Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hinsichtlich der Rechnungsstellungsvorschriften KOM (2009) 21 endg.; Ratsdok. 5985/09

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 13. Februar 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das

Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 11. Februar 2009 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 30. Januar 2009 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Das Europäische Parlament und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss werden an den Beratungen beteiligt.


Hinweis: vgl.
Drucksache 817/00 = AE-Nr. 003571 und AE-Nr. 041394

Begründung

Kontext des Vorschlags

Gründe und Ziele des Vorschlags

Mit der Richtlinie 2001/115/EG ("Rechnungsstellungsrichtline") wurden EU-weit gemeinsame Vorschriften für Rechnungen mit ausgewiesener Mehrwertsteuer eingeführt die für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes als notwendig angesehen wurden. Die angestrebte Vereinfachung, Modernisierung und Harmonisierung dieser Vorschriften wurde jedoch nicht in vollem Umfang erreicht, denn die vielen Optionen, aus denen die Mitgliedstaaten derzeit wählen können, haben dazu geführt, dass die Rechnungsstellungsvorschriften heute alles andere als harmonisiert sind. Dies kann eindeutig mit den unterschiedlichen Regeln für die elektronische Rechnungsstellung in Zusammenhang gebracht werden und wird generell als eines der Haupthindernisse für die verstärkte Verwendung elektronischer Rechnungen betrachtet.

Die Rechnungsstellungsrichtlinie, die inzwischen in die Richtlinie 2006/112/EG des Rates (nachstehend "MwSt-Richtlinie" genannt) integriert wurde, sah vor, dass die Kommission dem Rat spätestens am 31. Dezember 2008 einen Bericht über die technologischen Entwicklungen im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung vorlegt gegebenenfalls zusammen mit einem Änderungsvorschlag. Da die mit der Rechnungsstellungsrichtlinie verfolgten Ziele nicht in vollem Umfang erreicht wurden, wurde der dem Rat zusammen mit dem Bericht vorgelegte Vorschlag so erweitert, dass die Schwächen der bisherigen Rechnungsstellungsvorschriften behoben werden.

Allgemeiner Kontext

Unnötiger Verwaltungsaufwand wirkt wachstumsdämpfend und innovationshemmend.

Mit den in der MwSt-Richtlinie enthaltenen Vorschriften zur Rechnungsstellung werden praktisch allen Unternehmen in Europa Informationspflichten auferlegt. Eine Vereinfachung dieser Vorschriften könnte infolgedessen den Verwaltungsaufwand der Unternehmen erheblich verringern.

Zudem steht die Erfüllung der MwSt-Pflichten der Verwendung der elektronischen Rechnungsstellung im Wege, so dass den Unternehmen möglicherweise erhebliche Kosteneinsparungen entgehen. Wenn die Unternehmen zu mehr Effizienz ermutigt werden sollen, müssen Hindernisse für den Einsatz neuer Technologien beseitigt werden.

Ein wichtiger Aspekt neben der Vereinfachung, Harmonisierung und Modernisierung der Vorschriften ist die Bekämpfung des MwSt-Betrugs. In diesem Bereich wurde viel getan und etwaige Änderungen der Rechnungsstellungsvorschriften dürfen die Ergebnisse dieser Arbeit nicht aufs Spiel setzen, sondern sollten vielmehr darauf abzielen sie zu ergänzen.

Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet

MwSt-Richtlinie 2006/112/EG

Vereinbarkeit mit den anderen Politikbereichen und Zielen der Union

Das übergeordnete Ziel dieses Vorschlags zur Rechnungsstellung ist die Einführung moderner harmonisierter Regeln, die einerseits die Rechnungsstellungspflichten der Unternehmen vereinfachen und andererseits den Steuerverwaltungen eine wirksame Kontrolle ermöglichen. Damit dient dieser Vorschlag vier wesentlichen Aspekten des Kommissionsprogramms.

Verringerung des Verwaltungsaufwands der Unternehmen Im Januar 2007 legte die Kommission ein ehrgeiziges Aktionsprogramm vor, demzufolge bis 2012 eine 25 %ige Verringerung des Verwaltungsaufwands der Unternehmen in der EU erreicht werden soll. Das Aktionsprogramm wurde vom Europäischen Rat auf seiner Frühjahrstagung im März 2007 gebilligt. Die MwSt-Richtlinie ist einer der 42 von diesem Programm betroffenen Rechtsakte. Mit dieser Richtlinie werden den Unternehmen insbesondere im Bereich der Rechnungsstellung Informationspflichten auferlegt.

Ziel dieses Vorschlags ist die Reduzierung des aus den Rechnungsstellungsvorschriften resultierenden Verwaltungsaufwands. Erreicht werden soll vor allem, dass die Steuerbehörden elektronische Rechnungen unter denselben Bedingungen akzeptieren wie Papierrechnungen. Ein weiteres Ziel ist die Harmonisierung der Vorschriften durch Verringerung der Optionsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten. Die Unternehmen betrachten einheitliche Rechnungsstellungsvorschriften als Grundvoraussetzung für eine Verringerung ihres Verwaltungsaufwands.

Die Hochrangige Gruppe unabhängiger Interessenträger im Bereich Verwaltungslasten erklärte in ihrer Stellungnahme vom 22. Oktober 2008, dass der Verwaltungsaufwand im Bereich der Rechnungsstellung erheblich reduziert werden könnte; sie plädierte dafür dass die Steuerverwaltungen elektronische Rechnungen und Papierrechnungen grundsätzlich gleichbehandeln.

Förderung von KMU

Am 25. Juni 2008 erließ die Kommission den "Small Business Act (SBA)". Er enthält eine Liste von Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten und die Kommission zur Förderung von KMU ergreifen sollen.

Dieser Vorschlag ergänzt den SBA, indem er den Anwendungsbereich vereinfachter Rechnungen, einschließlich der für KMU besonders wichtigen Rechnungen über kleinere Beträge, ausweitet und vorsieht, dass die Mitgliedstaaten den KMU gestatten können die Mehrwertsteuer auf Kassenbasis im Rahmen einer Einnahmen- /Ausgabenrechnung (cash accounting) abzurechnen.

Förderung der elektronischen Rechnungsstellung Die Lissaboner Agenda für Wachstum und Arbeitsplätze ist eine der Hauptprioritäten der Kommission. Wird die elektronischen Rechnungsstellung durch Beseitigung der rechtlichen Hindernisse für die Übermittlung und Aufbewahrung elektronischer Rechnungen gefördert, kann dies den Unternehmen helfen, Kosten zu senken und ihre Effizienz zu steigern, und auf diese Weise zur Verwirklichung der Ziele der Agenda von Lissabon beitragen.

Eine durch Kommissionsbeschluss eingesetzte Sachverständigengruppe für die elektronische Rechnungsstellung stellte fest, dass die MwSt-Richtlinie einer der Rechtsakte ist (allerdings bei weitem nicht der einzige), die sich unmittelbar auf die Akzeptanz der elektronischen Rechnungsstellung auswirken.

Zudem könnte der einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum, der Anfang 2008 geschaffen wurde, um die elektronischen Zahlungsvorgänge europaweit zu harmonisieren die angestrebte Förderung der elektronischen Rechnungsstellung angesichts der inhärenten Verknüpfung von Rechnung und Zahlung begünstigen und umgekehrt.

Um die elektronische Rechnungsstellung zu fördern, sollten die in der MwSt-Richtlinie enthaltenen Hindernisse für diese Art der Rechnungsstellung beseitigt werden; zu diesem Zweck wird vorgeschlagen, die Unterscheidung zwischen elektronisch übermittelten Rechnungen einerseits und Papierrechnungen andererseits aufzuheben, um auf diese Weise in Bezug auf die Übermittlungsmethode Neutralität zu gewährleisten.

Beitrag zur Betrugsbekämpfung

Die Kommission veröffentlichte am 31. Mai 2006 eine Mitteilung hinsichtlich der Notwendigkeit der Entwicklung einer koordinierten Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetruges (KOM (2006) 254). Für bestimmte in der Mitteilung genannte Formen des MwSt-Betrugs wie den unzulässigen Vorsteuerabzug und den Karussellbetrug ist die Rechnung der Ausgangspunkt.

Obwohl die Rechnung zu Betrugszwecken verwendet werden kann, ist sie doch in vielen Fällen das Dokument, auf das sich die Steuerverwaltungen in erster Linie stützen wenn sie prüfen, ob die Steuer abgeführt wurde. Deshalb erklärte Kommissar Kovacs in seinem mündlichen Bericht auf der Tagung des Rates für Wirtschaft und Finanzen, dass bei einer Aktualisierung der Rechnungsstellungsvorschriften auch darauf geachtet werden müsse, den Steuerverwaltungen eine bessere Kontrolle der Steuerpflichtigen zu ermöglichen.

Dieser Vorschlag enthält Maßnahmen, die den Steuerverwaltungen die Betrugsbekämpfung erleichtern sollen. So werden die Bestimmungen über die Bedeutung der Rechnung für den Vorsteuerabzug verschärft, und es wird ein schnellerer Austausch von Informationen über innergemeinschaftliche Lieferungen ermöglicht. Letzteres ergänzt den Vorschlag der Kommission, die Fristen für den Informationsaustausch zwischen Mitgliedstaaten über zusammenfassende Meldungen zu verkürzen.

Anhörung von interessierten Kreisen und Folgenabschätzung

Anhörung von interessierten Kreisen Vereinbarkeit mit den anderen Politikbereichen und Zielen der Union

Anhörungsmethoden, angesprochene Sektoren und allgemeines Profil der Befragten

Öffentliche Konsultation.

Zusammenfassung der Antworten und Art ihrer Berücksichtigung

Eine Reihe von Empfehlungen aus der Studie über die Rechnungsstellung und die von der Sachverständigengruppe für die elektronische Rechnungsstellung aufgestellten allgemeinen Grundsätze wurden in einer öffentlichen Konsultation zur Diskussion gestellt. Die Unternehmen und Unternehmensverbände äußerten sich generell sehr positiv zu den Vom 24. Juli bis 19. September 2008 erfolgte eine offene Konsultation im Internet. Bei der Kommission gingen 64 Antworten ein. Die Ergebnisse können über folgende Website eingesehen werden: http://ec.europa.eu/taxation_customs/common/consultations/tax/index_de.htm .

Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Relevante wissenschaftliche/fachliche Bereiche

Am 25. Juli 2007 veröffentlichte die Kommission eine Ausschreibung für eine Studie über die Rechnungsstellung. Frist für die Angebotsabgabe war der 7. September 2007.

Der Vertrag mit dem erfolgreichen Bieter wurde am 17. Dezember 2007 unterzeichnet.

Methodik

Die Studie diente einem dreifachen Zweck, und zwar erstens, der Zusammenstellung der Vorschriften, die die 27 Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Rechnungsstellungsrichtlinie erlassen haben, und der Sammlung von Daten über die Verwendung der elektronischen Rechnungsstellung in der EU; zweitens, der Analyse der Schwierigkeiten der Unternehmen bei Erfüllung ihrer verschiedenen Rechnungsstellungspflichten, insbesondere in Bezug auf die elektronische Rechnungsstellung, und der Bewertung der Bedeutung der Rechnungsstellungspflichten als Kontrollmaßnahme der nationalen Steuerverwaltungen; drittens, der Formulierung von Empfehlungen für die Änderung der Rechtsvorschriften in den Bereichen, in denen die Mitgliedstaaten einen stärker harmonisierten Ansatz verfolgen oder die Vorschriften modernisiert werden könnten.

Konsultierte Organisationen/Sachverständige
Steuerberater und MwSt-Experten aus den Mitgliedstaaten.
Zusammenfassung der Stellungnahmen und ihre Berücksichtigung

Es gab keine Hinweise auf potenziell ernste Risiken mit irreversiblen Folgen.

Das Expertenwissen wurde in Form einer Studie über die Rechnungsstellung zur Verfügung gestellt, die als Grundlage für die öffentliche Anhörung verwendet wurde.

Die Mitgliedstaaten wurden in einer Sitzung der Arbeitsgruppe 1 am 25. September 2008 konsultiert. Die MwSt-Experten der Mitgliedstaaten nahmen zu Maßnahmen Stellung, die in diesen Vorschlag aufgenommen werden sollten.

Form der Veröffentlichung der Stellungnahmen

Die Studie über die Rechnungsstellung wurde auf der Website der Kommission veröffentlicht ein Teil der darin enthaltenen Empfehlungen war Gegenstand der öffentlichen Anhörung.

Die Studie über die Rechnungsstellung kann über folgende Website eingesehen werden: http://ec.europa.eu/taxation_customs/common/publications/studies/index_en.htm .

Folgenabschätzung

Artikel 237 der MwSt-Richtlinie sieht vor, dass die Kommission spätestens am 31. Dezember 2008 einen Bericht, gegebenenfalls zusammen mit einem Vorschlag zur Änderung der Bedingungen der elektronischen Ausstellung von Rechnungen, vorlegt, damit etwaige künftige technologische Entwicklungen in diesem Bereich berücksichtigt werden können. Obwohl die technologischen Entwicklungen für sich genommen keinen Änderungsvorschlag der Kommission erforderlich machen, ist doch eine Änderung der Richtlinie das geeignetste Mittel, um die Hindernisse für die elektronische Rechnungsstellung zu beseitigen, da diese Hindernisse in der MwSt-Richtlinie selbst enthalten sind.

Auch andere politische Ziele wie die Reduzierung des Verwaltungsaufwands der Unternehmen und die KMU-Förderung können nur durch eine Änderung der einschlägigen Vorschriften in der MwSt-Richtlinie erreicht werden.

Auch wenn wegen der in der MwSt-Richtlinie gesetzten Frist keine vollständige Folgenabschätzung durchgeführt werden konnte, sind doch viele Elemente einer solchen in dem Vorschlag und der dazugehörigen Mitteilung enthalten.

Die Bestandsmessung im Rahmen des Aktionsprogramms zur Verringerung der Verwaltungslasten in der EU (http://ec.europa.eu/enterprise/admin-burdensreduction/action_program_de.htm ) anhand des EU-Standardkostenmodells ergab, dass durch eine Beseitigung der MwStbedingten Hindernisse für die elektronische Rechnungsstellung auf mittlere Sicht Kosten von maximal 18 Mrd. EUR eingespart werden könnten, wenn alle Rechnungen elektronisch übermittelt würden. Bei vorsichtigerer Schätzung der Differenz der Kosten von Papierrechnungen und elektronischen Rechnungen unter Berücksichtigung der Anzahl der für MwSt-Zwecke auszustellenden Rechnungen und der Akzeptanz der elektronischen Rechnungsstellung in den Mitgliedstaaten, in denen die beiden Rechnungsarten bereits gleichbehandelt werden würde sich für die Unternehmen eine geringere, aber immer noch sehr beachtliche Kosteneinsparung ergeben.

Rechtliche Aspekte

Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahme

Bei der vorgeschlagenen Maßnahme handelt es sich um eine Änderung der MwSt-Richtlinie. Im Einzelnen werden folgende Änderungen vorschlagen:

Eintritt des Steueranspruchs bei innergemeinschaftlichen Lieferungen Dieser Vorschlag ergänzt den Vorschlag der Kommission (KOM (2008) 147) über die Verkürzung der Frist für die Abgabe der zusammenfassenden Meldungen, indem er die Vorschriften über den Eintritt des Steueranspruchs bei innergemeinschaftlichen Lieferungen vereinfacht. Ziel dieser Änderung ist die Festlegung eines einzigen Zeitpunkts für den Eintritt des Steueranspruchs, nämlich bei Vorliegen des Steuertatbestands der innergemeinschaftlichen Lieferung. Indem vorgeschrieben wird, dass die Rechnung bis zum 15. Tag des Monats auszustellen ist, der auf den Monat folgt in dem der Steuertatbestand eintritt, bleibt die Rechnung weiterhin der wichtigste Nachweis für die innergemeinschaftliche Lieferung.

Außerdem wird der Zeitpunkt des Eintritts des Steueranspruchs für innergemeinschaftliche Erwerbe so geändert, dass er dem für innergemeinschaftliche Lieferungen entspricht.

Recht auf Vorsteuerabzug

In Bezug auf das Recht auf Vorsteuerabzug wurden zwei Maßnahmen vorgeschlagen.

Besitz einer Rechnung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug Der Vorschlag sieht insofern die Gleichbehandlung von

Lieferer/Dienstleistungserbringer und Erwerber/Dienstleistungsempfänger vor, als Ersterer eine Rechnung ausstellen muss, um sein Recht auf Vorsteuerabzug auszuüben zu können, und Letzterer die Vorsteuer nur abziehen kann, wenn er in Besitz einer Rechnung ist. Die derzeitigen Vorschriften führen zu einer Ungleichbehandlung, da in bestimmten Fällen, z.B. bei Verlagerung der Steuerschuldnerschaft, der

Erwerber/Dienstleistungsempfänger nicht im Besitz einer gültigen Rechnung sein muss, um sein Recht auf Vorsteuerabzug auszuüben. Dem Vorschlag zufolge können die Mitgliedstaaten aber weiterhin auf der Grundlage anderer Nachweise ein Recht auf Vorsteuerabzug gewähren, wenn keine gültige Rechnung vorliegt.

Cashaccounting-Regelung

Manche Mitgliedstaaten dürfen in Bezug auf den Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs für Steuerpflichtige, die die Mehrwertsteuer im Rahmen einer fakultativen Einnahmen- /Ausgabenrechnung (cash accounting) abrechnen, welche kleinen Unternehmen die Entrichtung der Steuer erleichtert, eine Ausnahme anwenden. Dieser Ausnahme zufolge dürfen die betreffenden Steuerpflichtigen die Vorsteuer erst dann abziehen, wenn die Zahlung an ihre Lieferer/Dienstleistungserbringer erfolgt, sofern sie selbst die Steuer erst bei Zahlungseingang entrichten müssen.

Es wird vorgeschlagen diese fakultative Vereinfachungsmaßnahme auf alle Mitgliedstaaten auszuweiten. Diese Regelung sollte allen Kleinstunternehmen mit einem Jahresumsatz bis 2 Mio. EUR im Sinne der Empfehlung der Kommission betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (2003/361/EG) offenstehen.

Außerdem sollte in Fällen, in denen der Lieferer/Dienstleistungserbringer die Mehrwertsteuer erst bei Erhalt der Zahlung abrechnet, dem Erwerber/

Dienstleistungsempfänger ein sofortiges Recht auf Vorsteuerabzug eingeräumt werden.

Dies bietet den Mitgliedstaaten eine Rechtsgrundlage für die weitere Förderung von Unternehmen, die die cashaccounting-Regelung anwenden.

In diesem Zusammenhang steht auch die Änderung der Vorschriften über die obligatorischen Angaben auf einer vollständigen Rechnung mit ausgewiesener Mehrwertsteuer, damit der Lieferer/Dienstleistungserbringer auf der Rechnung den Zeitpunkt des Eintritts des Steueranspruchs angeben muss. Ohne diese Angabe kann der Erwerber/Dienstleistungsempfänger derzeit in bestimmten Fällen nicht erkennen, wann er sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben kann.

Ausstellung einer Rechnung
Anzuwendende Vorschriften

Gegenwärtig besteht eine gewisse Unsicherheit darüber, die Vorschriften welches Mitgliedstaats anzuwenden sind. Zwar besteht allgemein die Auffassung, dass die Rechnungsstellungsvorschriften des Mitgliedstaats gelten, in dem die Steuer geschuldet wird, dies ist aber nirgends ausdrücklich festgelegt.

Daraus entstehen den Unternehmen gewisse Schwierigkeiten. Ein Steuerpflichtiger, der Lieferungen oder Dienstleistungen durchführt, für die die Steuer in einem anderen Mitgliedstaat geschuldet wird, müsste die Rechnungsstellungsvorschriften des anderen Mitgliedstaats erfüllen, die aber von denen des Mitgliedstaats seiner Niederlassung abweichen können.

Der Vorschlag soll dieses Problem durch die Einführung harmonisierter Vorschriften für Rechnungen zwischen Unternehmen (B2B) lösen, so dass ein Steuerpflichtiger, der in dem Mitgliedstaat eine Rechnung ausstellt, in dem er für Zwecke der Mehrwertsteuer erfasst ist, sicher sein kann, dass diese Rechnung EU-weit gültig ist.

Dann könnten die Vorschriften auch im Mitgliedstaat des

Lieferers/Dienstleistungserbringers gelten, was dem Konzept der einzigen Anlaufstelle entspricht demzufolge Unternehmen ihre steuerlichen Pflichten von dem Mitgliedstaat aus erfüllen können, in dem sie ansässig sind.

Ziel des Vorschlags ist es insbesondere, die Rechnungsstellungsvorschriften in den Punkten zu harmonisieren, in denen sie derzeit divergieren, d. h. in Bezug auf die Behandlung steuerbefreiter Lieferungen/Dienstleistungen, die Fristen für die Ausstellung der Rechnungen, Sammelrechnungen, Gutschriften und die Ausstellung der Rechnung durch Dritte.

Für Geschäfte direkt mit Endverbrauchern (B2C) werden weiterhin die Vorschriften des Orts der Besteuerung maßgeblich bleiben, aber sie werden stärker harmonisiert und für die Unternehmen transparenter gestaltet. Indem die Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten Rechnungen für B2C-Geschäfte vorzuschreiben (was dann allerdings für ansässige und nicht ansässige Unternehmen gleichermaßen gelten muss), die Wahlmöglichkeit jedoch auf vereinfachte Rechnungen begrenzt wird, soll sowohl den Kontrollerfordernissen der Mitgliedstaaten als auch der erforderlichen Verringerung des Verwaltungsaufwands Rechnung getragen werden.

Die Transparenz für die Unternehmen lässt sich dadurch verbessern, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, auf einer Website ausführliche Informationen über die Rechnungsstellungsvorschriften für B2C-Geschäfte zu veröffentlichen. In der Tat wurde dies in dem Kommissionsvorschlag (KOM (2004) 728 endg. - Artikel 34f der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003)) bereits für die Regelung der einzigen Anlaufstelle vorgesehen so dass die angenommene "Mini-Regelung" Ähnliches erfordern wird.

Rechnungsangaben

Es muss grundsätzlich eine Rechnung für Mehrwertsteuerzwecke ausgestellt werden, um die dem Fiskus geschuldete Steuer abzurechnen und dem Erwerber/Dienstleistungsempfänger den Vorsteuerabzug zu ermöglichen. In Fällen, in denen ein Vorsteuerabzug möglich ist, ist die Rechnung eindeutig von größerer Bedeutung, als wenn nur vom Lieferer Mehrwertsteuer geschuldet wird.

Angesichts dieses Umstands zielt dieser Vorschlag darauf ab, ein dualistisches Rechnungsstellungssystem einzuführen. Darin soll es erstens die obligatorische Rechnung mit ausführlichen MwSt-Angaben geben, die eine Vielzahl von Angaben enthalten muss und für B2B-Geschäfte auszustellen ist, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht dass der Erwerber/Dienstleistungsempfänger die Vorsteuer abziehen wird oder der Lieferer/Dienstleistungserbringer ein Recht auf Vorsteuerabzug hat oder wenn es sich um eine grenzüberschreitende Lieferung/Dienstleistung handelt. Zweitens besteht die Möglichkeit - und in bestimmten Fällen die Pflicht -, eine vereinfachte Rechnung auszustellen.

Rechnung mit ausführlichen MwSt-Angaben

Die derzeit geltenden Anforderungen an eine Rechnung mit ausführlichen MwSt-Angaben nach Artikel 226 der MwSt-Richtlinie werden im Großen und Ganzen beibehalten. Der Vorschlag enthält drei wesentliche Änderungen.

Die erste betrifft die Pflicht des Lieferers/Dienstleistungserbringers, auf der Rechnung die MwSt-Identifikationsnummer des Erwerbers/Dienstleistungsempfängers anzugeben. Dies bietet der Steuerverwaltung eine größere Gewähr, dass es sich bei der MwSt-Identifikationsnummer auf der Rechnung um die Nummer handelt, unter der das Recht auf Vorsteuerabzug ausgeübt wird. Damit wird auch die Unterscheidung zwischen Inlandsrechnungen und Rechnungen für Geschäfte mit Kunden in einem anderen Mitgliedstaat hinfällig. Zudem wird dies dazu beitragen, dass jeder Erwerber/Dienstleistungsempfänger durch eine einzige Nummer identifiziert wird, wenn es - wie erhofft - dazu kommt, dass Rechnungen verstärkt auf elektronischem Wege übermittelt werden.

Die zweite Änderung besteht darin, dass künftig anstelle des Zeitpunkts der Lieferung/Dienstleistung der Zeitpunkt des Eintritts des Steueranspruchs anzugeben ist. Auf diese Weise weiß der Erwerber/Dienstleistungsempfänger, wann er sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben kann.

Die dritte Änderung betrifft Lieferungen/Dienstleistungen mit Verlagerung der Steuerschuldnerschaft. Danach kann künftig der Lieferer/Dienstleistungserbringer, der die Steuer nicht selbst abführen muss, in der Rechnung mit ausführlichen MwSt-Angaben darauf verzichten, den Steuersatz und den geschuldeten Steuerbetrag anzugeben wenn die Lieferung/Dienstleistung in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführt wird. In vielen Fällen, in denen der Erwerber/Dienstleistungsempfänger in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, weiß der Lieferer/Dienstleistungserbringer möglicherweise nicht, welcher MwSt-Satz anzuwenden ist.

Vereinfachte Rechnung mit ausgewiesener Mehrwertsteuer Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass die Steuerpflichtigen für B2C-Geschäfte eine Rechnung ausstellen. Da ein Vorsteuerabzug in diesen Fällen unwahrscheinlich ist können sie nur eine vereinfachte Rechnung verlangen.

Bei B2B-Geschäften kann ein Unternehmen für Gutschriften und steuerbefreite Inlandsgeschäfte, die dem leistenden Unternehmen kein Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen für eine vereinfachte Rechnung optieren. Auch wenn der Rechnungsbetrag 200 EUR nicht übersteigt, reicht eine vereinfachte Rechnung aus. Da der abzugsfähige Steuerbetrag gering ist, ist das Risiko für die Haushalte der Mitgliedstaaten ebenfalls gering. Die meisten Mitgliedstaaten haben jedenfalls den MwSt-Ausschuss bereits mit dem Anliegen befasst, für kleine Beträge nur vereinfachte Rechnungen vorzuschreiben.

Welche Angaben eine vereinfachte Rechnung enthalten muss, ist derzeit in Artikel 238 der MwSt-Richtlinie festgelegt. Darüber hinaus ist lediglich der Wert der gelieferten Gegenstände oder der erbrachten Dienstleistungen anzugeben.

Elektronische Rechnungsstellung

Im Rahmen ihrer verschiedenen Optionsmöglichkeiten haben die Mitgliedstaaten die Bestimmungen über die elektronische Rechnungsstellung unterschiedlich umgesetzt.

Dies hat zu uneinheitlichen Vorschriften für die elektronische Rechnungsstellung geführt deren Einhaltung den Unternehmen Schwierigkeiten bereitet, vor allem bei der Übermittlung grenzüberschreitender elektronischer Rechnungen.

Der Vorschlag soll alle rechtlichen Hürden für die elektronische Rechnungsstellung in der MwSt-Richtlinie beseitigen, indem er die Gleichbehandlung von Papierrechnungen und elektronischen Rechnungen ermöglicht. Deshalb wird die Anforderung, dass elektronische Rechnungen einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur bedürfen oder per EDI-Verfahren übermittelt werden müssen, gestrichen.

Wichtig ist gleichzeitig die Entwicklung einer guten Praxis, damit Normen, Unternehmenserfordernisse und rechtliche Anforderungen konvergieren und zu einem gemeinsamen Konzept führen. Hierzu kann die MwSt-Richtlinie lediglich dadurch einen Beitrag leisten, dass die derzeit noch bestehenden mehrwertsteuerrechtlichen Hindernisse beseitigt werden; die Arbeiten der Expertengruppe zur elektronischen Rechnungsstellung werden in diesem Zusammenhang nützlich sein.

Aufbewahrung von Rechnungen

Der Vorschlag sieht für die gesamte EU eine obligatorische Aufbewahrungsdauer von 6 Jahren vor. Dies ermöglicht eine einheitliche Regelung für den Austausch der Rechnungen zwischen den Mitgliedstaaten und entspricht im Großen und Ganzen der derzeit üblichen Aufbewahrungsdauer in den Mitgliedstaaten.

In dem vorliegenden Vorschlag wird nunmehr eindeutig festgelegt, die Vorschriften welches Mitgliedstaats gelten. Für den Lieferer/Dienstleistungserbringer gelten die Regeln des Mitgliedstaats, in dem er für die Zwecke der MwSt erfasst ist. Für den Erwerber bzw. Dienstleistungsempfänger gelten die Regeln des Mitgliedstaats, in dem er ansässig ist.

Eine weitere wichtige Änderung besteht darin, dass Unternehmen künftig Papierrechnungen in elektronischer Form aufbewahren dürfen.

Rechtsgrundlage

Artikel 93 EG-Vertrag Subsidiaritätsprinzip Der Vorschlag fällt unter die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft. Daher findet das Subsidiaritätsprinzip keine Anwendung.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag entspricht aus folgenden Gründen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

Die Richtlinie ist das am besten geeignete und einfachste Instrument, weil die Vorschriften, die vereinfacht, modernisiert und harmonisiert werden sollen, in einer Richtlinie festgelegt sind.

Ziel der Maßnahmen ist eine Verringerung der Belastung der Unternehmen, die Förderung der KMU sowie der elektronischen Rechnungsstellung; die Maßnahmen dürften somit insgesamt positive Auswirkungen für die Wirtschaftsbeteiligten haben und gleichzeitig den Mitgliedstaaten genügend Mittel für eine wirksame, effiziente Steuerkontrolle an die Hand geben.

Wahl des Instruments Vorgeschlagene Instrumente: Richtlinie Andere Instrumente wären aus folgendem Grund nicht angemessen:

Bei dem geänderten Rechtsakt handelt es sich um eine Richtlinie, so dass ein anderer Rechtsakt nicht angemessen wäre.

Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt.

Weitere Angaben

Vereinfachung

Ziel des vorgeschlagenen Rechtsakts ist eine Vereinfachung der Rechtsvorschriften und der Verwaltungsverfahren für die Behörden (der EU und der Mitgliedstaaten) und private Wirtschaftsbeteiligte.

Der Vorschlag soll die rechtlichen Hürden für Rechnungen mit ausgewiesener Mehrwertsteuer im Binnenmarkt beseitigen. Dieser Vorschlag leistet einen Beitrag zu der Vereinfachungsstrategie, die die Kommission im Oktober 2005 lancierte (KOM (2005) 535), um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu fördern. Die

Vereinfachungsmaßnahmen betreffen im Einzelnen die Ausstellung einer Rechnung auf der Grundlage harmonisierter, EU-weit geltender Vorschriften, eine vereinfachte Rechnung für B2C-Geschäfte, die Gleichbehandlung von elektronischen Rechnungen und Papierrechnungen, eine EU-weit einheitliche Aufbewahrungsdauer für Rechnungen und die Abschaffung der Option der Mitgliedstaaten, Gutschriften an bestimmte Bedingungen zu knüpfen.

Der vorgeschlagene Rechtsakt wird die Qualität der Daten verbessern, die die Mitgliedstaaten über innergemeinschaftliche Lieferungen von Gegenständen austauschen.

Die Festlegung harmonisierter Regeln auf EU-Ebene gibt den Unternehmen die Rechtssicherheit, dass eine Rechnung, die den Vorschriften eines Mitgliedstaats entspricht den Vorschriften aller Mitgliedstaaten entspricht. Derzeit müssen die Unternehmen gegebenenfalls noch bis zu 27 unterschiedliche Rechnungsstellungsvorschriften beachten.

Entsprechungstabelle

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, mit denen sie diese Richtlinie umgesetzt haben, sowie eine Entsprechungstabelle zu übermitteln.

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hinsichtlich der Rechnungsstellungsvorschriften

Der Rat der europäischen Union -


gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93,
auf Vorschlag der Kommission1,
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments2,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses3,
in Erwägung nachstehender Gründe:

Hat folgende Richtlinie erlassen:

Artikel 1
Änderung der Richtlinie 2006/112/EG

Die Richtlinie 2006/112/EG wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Umsetzung

Artikel 3
Inkrafttreten

Artikel 4
Adressaten


Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Rates
Der Präsident