858. Sitzung des Bundesrates am 15. Mai 2009
Der federführende Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zum Gesetzentwurf allgemein
- 1. Der Bundesrat unterstützt [vorbehaltlos] {das Ziel einer wirkungsvollen und nachhaltigen} Bekämpfung von Steuerhinterziehung <und die damit verbundene Erhöhung der Steuergerechtigkeit.>
- 2. Steuerhinterziehung schädigt das Gemeinwohl und insbesondere die vielen steuerehrlichen Unternehmen und Privatpersonen. Der Bundesrat bekräftigt, dass zur Erreichung des Ziels der Bekämpfung der Steuerhinterziehung gleichzeitig wirkungsvolle wie verhältnismäßige Mittel eingesetzt werden.
- 3. Er begrüßt die bekundete Bereitschaft von Staaten, sich völkerrechtlich zu binden und zur Durchsetzung der nationalen Steuerrechte bilateral Auskünfte zu erteilen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, das Angebot dieser Staaten umgehend anzunehmen, entsprechende Abkommen zügig zu verhandeln sowie möglichst einen automatisierten Auskunftsaustausch darin festzulegen.
Bei Annahme entfällt Ziffer 4.
- 4. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, das Ziel der Bekämpfung der Steuerhinterziehung im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr prioritär durch zügige Verhandlungen auf internationaler Ebene zu erreichen. Er begrüßt die Erfolge, die auf dem G20-Gipfel in London erzielt wurden, und dass alle ehemals auf der OECD-Liste aufgeführten Steueroasen inzwischen ihre Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit mit den Industriestaaten erklärt haben.
- 5. Der Bundesrat sieht das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz auch als Mittel und Anreiz, Staaten zu bewegen, sich bilateral zu verpflichten, Auskünfte im Steuerverfahren zu erteilen. Er stellt fest, dass das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz - mit Ausnahme des Artikels 5 -ohne eine mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassende Rechtsverordnung der Bundesregierung nicht anwendbar ist. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei Entwurf der noch zu erlassenden Rechtsverordnung auf eine angemessene Abwägung zwischen einer notwendigen Bekämpfung der Steuerflucht und berechtigten Interessen des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu achten.
- 6. Der Bundesrat hat Bedenken, ob das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz das zu unterstützende Ziel der Bekämpfung von Steuerflucht mit noch verhältnismäßigen Mitteln erreichen will. Er bittet die Bundesregierung um Überprüfung, ob die Rechtsfolgen des Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes erforderlich, geeignet und zweckmäßig sind. Das betrifft insbesondere die vorgesehene verschärfende Dividendenbesteuerung bei ausländischen Tochtergesellschaften. Bei dieser Prüfung bittet der Bundesrat, die Auswirkungen des Gesetzes auf den Wirtschaftsstandort Deutschland zu bedenken. Denn die erhöhten Mitwirkungspflichten treffen auch den steuerehrlichen Unternehmer, der Geschäftsbeziehungen zu einem Staat unterhält, der der deutschen Steuerverwaltung keine Auskünfte in Steuersachen erteilt.
7. Zu Artikel 4a - neu - (§ 20 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, Absatz 2 UStG)
Bei Annahme von Ziffer 7 entfallen Ziffern 8 und 9.
Nach Artikel 4 ist folgender Artikel 4a einzufügen:
"Artikel 4a
Änderung des Umsatzsteuergesetzes
§ 20 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386), zuletzt geändert durch ......, wird wie folgt geändert:
- 1. In Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 wird die Zahl "250 000" durch die Zahl "500 000" ersetzt.
- 2. Absatz 2 wird gestrichen."
Begründung
Nach dem geltenden Umsatzsteuerrecht entsteht die Umsatzsteuer im Regelfall mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Es kommt nicht darauf an, ob das für die Leistung vereinbarte Entgelt tatsächlich vereinnahmt worden ist. § 20 Absatz 1 UStG eröffnet die Möglichkeit, auf Antrag die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen. Die dabei geltende Umsatzsteuergrenze von 250 000 Euro entspricht nicht mehr den heutigen Notwendigkeiten, so dass eine deutliche Anhebung auf 500 000 Euro sinnvoll ist.
Es handelt sich dabei nicht um ein Problem, das speziell die neuen Länder betrifft. Kleine und mittlere Unternehmen in den alten Ländern befinden sich in einer vergleichbar schwierigen Situation.
- 8. Hilfsweise für den Fall, dass der Bundesrat der Empfehlung in Ziffer 7 nicht folgt:
Zu Artikel 4a - neu - ( § 20 Absatz 2 UStG)
Bei Annahme entfällt Ziffer 9.
Nach Artikel 4 ist folgender Artikel 4a einzufügen:
"Artikel 4a
Änderung des Umsatzsteuergesetzes
In § 20 Absatz 2 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386), das zuletzt durch ...... geändert worden ist, wird die Angabe "31. Dezember 2009" durch die Angabe "31. Dezember 2013" ersetzt."
Begründung
Das Finanzamt kann auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer in den neuen Ländern bei der Umsatzsteuer abweichend von der Regelbesteuerung (Versteuerung nach vereinbarten Entgelten - so genannte Soll-Versteuerung) die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (so genannte Ist-Versteuerung) wählen darf, wenn der Vorjahresumsatz 500 000 Euro nicht überschritten hat.
Diese Regelung für die neuen Länder läuft Ende des Jahres 2009 aus.
In Ostdeutschland hat seit der deutschen Wiedervereinigung ein umfassender Modernisierungsprozess stattgefunden. Trotz aller Anstrengungen, die ganz Deutschland unternommen hat, reicht diese Basis für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung aber noch immer nicht aus. Die schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse bestehen nach wie vor fort.
Gerade kleine und mittlere Unternehmen haben unter verzögerten Kundenzahlungen stärker zu leiden als große Unternehmen. Dies gilt umso mehr in der jetzigen Finanz- und Wirtschaftskrise. Für sie ist es eine spürbare Hilfe, wenn sie ihre Umsatzsteuer erst dann an das Finanzamt abführen müssen, wenn der Kunde die Rechnung bezahlt hat. Mit einer Verlängerung der Regelung würde dem Mittelstand auch weiterhin die Liquidität verschafft, auf die er dringend angewiesen ist. Aus dieser Regelung ergeben sich keine Einnahmeausfälle, sondern lediglich zeitliche Verschiebungen im Umsatzsteueraufkommen.
Die Regelung sollte deshalb verlängert werden. Mit der Zielmarke 2013 lehnt sich die Änderung an die Laufzeit des Investitionszulagengesetzes und der laufenden EU-Strukturfonds-Förderperiode an, die ebenfalls Ende 2013 endet.
9. Zu Artikel 4a - neu - ( § 20 Absatz 2 UStG)
Nach Artikel 4 ist folgender Artikel 4a einzufügen:
"Artikel 4a
Änderung des Umsatzsteuergesetzes
§ 20 Absatz 2 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 20. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2850) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
Die Angabe "31. Dezember 2009" wird durch die Angabe "31. Dezember 2011" ersetzt."
Begründung
Das Finanzamt kann auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer in den neuen Bundesländern bei der Umsatzsteuer abweichend von der Regelbesteuerung (Versteuerung nach vereinbarten Entgelten - sog. Soll-Versteuerung) die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (sog. Ist-Versteuerung) wählen darf, wenn der Vorjahresumsatz 500.000 Euro nicht überschritten hat. Diese Regelung für die neuen Länder läuft Ende des Jahres 2009 aus.
In Ostdeutschland hat seit der deutschen Wiedervereinigung ein umfassender Modernisierungsprozess stattgefunden. Trotz aller Anstrengungen, die ganz Deutschland unternommen hat, reicht diese Basis für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung aber noch immer nicht aus. Die schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse bestehen nach wie vor fort.
Gerade kleine und mittlere Unternehmen haben unter verzögerten Kundenzahlungen stärker zu leiden als große Unternehmen. Dies gilt umso mehr in der jetzigen Finanz- und Wirtschaftskrise. Für sie ist es eine spürbare Hilfe, wenn sie ihre Umsatzsteuer erst dann an das Finanzamt abführen müssen, wenn der Kunde die Rechnung bezahlt hat. Mit einer Verlängerung der Regelung würde dem Mittelstand auch weiterhin die Liquidität verschafft, auf die er dringend angewiesen ist. Aus dieser Regelung ergeben sich keine Einnahmeausfälle, sondern lediglich zeitliche Verschiebungen im Umsatzsteueraufkommen.
Die Regelung sollte deshalb bis 31. Dezember 2011 verlängert werden.
Ziffer 9 entfällt bei Annahme von Ziffer 7 oder 8.