912. Sitzung des Bundesrates am 5. Juli 2013
A
- 1. Der federführende Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz und der Gesundheitsausschuss empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.
B
- 2. Der federführende Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Bundesrat ferner, folgende Entschließung zu fassen:
- a) Der Bundesrat stellt fest, dass wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung von BSE und zum Schutz der Verbraucher mit aller Stringenz beibehalten werden müssen. Wirtschaftliche Interessen dürfen keinesfalls Vorrang gegenüber dem Verbraucherschutz haben.
- b) Der Bundesrat stellt fest, dass in Deutschland seit 4 Jahren kein BSE-Fall bei Rindern mehr festgestellt wurde. Die letzte Feststellung bei einem gesund geschlachteten Rind war im Juli 2009.
- c) Der Bundesrat weist zudem darauf hin, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in einem Gutachten zu dem Schluss kommt, dass das aktuelle Programm zur Überwachung von Risiko-Teilpopulationen (verendete Tiere, notgeschlachtete Tiere und klinische Verdachtsfälle) ausreicht, um der von der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) festgelegten internationalen Norm für BSE-Überwachungssysteme zu entsprechen. Die entscheidende Maßnahme, um Verbraucher vor dem BSE-Erreger zu schützen, ist die Entfernung des spezifizierten Risikomaterials (SRM - Hirn, Rückenmark etc.) bei allen gesund geschlachteten Rindern.
- d) Der Bundesrat stellt weiterhin fest, dass in einem überwiegenden Teil der Mitgliedstaaten bereits auf die BSE-Testung gesund geschlachteter Rinder verzichtet wird.
- e) Der Bundesrat fordert die Bundesregierung insofern auf, das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) zu beauftragen, die erstellte Risikobewertung unter Berücksichtigung der Bewertung des BSE-Risikos durch die EFSA zeitnah zu aktualisieren.
- f) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung im Anschluss um zeitnahe Vorlage eines neuen Entwurfs zur Änderung der BSE-Untersuchungsverordnung, der einen vollständigen Verzicht auf die Testung gesund geschlachteter Rinder beinhaltet.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Mit dem Durchführungsbeschluss 2013/76/EU der Kommission vom 4. Februar 2013 zur Änderung der Entscheidung 2009/719/EG zur Ermächtigung bestimmter Mitgliedstaaten, ihr jährliches BSE-Überwachungsprogramm zu überarbeiten (ABl. L 35 vom 6.2.2013, S. 6), wurde auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Neubewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Deutschland und 24 weiteren Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet, ab dem 1. Januar 2013 auf die Schnelltests auf BSE für gesund geschlachtete Rinder zu verzichten.
Das aus dem Gutachten von BfR und FLI abgeleitete Monitoring zur Erfassung der seltenen, spontan auftretenden atypischen BSE ist keine Verbraucherschutzmaßnahme im engeren Sinn und trägt zu keiner höheren Sicherheit bei, da das Risiko des Auftretens dieser seltenen Spontanerkrankungen immer bestehen wird. Daher dient die Fortsetzung der BSE-Tests als "Tiergesundheits-Monitoring" nicht vorrangig dem Verbraucherschutz.
Es ist damit zu rechnen, dass die meisten der 25 benannten Mitgliedstaaten die Regelung zum Verzicht auf die BSE-Testung in Anspruch nehmen werden. Bei einer Abfrage der Kommission im Rahmen einer Arbeitsgruppensitzung zu TSE am 8. März 2013 gaben 16 Mitgliedstaaten an, die Testung von gesunden Schlachtrindern bereits eingestellt zu haben oder dies kurzfristig vorzuhaben. Weitere Mitgliedstaaten hatten noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Lediglich einzelne Mitgliedstaaten (Polen, Slowakei, Portugal und Griechenland) wollen bis auf weiteres an der Testpflicht bei Schlachtrindern im Alter von über 72 Monaten festhalten.
Durch Beibehaltung der Testpflicht unter Anhebung des Testalters in Deutschland ergeben sich erhebliche Probleme:
- - Ungleichbehandlung der Wirtschaftsbeteiligten in den verschiedenen Mitgliedstaaten. - Verunsicherung der Verbraucher dadurch, dass vor dem Hintergrund des freien Warenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft in Deutschland sowohl Fleisch von getesteten als auch ungetesteten Rindern im Alter von über 96 Monaten rechtmäßig in Verkehr sein wird.
- - Rinderhalter können rechtskonform auf Schlachtbetriebe in angrenzenden Mitgliedstaaten ausweichen, die Tiere dort ohne BSE-Test schlachten lassen und anschließend das Fleisch in Deutschland vermarkten. Dies kann zu einer Verlagerung des Schlachtaufkommens und zu vermehrten Tiertransporten führen.
- - Für die Überwachungsbehörden erhöht sich durch die unterschiedliche Handhabung innerhalb der Gemeinschaft die Fehleranfälligkeit und damit das Risiko für Entschädigungsprozesse. Die Kofinanzierung der BSE-Tests durch die Kommission für gesund geschlachtete Rinder wird zudem bald eingestellt werden. - Wirtschaft und Überwachung werden nicht nennenswert entlastet, da der organisatorische Aufwand für Dokumentations- und Überwachungspflichten (Beschlagnahme, Freigabe, Altersprüfung, Aufwand für Verpackung und Transport der Proben) gleich bleibt oder gar steigt und die Laborkosten je Test erheblich steigen dürften.
- - Insgesamt stellt die Beibehaltung der Testpflicht eine Maßnahme von für den Verbraucherschutz untergeordneter Bedeutung dar, die bei nicht messbarem Vorteil sehr viel Aufwand für die Überwachungsbehörden und die Land- und Fleischwirtschaft verursacht.