Laut der abschließenden Bewertung des Aktionsplans zur Förderung der sicheren Nutzung des Internet wird die Europäische Union "als Vorreiter gesehen, da sie zu einem frühen Zeitpunkt die Frage illegaler und schädlicher Inhalte im Internet als ernstes und wichtiges politisches Thema von weltweiter Bedeutung herausgestellt hat"4.

Außerdem nahm die Kommission eine Mitteilung über die Durchführung des Programms "Mehr Sicherheit im Internet" im Zeitraum 2005-20065 an. Im Zuge der Ausarbeitung dieses Vorschlags wurde zwischen April und Juli 2007 eine Folgenabschätzung vorgenommen, zu der auch eine öffentliche Konsultation und gezielte Konsultationen gehörten6.

Sie alle bestätigten die Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen, machten gleichzeitig aber auch deutlich, dass diese an die neuen Bedürfnisse angepasst werden müssen. Vor allem der Schutz der Kinder im Online-Umfeld bleibt ein wichtiges Anliegen, und die Herausforderungen durch neu entstehende Technologien und Dienste, die neue Nutzungsarten und somit insbesondere für Kinder auch neue Risiken mit sich bringen, sind noch größer geworden.

Das neue Programm wird die Zusammenarbeit und den Austausch von Erfahrungen und empfehlenswerten Verfahren auf allen Ebenen zu Fragen der Online-Sicherheit der Kinder fördern. Diese Rolle könnte noch weiter ausgebaut werden, um auf diese Weise einen europäischen Mehrwert zu schaffen. Der Vorschlag berücksichtigt alle diese Ideen.

Das neue Programm beinhaltet weder eine Ausweitung des Anwendungsbereichs, noch eine Aufnahme neuer Themen wie z.B. Gesundheitsfragen, Netzsicherheit und Datenschutz, da diese bereits in anderen EU-Politikbereichen und Finanzierungsinitiativen berücksichtigt werden. Vielen dieser Ideen wurden aber in den Sensibilisierungsmaßnahmen und durch entsprechende Verweise auf die bestehenden Instrumente Rechnung getragen.

Das Programm soll vor allem in der Lage sein, auf noch unbekannte künftige Entwicklungen im Online-Umfeld und die daraus erwachsenen Bedrohungen einzugehen, deren Bedeutung in den kommenden Jahren zunehmen wird. Im Zeitraum 2009-2013 wird es entscheidend darauf ankommen dass Europa in der Lage ist, geeignete Maßnahmen zum Schutz der Kinder im Online-Umfeld zu ergreifen.

2. Förderung der sichereren Nutzung des Internet und anderer Kommunikationstechnologien

2.1. Rechtlicher Hintergrund

Die Fragen des Schutzes der Kinder im Online-Umfeld sind global und komplex: jeder kann Inhalte erzeugen, die für alle anderen Nutzer überall auf der Welt sichtbar und zugänglich sind. Material über Kindesmissbrauch kann in einen Land hergestellt, in einem anderen bereitgehalten und dann überall in der Welt heruntergeladen werden. Es sind Täter bekannt, die nach einer online erfolgten Kontaktaufnahme in ein anderes Land gereist sind, um sich mit Kindern zum Missbrauch zu treffen.

Aus rechtlicher Sicht gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Begriff "illegal" einerseits und dem Begriff "schädlich" andererseits, denn sie erfordern unterschiedliche Methoden, Strategien und Instrumente.

Was als illegal gilt, wird von Land zu Land durchaus unterschiedlich im jeweils geltenden nationalen Recht bestimmt und fällt in den Tätigkeitsbereich von Strafverfolgungsbehörden oder anderen staatlichen Stellen. Trotz zahlreicher gemeinsamer Merkmale können sich die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten und Drittländer, in denen Inhalte produziert oder bereitgehalten werden, im Detail beträchtlich unterscheiden.

Schädliche Inhalte sind solche, die Eltern, Lehrer oder andere Erwachsenen als für Kinder schädlich ansehen. Solche Inhalte werden in den Ländern und Kulturen unterschiedlich definiert und reichen von Pornografie und Gewalt über Rassismus, Fremdenhass, Hassreden und Hassmusik bis hin zu Themen wie Selbstverstümmelung, Anorexie und Selbstmord.

Schädliche Inhalte können bei Kindern psychologische Traumata hervorrufen und zu physischen Schädigungen führen, wenn ein Kind dazu verleitet wird, sich oder anderen Schaden zuzufügen. Die Mitgliedstaaten vertreten unterschiedliche Ansichten darüber, was schädlich ist (z.B. Darstellung von Nacktheit, sexuellen Aktivitäten und Gewalt) und wie ernst sich solche möglicherweise schädlichen Inhalte auf Kinder auswirken. In einigen Ländern gibt es Rechtsvorschriften, die die Verbreitung schädlicher Inhalte auf Erwachsene beschränken aber es bestehen auch hier im Detail erhebliche Unterschiede zwischen den Vorschriften, die in Mitgliedstaaten und Drittländern bestehen.

Für den Umgang mit schädlichen Inhalten gibt es eine ganze Reihe von Mitteln, die zur Erhöhung ihrer Wirksamkeit in Kombination angewandt werden müssen: Durchsetzung der Rechtsvorschriften, Selbstregulierung, Werkzeuge zur Ausübung der elterlichen Kontrolle, Sensibilisierung und Erziehung und viele andere.

In beiden Bereichen wird die Primärhaftung der Inhalteanbieter immer noch weitgehend durch nationales Recht geregelt. Immerhin gibt es einige europaweit geltende Normen, die bestimmte Rechtsprobleme in Form verschiedener Empfehlungen und Richtlinien klarstellen.

Für das vorgeschlagene Programm sind insbesondere folgende Dokumente von Belang:

Die Empfehlung über den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde in audiovisuellen Diensten und Informationsdiensten7 (1998) enthält Vorgaben und Leitlinien für den Jugendschutz. Darauf folgte 2006 die Empfehlung über den Schutz Minderjähriger und den Schutz der Menschenwürde und über das Recht auf Gegendarstellung8, die den jüngsten technischen Entwicklungen und der veränderten Medienlandschaft Rechnung trägt.

Die im Dezember 2007 verabschiedete Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste dient der Modernisierung der Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen". Ihr Geltungsbereich geht über das Fernsehen hinaus und umfasst alle "audiovisuellen Mediendienste". Sie enthält auch Jugendschutzvorschriften.

Im Übereinkommen des Europarats über Computerkriminalität9 (2001) werden "Straftaten mit Bezug zu Kinderpornographie" erwähnt. Das Übereinkommen soll die internationale Zusammenarbeit bei der Entdeckung, Untersuchung und Verfolgung der Computerkriminalität sowohl im Inland als auch international erleichtern und dient der Schaffung einer gemeinsamen Grundlage für das materielle Recht, das Verfahrensrecht und die rechtliche Zuständigkeit. Ihm folgte das Übereinkommen des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Juli 2007), in dem die Formen des sexuellen Missbrauchs von Kindern als Straftatbestände definiert werden: sexueller Missbrauch, Kinderprostitution, Material über Kindesmissbrauch, Anfreundung mit Kindern zu sexuellen Zwecken ("Grooming") und "Sextourismus"10.

Der EU-Rahmenbeschluss zur Kinderpornografie11 (2004) enthält Mindestanforderungen für die Mitgliedstaaten in Bezug auf die Festlegung von Straftatbeständen und entsprechenden Sanktionen im Zusammenhang mit Herstellung, Vertrieb, Verbreitung, Weitergabe, Zugänglichmachung sowie Erwerb und Besitz von Material über Kindesmissbrauch.

Die Mitteilung der Kommission über eine allgemeine Politik zur Bekämpfung der Internetkriminalität12 (2007) dient der Verstärkung der operativen Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden auf dem Gebiet des Online-Materials über sexuellen Kindesmissbrauch und somit der Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit.

In der Mitteilung der Kommission im Hinblick auf eine EU-Kinderrechtsstrategie13 (2006) wird in zusammenhängender Weise und im Einklang mit den bereits bestehenden Aktionsplänen und Programmen der Gemeinschaft auf interne und externe Maßnahmen und Strategien zugunsten der Rechte der Kinder eingegangen. Die "Leitlinien der EU für die Förderung und den Schutz der Rechte des Kindes"14 (2007) bilden einen Rahmen für den Schutz der Rechte und der Unversehrtheit der Kinder in Drittländern.

2.2. Verbindungen mit anderen Gemeinschaftsinitiativen

Das vorgeschlagene Programm berücksichtigt bei seiner Durchführung die im Zuge anderer Programme und Initiativen getroffenen Maßnahmen, baut darauf auf und ergänzt sie, um Doppelarbeit zu vermeiden und eine möglichst große Wirkung zu erzielen. Dazu gehören:

2.3. Künftige Entwicklungen

Die Entwicklungen der letzten Jahre waren kaum vorherzusehen, und ebenso schwer ist es, die künftigen Entwicklungen vorauszusagen. Dennoch zeichnen sich einige Haupttrends ab:

2.3.1. Weiterentwicklung des technologischen Umfelds

Technologien, Kommunikationsnetze, Medien, Inhalte, Dienste und Geräte werden immer mehr in digitaler Konvergenz zusammenwachsen. Schon heute können Geräte und Plattformen "miteinander reden", Inhalte können in neuen, vielfältigen Formaten zunehmend unabhängig von Zeit und Ort zur Verfügung gestellt und an die individuellen Bedürfnisse und Anforderungen der Bürger angepasst werden. Dank besserer Netze, schnellerer Breitbandanschlüsse und neuer Komprimierungstechnik sind bereits neue und schnellere Verbreitungskanäle entstanden, die ihrerseits neue Inhaltsformate und Dienste sowie neue Formen der Kommunikation ermöglichen.

So gehen die neu entstehenden Technologien mit der ständigen Steigerung der Verarbeitungsleistung und Speicherkapazität der Computer einher. Breitbandnetze erlauben die Verbreitung reichhaltiger Inhalte wie Videoübertragungen, die eine große Bandbreite erfordern. Mobiltelefone der dritten Generation ("3G") ermöglichen - wie auch einige Spielkonsolen - die Verbreitung von Videomaterial und den Zugang zum Internet.

Kinder sind oft die ersten, die neue Technologien annehmen und nutzen. Aus den Änderungen im Online-Umfeld ergeben sich auch neue Arten der Technologienutzung, wodurch sich auch die Risiken für Kinder und Jugendliche verändern. Das Problem besteht darin, diese Änderungen rechtzeitig zu begreifen und Gegenstrategien zu entwickeln, sobald sich neue Risiken abzeichnen.

Gleichzeitig ist eine Konvergenz der Online- und Offline-Risiken zu beobachten. Obwohl sich die meisten Kinder und Jugendlichen der möglichen Risiken und Vorsichtsmaßnahmen durchaus bewusst sind, kann aber nicht zwangsläufig davon ausgegangen werden, dass sie auch die notwendigen Vorkehrungen treffen oder sich bei der Kommunikation im Online-Umfeld auf möglichst sichere Weise verhalten. So ist es für eine mögliche Schädigung von Kindern, die sich mit Computerspielen beschäftigen (z.B. mit gewalttätigen oder sexuell geprägten Spielen), unerheblich, ob solche Spiele online im Internet oder auf einer Spielkonsole zuhause gespielt werden.

2.3.2. Zunahme der Menge illegalen Materials und der Schwere der Rechtsverletzungen

Nicht nur die Menge des online zugänglichen illegalen Materials nimmt zu, sondern auch die Schwere der damit verbundenen Rechtsverletzungen. Im Vereinigten Königreich ist im Zeitraum 1997-2005 die Anzahl der Websites, die Material über Kindesmissbrauch enthalten, um 1500 Prozent15 gestiegen. Gleichzeitig hat sich die Menge des Materials, das die schwersten Missbrauchsarten darstellt, vervierfacht16. Für kommerzielle Zwecke bestimmtes Material wird immer mehr durch privat hergestelltes Material ersetzt. Überdies werden die für die Herstellung dieses Materials missbrauchten Kindern immer jünger, während gleichzeitig auch die Zahl der Kinder, die erstmals darin zu sehen sind, zunimmt.

Für die dafür missbrauchten und darin dargestellten Kinder sind die Folgen schwerwiegend.

In der Interpol-Bilddatenbank für Kindesmissbrauch sind 550 000 Bilder von 20 000 einzelnen Kindern enthalten. Lediglich 500 dieser Kinder konnten seit der Einrichtung der Datenbank im Jahr 0117 identifiziert und gerettet werden.

2.3.3. Verbleibende "Generationskluft"

Kinder und Jugendliche stehen bei der Übernahme neuer technischer Entwicklungen und Möglichkeiten an vorderster Front. Oft sind sie Experten, die sich viel besser auskennen als ihre Eltern und Lehrer. Deshalb werden sie diese auch kaum um Rat fragen oder um Hilfe bitten außer in ganz besonders schweren Fällen18. Zwischen der Nutzung der Online-Technologien durch Kinder und Jugendliche und deren Risikowahrnehmung einerseits und dem Verständnis dieser Nutzung seitens der Erwachsenen andererseits wird daher die Generationskluft immer größer. Dies ist eine große Herausforderung für Gesetzgeber, Behörden und Wirtschaft bei der Schaffung eines sicheren Online-Umfelds für Kinder und bei der Sensibilisierung, aber auch in Bezug auf die Schaffung der nötigen Fähigkeiten und Kompetenzen, damit Kinder und Jugendliche die neuen Technologien auf sichere Art nutzen und Eltern, Lehrer und Betreuer aufgrund eigener Erfahrungen hinreichende Hilfestellung geben können.

2.4. Fazit

Es ist weiterhin notwendig, Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Online-Inhalte zu ergreifen ein sichereres Online-Umfeld zu fördern und dafür zu sorgen, dass sich die Öffentlichkeit der bestehenden Risiken und der im Online-Umfeld zu treffenden Vorkehrungen bewusst wird - all diese Bemühungen sind bereits Teil des bestehenden Programms "Mehr Sicherheit im Internet". Darüber hinaus ist es notwendig, den Anwendungsbereich des Programms zu erweitern, um

3. Ein neues Programm

3.1. Ziele und Ansatz

Ziel des Programms ist die Förderung der sichereren Nutzung des Internet und anderer Kommunikationstechnologien, insbesondere durch Kinder, und die Bekämpfung illegaler Inhalte und schädlichen Verhaltens im Online-Umfeld.

Im Vergleich zum Programm "Mehr Sicherheit im Internet" enthält das neue Programm keine Maßnahme mehr gegen unerbetene kommerzielle Kommunikation ("Spam"), ein Problem, dass unabhängig vom Alter alle Nutzer betrifft und von der Kommission mit anderen Maßnahmen angegangen wird.

Um dieses Ziel zu erreichen, wird sich das Programm auf die praktische Hilfe für Endnutzer konzentrieren insbesondere für Kinder, Eltern, Betreuer und Erzieher.

Angestrebt wird mit dem Programm die Beteiligung und Zusammenführung der unterschiedlichen Akteure, deren Zusammenarbeit entscheidend ist, die aber ohne geeignete Strukturen nicht zwangsläufig immer zueinander finden.

Zu diesen Akteuren zählen Inhalteanbieter, Internet-Diensteanbieter, Mobilfunknetzbetreiber, Regulierungsbehörden, Normungsgremien, Selbstregulierungsgremien der Wirtschaft, nationale regionale und lokale Behörden, die für die Branche, für Unterricht und Ausbildung, Verbraucherschutz, Familien, Strafverfolgung, Kinderrechte und Kinderfürsorge zuständig sind sowie nichtstaatliche Organisationen, die sich für den Verbraucherschutz, die Familien, Kinderrechte und Kinderfürsorge einsetzen.

Dieser Beschluss steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, wie sie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere in den Artikeln 7, 8 und 24, niedergelegt sind. Er dient insbesondere der Wahrung der körperlichen und geistigen Unversehrtheit von Kindern und Jugendlichen im Einklang mit Artikel 3 der Charta.

3.2. Aktionen

Das Programm umfasst vier Aktionen: Verringerung illegaler Inhalte und Bekämpfung schädlichen Verhaltens im Online-Umfeld; Förderung eines sichereren Online-Umfelds;

Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Aufbau einer Wissensbasis.

3.2.1. Aktion 1: Verringerung illegaler Inhalte und Bekämpfung schädlichen Verhaltens im Online-Umfeld

Diese Aktion war bereits die erste Aktion des Programms "Mehr Sicherheit im Internet". Ihr Anwendungsbereich ist nun auf "Grooming" und "Cyber-Bullying" ausgedehnt worden.

Ziel der Aktivitäten sind die Verringerung der Menge an illegalen Inhalten, die online verbreitet werden, und ein angemessener Umgang mit schädlichem Online-Verhalten, mit dem Schwerpunkt auf der Online-Verbreitung von Material über Kindesmissbrauch, dem Anfreunden mit Kindern zu sexuellen Zwecken (Grooming) und dem Schikanieren von Kindern (Bullying). Es wird vorgeschlagen, Anlaufstellen zu finanzieren, um das Melden illegaler Online-Inhalte und schädlichen Online-Verhaltens zu erleichtern. Diese Anlaufstellen sollten auf nationaler Ebene eng mit anderen Maßnahmen wie Selbstregulierung oder Aufklärung verzahnt werden und auf europäischer Ebene zusammenarbeiten, um grenzübergreifende Probleme zu lösen und empfehlenswerte Verfahren auszutauschen.

Weitere Tätigkeiten werden darauf abzielen, die Entwicklung und Anwendung technischer Lösungen für den Umgang mit illegalen Inhalten und schädlichem Verhalten im Online-Umfeld anzuregen und die Zusammenarbeit wie auch den Austausch empfehlenswerter Verfahren unter einer breiten Palette von Akteuren auf europäischer und internationaler Ebene zu fördern.

Für den Umgang mit schädlichem Online-Verhalten wie Schikanieren von Kindern (Bullying) und Anfreunden zu sexuellen Zwecken (Grooming) können andere Verfahren und ein anderes Knowhow erforderlich sein. Das Programm soll sich mit psychologischen, soziologischen und technischen Fragestellungen im Zusammenhang mit diesen Problemen befassen und die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren fördern. Diesbezügliche Maßnahmen können auch in andere Aktionen integriert werden.

3.2.2. Aktion 2: Förderung eines sichereren Online-Umfelds

In dieser Aktion wurden zwei Aktionen des Programms "Mehr Sicherheit im Internet" zusammengefasst: eine um den Eltern passende Instrumente an die Hand zu geben (Befähigung der Nutzer), und eine andere, um die Selbstregulierung zu fördern.

Die Tätigkeiten sollen alle Beteiligten zusammenführen, um Wege zur Förderung eines sicheren Online-Umfelds zu finden und Kinder vor für sie möglicherweise schädlichen Inhalten und Verhaltensweisen zu schützen. Dazu gehören Anreize für die Akteure, selbst Verantwortung zu übernehmen, die Zusammenarbeit und der Austausch von Erfahrungen und empfehlenswerten Verfahren zwischen den Beteiligten auf europäischer und internationaler Ebene, die Ermunterung zur Entwicklung und Einführung von Systemen der Selbstregulierung sowie Maßnahmen, um den Nutzern Instrumente und Anwendungen zur Verfügung zu stellen, die ihnen beim Umgang mit schädlichen Inhalten helfen.

Neu ist dabei, dass ein besonderer Schwerpunkt auf der Förderung der Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen liegt, um so ein besseres Verständnis für ihre Ansichten und ihre Erfahrungen mit der Nutzung der Online-Technologien zu erreichen und ihre Beiträge nutzbringend in die Ausarbeitung von Sensibilisierungsmaßnahmen, Werkzeugen, Materialien und Strategien einfließen zu lassen.

3.2.3. Aktion 3: Sensibilisierung der Öffentlichkeit

Ziel der Tätigkeiten ist die Schärfung des Bewusstseins der Öffentlichkeit und insbesondere der Kinder, Eltern, Betreuer und Erzieher für die Chancen und Risiken, die sich aus der Nutzung der Online-Technologien ergeben, wie auch für die Mittel und Wege eines sicheren Verhaltens im Online-Umfeld.

Die Maßnahmen dienen der Sensibilisierung der Öffentlichkeit durch eine europaweit koordinierte Bereitstellung geeigneter Informationen über die Möglichkeiten und Risiken wie auch den Umgang mit ihnen, aber auch durch die Bereitstellung von Anlaufstellen, bei denen Eltern und Kinder Antworten auf ihre Fragen bezüglich eines sicheren Online-Umgangs erhalten. Gefördert wird auch der Aufbau kostengünstiger Mittel zur Verteilung der Aufklärungs- und Informationsinhalte an eine große Anzahl von Nutzern.

Diese Aktion war bereits ein wichtiger Bestandteil des Programms "Mehr Sicherheit im Internet". Ausgehend von den gezogenen Lehren werden weitere Anstrengungen unternommen werden, um mit Hilfe der Schulen die wirksame Verbreitung der Aufklärungsbotschaften unter den Kindern zu fördern.

Besondere Beachtung genießt dabei die Entwicklung oder Ermittlung effektiver Sensibilisierungsinstrumente, -methoden und -werkzeuge, die kostengünstig auf das gesamte Netz übertragen werden können. Ferner dienen die Maßnahmen dem Austausch empfehlenswerter Verfahren und der grenzübergreifenden Zusammenarbeit auf europäischer Ebene.

3.2.4. Aktion 4: Aufbau einer Wissensbasis

Diese Aktion ist neu, obwohl einige Tätigkeiten des Programms "Mehr Sicherheit im Internet" (Eurobarometer-Umfrage, thematisches Netz "EU Kids Online") bereits zum Aufbau der Wissensbasis beigetragen haben.

Veränderungen im Online-Umfeld und neue Trends bei der Nutzung der Technologien gehen sehr schnell vonstatten. Um sowohl derzeitige wie auch neu entstehende Nutzungsarten, Risiken und Folgen zu erfassen, ist es notwendig, eine Wissensbasis aufzubauen, die in diesem Zusammenhang sowohl quantitative wie auch qualitative Aspekte erfasst. Das gewonnene Wissen wird in die Programmdurchführung sowie die Konzeption geeigneter Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit aller Nutzer einfließen.

Die Maßnahmen dienen der Koordinierung der Untersuchungen auf den betreffenden Gebieten innerhalb und außerhalb der EU und dem Aufbau von Wissen über die (sich verändernde) Art und Weise, wie Kinder Online-Technologien nutzen, über die damit verbundenen Risiken und über mögliche schädliche Auswirkungen, die sich aus der Nutzung der Online-Technologien auf Kinder ergeben können, einschließlich technischer, psychologischer und soziologischer Probleme. Die im Rahmen dieser Aktion durchzuführenden Studien können sich auch mit Methoden und Werkzeugen zur Sensibilisierung, mit der Bewertung von Ko- und Selbstregulierungssystemen, mit unterschiedlichen technischen und nicht technischen Lösungen wie auch mit anderen neu aufkommenden Gebieten befassen.

Die genannten Aktionen umfassen keine Forschungstätigkeiten, die innerhalb des Siebten Rahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung (2007-2013) durchgeführt werden können. Das Rahmenprogramm enthält einen Bereich über von Jugendlichen ausgehende Veränderungen der Lebensweise und Verbrauchergewohnheiten, der auch Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Sicherheit der Kinder im Internet erlauben würde19.

3.2.5. Internationale Zusammenarbeit

Die internationale Zusammenarbeit wird als Bestandteil jeder Einzelmaßnahme entsprechend den noch festzulegenden Prioritäten gefördert.

4. Rechtsgrundlage

Die Rechtsgrundlage dieses Programms ist Artikel 153 EG-Vertrag zum Verbraucherschutz.

Auf diese Rechtsgrundlage hatten sich das Europäische Parlament und der Rat schon für den ursprünglichen Aktionsplan zur Förderung der sicheren Nutzung des Internet im Jahr 9920, für die Verlängerung des Aktionsplans um zwei Jahre im Jahr 0321 und für das Programm "Mehr Sicherheit im Internet"22 verständigt.

Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein mehrjähriges Gemeinschaftsprogramm zum Schutz der Kinder bei der Nutzung des Internet und anderer Kommunikationstechnologien (Text von Bedeutung für den EWR)

Das Europäische Parlament und der Rat der europäischen Union - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 153, auf Vorschlag der Kommission23, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses24, nach Anhörung des Ausschusses der Regionen, gemäß dem Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag25, in Erwägung nachstehender Gründe:

Artikel 1
Ziel des Programms

Artikel 2
Beteiligung

Artikel 3
Zuständigkeiten der Kommission

Artikel 4
Ausschuss

Artikel 5
Überwachung und Bewertung

Artikel 6
Finanzbestimmungen

Artikel 7

Dieser Beschluss tritt am Tage seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.


Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident

Anhang I
Aktionen

Einleitung

Ziel des Programms ist die Förderung der sichereren Nutzung des Internet und anderer Kommunikationstechnologien, insbesondere durch Kinder, und die Bekämpfung illegaler Inhalte und schädlichen Verhaltens im Online-Umfeld.

Um dieses Ziel zu erreichen, wird sich das Programm auf die praktische Hilfe für Endnutzer, insbesondere für Kinder, Eltern, Betreuer und Erzieher, konzentrieren sowie die Bildung vielseitiger Partnerschaften unter den Akteuren anregen.

Das Gesamtziel des Programms besteht darin, die sicherere Nutzung des Internet und anderer Kommunikationstechnologien ("Online-Technologien"), insbesondere durch Kinder zu fördern die Schaffung eines sicheren Online-Umfelds voranzutreiben, die Menge an illegalen Inhalten, die online verbreitet werden, zu verringern, potenziell schädliches Verhalten im Online-Umfeld zu bekämpfen und dafür so sorgen, dass die im Online-Umfeld bestehenden Risiken und zu treffenden Vorkehrungen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden.

Um in Fällen, in denen Inhalte und Dienste sowohl online als auch offline zugänglich und nutzbar sind, beispielsweise bei Videospielen, ein kohärentes Herangehen an die Risiken zu gewährleisten kann sich das Programm mit beiden Zugangs- und Nutzungsarten befassen.

Die Programmdurchführung erfolgt in vier allgemeinen Aktionsbereichen:

Anhang II
Vorläufige Aufschlüsselung der Ausgaben

1. Verringerung illegaler Inhalte und Bekämpfung schädlichen Verhaltens im Online-Umfeld 30-35 %
2. Förderung eines sichereren Online-Umfelds 5-10 %
3. Sensibilisierung der Öffentlichkeit 45-50 %
4. Aufbau einer Wissensbasis 8-15 %

Anhang III
Durchführungsmodalitäten

Finanzbogen

Der Finanzbogen befindet sich im PDF-Dokument.