Bundesministerium des Innern
Berlin, 11. Mai 2015
Parlamentarischer Staatssekretär
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier
Sehr geehrter Herr Präsident,
der Bundesrat hat mit Antrag von Sachsen am 11. Juli 2014 eine "Entschließung "Präventive und repressive Maßnahmen von Bund und Ländern gegen den Crystal-Konsum" (Drucksache 297/14 (PDF) ) gefasst. In dem Beschluss fordert der Bundesrat:
- a) Die polizeilichen Kräfte mit den Ländern abzustimmen und in diesem Zusammenhang die Kontrolltätigkeit der Bundespolizei und des Zolls insbesondere im Bereich der Grenzen zur Tschechischen Republik zur Verstärkung der Bekämpfung der mit dem Crystalhandel und -konsum einhergehenden Betäubungsmittelkriminalität über ihr bisheriges Engagement hinaus im Interesse der Erhöhung des Verfolgungsdrucks zu intensivieren.
- b) Bundesweite Untersuchungen zur Häufigkeit des Drogenkonsums in der Bevölkerung (z.B."Epidemiologischer Suchtsurvey") um Aussagen zur Verbreitung des Konsums von Methamphetamin zu erweitern.
- c) -Länderübergreifend Präventionsmaßnahmen zu initiieren und zu unterstützen, die hinsichtlich ihrer Zielrichtung und Wirksamkeit zu evaluieren sind. Hierzu gehört z.B. auch die Bündelung von Informationen. In die Überlegungen zur Stärkung der präventiven Maßnahmen sind auch die Erfahrungen und Hinweise ehemaliger Konsumenten von Methamphetamin einzubeziehen.
Die Bundesregierung nimmt dazu wie folgt Stellung:
Die "Crystal-Problematik" wird seitens der Bundesregierung unverändert als prioritär eingestuft. Die Bekämpfung des Metamphetamin-/Crystal-Schmuggels - nicht allein aus der Tschechischen Republik - stellt bereits seit geraumer Zeit einen Schwerpunkt bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität dar. Aufgrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland liegt die allgemeinpolizeiliche Zuständigkeit - auch im grenznahen Raum - verfassungsgemäß grundsätzlich bei den Ländern.
Zu a)
Um der Situation Rechnung zu tragen, wurden Art und Umfang der Maßnahmen zur Bekämpfung des Crystal-Schmuggels sowie die Zusammenarbeit mit den beteiligten Behörden einschl. der Partnerbehörden sowohl in Deutschland als auch in der Tschechischen Republik in den letzten Jahren wesentlich intensiviert.
So erfolgt beispielsweise im Gemeinsamen Zentrum der Polizei- und Zollzusammenarbeit Petrovice-Schwandorf eine enge, behördenübergreifende Zusammenarbeit.
Die Zusammenarbeit in den Arbeitsstellen des Gemeinsamen Zentrums umfasst insbesondere
- - den Austausch, die Steuerung und die Sammlung von Informationen und die Mitwirkung bei deren Analyse anhand von vereinbarten einheitlichen Standards; - die Unterstützung bei der Erstellung gemeinsamer Lagebilder anhand von vereinbarten einheitlichen Standards in vereinbarten regelmäßigen Zeitabständen (auch anlassbezogen);
- - die Unterstützung bei der Vorbereitung, Stellung und Beantwortung von Ersuchen im Rahmen der Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung und bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung;
- - die Mitwirkung bei der Koordinierung von Einsätzen.
Der am 28. April 2015 unterzeichnete DEU-CZE Polizeivertrag wird nach hiesiger Einschätzung nach seiner Ratifizierung nochmals neue Impulse zur Intensivierung der Zusammenarbeit setzen.
Auch die erfolgreiche Zusammenarbeit von Zollfahndungsdienst und Landespolizei in den Gemeinsamen Ermittlungsgruppen Rauschgift sei an dieser Stelle erwähnt.
Die Zollverwaltung bezieht regelmäßig Möglichkeiten einer intensivierten behördenübergreifenden Zusammenarbeit in ihre Betrachtung ein. So wird gegenwärtig der Beitritt zu den Sicherheitskooperationsvereinbarungen zwischen dem Bundesministerium des Innern einerseits und jeweils den Freistaaten Sachsen und Bayern andererseits vorbereitet.
Die Bundespolizei wirkt bei der Kriminalitätsbekämpfung im Rahmen der ihr gesetzlich zugewiesenen Zuständigkeiten mit. Sie arbeitet mit den Polizeien der Länder und der Zollverwaltung, u.a. aufgrund sogenannter Sicherheitskooperationsvereinbarungen, seit Jahren eng und vertrauensvoll zusammen. Derartige Sicherheitskooperationsvereinbarungen bestehen mit allen Ländern; das BMF ist für den Zoll zumeist beigetreten. Diese Vereinbarungen, die den Rahmen für eine weitere Ausgestaltung der regionalen Zusammenarbeit beschreiben, dienen dazu, die behördenübergreifende Zusammenarbeit insgesamt - im Rahmen der jeweiligen gesetzlichen Zuständigkeiten - vor Ort zu intensivieren. In
Ausgestaltung dieser ministeriellen Sicherheitskooperationsvereinbarungen bestehen zahlreiche gemeinsame Kooperationsformen in regional unterschiedlicher Ausprägung und Intensität mit den Polizeien der Länder und dem Zoll.
Die Bundespolizei wirkt bereits auf Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem BMF und dem BMI - im Rahmen der Fahndungstätigkeit im Grenzgebiet - bei der Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität mit. Diese Vereinbarung mandatiert die BPOL zur präventiven Mitwirkung im Kompetenzbereich des Zolls. Die Bundespolizei stellt im Rahmen ihrer Fahndungstätigkeit im Grenzgebiet bereits zahlreiche Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz fest. Hierbei trifft sie die ersten unaufschiebbaren Maßnahmen und übergibt dann an die zuständige Polizei des Landes oder die Zollverwaltung.
Im Ergebnis wird die Bundespolizei auch weiterhin, insbesondere bei gemeinsamen Fahndungsaktionen und mit den bestehenden gemeinsamen Einsatzformen in den Grenzgebieten, im Rahmen der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten in dieser Angelegenheit mitwirken und die Zusammenarbeit mit den Polizeien der Länder und dem Zoll fortsetzen.
Vor diesem Hintergrund und vor dem Hintergrund dass die Bundespolizei ihr Personal mit Blick auf ihre eigene originäre bundesweite Aufgaben- und Schwerpunktsetzung, sowie internationale Herausforderungen planen und einsetzen muss, sowie der bereits ohnehin engen Zusammenarbeit mit den Polizeien der Länder und der Zollverwaltung, insbesondere in den Grenzgebieten, wird derzeit kein Raum gesehen, das Engagement der Bundespolizei zur Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität noch weiter zu intensivieren.
Zu b)
Die Bundesregierung greift die Forderung des Bundesrates auf, bundesweite Untersuchungen zur Häufigkeit des Drogenkonsums (z.B. "Epidemiologischer Suchtsurvey") um Aussagen zur Verbreitung des Konsums von Methamphetamin zu erweitern.
Der nächste Suchtsurvey wird 2015 durchgeführt und enthält Fragen zum Konsum von Crystal. Die Bundesländer wurden über Zielsetzung und Fragestellung des Suchtsurveys 2015 informiert und gebeten, eine Beteiligung am Survey mit zusätzlichen Fällen (Aufstockung) zu prüfen. Insgesamt sechs Bundesländer (Bayern, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen) haben sich für eine Beteiligung an der Studie entschieden.
Zu c)
Um mehr über die Konsumenten von Methamphetamin zu erfahren, hat das Bundesministerium für Gesundheit zwei Studien in Auftrag gegeben und am 24. Juni 2014 sowie am 16. Dezember 2014 Fachgespräche mit Expertinnen und Experten aus der Sucht- und Drogenpolitik, der Forschung sowie aus der Versorgungspraxis durchgeführt, um länderübergreifend Ansatzpunkte in der Prävention sowie in der Beratung und Behandlung zu entwickeln. Erste Projekte (s. Liste/ Anlage ) sind bereits auf den Weg gebracht worden, weitere Projekte sind geplant.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Günter Krings