Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 1338 - vom 11. März 2008.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 21. Februar 2008 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Januar 2008 zur Lage in der Demokratischen Republik Kongo und zu Vergewaltigung als Kriegsverbrechen1 sowie seine früheren Entschließungen zu Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo (DRK),
- - unter Hinweis auf die Entschließung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU vom 22. November 2007 zur Lage in der Demokratischen Republik Kongo, insbesondere im Osten des Landes, und ihren Auswirkungen auf die Region,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2007 zu der Vorgehensweise der Europäischen Union in Situationen der Fragilität in Entwicklungsländern2,
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 25. Oktober 2007 mit dem Titel "Überlegungen zur Vorgehensweise der Europäischen Union in Situationen der Fragilität - Engagement für nachhaltige Entwicklung, Stabilität und Frieden in schwierigen Kontexten" (KOM (2007) 0643) und des dieser Mitteilung beigefügten Arbeitsdokuments der Dienststellen der Kommission (SEK(2007)1417),
- - unter Hinweis auf die Resolution 60/1 der UN-Generalversammlung vom 24. Oktober 2005 zu den Ergebnissen des Weltgipfels von 2005, insbesondere deren Ziffern 138 bis 140 betreffend die Verantwortung zum Schutz,
- - gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Konflikt in der DRK seit 1998 5,4 Millionen Menschenleben gefordert hat und weiterhin - direkt und indirekt - tagtäglich für den Tod von 1 500 Menschen verantwortlich ist,
B. in der Erwägung, dass die Kämpfe zwischen der kongolesischen Armee, den Rebellen des gestürzten Generals Laurent Nkunda und den Kämpfern der Demokratischen Kräfte für die Befreiung Ruandas (FDLR, auch Interhamwes genannt) seit vielen Monaten für unvorstellbare Leiden der Zivilbevölkerung in der Region Nord-Kivu verantwortlich sind,
C. in der Erwägung, dass in den vergangenen 18 Monaten im Osten der DRK sowohl von den Truppen der Rebellen von Laurent Nkunda als auch von den Kämpfern der FDLR und der kongolesischen Armee selbst Massaker, Vergewaltigungen von Mädchen, Müttern und Großmüttern, Zwangsrekrutierungen von Zivilisten und Kindersoldaten sowie zahlreiche weitere Gewalttaten und schwerwiegende Verletzungen der Menschenrechte verübt wurden,
D. unter Hinweis darauf, dass das Mandat der UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo (MONUC) in Kapitel VII der Charta der UNO einzuordnen ist, was es der Mission erlaubt, alle notwendigen Mittel anzuwenden, um jegliche den politischen Prozess gefährdende Gewaltanwendung von Seiten bewaffneter ausländischer oder kongolesischer Truppen, vor allem der Ex-FAR und der Interhamwes, zu verhindern und den Schutz der durch physische Gewalt unmittelbar bedrohten Zivilisten sicherzustellen
E. in der Erwägung, dass der Vertreter des UN-Generalsekretärs in der DRK am 25. Januar 2008 zum Einen die Entsendung von Beobachtern angekündigt hat, die den Waffenstillstand in allen bis zu diesem Zeitpunkt von den bewaffneten Gruppen besetzten Gebieten überwachen sollen, zum Anderen eine militärische und zivile Verstärkung des Büros der MONUC in Goma,
F. in Erwägung der Zusagen einer progressiven Demobilisierung und der Vereinbarung eines Waffenstillstands vom 23. Januar 2008 im Anschluss an die Konferenz von Goma für Frieden, Sicherheit und Entwicklung, was einen Waffenstillstand zwischen allen Konfliktparteien, die Entwaffnung aller Nichtregierungstruppen, die Rückkehr und Wiederansiedlung aller Vertriebenen aus dem Osten der DRK und die Schaffung eines befristeten Mechanismus zur Überwachung des Waffenstillstands einschließt,
G. in der Erwägung, dass die praktischen Einzelheiten dieser Demobilisierung im Rahmen der Gemischten Technischen Kommission für Frieden und Sicherheit unter dem gemeinsamen Vorsitz der Regierung der DRK und der internationalen Vermittler dieser Vereinbarung noch präzisiert werden müssen,
H. in der Erwägung, dass die FDLR, deren Kämpfer in der Region Zuflucht gefunden hatten in die Kämpfe verwickelt sind,
I. in der Erwägung, dass die kongolesische Armee nicht über die notwendigen personellen technischen und finanziellen Mittel verfügt, um ihre Aufgaben in Nord-Kivu zu erfüllen, was der Hauptgrund dafür ist, dass sie eine Bedrohung für die Bevölkerung darstellt, statt sich in den Dienst der Bevölkerung und des Friedens zu stellen J. in der Erwägung, dass eine politische Regelung der Krise in Nord-Kivu unerlässlich ist, um Frieden und Demokratie zu festigen sowie Stabilität und Entwicklung im Hinblick auf das Wohlergehen aller Völker in der Region der Großen Seen zu fördern,
K. in der Erwägung, dass am 3. September 2007 in Kinshasa ein Treffen der Außenminister der DRK, Mbusa Nyamwisi, und Ruandas, Charles Murigande, im Rahmen der Bemühungen zur Regelung des Konflikts in Nord-Kivu stattfand,
L. in der Erwägung, dass vom 28. bis 30. Januar 2008 in Beni unter gemeinsamem Vorsitz der Verteidigungsminister der DRK, Chikez Diemu, und Ugandas, Crispus Kijonga, eine Sitzung stattfand,
M. in der Erwägung, dass der Konflikt in der DRK seit Ende 2006 auch zur Vertreibung von fast 400 000 Menschen geführt hat und dass sich in der Provinz Nord-Kivu derzeit insgesamt 800 000 Vertriebene aufhalten,
N. in der Erwägung, dass der seit drei Jahren andauernde Bürgerkrieg geprägt ist durch die systematische Plünderung der Reichtümer des Landes durch die Verbündeten und die Gegner der kongolesischen Regierung,
O. in der Erwägung, dass eine erhebliche Verbesserung des Gesundheitswesens und eine Verringerung der Sterblichkeitsrate in der DRK im Allgemeinen und in Nord-Kivu im Besonderen ein jahrelanges nachhaltiges Engagement und umfangreiche Finanzinvestitionen sowohl seitens der kongolesischen Regierung als auch seitens der internationalen Gemeinschaft erfordern werden,
P. in der Erwägung, dass am 3. Februar 2008 ein Erdbeben der Stärke 6 auf der Richter-Skala die Region der Großen Seen erschüttert hat, insbesondere die Städte Bukavu und Goma sowie deren von den Konflikten bereits stark in Mitleidenschaft gezogene Umgebung, wobei Tote und Verletzte sowie erhebliche materielle Schäden verzeichnet wurden Q. in der Erwägung, dass mehrere humanitäre Organisationen im Anschluss an die Feindseligkeiten Ende 2007 gezwungen waren, ihre Tätigkeit einzustellen, während die Gesundheitszentren nicht mehr versorgt werden oder sogar vom Pflegepersonal verlassen wurden,
R. in der Erwägung, dass die Organisation Ärzte ohne Grenzen feststellt, dass die lokale Bevölkerung und die Vertriebenen in Nord-Kivu immer schwächer werden und dass die Fortsetzung der Kämpfe den Zugang der humanitären Helfer zu bestimmten Gebieten verhindert, die aber dringend Nahrungsmittel- und medizinische Hilfe benötigen S. in der Erwägung, dass die Unterernährung derzeit eine weitere Form der extremen Gefährdung der Bevölkerung in Nord-Kivu darstellt und dass die Daten der medizinischen Hilfsprogramme von Ärzte ohne Grenzen alarmierende Hinweise auf das Ausmaß der Unterernährung in Nord-Kivu enthalten und Befürchtungen für die Familien wecken, die die Hilfe nicht erreichen kann,
- 1. ist zutiefst empört über die seit viel zu vielen Jahren in Nord-Kivu verübten Massaker und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und fordert alle zuständigen nationalen und internationalen Instanzen auf, die dafür Verantwortlichen unterschiedslos systematisch zu verfolgen und zu richten; fordert den UN-Sicherheitsrat auf, dringend alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um wirklich alle daran zu hindern, sich erneut gegen die Zivilbevölkerung in Nord-Kivu zu wenden;
- 2. stellt fest, dass die MONUC trotz ihres weit gefassten Mandats nicht über ausreichende Mittel verfügt, um diese Massaker, Vergewaltigungen, Plünderungen, Zwangsrekrutierungen von Zivilpersonen und Kindersoldaten oder die zahlreichen sonstigen Gewalttaten und Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, und fordert den Rat und die Kommission daher auf, sicherzustellen, dass die jüngste Verstärkung der MONUC zu einer erheblichen Verbesserung der Sicherheit für die Bevölkerung in Nord-Kivu führt und, falls dies nicht der Fall sein sollte, gegenüber dem UN-Sicherheitsrat dringend dafür zu plädieren, dass die MONUC in die Lage versetzt wird, ihre Aufgabe zu erfüllen, beginnend mit dem wirksamen und dauerhaften Schutz der Zivilbevölkerung in der Region;
- 3. fordert in Bezug auf sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen, die als Kriegswaffe genutzt wird, Nulltoleranz und verlangt die Verhängung schwerer Strafen gegen die für solche Verbrechen Verantwortlichen; verweist auf die Bedeutung des Zugangs zu Leistungen auf dem Gebiet der reproduktiven Gesundheitsfürsorge in Konfliktsituationen und Flüchtlingslagern;
- 4. begrüßt in Anbetracht der Tatsache, dass der Konflikt im Osten der DRK politisch gelöst werden muss, die Abhaltung der Friedenskonferenz von Goma; betont jedoch ungeachtet der signifikanten Abwesenheit von Vertretern der Interhamwes (FDLR) die Fragilität der Demobilisierungszusagen und der Waffenstillstandsvereinbarung vom 23. Januar 2008 zum Abschluss dieser Konferenz und ermutigt daher weiterhin alle Akteure in diesem Konflikt, sich unablässig um Frieden zu bemühen sowie Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht einzustellen alle Angriffe auf Zivilisten aufzugeben und humanitären Organisationen die Unterstützung der Zivilbevölkerung zu gestatten;
- 5. weist darauf hin, dass die praktischen Einzelheiten dieser Demobilisierung noch im Rahmen der Gemischten Technischen Kommission für Frieden und Sicherheit unter gemeinsamem Vorsitz der Regierung der DRK und der internationalen Vermittler dieser Vereinbarung präzisiert werden müssen, und fordert daher, dass diese Kommission möglichst rasch eingesetzt wird, um die Fragen in Zusammenhang mit der Demobilisierung abschließend zu klären;
- 6. begrüßt das Treffen der Außenminister der DRK und Ruandas vom September 2007 und fordert die Regierung von Ruanda auf, sich konkret an den verschiedenen Versuchen einer Konfliktlösung in Nord-Kivu zu beteiligen, vor allem was strafrechtliche Verfolgungen, Entwaffnung, Demobilisierung und Rückführung der sich in Nord-Kivu aufhaltenden Interhamwes angeht;
- 7. fordert den Rat und die Kommission auf, Soforthilfemittel freizugeben, da die humanitäre Lage, mit der sich die Bevölkerung in Nord-Kivu konfrontiert sieht, nicht nur wegen der anhaltenden Konflikte in ihrer Region, sondern auch wegen des Erdbebens vom 3. Februar 2008 äußerst gravierend ist, und darüber zu wachen, dass die humanitären Helfer ihre Aufgabe unter bestmöglichen Bedingungen erfüllen können
- 8. fordert den Rat und die Kommission auf, unverzüglich umfangreiche medizinische Hilfsprogramme für die Zivilbevölkerung im Osten der DRK im Hinblick auf die Deckung des unmittelbaren Bedarfs sowie mit Blick auf den erforderlichen Wiederaufbau umzusetzen;
- 9. fordert die effektive Verankerung von Kontrollmechanismen wie dem Kimberley-Prozess bezüglich staatlicher Herkunftszertifikate für in der Europäischen Union in Verkehr gebrachte Importe von Bodenschätzen;
- 10. fordert den Rat sowie alle Mitgliedstaaten auf, der Bevölkerung im Osten der DRK spezifische Hilfe zu leisten;
- 11. fordert die für März 2008 geplante Mission der Europäischen Union in Nord-Kivu auf, ihm Bericht zu erstatten;
- 12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Institutionen der Afrikanischen Union, dem Hohen Vertreter für die GASP, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem UN-Generalsekretär, dem UN-Sicherheitsrat, dem UN-Menschenrechtsrat, dem Präsidenten sowie dem Parlament und der Regierung der Demokratischen Republik Kongo und dem Präsidenten sowie dem Parlament und der Regierung der Republik Ruanda zu übermitteln.
- 1 Angenommene Texte, P6_TA(2008)0022.
- 2 Angenommene Texte, P6_TA(2007)0540.