Der Bundesrat hat in seiner 860. Sitzung am 10. Juli 2009 beschlossen, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderung zuzustimmen:
Zu § 2 Nummer 6
In § 2 Nummer 6 sind die Wörter "üblichen Wohnort" durch das Wort "Dienstort" zu ersetzen.
Als Folge ist
- a) in § 3 in der Überschrift und in den Absätzen 1 und 2,
- b) in § 4 Absatz 1 und
- c) in § 9 Nummer 3
jeweils das Wort "Wohnort" durch das Wort "Dienstort" zu ersetzen.
Begründung
In § 2 Nummer 6 wird der Begriff "auswärtige Ruhezeit" als diejenige tägliche Ruhezeit bezeichnet, die nicht am üblichen Wohnort genommen werden kann. Schon diese Formulierung intendiert, dass der Dienstort nicht zwingend dem Wohnort entsprechen muss. Zur Klarstellung sollte deshalb das Wort "Wohnort" durch das Wort "Dienstort" ersetzt werden. Insbesondere die im § 4 Absatz 1 festgelegte Regelung, dass auf eine auswärtige Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit am Wohnort erfolgen muss, stellt eine Benachteiligung hauptsächlich der kleineren und mittleren Privat- und Regionalbahnen dar.
Der Bundesrat hatte mit Beschluss vom 29. April 2005 zum Richtlinienvorschlag 2005/47/EG (vgl. BR-Drucksache 132/05(B) ) aus Wettbewerbsaspekten sowohl im intermodalen als auch im intramodalen Verkehr erhebliche Bedenken gegen die Richtlinie geäußert, da die Stärkung des Wettbewerbs sowie die Liberalisierung des Schienengüterverkehrs durch die Richtlinie konterkariert würden. Mit Schreiben der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) und der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen (CER) vom 10. Juni 2009 wird die Kommission gebeten, die betroffenen Mitgliedstaaten darüber zu informieren, dass die Vereinbarung der CER und ETF in Ziffer 2 Nummer 7 und alle darauf angewandten Klauseln auf den Dienstort, und nicht den Wohnort zu interpretieren sind. Durch die Änderung an den betreffenden Stellen wird dieser Auslegung der Sozialpartner Rechnung getragen.
Mit der Änderung des Begriffs "Wohnort" in "Dienstort" kann der aus der Umsetzung der Richtlinie entstehende Schaden für den Eisenbahnsektor zumindest begrenzt werden. Denn insbesondere im Schienengüterverkehr haben sich in der Vergangenheit Arbeitsmodelle etabliert, in denen Wohn- und Dienstort geographisch auseinander liegen. Auch im Schienenpersonenfernverkehr würde durch die Regelung zum Wohnort eine weitere, nicht zu vertretende Hürde gegenüber dem grenzüberschreitenden Bus- und Flugverkehr aufgebaut. Zudem, würde die Beibehaltung des Begriffs "Wohnort" erzwingen, dass der Eisenbahnverkehrsunternehmer bei der Planung den Zeitaufwand des Fahrpersonals zwischen Wohnort und Dienstort berücksichtigen müsste. Dies ist nicht sachgerecht.
Der Bundesrat hat ferner die nachfolgende Entschließung gefasst:
Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 29. April 2005 zum Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Durchführung der Vereinbarung über bestimmte Aspekte der Einsatzbedingungen des fahrenden Personals im interoperablen grenzüberschreitenden Verkehr zwischen der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) und der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen (CER) (vgl. BR-Drucksache 132/05(B) ) Stellung genommen. Darin hat er unter Ziffer 7 die Bundesregierung gebeten, sich im weiteren Rechtsetzungsverfahren dafür einzusetzen, dass die Vereinbarungen der Sozialpartner nicht ohne gleichzeitige Harmonisierung mit den Sozialvorschriften in anderen Sektoren, insbesondere dem Straßenverkehr, zu einer Richtlinie werden. Dies sollte unabhängig davon geschehen, ob eine derartige Richtlinie nach Artikel 139 Absatz 2 EG-Vertrag zur Durchführung dieser Vereinbarung erlassen wird oder ob eine inhaltlich ähnliche Richtlinie auf Vorschlag der Kommission ergeht.
Trotz dieses Votums hat die Bundesregierung der Richtlinie in den EU-Gremien zugestimmt.
Der Bundesrat bedauert, dass die Bundesregierung seiner Aufforderung nicht nachgekommen ist. Der Bundesrat stellt fest, dass damit das Ziel einer Stärkung und Liberalisierung des Schienengüterverkehrs konterkariert wurde.
Nach Artikel 4 der Richtlinie 2005/47/EG sollte diese bereits bis zum 27. Juli 2008 in nationales Recht umgesetzt sein. Die von der Bundesregierung vorgelegte Verordnung über die Einsatzbedingungen des fahrenden Personals im interoperablen grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr (Eisenbahn-Fahrpersonalverordnung) dient diesem Ziel.
Wegen der nicht zeitgerechten Umsetzung hat die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, das zu empfindlichen Vertragsstrafen führen kann. Deshalb drängt die Bundesregierung auf eine schnelle Verabschiedung der Verordnung.
Vor diesem Hintergrund stimmt der Bundesrat der Verordnung zu, um erhebliche finanzielle Nachteile von der Bundesrepublik abzuwenden.
Der Bundesrat bedauert zugleich, dass er damit einer Regelung zustimmen muss, die er inhaltlich nicht mitträgt, weil er damit letztlich nationale Regelungen schafft, die den Unternehmen des Schienenverkehrs gegenüber denen des Straßenverkehrs höhere Lasten aufbürden und die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei den verschiedenen Verkehrsträgern unterschiedliche Sozialbedingungen ohne eine tragfähige Rechtfertigung bieten.
Der Bundesrat ist deshalb der Auffassung, dass es notwendig ist, baldmöglichst die EU-Vorschriften zu harmonisieren.
Damit soll erreicht werden, dass für die Unternehmen des Eisenbahn- und Straßenverkehrs vergleichbare Wettbewerbsbedingungen und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vergleichbare Sozialbedingungen geschaffen werden.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich eine Initiative zur Harmonisierung der EU-Sozialvorschriften im Schienen- und Straßenverkehr zu ergreifen.
Im Interesse einer hohen Effizienz und zur Umsetzung von Synergieeffekten sowie zur Akzeptanz der Normen sollte die Harmonisierung der EU-Sozialvorschriften im Schienen- und Straßenverkehr gerade auch die Bereiche Kontrolle und Vollzug umfassen.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, ihm über das Veranlasste zeitnah zu berichten. Er behält sich vor, eigene Initiativen, z.B. über den Ausschuss der Regionen, zu ergreifen.