Der Regierende Bürgermeister von Berlin Berlin, den 3. Juni 2008
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierungen von Berlin, Bremen und Rheinland-Pfalz haben beschlossen die in der Anlage beigefügte
- Entschließung des Bundesrates, die Erklärung der Bundesrepublik Deutschland vom 6. März 1992 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention) zurückzunehmen
beim Bundesrat einzubringen.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 845. Sitzung am 13. Juni 2008 zu setzen und die sofortige Sachentscheidung herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit
Vgl. Drucksache 605/02
Entschließung des Bundesrates, die Erklärung der Bundesrepublik Deutschland vom 6. März 1992 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention) zurückzunehmen
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich die von der Bundesregierung am 06. März 1992 bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegte Erklärung der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes zurückzunehmen.
Begründung:
Das "Übereinkommen über die Rechte des Kindes" (UN-Kinderrechtskonvention) vom 20. November 1989 ist am 05. April 1992 für Deutschland in Kraft getreten. Bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunde am 06.03.1992 hat Deutschland eine gesonderte Erklärung abgegeben, die in der Bekanntmachung über das Inkrafttreten vom 10. Juli 1992 (BGBl. II S. 990 ff) veröffentlicht wurde.
Die Erklärung stellt im wesentlichen fest, dass
- - das Übereinkommen in Deutschland nicht unmittelbar angewandt, sondern als völkerrechtliche Staatenverpflichtung durch innerstaatliches Recht erfüllt werde (Punkt I.);
- - die Ausgestaltung des elterlichen Personensorgerechts dem Ermessen des innerstaatlichen Gesetzgebers unterstellt bleibt (Punkt II.);
- - bei Straftaten von geringer Schwere nicht in allen Fällen
- - ein Anspruch auf einen Beistand zur Wahrnehmung der Verteidigung und
- - der Rechtsweg auch gegen Urteile unterhalb der Verhängung von Freiheitsstrafen eröffnet bleiben muss (Punkt III.);
- - das Übereinkommen nicht dazu führe, dass
- - die widerrechtliche Einreise oder der widerrechtliche Aufenthalt eines Ausländers in der Bundesrepublik erlaubt seien;
- - das Recht der Bundesrepublik Deutschland, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen, beschränkt würde (Punkt IV.);
- - von der Möglichkeit, die Altersgrenze für die Teilnahme von Jugendlichen als Soldaten an Feindseligkeiten auf 15 Jahre festzusetzen, kein Gebrauch gemacht werden wird (Punkt V.).
Mit dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes wurden erstmals völkerrechtlich verbindlich politische Bürgerrechte und soziale Menschenrechte formuliert, die ihren Ausdruck in der Festschreibung von Mindestanforderungen an die Versorgung, den Schutz und die Beteiligung von Kindern am gesellschaftlichen Leben finden. Die Umsetzung dieser Ziele muss endlich vorbehaltlos gewährleistet werden.
Sowohl in den Schlussbemerkungen des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes zum Erstbericht Deutschlands über das Übereinkommen, durch die Entschließung des Deutschen Bundestages vom 30. September 1999 anlässlich der Aussprache zum 10. Kinderund Jugendbericht als auch durch national und international tätige Organisationen wird seit Jahren die Rücknahme dieser Erklärung gefordert, ohne dass ein entsprechendes Ergebnis erzielt wurde.
Es besteht kein Bedürfnis an der Absicht des Jahre 1992, durch die Erklärung Über- oder Fehlinterpretationen zu vermeiden, festzuhalten. Aufgrund der Völkerrechtskonformität der deutschen Rechtslage sowie zwischenzeitlich eingetretener Rechtsänderungen, insbesondere durch die Kindschaftsrechtsreform und die Änderungen im Zuwanderungs- und Aufenthaltsrecht, kann auf die Erklärung verzichtet werden.