Der Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen Bremen, den 5. April 2011
An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
der Senat der Freien Hansestadt Bremen hat beschlossen, die anliegende Entschließung des Bundesrates zur Zukunft der Offshore-Windenergie dem Bundesrat zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 882. Sitzung des Bundesrates am 15. April 2011 zu setzen und eine sofortige Sachentscheidung herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Böhrnsen
Entschließung des Bundesrates zur Zukunft der Offshore-Windenergie
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Der Bundesrat unterstreicht die zentrale Bedeutung, die erneuerbare Energien für die Zukunft der deutschen Energieversorgung haben. Allein diese Technologieformen sind in der Lage, Deutschland den Weg zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Gesellschaft zu ebnen, ohne die Bürgerinnen und Bürger mit unbeherrschbaren Technologierisiken zu belasten. Energieeinsparung, Energieeffizienz und der konsequente Ausbau der erneuerbaren Energien müssen deshalb im Zentrum der künftigen Energiepolitik von Bund und Ländern stehen. Dies erfordert einen Systemwechsel: die tradierte Stromerzeugung mit ihrer Infrastruktur muss sich an den erneuerbaren Energien ausrichten, nicht umgekehrt. Neben anderen erneuerbaren Energieformen wie Onshore-Windenergie, Solarenergie, Wasserkraft, Biomasse und Geothermie kommt der Offshore-Windenergie hierbei eine herausragende Bedeutung zu.
- 2. Das Potential der Offshore-Windenergie in Deutschland ist trotz jahrelanger Planungen weitgehend unerschlossen. Dies muss sich nun zügig ändern und der Ausbau mit einem gezielten Maßnahmenpaket konsequent vorangetrieben werden. Das beinhaltet auch den zügigen Ausbau der Netze, in wichtigen Teilstrecken mit Erdkabeln. Es umfasst insbesondere die Schaffung langfristig verlässlicher rechtlicher, finanzieller und politischer Strukturen und Rahmenbedingungen. Dafür bedarf es verschiedener Schritte in den Bereichen "Anreize setzen", "Finanzierungen sichern" und "Innovationen vorantreiben". Um Planungs- und Investitionssicherheit bis zum Ende dieses Jahrzehnts zu schaffen, wird die Bundesregierung aufgefordert, mit den beteiligten Akteuren einen verbindlichen Zukunftskontrakt Windenergie Offshore 2020 zu schließen.
- 3. Die bisherigen Erfahrungen im Bereich Offshore-Windenergie zeigen, dass die vorhandenen Anreize nicht ausreichen, damit das Engagement von Projektentwicklern, die ihre Windparks schnell realisieren, entsprechend honoriert wird. Dabei können gezielte Maßnahmen eine Weichenstellung bewirken:
- - Es sollten Anreize geschaffen werden, die technische Pionierarbeit bei schneller Ausführung belohnen, da von diesen Erfahrungen alle anderen profitieren. Statt der bisherigen kalendarischen Staffelung der Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz empfiehlt sich eine auch an den installierten Kapazitäten orientierte Degression.
- - Einer passiven Vorratshaltung an Windparkrechten sollte mit einer zeitlichen Befristung der Konzessionen entgegengewirkt werden. 4. Von besonderer Bedeutung sind die Fragen der Finanzierung. Bei einem geschätzten Investitionsvolumen von rund 30 Mrd. Euro allein bis 2020 müssen Planungs- und Investitionssicherheit gewährleistet sein. Dafür sind folgende Schritte erforderlich:
- - Die Kosten für den Netzanschluss von Offshore-Windenergieanlagen sind von den Netzbetreibern und nicht von den Windparkbetreibern zu tragen und umzulegen. Die Rechtslage ab 2015 stellt insoweit eine nicht nachvollziehbare Diskriminierung gegenüber anderen Kraftwerksbetreibern her.
- - Im europäischen Vergleich sollte den Betreibern und Investoren ermöglicht werden, eine auskömmliche Rendite zu erzielen. Dabei ist u.a. eine kostenneutrale Stauchung der Gesamtvergütung zu prüfen. Zudem ist es sinnvoll, die Degression in mehreren kleinen Schritten anzupassen und den sog. Sprinterbonus deutlich zu verlängern.
- - Das von der Bundesregierung avisierte fünf Milliarden Euro umfassende KfW-Programm muss schnellstmöglich zugänglich gemacht, auf die tatsächlichen Bedarfe der Branche ausgerichtet und entsprechend finanziell aufgestockt werden.
Der Kreis möglicher Investoren sollte durch die Bereitstellung entsprechender Finanzierungsmöglichkeiten ausgeweitet werden, etwa auf Zusammenschlüsse von Stadtwerken. Die derzeitige Begrenzung auf Projektgesellschaften ist eine wenig sinnvolle Einengung und verwehrt insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern, sich an Investitionen und möglichen Renditen zu beteiligen.
- 3. Der deutsche Erfolg im Bereich erneuerbarer Energien beruht auf einer beispiellosen technischen Innovationsfähigkeit in den letzten Jahren. Diese wurde durch das Vergütungssystem des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ermöglicht bzw. begünstigt, das sich als Instrument zur Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien nicht nur in Deutschland bewährt hat. Deswegen sollte das EEG noch in 2011 so novelliert und weiterentwickelt werden, dass diese Innovationsfreudigkeit erhalten bleibt und entsprechend der anstehenden Herausforderungen erhöht wird. Dies ist ein entscheidender Baustein für das Gelingen der Energiewende. Sogenannten Harmonierungsbestrebungen auf europäischer Ebene ist vor diesem Hintergrund entschieden entgegen zu treten.
- 4. Zusätzlich gilt es, mit geeigneten Instrumenten gezielt weitere technologische Entwicklungen zu stimulieren und zur Marktreife zu führen. Der Zufluss von Bundes- und EU-Mitteln für Forschung und Entwicklung muss verlässlich gestaltet werden, um Innovationen für Deutschlands Energiezukunft zu beschleunigen.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, schnellstmöglich die Grundlagen zum zügigen Ausbau der Offshore-Windenergie zu schaffen. Dies betrifft nicht nur die gesetzlichen Voraussetzungen, sondern insbesondere den Auf- und Ausbau der nötigen Infrastruktur.