Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 104489 - vom 12. April 2010.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 10. März 2010 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. April 2009 zum G20-Gipfeltreffen vom 2. April 2009 in London1,
- - unter Hinweis auf die Erklärung der Staats- und Regierungschefs nach dem Gipfeltreffen der Gruppe der 20 (G20) vom 24. und 25. September 2009 in Pittsburgh,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Oktober 2009 zum Gipfeltreffen der G20 am 24. und 25. September 2009 in Pittsburgh2,
- - unter Hinweis auf das Kommuniqué des G20-Treffens der Finanzminister und Gouverneure der Zentralbanken vom 7. November 2009 in St. Andrews,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 10.-11. Dezember 2009, insbesondere auf deren Nummer 15,
- - unter Hinweis auf die Erklärung von Präsident Barroso vor dem Europäischen Parlament vom 15. Dezember 2009,
- - unter Hinweis auf das Schreiben des schwedischen Finanzministers an den Ratsvorsitz vom 18. Januar 2010 über die Einführung einer Stabilitätsabgabe in den Mitgliedstaaten,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 2008/7/EG des Rates vom 12. Februar 2008 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital3,
- - unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hinsichtlich der Behandlung von Versicherungs- und Finanzdienstleistungen (KOM (2007) 747),
- - unter Hinweis auf die Anfrage vom 24. Februar 2010 an die Kommission über Steuern und Finanzgeschäfte (O-0025/2010 - B7-0019/2010),
- - gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass das Parlament die auf G20-Ebene im Anschluss an das Gipfeltreffen in Pittsburgh vom September 2009 eingeleitete Untersuchungstätigkeit im Hinblick auf einen internationalen Rahmen für die Besteuerung von Finanzgeschäften begrüßt hat,
B. in der Erwägung, dass das Parlament rasche Fortschritte gefordert hat, um zu gewährleisten, dass der Finanzsektor in fairer Weise zur Erholung und Entwicklung der Wirtschaft beiträgt, zumal erhebliche Kosten und die Folgen der Finanzkrise von der Realwirtschaft, den Steuerzahlern, den Verbrauchern, den öffentlichen Diensten und der gesamten Gesellschaft getragen werden,
C. in der Erwägung, das der Europäische Rat betont hat, wie wichtig es ist, den "Wirtschafts- und Sozialvertrag" zwischen Finanzinstituten und der Gesellschaft, für die sie Dienstleistungen erbringen, zu erneuern und zu gewährleisten, dass der Allgemeinheit in guten Zeiten Vorteile erwachsen und dass sie vor Risiken geschützt ist, in der Erwägung, dass der Europäische Rat in diesem Zusammenhang dem IWF nahegelegt hat, die Gesamtpalette der Optionen, einschließlich einer globalen Steuer auf Finanzgeschäfte, bei seiner Überprüfung zu berücksichtigen, und in der Erwägung, dass der Europäische Rat vor diesem Hintergrund den Rat und die Kommission zudem aufgefordert hat, die wichtigsten Grundsätze festzulegen, die bei neuen weltweiten Vereinbarungen eingehalten werden müssen.< /p>
D. in der Erwägung, dass mehrere Mitgliedstaaten eine Steuer auf Finanzgeschäfte gefordert haben,
E. in der Erwägung, dass die neuen Regulierungsinitiativen wie Maßnahmen gegen Steueroasen, Beseitigung von durch bilanzexterne Finanzierung entstandenen Schlupflöchern, Anforderungen an den Börsenhandel und Verwendung von Transaktionsregistern für die Registrierung von Derivaten den Kontext für politische Maßnahmen in diesem Bereich eindeutig verändert haben,
F. in der Erwägung, dass die Kommission im Anschluss an Fragen, die in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung mit dem für Steuerpolitik zuständigen Kommissionsmitglied vom 6. Oktober 2009 aufgeworfen wurden, derzeit an Ideen für "innovative Finanzierung" vor dem Hintergrund der globalen Herausforderungen arbeitet, wozu auch Steuern auf Finanzgeschäfte gehören, um zu einem geeigneten Zeitpunkt Vorschläge zu unterbreiten, was von Präsident Barroso in seiner Erklärung vor dem Parlament vom 15. Dezember 2009 bestätigt wurde,
G. in der Erwägung, dass der IWF zurzeit Meinungen der Öffentlichkeit zum Thema der Besteuerung des Finanzsektors einholt, was Teil der beim G20-Gipfeltreffen vom 24. und 25. September 2009 in Pittsburgh erhobenen Forderung ist,
H. in der Erwägung, dass es Steuern und Abgaben auf Finanzgeschäfte in unterschiedlichen Formen in den Mitgliedstaaten gibt, dass diese nationalen Steuern und Abgaben normalerweise nur auf ausgewählte Sachanlagen erhoben werden und dass Belgien und Frankreich auf nationaler Ebene ein Gesetz über eine Steuer auf Devisengeschäfte erlassen haben, das jedoch nur dann in Kraft treten soll, wenn es auf EU-Ebene umgesetzt wird,
I. in der Erwägung, dass indirekte Steuern auf die Ansammlung von Kapital, wie die Gesellschaftssteuer, die Wertpapiersteuer und die Steuer auf Umstrukturierungen, anders als andere Besteuerungsformen Ursache von Diskriminierungen, Doppelbesteuerungen und Unterschiedlichkeiten, die den freien Kapitalverkehr behindern, sind,
J. in der Erwägung, dass der Umfang von Finanzgeschäften verglichen mit dem Handelsvolumen bei Gütern und Dienstleistungen im letzten Jahrzehnt enorm und rasch gestiegen ist, was unter anderem durch den schnell wachsenden Markt für Derivate erklärt werden kann,
K. in der Erwägung, dass die Staats- und Regierungschefs der G20 eine kollektive Verantwortung haben, die sozialen Auswirkungen der Krise abzufedern, und zwar in ihren Staaten und in Entwicklungsländern, die von den indirekten Auswirkungen der Krise besonders hart getroffen wurden und dass eine Steuer dazu beitragen würde, die von der Krise verursachten Kosten zu decken,
- 1. ist der Ansicht, dass sich die Europäische Union auf eine gemeinsame Haltung im internationalen Rahmen der G20-Treffen einigen sollte, was die Optionen betrifft, wie der Finanzsektor einen fairen und spürbaren Beitrag leisten sollte, um die Lasten zu schultern, die er der Realwirtschaft aufgebürdet hat, oder die mit dem Eingreifen von Regierungen, um das Bankensystem zu stabilisieren, verbunden sind; ist der Auffassung, dass die EU parallel zu und in Einklang mit der Arbeit der G20 ihre eigene Strategie im Hinblick auf die Palette möglicher Handlungsoptionen entwickeln sollte;
- 2. ist im Hinblick auf eine kohärente EU-Position, die auf einer objektiven Analyse beruht, der Ansicht, dass die Kommission rechtzeitig vor dem nächsten G20-Gipfel eine Abschätzung der Auswirkungen der globalen Steuer auf Finanzgeschäfte unter Ermittlung ihrer Vor- und Nachteile ausarbeiten sollte;
- 3. fordert die Kommission nachdrücklich auf, in ihrer Bewertung die folgenden Aspekte sorgfältig zu berücksichtigen:
- a) frühere Erfahrungen mit Steuern auf Finanzgeschäfte, insbesondere in Bezug auf Steuerflucht und Abwanderung von Kapital- oder Dienstleistungen an alternative Standorte, insbesondere die Auswirkung solcher Steuern auf einzelne Investoren und KMU;
- b) die Vor- und Nachteile der Einführung von Steuern auf Finanzgeschäfte allein in der Europäischen Union verglichen mit ihrer Einführung weltweit und verglichen mit der derzeitigen Situation;
- c) das Potenzial, nennenswerte Einkünfte zu generieren, verglichen mit anderen Steuerquellen, Erhebungskosten und Aufteilung der Einkünfte unter die Länder;
- d) die Tatsache, dass bei der Bewertung potenzieller Einkünfte aus Steuern auf Finanzgeschäfte auf globaler oder auf europäischer Ebene unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten berücksichtigt werden sollten, während die Steigerung der Transaktionskosten in allen möglicherweise betroffenen Märkten (Geschäfte über organisierte Börsen, im Freiverkehr getätigte Geschäfte) und für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen (B2B) und für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern (B2C) zu beziffern ist;
- e) die Tatsache, dass in der Bewertung auch das Potenzial der einzelnen Optionen, sowohl das Preisniveau als auch die Stabilität kurz- und langfristig zu beeinträchtigen, wie auch Finanzgeschäfte und Liquidität berücksichtigt werden sollte;
- f) die Frage, wie eine Steuer auf Finanzgeschäfte konzipiert werden muss, um die negativen Nebenwirkungen zu mildern, die üblicherweise mit indirekten Steuern auf das Ansammeln von Kapital verbunden werden;
- g) in welchem Umfang eine Steuer auf Finanzgeschäfte zur Stabilisierung der Finanzmärkte hinsichtlich ihrer Wirkung auf das Übermaß an kurzfristigem Börsenhandel und Spekulation wie auch auf die Transparenz beitragen würde;
- h) ob eine Steuer auf Finanzgeschäfte eine künftige Finanzkrise verhüten könnte, indem bestimmte Arten von "unerwünschten" Geschäften ins Visier genommen werden, was durch die Kommission festgelegt werden sollte;
- 4. betont, dass bei jeder Lösung unbedingt verhindert werden muss, dass die Wettbewerbsfähigkeit der EU beeinträchtigt wird oder dass nachhaltige Investitionen, Innovation und Wachstum, die der Realwirtschaft und der Gesellschaft zugute kommen, behindert werden;
- 5. unterstreicht, dass unbedingt berücksichtigt werden muss, dass der Bankensektor gesundes Kapital aufbauen muss, das die Fähigkeit des Bankensystems, die Investitionen der Realwirtschaft zu finanzieren, gewährleistet, und dass einer übermäßigen Risikobereitschaft entgegengewirkt werden muss;
- 6. fordert die Kommission und den Rat auf, das Potenzial unterschiedlicher Optionen für eine Steuer auf Finanzgeschäfte als Beitrag zum EU-Haushalt zu bewerten;
- 7. fordert die Kommission und den Rat auf, zu überprüfen, inwieweit die in Betracht gezogenen Optionen auch als innovative Finanzmechanismen genutzt werden könnten, um die Anpassung an den Klimawandel und dessen Eindämmung für die Entwicklungsländer wie auch die Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit zu unterstützen;
- 8. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Europäischen Zentralbank und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- 1 Angenommene Texte, P6_TA(2007)0330.
- 2 Angenommene Texte, P7_TA(2009)0028.
- 3 ABl. L 46 vom 21.2.2008, S. 11.