Der Bundesrat hat in seiner 898. Sitzung am 29. Juni 2012 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 29. Juni 2012 verabschiedeten Gesetz mit der in Artikel 23 Absatz 1 Satz 3 i.V.m. Artikel 79 Absatz 2 des Grundgesetzes vorgeschriebenen Mehrheit zuzustimmen.
Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschließung gefasst:
Eckpunkte einer innerstaatlichen Umsetzung der neuen Vorgaben des Fiskalvertrags und des Stabilitäts- und Wachstumspaktes
Die Bewältigung der Staatsschuldenkrise macht eine verstärkte Haushaltsdisziplin für ganz Europa unabdingbar. Gleichzeitig ist es erforderlich, die Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung durch gezielte, strukturelle Maßnahmen zur Stärkung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu verbessern. Der Fiskalvertrag stellt dabei einen wesentlichen Baustein dar, um die Zielsetzung einer Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion zu einer fiskalpolitischen Stabilitätsunion dauerhaft zu verwirklichen. Der Bundesrat bekennt sich zur gemeinsamen Verantwortung von Bund und Ländern, die Vorgaben des Fiskalvertrags und des reformierten Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu erfüllen. Der Bundesrat begrüßt, dass Deutschland mit den verfassungsrechtlich verankerten Schuldenregeln und der begleitenden Einrichtung des Stabilitätsrats bereits umfassende institutionelle und rechtliche Regelungen verabschiedet hat, die die langfristige Tragfähigkeit der Haushalte von Bund und Ländern sichern.
Hinsichtlich der innerstaatlichen Umsetzung der Vorgaben des Fiskalvertrags und des Stabilitäts- und Wachstumspaktes (SWP) weist der Bundesrat darauf hin, dass Bund und Länder am 24. Juni 2012 folgende Eckpunkte vereinbart haben:
- - Durch den Fiskalpakt sowie die noch ausstehende Konkretisierung bestimmter Vorgaben durch die Kommission werden keine Anforderungen begründet, die über die Vorgaben des verfassungsrechtlichen Rahmenwerks zur Begrenzung der Neuverschuldung in den Haushalten von Bund und Ländern hinausgehen. - Die innerstaatliche Umsetzung geschieht durch Festlegung der Obergrenze für das gesamtstaatliche strukturelle Defizit von max. 0,5 Prozent des BIP entsprechend den Vorgaben des Fiskalvertrags und des Stabilitäts- und Wachstumspaktes im Haushaltsgrundsätzegesetz. Durch die noch zu konkretisierende innerstaatliche Umsetzung wird die Haushaltsautonomie von Bund und Ländern nicht beeinträchtigt werden.
- - Zur Erfüllung der Vorgaben des Fiskalpaktes tragen die Länder ausschließlich im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich garantierten Haushaltsautonomie durch die Einhaltung ihrer bestehenden Verpflichtungen aus Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 143d Absatz 1 Satz 4 des Grundgesetzes bei. Die Länder treffen keine darüber hinausgehenden Verpflichtungen. Insbesondere wird die den Ländern durch Artikel 143d Absatz 1 Satz 3 und Satz 4 des Grundgesetzes eingeräumte Handlungsfreiheit beachtet. Die Haushalte der Länder sind so aufzustellen, dass im Haushaltsjahr 2020 die Vorgabe aus Artikel 109 Absatz 3 Satz 5 des Grundgesetzes erfüllt wird. Die Vereinbarungen mit den Konsolidierungshilfeländern bestehen unverändert fort.
- - Der Stabilitätsrat überwacht die Einhaltung der gesamtstaatlichen Defizitobergrenze. Bund und Länder werden im Stabilitätsrat zusammenwirken, um einer Überschreitung der gesamtstaatlichen Defizitobergrenze nach Artikel 3 des Fiskalvertrags entgegenzuwirken. Im Rahmen der innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags sind die hierfür notwendigen Änderungen des Stabilitätsratsgesetzes vorzunehmen. - Der Bund haftet im Fiskalvertrag im Außenverhältnis. Er ist bereit, für den Zeitraum bis 2019 das Risiko etwaiger Sanktionszahlungen hinsichtlich des präventiven Arms des SWP zu übernehmen.
- - Intelligentes Schuldenmanagement:
Angesichts des Fiskalpaktes und des Verschuldungsverbots für die Länder ab 2020 können zukünftig gemeinsame Anleihen von Bund und Ländern vernünftig sein. Vor diesem Hintergrund wird der Bund zusammen mit den Ländern die Voraussetzungen dafür schaffen, dass eine gemeinsame Kreditaufnahme von Bund und Ländern ("Huckepackverfahren") möglich ist. Eine erste Anleihe soll in 2013 emittiert werden.
- - Bund und Länder stimmen darin überein, dass der Entwicklung der Sozialversicherungen und der kommunalen Finanzen bei der Einhaltung des Fiskalpaktes eine wichtige Rolle zufällt. Die Entwicklung der Sozialversicherungen liegt dabei in der Verantwortung des Bundes. Die Länder tragen im Rahmen des Fiskalvertrags die Verantwortung für ihre Kommunen. Infolge der expliziten Einbeziehung der kommunalen Verschuldung in die Defizitobergrenze des Fiskalpaktes - im Gegensatz zur deutschen Schuldenbremse - werden die Länder in ihrer Konsolidierungspolitik vor deutlich größere Herausforderungen gestellt. Deshalb werden Bund und Länder unter Einbeziehung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ein neues Bundesleistungsgesetz in der nächsten Legislaturperiode erarbeiten und in Kraft setzen, das die rechtlichen Vorschriften zur Eingliederungshilfe in der bisherigen Form ablöst.
- - Bund und Länder stimmen darin überein, dass eine Entscheidung über die Höhe der vom Bund für den Zeitraum 2014 - 2019 zur Aufgabenerfüllung der Länder zu zahlenden Kompensationen nach Artikel 143c des Grundgesetzes ("Entflechtungsmittel", z.B. zur Verbesserung der kommunalen Verkehrsverhältnisse) im Herbst dieses Jahres erfolgt.