969. Sitzung des Bundesrates am 6. Juli 2018
A
- 1. Der Verkehrsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderung zuzustimmen:
Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1, Nummer 2 - 43. BImSchV)
In Artikel 1 § 4 Absatz 1 ist Satz 2 wie folgt zu ändern:
- a) In Nummer 1 ist das Wort "erforderliche" durch die Wörter "eine Beschreibung geeigneter" zu ersetzen.
- b) In Nummer 2 sind nach dem Wort "vorrangig" die Wörter "eine Beschreibung geeigneter" einzufügen.
Begründung:
Ausweislich der Begründung der Verordnung (BR-Drucksache 216/18 (PDF) , Seiten 24 und 28) sollen mit dem bis zum Jahr 2019 zu erstellenden nationalen Luftreinhalteprogramm keine rechtsverbindlichen Maßnahmen geschaffen werden. Stattdessen soll eine Beschreibung geeigneter Maßnahmen vorgenommen werden (BR-Drucksache 216/18 (PDF), Seite 25). Zur Wahrung größtmöglicher Flexibilität der für die Luftreinhaltung zuständigen Akteure in den Ländern sollte dies im Verordnungstext selbst klargestellt werden. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass der Bund im nationalen Luftreinhalteprogramm Maßnahmen festlegt, die von den Ländern ohne vorherige Beteiligung des Bundesrates (vgl. BR-Drucksache 216/18 (PDF), Seite 28) umgesetzt werden müssen. Daher sollten die Nummern 1 und 2 entsprechend dem Vorschlag sprachlich angepasst werden, um dem in der Verordnungsbegründung erklärten Willen des Verordnungsgebers Ausdruck zu verleihen.
B
- 2. Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz, der Gesundheitsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.
C
Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (U), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat ferner, die folgende Entschließung zu fassen:
- 3. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Bundesregierung die negativen Auswirkungen von Luftschadstoffbelastungen auf die menschliche Gesundheit und Ökosysteme in der Europäischen Union bis zum Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 2005 signifikant reduzieren will. [Hierzu ist die nationale Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2016/2284 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe (neue NEC-Richtlinie) als neue Verordnung über nationale Verpflichtungen zur Reduktion der Emissionen bestimmter Luftschadstoffe (43. BImSchV) grundsätzlich geeignet.]
- 4. Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung die negativen Auswirkungen von Luftschadstoffbelastungen auf die menschliche Gesundheit und Ökosysteme in der Europäischen Union bis zum Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 2005 signifikant reduzieren will. Hierzu ist die nationale Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2016/2284 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe (neue NEC-Richtlinie) als neue Verordnung über nationale Verpflichtungen zur Reduktion der Emissionen bestimmter Luftschadstoffe (43. BImSchV) grundsätzlich geeignet.
- 5. Der Bundesrat sieht jedoch mit Sorge, dass die vorgesehenen Emissionsreduzierungsziele sehr ambitioniert sind. Mit diesen Zielen besteht die Gefahr, dass Bürger, Wirtschaft und Landwirtschaft zur Umsetzung der vorgesehenen Verpflichtungen sehr hoch belastet werden.
- 6. Der Bundesrat sieht jedoch mit Sorge, dass bereits die geltenden Emissionshöchstmengen bei einigen Luftschadstoffen seit Jahren massiv überschritten werden. Bei Ammoniak lagen die tatsächlichen Emissionen nach Berechnungen des Umweltbundesamtes zuletzt um über 200 000 Tonnen über der zulässigen nationalen Höchstmenge von 550 000 Tonnen.
- 7. Entgegen der Auffassung der Bundesregierung werden ab dem Jahr 2030 nicht nur im Bereich der Landwirtschaft die Ziele zur Reduktion von Emissionen schwer einzuhalten sein. Insbesondere eine Reduktion von Stickoxiden (NOx) um 39 Prozent bis zum Jahr 2020 und linear von 65 Prozent bis zum Jahr 2030 ist realistischerweise nicht zu erreichen.
- 8. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auch vor dem Hintergrund des gegen Deutschland anhängigen Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Nichteinhaltung der Richtlinie 91/676/EWG /EWG auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Emissionen schnellstmöglich auf das zulässige Niveau zurückzuführen. Aus Sicht des Bundesrates sind hierzu rasche Nachbesserungen am geltenden Düngerecht unabdingbar.
- 9. Der Bundesrat weist darauf hin, dass mit dem bis Ende März 2019 an die Kommission zu übermittelnden nationalen Luftreinhalteprogramm die bundesweiten Maßnahmen zur Emissionsreduktion bereits festgelegt werden müssen. Auch wenn der Bundesrat bei der nachfolgenden rechtsverbindlichen Ausgestaltung im jeweiligen Fachrecht beteiligt ist, werden bereits bei der Ausgestaltung des nationalen Luftreinhalteprogramms wegweisende Vorfestlegungen getroffen.
- 10. Daher hält es der Bundesrat für erforderlich, dass die Bundesregierung die für den Vollzug der Maßnahmen zuständigen Länder eng und über die vorgesehene Anhörung hinaus einbezieht.
- 11. Daher bittet der Bundesrat die Bundesregierung, die für den Vollzug der Maßnahmen zuständigen Länder eng und über die vorgesehene Anhörung hinaus einzubeziehen.
- 12. Ein frühzeitiger und intensiver Austausch mit den Ländern im Vorfeld und bei der Erstellung des nationalen Luftreinhalteprogramms ermöglicht es, das praktische Wissen und die Umsetzungserfahrungen vor Ort bereits in das nationale Luftreinhalteprogramm, insbesondere hinsichtlich der Auswahl und Gewichtung der Reduktionsmaßnahmen, einfließen zu lassen.
- 13. Der Bundesrat ist deshalb der Auffassung, dass er bereits an der Erstellung des nationalen Luftreinhalteprogramms beteiligt werden sollte.
- 14. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darüber hinaus, eine sachgerechte Verankerung der Maßnahmen im jeweils einschlägigen Fachrecht sicherzustellen, um Vermengungen zwischen den betroffenen Rechtsbereichen zu vermeiden.
- 15. Um die Verpflichtungen zur Emissionsreduktion sach- und situationsgerecht zu erreichen, muss aus der Sicht des Bundesrates den Ländern größtmögliche Flexibilität verbleiben [, um eine individuelle und passgenaue Ausgestaltung der Reduktionsmaßnahmen erreichen zu können.]
- 16. Zur Ammoniakreduktion
- a) Der Bundesrat betont, dass die in der neuen NEC-Richtlinie für Deutschland festgelegten Verpflichtungen zur Emissionsreduktion für Ammoniak ambitioniert sind und die deutsche Landwirtschaft vor große Herausforderungen stellt. Die Reduktion um 29 Prozent bis zum Jahr 2030 kann vielfach nur mit hohem, zusätzlichen Aufwand realisiert werden, was sich auf die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe auswirken wird und zu tiefgreifenden Änderungen in den bäuerlichen Strukturen führen kann.
- b) Der Bundesrat hält es daher für erforderlich, die Herausforderungen für die deutsche Landwirtschaft bestmöglichst zu begleiten und Härten abzufedern. Hierzu bedarf es nicht nur zusätzlicher Bundesmittel zugunsten der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK), sondern auch Planungssicherheit insbesondere für längerfristige Investitionen im baulichtechnischen Bereich.
- c) Bei der Wahl der erforderlichen Maßnahmen zur Reduktion von Ammoniakemissionen verweist der Bundesrat auf die notwendige und enge Abwägung zwischen den Belangen des Tierwohls und des Umweltschutzes bei Tierhaltungsanlagen, um gleichzeitig sowohl der gewünschten Verbesserung des Tierwohls als auch den Belangen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes ausreichend Rechnung zu tragen.
- d) Der Bundesrat hält es für erforderlich, die von der neuen NEC-Richtlinie vorgesehenen Spielräume für landwirtschaftliche Klein- und Kleinstbetriebe sowohl im nationalen Luftreinhalteprogramm als auch im Fachrecht angemessen zu berücksichtigen.
- 17. Weiterhin fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, zügig die Novellierung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) auf den Weg zu bringen. Er erinnert daran, dass die Novelle schon für die letzte Legislaturperiode vorgesehen war. Der Bundesrat hält dabei eine Verpflichtung zur Installation von Abluftreinigungsanlagen für große Geflügelhaltungsanlagen, wie im vorliegenden Referentenentwurf zur Novellierung der TA-Luft vorgesehen, für dringend erforderlich, um die erheblichen Emissionen an Staub, Ammoniak, Gesamtstickstoff und Geruchsstoffen aus der Geflügelhaltung zu mindern. Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass die zuständigen Behörden der Länder in der Übergangszeit bis zur Novellierung der TA Luft bei der Genehmigung großer Geflügelhaltungsanlagen darauf hinwirken sollten, dass die Nachrüstbarkeit von Abluftreinigungsanlagen gewährleistet ist.
- 18. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, das nationale Luftreinhalteprogramm fristgerecht aufzustellen und auch die darin benannten erforderlichen Maßnahmen kurzfristig umzusetzen.