Der Bundesrat hat in seiner 914. Sitzung am 20. September 2013 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Allgemeines
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Vorhaben der Kommission, das Erdbeobachtungsprogramm Copernicus aufzubauen.
Er begrüßt insbesondere, dass die Kommission nunmehr einen Legislativvorschlag vorgelegt hat, der sicherstellt, dass das bisherige Erdbeobachtungsprogramm GMES über die Ablauffrist Ende 2013, die in der Verordnung (EU) Nr. 911/2010 festgelegt ist, - jetzt unter dem Namen Copernicus - fortgeführt werden kann. Der vorliegende Verordnungsvorschlag enthält Regelungen zu Finanzierung, Realisierung bis hin zu den Eigentumsrechten und der Datenverfügbarkeit und somit zu allen notwendigen Aspekten des Projekts. Dies ist unerlässlich, um eigenständige, dauerhaft verfügbare, kosteneffiziente und nutzerfreundliche Dienstleistungen für Umwelt- und Sicherheitsfragen zur Unterstützung effizienter und nachvollziehbarer politischer Entscheidungen in Europa bereitstellen zu können.
- 2. Der Bundesrat begrüßt ferner, dass Copernicus als EU-Programm innerhalb des Mehrjährigen Finanzrahmens 2014-2020 finanziert werden soll. Er sieht den Vorschlag als gute Grundlage für notwendige weitere Verhandlungen an. Diese müssen die Höhe des für Copernicus bereitzustellenden Finanzrahmens wie auch die Verteilung der Mittel innerhalb des Finanzrahmens betreffen.
- 3. Der Bundesrat sieht bei der geplanten Rolle der Mitgliedstaaten - insbesondere im Hinblick auf Art und Umfang der Bereitstellung von Insitu-Daten - noch Verhandlungsbedarf.
Eingriff in das Kosten- und Haushaltsrecht der Länder
- 4. Sollten Daten und Informationen, die durch Einrichtungen der Länder für Copernicus zur Verfügung gestellt werden, mit Lizenzbedingungen und/oder Gebühren versehen sein, so ist deren Weiterverwendung bzw. Weitergabe auf Basis der in Artikel 15 Nummer 1 des Verordnungsvorschlags formulierten Kriterien "offen und kostenlos" nicht zulässig. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, dass unter den Begriff "Dritter" auch die Länder zu zählen sind.
- 5. Die in Artikel 16 Nummer 2 vorgeschlagene Ermächtigung der Kommission, Lizenzen für die Verwendung von Daten und von Informationen Dritter festzulegen, ist in der vorgeschlagenen Form abzulehnen. Entweder muss das Recht der Ländereinrichtungen, über ihre Daten und Informationen zu verfügen sowie entsprechende Nutzungsbedingungen und Lizenzbestimmungen festzulegen, in diesem Artikel eindeutig festgestellt oder die Wörter "und von Dritten" müssen ersatzlos gestrichen werden.
Definition der "Insitu-Daten"
- 6. Die in Artikel 2 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags erwähnten "Insitu-Daten" sind nicht näher beschrieben. Die aus Sicht der Datenprovider wichtigen Bestimmungen in Artikel 6 hinsichtlich der Insitu-Daten sind in Ermangelung klarer Definitionen unbefriedigend. Sowohl die Bereitstellung von Geobasisdaten der Länder für das Copernicus-Programm als auch deren Abgabe durch das Copernicus-Programm dürfen nicht durch die Verordnung bzw. daran anknüpfende Rechtsakte (Artikel 16 und Artikel 11 Nummer 6) einseitig festgelegt werden. Eine Mitwirkung der Länder an den vorgesehenen Rechtsakten ist daher einzufordern.
Kommerzielle Weiterverwendung von Daten
- 7. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich im Verlauf der weiteren Beratungen in den Gremien der EU für eine Klarstellung in den Erwägungsgründen dahingehend einzusetzen, dass Referenzdaten der Mitgliedstaaten - soweit sie im Copernicus-Programm verwendet werden sollen - auch in einer Form bereitgestellt werden können, die eine kommerzielle Weiterverwendung ausschließt.
Auch wenn aus dem Verordnungsvorschlag keine explizite Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu erkennen ist, dass diese ihre räumlichen Referenzdaten - beispielsweise aus den Bereichen Geotopographie und Liegenschaftskataster - für das Copernicus-Programm bereitzustellen haben, kann dies aufgrund der Ausführungen in den Erwägungsgründen (insbesondere Nummer 6) sowie dem Abschnitt 1.4.2 des Finanzbogens der Vorlage nicht ausgeschlossen werden.
Da die Erhebung und Führung dieser Daten durch die Kataster- und Vermessungsverwaltungen in Deutschland in nicht unerheblichem Umfang auch durch Gebühreneinnahmen refinanziert wird, muss sichergestellt sein, dass diese Daten nicht auf Grund der Regelung in Artikel 15 des Verordnungsvorschlags in originärer Qualität über das Copernicus-Programm kosten- und lizenzfrei an Dritte weitergegeben werden.
Dies ließe sich dadurch erreichen, dass die Mitgliedstaaten ihre hier in Rede stehenden Daten nur in einer Form - etwa in verminderter Bildqualität - für das Copernicus-Programm zur Verfügung stellen können, die eine Weiterverwendung zu kommerziellen Zwecken ausschließt.
Diese Auslegung entspräche der Regelung zur Datenbereitstellung an Dritte in Artikel 14 Absatz 3 der Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2007 zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE).
Sie würde nach Auffassung des Bundesrates zudem der Regelung in Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 2003/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors - geändert durch die Richtlinie 2013/37/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 - zur Möglichkeit der Refinanzierung der Verwaltungsaufwendungen durch Gebühreneinnahmen Rechnung tragen.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich im Rat für eine entsprechende Klarstellung einzusetzen.
Überarbeitung von Artikel 12
- 8. Der Bundesrat ist allerdings der Auffassung, dass der Verordnungsvorschlag in folgendem Punkt der Überarbeitung bedarf, und bittet die Bundesregierung, dies bei den weiteren Beratungen auf EU-Ebene zu berücksichtigen:
Gemäß Artikel 12 Absatz 4 kann die Kommission die Europäische Weltraumorganisation (ESA) teilweise oder ganz mit den in Artikel 5 Buchstabe b beschriebenen Aufgaben zur Entwicklung der Weltraumkomponente betrauen. Diese Regelung ist zu modifizieren. Der Kommission sollte bei der Betreiberauswahl und bei der Reichweite der zu übertragenden Aufgaben kein Ermessen eingeräumt werden. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auf Artikel 4 Absatz 4 der bestehenden Verordnung, der die technische Koordinierung und Umsetzung der GMES-Weltraumkomponente der ESA unmittelbar überträgt. Dies hat sich bewährt und sollte in vollem Umfang beibehalten werden. Die bloße Möglichkeit der Betrauung der ESA mit den - beziehungsweise gegebenenfalls auch nur einem Teil der - genannten Aufgaben ist hingegen nicht ausreichend, würde deren Stellung als zentraler Entwickler für europäische Weltraumprojekte untergraben und liegt nicht im deutschen Interesse. Der Bundesrat ist vielmehr der Auffassung, dass das langjährig erarbeitete Knowhow der ESA erhalten bleiben muss und daneben keine parallelen Zuständigkeiten durch die EU aufgebaut werden dürfen. Dies ist zudem ein selbst benanntes Ziel der Kommission. Auf Erwägungsgrund 17 der vorgeschlagenen Verordnung ist in diesem Zusammenhang hinzuweisen. Danach wird zum einen die partnerschaftliche Dimension von Copernicus betont, was die Partnerschaft von EU und ESA einschließt. Außerdem wird ausdrücklich hervorgehoben, dass eine Duplizierung technischen Knowhows vermieden werden soll.