Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

Der Bundesrat hat in seiner 883. Sitzung am 27. Mai 2011 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat ist besorgt über die hohen Bürokratiekosten, die kleinen Unternehmen durch das Gesetz entstehen. Diese verfügen einerseits in der Regel nicht über Erfahrungen mit Wertkonten und werden andererseits auf die Liquiditätshilfen zur Aufstockung der Löhne und Gehälter angewiesen sein. Wie der Normenkontrollrat befürchtet auch der Bundesrat, dass diese Bürokratiekosten abschreckend wirken und dass damit die Gefahr besteht, dass diese Arbeitgeber die geringere finanzielle Absicherung ihrer Beschäftigen bei einem "normalen" Teilzeitmodell in Kauf nehmen und sich nicht an dem Pflegezeitmodell beteiligen werden. Der Bundesrat bittet daher darum, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob für Beschäftigte in kleinen Betrieben optional die Möglichkeit einer direkten Darlehensaufnahme beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben geschaffen werden könnte.

2. Zu Artikel 1 (§ 8a - neu, § 11 Absatz 1a - neu - FPfZG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu § 8a - neu - FPfZG:

Mit der Änderung wird eine Härtefallregelung für die bislang ungeregelte Frage getroffen, wie zu verfahren ist, wenn der Einbehalt von Arbeitsentgelt in der Nachpflegephase zu einer besonderen Härte für den Beschäftigten führt. Von einer besonderen Härte ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Beschäftigte infolge des Entgelteinbehalts nicht mehr über die zur Deckung seines Lebensunterhalts notwendigen Finanzmittel verfügt.

Eine solche Situation kann vor allem dann eintreten, wenn ein Wechsel der Pflegeperson nicht möglich ist und in der Nachpflegephase weiterhin zu reduzierter Arbeitszeit gearbeitet wird. Bei einem Arbeitsvolumen von 100 Prozent in der Vorpflegephase und einem Arbeitsvolumen von 50 Prozent in der Pflegephase beträgt der Entgelteinbehalt 25 Prozent. Bleibt die Arbeitszeit auch in der Nachpflegephase bei 50 Prozent, so wäre trotzdem weiterhin ein Viertel eines vollen Gehalts, d.h. die Hälfte eines 50 Prozent-Teilzeitgehalts, zurück zu zahlen.

Der Arbeitgeber steht damit vor der Wahl, den Beschäftigten durch teilweisen Entgelteinbehalt auf staatlichen Transferleistungsbezug zu verweisen oder auf sein Recht auf Einbehaltung der in Vorleistung erbrachten Entgeltbestandteile zu verzichten, ohne dass dies jedoch seine Pflicht zur Darlehensrückgewähr gegenüber dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben berühren würde. Dies ist nicht sachgerecht. Zur Vermeidung von derartigen Härtefällen wird deshalb § 8a - neu - FPfZG in das Gesetz eingefügt.

Zu den Absätzen 1 und 2:

In Anlehnung an § 8 Absatz 1 und 2 FPfZG-E wird vorgesehen, dass das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben die Rückzahlungsforderung aus dem Darlehen erlassen bzw. eine Ausgleichszahlung an den Arbeitgeber erbringen kann, wenn die Einbehaltung von Arbeitsentgelt für den Beschäftigten eine besondere Härte wäre. Die Entscheidung über den Erlass der Darlehensrückzahlungsforderung bzw. die Leistung einer Ausgleichszahlung trifft das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben im pflichtgemäßen Ermessen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei wird insbesondere von Bedeutung sein, ob der Beschäftigte durch den teilweisen Entgelteinbehalt aufstockende staatliche Transferleistungen in Anspruch nehmen müsste.

Zu Absatz 3:

Im Umfang der erlassenen Rückzahlungsforderung nach § 8a - neu - Absatz 1 FPfZG oder des erbrachten Ausgleichs nach § 8a - neu - Absatz 2 FPfZG erlischt das Recht des Arbeitgebers auf Einbehaltung von Arbeitsentgelt. Ein Übergang dieses Rechts auf das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ist nach § 399 BGB in Verbindung mit § 412 BGB ausgeschlossen. Das Bundesamt erhält jedoch die Möglichkeit, vom Beschäftigten Erstattung in Geld zu verlangen. Ob und inwieweit ein Erstattungsanspruch geltend gemacht wird, liegt im Ermessen des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. Dabei sind - ebenso wie nach § 8a - neu - Absatz 3 und 4 FPfZG - alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Zu § 11 Absatz 1a - neu -:

In § 11 Absatz 1a - neu - FPfZG werden die für die Durchführung der Härtefallregelung des § 8a - neu - FPfZG notwendigen Verfahrensvorschriften getroffen. Da die Entscheidung über das Vorgehen bei Vorliegen eines Härtefalls von Arbeitgeber und Beschäftigten gemeinsam getroffen werden muss, ist eine gemeinsame Antragsstellung erforderlich.

3. Zu Artikel 1 (§ 9 Absatz 3 Satz 3 FPfZG)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die finanziellen Auswirkungen auf die Länder darzulegen, die sich aus dem neuen unter öffentlichrechtlichem Zustimmungsvorbehalt stehenden Kündigungsschutz ergeben. Der durch den strengen Kündigungsschutz entstehende Vollzugsaufwand der Länder wird in dem Gesetzentwurf nicht berücksichtigt. Nach § 9 Absatz 3 Satz 3 FPfZG-E soll die Zulässigkeitserklärung durch die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde erfolgen. Der hieraus resultierende Aufwand ist deshalb zu quantifizieren; insbesondere ist darzulegen, mit wie viel Aufwand, das heißt vor allem mit wie vielen Anträgen auf Zulassung der Kündigung, zu rechnen ist.