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Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU),
der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und
der Wirtschaftsausschuss (Wi)
empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Anliegen der Kommission, eine intensive energiepolitische Diskussion in Europa zur Bewältigung der bestehenden und zukünftigen Herausforderungen im Energiebereich in Gang zu setzen.
- 2. Der Bundesrat begrüßt daher das Grünbuch der Kommission, in dem wichtige Eckpunkte für eine zukunftsfähige und umfassende Energiepolitik zur nachhaltigen Sicherung einer wettbewerbsfähigen Energieversorgung der EU genannt werden.
- 3. Der Bundesrat unterstützt den Vorschlag der Kommission, dem Rat und dem Parlament regelmäßig einen Bericht über die Überprüfung der EU-Energiestrategie vorzulegen, in dem die im Grünbuch aufgezeigten Fragen behandelt werden und in dem eine Bestandsaufnahme und ein Aktionsplan enthalten sein sollen.
- 4. Der Bundesrat unterstützt die Auffassung der Kommission, dass eine verbesserte Energieeffizienz einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der Energieversorgung Europas leisten kann. Erhebliche Potentiale werden hierbei vorrangig im Verkehrssektor und bei Gebäuden gesehen. Der Bundesrat begrüßt deshalb den für dieses Jahr angekündigten Aktionsplan für Energieeffizienz und bittet die Bundesregierung, sich im Rahmen der anstehenden Beratungen für konkrete Zielvorgaben und Maßnahmen einzusetzen, damit diese Potentiale umfassend ausgeschöpft werden können. Trotz einiger Erfolge in der Vergangenheit zeigen die Erfahrungen, dass an sich wirtschaftliche Maßnahmen durch Verbesserung der Energieeffizienz nicht im ausreichenden Maße durchgeführt werden. Neben einer gezielten Energieeffizienz-Kampagne und kosteneffizienten Anreizinstrumenten sind deshalb neue Ansätze im Bereich der Produktkennzeichnung, bei der Entwicklung von Effizienzstandards und bei der Einführung eines Systems "Weißer Zertifikate" zu prüfen.
- 5. Darüber hinaus sollte die Kommission im Aktionsplan für Energieeffizienz Vorschläge zur Verbesserung der Energieeffizienz von Elektrogeräten, Haushalts- und Bürogeräten und Konsumelektronik erarbeiten. Gerade hier kann auf europäischer Ebene die Entwicklung zukunftsfähiger und innovativer Produkte vorangetrieben werden.
- 6. Der Bundesrat befürwortet den Vorschlag eines internationalen Energieeffizienz-Abkommens und den Anstoß eines Dialogs der EU mit stark Energie verbrauchenden Ländern sowie mit Schwellenländern über Energieeffizienz und -einsparung.
- 7. Der Bundesrat hebt besonders die Bedeutung der Entwicklung eines gemeinsamen Konzepts einer Außen- und Sicherheitspolitik sowie den Ausbau von Energiepartnerschaften und die Intensivierung des Dialogs mit wichtigen Erzeuger-, Transit- oder Verbraucherländern hervor.
- 8. Der Bundesrat begrüßt das Anliegen der Kommission, die Versorgungssicherheit gemeinsam mit den Mitgliedstaaten zu verbessern [u. a. durch mehr Transparenz bezüglich der Energievorräte in Europa sowie der physischen Sicherheit der Infrastruktur] {und durch deren Erhöhung}.
- 9., 10., 11. Der Bundesrat unterstützt ausdrücklich die Vorlage einer Strategie für Energietechnologien als Schlüssel für eine moderne, wettbewerbsfähige und nachhaltige Energieversorgung Europas.
- 12. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung ferner, sich verstärkt auf europäischer Ebene für die Förderung und Entwicklung innovativer Konzepte und Technologien zur Nutzung regenerativer Energiequellen einzusetzen.
- 13. Der Bundesrat begrüßt die Feststellung der Kommission, dass die weitere Erzeugung von Strom aus Stein- und Braunkohle wegen des Einflusses auf den Klimawandel nur dann fortgesetzt werden kann, wenn sie EU-weit mit dem Einsatz marktüblicher Technologien zur Kohlendioxidsequestrierung und marktüblicher umweltfreundlicher Kohlentechnologien verbunden ist.
- 14. Der Bundesrat unterstützt die Auffassung der Kommission, dass das EU-Emissionshandelssystem grundsätzlich einen flexiblen und kosteneffizienten Rahmen für eine klimafreundlichere Energieerzeugung ermöglicht.
- 15. Das Emissionshandelssystem soll nach Möglichkeit auf weitere Sektoren, in erster Linie auf den Luftverkehr, und auf andere Staaten ausgeweitet werden, um die Wirksamkeit und Kosteneffizienz dieses Instruments weiter zu erhöhen.
- 16. Der Bundesrat weist darauf hin, dass in jüngerer Vergangenheit viele der im Grünbuch genannten Vorschläge bereits Gegenstand in Kraft gesetzter bzw. in Ausarbeitung befindlicher Maßnahmen und Regelungen waren. Daher ist der Schwerpunkt nicht auf neue Pläne, Legislativvorschläge oder neue administrative Strukturen zu legen, sondern auf die konkrete Umsetzung der bestehenden Initiativen bzw. auf eine Einbindung neuer Vorschläge in diese.
- 17. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im weiteren Verfahren darauf hinzuwirken, dass Vorschläge und Maßnahmen der Kommission
- - die Besonderheiten der einzelnen Mitgliedstaaten berücksichtigen,
- - den Subsidiaritätsgrundsatz einhalten,
- - die primäre Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten für ihre Versorgungssicherheit berücksichtigen,
- - die Gestaltung des Energieträgermixes durch die Mitgliedstaaten entsprechend ihrer energiewirtschaftlichen Verhältnisse beachten.
- 18. Die verbindliche Vorgabe eines Mindestanteils bestimmter Energiequellen am gesamten Energieträgermix der Mitgliedstaaten ist abzulehnen,
- 19. - die Entscheidungskompetenz und Verantwortung der Unternehmen für Investitionen in die Energieinfrastruktur und deren Finanzierung berücksichtigen.
- 20. Planwirtschaftlichen Investitionsvorgaben ist nachdrücklich entgegenzuwirken,
- 21. - den dafür notwendigen energiepolitischen Gestaltungsspielraum auf nationaler Ebene bewahren.
- 22. Der Bundesrat begrüßt die Zielsetzung des Europäischen Rates vom 23. und 24. März 2006, den Anteil der erneuerbaren Energien in der EU bis 2015 auf 15 % und den Anteil der Biokraftstoffe auf 8 % zu steigern. Damit werden die von den Mitgliedstaaten für 2010 bereits vereinbarten Richtwerte zur Erhöhung des Anteils für erneuerbare Energie am Energieträgermix sowohl der einzelnen Mitgliedstaaten als auch in der EU insgesamt weiterentwickelt. Diese weitergehenden Zielsetzungen können im Rahmen des angekündigten "Fahrplans für erneuerbare Energien" konkretisiert werden. Damit wird die Bedeutung der erneuerbaren Energien für den Klimaschutz, für die Energieversorgungssicherheit und für den Technologievorsprung Europas unterstrichen.
- 23. Der Bundesrat bekräftigt die bereits in den Stellungnahmen zur EU-Strategie für Biokraftstoffe (BR-Drucksache 138/06(B) ) und zu dem Aktionsplan Biomasse (BR-Drucksache 914/05(B) ) formulierte Steigerung der energetischen Biomassenutzung. Die Bundesregierung wird deshalb aufgefordert, sich in den zukünftigen Verhandlungen zur Umsetzung des Grünbuchs für die Festlegung konkreter und anspruchsvoller Zielsetzungen einzusetzen. Die Ausweitung der energetischen Biomassenutzung hätte neben den Aspekten des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung auch positive Auswirkungen auf die Entwicklung des ländlichen Raums und den regionalen Arbeitsmarkt.
- 24. Um den gezielten Ausbau der energetische Biomassenutzung voranzutreiben, bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene für die Formulierung von anspruchsvollen Zielen für Mindestanteile von Energie aus Biomasse am gesamten Energiemix [in] der EU einzusetzen. Diese Ziele müssen sowohl umwelt- und ressourcenorientierten als auch volkswirtschaftlichen Effizienzkriterien gerecht werden. Neben den positiven Wirkungen für den Klimaschutz könnten somit auch die weltweite Vorreiterrolle und Spitzenposition der EU in der Nutzung und Entwicklung regenerativer Energiequellen unterstützt und ausgebaut werden, so dass positive Auswirkungen auf Wachstum, Beschäftigung und Energieversorgungssicherheit zu erwarten sind.
- 25. Der Bundesrat spricht sich für die konsequente Durchsetzung eines offenen und wettbewerbsorientierten Energiebinnenmarkts aus.
- 26. Der Bundesrat unterstützt daher ausdrücklich die Absicht der Kommission, Maßnahmen zur Vollendung der Europäischen Binnenmärkte für Strom und Gas mit dem Ziel offener und wettbewerbsorientierter Märkte in Betracht zu ziehen. Dies setzt voraus, dass ein einheitliches europäisches Netz und ein Verbundgrad zwischen den Mitgliedstaaten von mindestens 10 % zur Verfügung stehen, wie dies der Europäische Rat 2002 vereinbart hat. Die nationalen Märkte müssen einen vollständig fairen und freien Wettbewerb ermöglichen.
- 27. Notwendig sind insbesondere die Verbesserung der technischen Voraussetzungen für den europaweiten Wettbewerb durch einen Ausbau der grenzüberschreitenden Leitungen und sonstige geeignete Verbundmaßnahmen sowie eine Harmonisierung der nationalen Rahmenbedingungen, Standards und Regeln zur Beseitigung von Handelshemmnissen und Wettbewerbsverzerrungen. Einem eventuellen Dritten Binnenmarktpaket sollten eine vollständige Umsetzung des Zweiten Binnenmarktpakets und eine Evaluierung der Auswirkungen vorausgehen.
- 28. Der Bundesrat sieht keine Notwendigkeit für einen Legislativvorschlag für Erdgasvorräte, bevor die im Mai 2006 in Kraft tretende Richtlinie zur Gasversorgungssicherheit umgesetzt wurde und deren Auswirkungen evaluiert wurden.
- 29. Im Übrigen ist nachdrücklich davor zu warnen, dass die von den Energieversorgungsunternehmen in den Mitgliedstaaten errichteten Speicherkapazitäten europaweit sozialisiert werden.
- 30. Auch im Energiebereich ist der Aufbau neuer bürokratischer Strukturen zu vermeiden.
- 31. Insbesondere wird die Einrichtung einer den nationalen Regulierungsbehörden übergeordneten bzw. diese ersetzenden europäischen Regulierungsbehörde abgelehnt. Vielmehr sollten vorhandene Institutionen und bestehende Formen der Zusammenarbeit vorrangig genutzt werden. Dies ist vor allem für eine bessere Abstimmung der Regulierungspraxis in den Mitgliedstaaten und zum Ausbau der grenzüberschreitenden Leitungen anzustreben.
- 32. Der Bundesrat spricht sich für eine transparente und objektive Debatte über die Vor- und Nachteile aller Energieträger einschließlich der ökonomischen und ökologischen Kosten und der Folgewirkungen von Veränderungen des Energieträgermixes aus.
- 33. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im weiteren Verfahren bei der Kommission darauf hinzuwirken, dass eine solche Debatte angestoßen wird.
- 34. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung ferner, im weiteren Verfahren bei der Kommission darauf hinzuwirken, dass - unter Zugrundelegung der eigenen Planungen der Mitgliedstaaten ein EU-weit abgestimmter Rahmen für einen funktionierenden und transparenten Markt mit den entsprechenden Anreizen für Investitionen in die Energieinfrastruktur geschaffen wird,
- 35. - bei der bald abzuschließenden Überprüfung des EU-Emissionshandelssystems die gravierenden Belastungen für die Wirtschaft - insbesondere wegen der Auswirkungen auf die Strompreise und der Wettbewerbsverzerrungen infolge der unzureichenden Abstimmung der Allokationspläne der Mitgliedstaaten - beseitigt werden,
- 36. - im Rahmen des Aktionsplans Energieeffizienz vorrangig auf marktgestützte und kosteneffiziente Instrumente, wie z.B. Information, Förderung, freiwillige Vereinbarungen, gesetzt wird und die Grenzen der Belastbarkeit von öffentlichen Haushalten, Unternehmen und Verbrauchern sowie die bereits erreichten unterschiedlichen Effizienzniveaus der Mitgliedstaaten berücksichtigt werden,
- 37. - im Rahmen der Erstellung eines Fahrplans für erneuerbare Energiequellen sowie im Rahmen eines Legislativvorschlags zum Einsatz erneuerbarer Energiequellen auf dem Wärme- und Kältemarkt eine Kosten-Nutzen-Analyse vorgenommen wird.
- 38. Bei einer Kosten-Nutzen-Analyse zum Einsatz erneuerbarer Energiequellen auf dem Wärme- und Kältemarkt sind die mittel- und langfristigen Wettbewerbsvorteile, die Risikominderung in Bezug auf den Einsatz anderer Energieträger und die geringeren Kosten für Maßnahmen zur Beherrschung des Klimawandels zu berücksichtigen.
B
- 39. Der Agrarausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.