A. Problem und Ziel
- Der Gesetzesantrag greift zwei Probleme auf: Zum einen befasst er sich mit der neuen EU-Freizügigkeits-Richtlinie und ihren Folgen für die deutschen Transferleistungssysteme. Zum anderen soll im Rahmen des SGB XII eine Klarstellung hinsichtlich der Heranziehung von Ehepaaren zu den Kosten der Sozialhilfe erfolgen, wenn ein Ehepartner auf Dauer im Heim lebt.
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I. EU-Freizügigkeits-Richtlinie
Am 30.04.2004 ist die neue EU-Freizügigkeits-Richtlinie in Kraft getreten; eine Umsetzung in innerstaatliches Recht hat bis spätestens 30.04.2006 zu erfolgen. Danach genießen Unionsbürger und ihre Familienangehörigen aufgrund des allgemeinen Freizügigkeitsrechts ein umfassendes Recht auf Einreise und Aufenthalt in Deutschland. Durch den Beitritt der 10 neuen Mitgliedstaaten zur Europäischen Union am 01.05.2004 haben rund 75 Mio. Menschen, die bislang Drittausländer waren, den EU-Bürger-Status erlangt und damit das Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft. Das Zusammentreffen von unterschiedlichen Arbeitsmärkten und Sozialsystemen mit unterschiedlichen sozialstaatlichen Standards in unmittelbarer Nachbarschaft nach der EU-Erweiterung erhöht den Anpassungsdruck auf die deutschen Sozialsysteme.
Der in Deutschland weit ausgebaute Sozialstaat kann gerade für die Bevölkerung der neuen Beitrittsstaaten einen Anreizfaktor darstellen, nach Deutschland einzureisen und sich dort aufzuhalten. Dazu trägt insbesondere auch das erhebliche Einkommensgefälle zu den EU-Mitgliedstaaten bei (z.B. Slowakei:
Lohnniveau von rund 20 % des Sozialhilfeniveaus in Deutschland), das noch lange bestehen wird. Hinzu kommt die Grenzlage Deutschlands zu den bevölkerungsreichsten Beitrittsstaaten.
Um einen "Sozialtourismus" aus den neuen Beitrittsstaaten bzw. die Einwanderung in die Sozialsysteme zu verhindern, ist es erforderlich, Schlupflöcher für einen Missbrauch der Sozialsysteme im deutschen Recht zu schließen und Anreize im System des Sozialhilferechts zu beseitigen.
- Die Freizügigkeits-Richtlinie erlaubt den Mitgliedstaaten Regelungen zur Beschränkung des Anspruchs auf "Sozialhilfe". Ein Aufnahmestaat ist nach europäischem Recht nicht verpflichtet, anderen Personen
- -- als Arbeitnehmern,
- -- als Selbständigen und
- -- als Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts bzw.
- -- bei Arbeitsuchenden, während eines längeren Zeitraumes sowie
- -- deren Familienangehörigen,
Anspruch auf "Sozialhilfe" zu gewähren.
- - Das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (EUFreizügG) regelt das Recht auf Einreise und Aufenthalt von EU-Bürgern in Deutschland. Es enthält bereits im Wesentlichen der Richtlinie entsprechende Regelungen zur Freizügigkeit. Allerdings ist nach deutschem Recht das Schutzniveau für Arbeitssuchende nach unfreiwilliger Arbeitslosigkeit höher als es die Richtlinie verlangt.
- - Nach der seit 01.01.2005 geltenden Rechtslage haben grundsätzlich alle hilfebedürftigen arbeitsfähigen Ausländer, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, d.h. denen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder werden könnte, einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Dem Kreis der Leistungsberechtigten können auch die EU-Bürger der neuen Mitgliedsstaaten unterfallen, insbesondere, da ihnen eine so genannte Arbeitsgenehmigung-EU erteilt werden kann.
- - Sofern Ausländer - auch die EU-Ausländer aus den neuen Beitrittsstaaten - keine Arbeitsgenehmigung erhalten können, gelten sie nicht als erwerbsfähig i. S. d. SGB II; sie unterliegen damit dem Anwendungsbereich des SGB XII. Ausländer erhalten dann Leistungen der Sozialhilfe, ohne dass sie eine Gegenleistung erbringen müssen. Denn Regelungen zur Verpflichtung zu gemeinnütziger Tätigkeit, durch die Schwarzarbeit effektiv bekämpft werden kann, sieht das SGB XII im Hinblick auf den anspruchsberechtigten Personenkreis (nichterwerbsfähige Personen, vgl. § 21 SGB XII) nicht vor. Nach § 11 Abs. 3 Satz 4 SGB XII sind Leistungsberechtigte nur zur Aufnahme einer zumutbaren Tätigkeit verpflichtet, wenn sie hierdurch Einkommen erzielen können. Dies ist bei gemeinnütziger Tätigkeit nicht der Fal1. Dies eröffnet Missbrauchsmöglichkeiten, insbesondere im Hinblick auf Schwarzarbeit.
- - Nach dem geltenden deutschen Sozialhilferecht (SGB XII) haben zudem alle Ausländer, die sich in Deutschland tatsächlich aufhalten, bei sozialhilferechtlicher Bedürftigkeit und fehlender Möglichkeit zur Selbsthilfe bzw. fehlender vorrangiger Verpflichtungen Dritter, grundsätzlich einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII.
- - Des weiteren ist der Missbrauchstatbestand des SGB XII (§ 23 Abs. 3 Satz 1), nach dem Ausländer keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben, wenn sie ins Bundesgebiet eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, nicht zielführend, da in der Praxis dieser Nachweis von den Trägern der Sozialhilfe nur schwer geführt werden kann.
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II. Heranziehung zu den Kosten der Sozialhilfe bei Dauerpflegeheimfällen
Die Änderung des SGB XII wird zudem zum Anlass genommen, eine im Hinblick auf die Heranziehung von Einkommen in Dauerpflegeheimfällen bestehende, höchst unklare Rechtslage (§ 82 Abs. 4 SGB XII) zu beseitigen.
Zur Deckung der sog. "Hotelkosten" im Heim gewährt der Sozialhilfeträger dem Heimbewohner bei Bedürftigkeit Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Regelsatz sowie Unterkunft) sowie Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (Taschengeld).
Nach der Einkommensschonregelung des § 82 Abs. 4 SGB XII kann die Verpflichtung zur Aufbringung der Mittel für Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt auf die "häusliche Ersparnis" begrenzt werden. Nach dem Wortlaut des Gesetzes findet diese Regelung jedoch keine Anwendung auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, so dass dort vom Heimbewohner sowie dessen Partner der volle Einkommens- und Vermögenseinsatz verlangt werden kann und die Betroffenen u. U. verstärkt belastet werden. Dies entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Im Interesse der betroffenen Bürgerinnen und Bürger ist eine gesetzliche Klarstellung erforderlich.
B. Lösung
- Zu I:
- Mit der Gesetzesänderung wird gewährleistet, dass entsprechend der EU-Freizügigkeits-Richtlinie Ausländer grundsätzlich in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts keinen Anspruch auf Transferleistungen nach dem SGB II bzw. dem SGB XII mehr haben. Anderes gilt nur, sofern internationales oder europäisches Recht oder internationale oder europäische Abkommen dies vorsehen.
- Im Bereich des SGB II beinhaltet der Gesetzentwurf zudem
- - für Arbeitssuchende den Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II auch für den über 3 Monate hinausgehenden Zeitraum der Arbeitssuche. Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie werden von diesem Ausschluss aber freizügigkeitsberechtigte Arbeitnehmer und Selbständige sowie Personen, denen dieser Status erhalten bleibt und Familienangehörige solcher Personen ausgenommen.
- - Darüber hinaus wird das FreizügG/EU an die EU-Freizügigkeitsrichtlinie angepasst. Denn erst nach Änderung des FreizügG/EU wird die Möglichkeit eröffnet, für den Fall der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit von EU-Bürgern und gleichgestellten Freizügigkeitsberechtigten, den Bezug von Leistungen nach dem SGB II in dem Umfang auszuschließen, den die EU-Freizügigkeits-Richtlinie für zulässig erklärt.
- Der Gesetzentwurf beinhaltet im Bereich des SGB XII weiterhin
- - die Anknüpfung eines Anspruchs von Ausländern auf Sozialhilfe an den rechtmäßigen Aufenthalt, nicht mehr an den tatsächlichen Aufenthalt. Sofern ein Ausländer sich im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhält, besteht grundsätzlich nur ein Anspruch auf die den Umständen nach unabweisbar gebotene Hilfe.
- - Die Umkehr der Beweislast bei dem Missbrauchstatbestand des § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB XII sowie
- - die Einführung der Verpflichtung zu gemeinnütziger Tätigkeit für arbeitsfähige Ausländer, denen die Aufnahme einer Beschäftigung nicht erlaubt ist oder erlaubt werden kann.
- Zu II:
Zur Klarstellung und aus Gründen der Gleichbehandlung wird die Schonregelung des § 82 Abs. 4 SGB XII auch auf die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erstreckt.
C. Alternativen
- Keine
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
- Der Gesetzentwurf ermöglicht es, die übermäßige Inanspruchnahme der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) durch Ausländer sowie Missbrauchsmöglichkeiten in der Sozialhilfe (SGB XII) zu vermeiden. Damit sollen Kosten bei den Trägern von Leistungen nach dem SGB II bzw. bei den Sozialhilfeträgern eingespart werden. Die Höhe der Einsparungen kann nicht beziffert werden.
- Durch die Änderung des § 82 Abs. 4 SGB XII wird nur der Wille des Gesetzgebers in juristisch klarer Form präzisiert, so dass insoweit von Mehrkosten nicht gesprochen werden kann.
Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes und anderer Gesetze
Der Bayerische Ministerpräsident München, den 1. Juli 2005
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck
Sehr geehrter Herr Präsident!
Gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung übermittle ich den in der Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten
- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes und anderer Gesetze mit dem Antrag, dass der Bundesrat diesen gemäß Art. 76 Abs. 1 GG im Bundestag einbringen möge.
Ich bitte, den Gesetzentwurf gemäß § 36 Abs. 2 GOBR auf die Tagesordnung der 813. Sitzung am 8. Juli 2005 zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Edmund Stoiber
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes und anderer Gesetze
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrats das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II)
Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954, 2955), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. November 2004 (BGBl. I S. 2902), wird wie folgt geändert:
§ 7 Absatz 1 Sätze 2 und 3 werden durch die folgenden Sätze 2 und 3 ersetzt:
- "2. Abweichend von Satz 1 erhalten Ausländer,
- 1. die nicht als Arbeitnehmer oder Selbständige, als Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, oder als Familienangehörige solcher Personen freizügigkeitsberechtigt sind (§ 2 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Ziffern 1 bis 3, 5 und 7 sowie Absatz 3 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern), für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
- 2. soweit sich ihr Aufenthaltsrecht allein auf den Umstand der Arbeitssuche begründet,
- 3. die leistungsberechtigt nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes sind, keine Leistungen nach diesem Gesetz. 3Satz 2 Nr. 1 und 2 gelten nicht für Ausländer, die sich auf Grund des Zweiten Kapitels, Fünfter Abschnitt des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG 2004) im Inland erlaubt aufhalten."
Artikel 2
Änderung des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern(FreizügG/EU)
Das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) vom 30.Juli 2004 (BGBl. I S. 1950, 1986) wird wie folgt geändert:
- 1. § 2 Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt neu gefasst:
" 2. Das Recht nach Absatz 1 bleibt erhalten bei durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter, unfreiwilliger Arbeitslosigkeit
- a) eines Arbeitnehmers, der mehr als ein Jahr abhängig beschäftigt war oder
- b) eines Selbständigen, der mehr als ein Jahr selbstständig tätig war und diese Tätigkeit infolge von Umständen einstellt, auf die er selbst keinen Einfluss hatte."
- 2. Nach § 2 Absatz 3 Satz 2 wird folgender Satz 3 angefügt:
"3. Tritt die durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigte, unfreiwillige Arbeitslosigkeit nach Ablauf eines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages, im Lauf der ersten 12 Monate der abhängigen Beschäftigung eines Arbeitnehmers oder der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit ein, bleibt das Recht nach Absatz 1 für einen Zeitraum von 6 Monaten ab Eintritt der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit erhalten."
Artikel 3
Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII)
Das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9.Dezember 2004 (BGBl. I S. 3305), wird wie folgt geändert:
- 1. § 23 des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) wird wie folgt gefasst: " § 23 Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer (1) 1Leistungen der Sozialhilfe erhalten Ausländer nur, wenn sie sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. 2Abweichend von Satz 1 soll zur Behebung eines akut lebensbedrohlichen Zustandes oder für eine unaufschiebbare und unabweisbar gebotene Behandlung einer schweren oder ansteckenden Erkrankung Hilfe bei Krankheit geleistet werden; im Übrigen darf nur die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe gewährt werden. (2) 11n das Inland eingereiste Ausländer haben nur dann einen Anspruch auf Sozialhilfe, wenn sie auf Verlangen des zuständigen Trägers der Sozialhilfe glaubhaft machen können, dass sie nicht eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen. 2Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend, wenn sie zur Behandlung oder Linderung einer Krankheit eingereist sind. (3) 1Ausländern nach Absatz 1 Satz 1 ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt ist. 2Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. 31m Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. 4Die Einschränkungen nach Satz 1 gelten nicht für Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. 5Rechtsvorschriften, nach denen außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu leisten ist oder geleistet werden soll, bleiben unberührt. (4) 1Ausländer, die sich im Inland aufhalten, erhalten in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts keine Sozialhilfe; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. 21nternationales und europäisches Recht sowie internationale und europäische Abkommen bleiben unberührt. 3Satz 1 gilt nicht für Ausländer, die sich auf Grund des Zweiten Kapitels, Fünfter Abschnitt des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG 2004) im Inland erlaubt aufhalten. (5) Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten keine Leistungen der Sozialhilfe. (6) Ausländer, denen Sozialhilfe geleistet wird, sind auf für sie zutreffende Rückführungs- und Weiterwanderungsprogramme hinzuweisen; in geeigneten Fällen ist auf eine Inanspruchnahme solcher Programme hinzuwirken. (7) In den Teilen des Bundesgebiets, in denen sich Ausländer einer ausländerrechtlichen räumlichen Beschränkung zuwider aufhalten, darf der für den tatsächlichen Aufenthaltsort zuständige Träger der Sozialhilfe nur die nach den Umständen unabweisbar gebotene Leistung erbringen. Das Gleiche gilt für Ausländer, die einen räumlich nicht beschränkten Aufenthaltstitel nach den §§ 23, 23a, 24 Abs. 1 oder § 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, wenn sie sich außerhalb des Landes aufhalten, in dem der Aufenthaltstitel erstmals erteilt worden ist. Satz 2 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings genießt oder der Wechsel in ein anderes Land zur Wahrnehmung der Rechte zum Schutz der Ehe und Familie nach Artikel 6 des Grundgesetzes oder aus vergleichbar wichtigen Gründen gerechtfertigt ist. (8) 1Ausländer, denen Hilfe zum Lebensunterhalt geleistet wird, können zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit verpflichtet werden. 2Zusätzlich ist nur die Arbeit, die sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet werden würde. 3 § 11 Abs. 4 gilt entsprechend."
- 2. In § 82 Abs. 4 Satz 1 werden nach den Worten " nach dem Dritten Kapitel" die Worte " und nach dem Vierten Kapitel" eingefügt.
Artikel 4
- 1. Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.
- 2. Artikel 3 Ziffer 2 tritt mit Wirkung vom 01. Januar 2005 in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
- 1. Durch die Änderung des, Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) und die gleichzeitige Änderung des FreizügG/EU sollen Anreize für Ausländer, nach Deutschland einzureisen, um dort Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, beseitigt werden. Dafür sollen insbesondere die rechtlichen Möglichkeiten, welche die EU-Freizügigkeits-Richtlinie eröffnet, ausgeschöpft werden.
Der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II ist für EU-Bürger nach Artikel 24 Absatz 2 der EU-Freizügigkeits-Richtlinie nur möglich, soweit ihnen nicht ein Recht auf Freizügigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger zusteht oder erhalten bleibt oder es sich um Familienangehörige solcher Personen handelt. Für die Beurteilung der Zulässigkeit des Ausschlusses von Leistungen nach dem SGB II für EU-Bürger sind daher die folgenden Fallgruppen zu unterscheiden:
(1) Ergänzende Hilfe
Soweit ein EU-Bürger in zulässiger Weise erwerbstätig ist, aber Anspruch auf ergänzende Hilfeleistungen nach dem SGB II hat, ist er als Arbeitnehmer freizügigkeitsberechtigt. Ein Ausschluss der Leistungsberechtigung nach dem SGB II scheidet hier aus. Eine gesetzliche Änderung ist insoweit weder im SGB II noch im FreizügG/EU möglich.
(2) Unfreiwillige Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger wirtschaftlicher Betätigung als Arbeitnehmer oder Selbständiger
Wird ein Arbeitnehmer oder Selbständiger nach mehr als einjähriger wirtschaftlicher Betätigung unfreiwillig arbeitslos, so bleibt ihm nach Artikel 7 Absatz 3 lit. b der EU-Freizügigkeits-Richtlinie das Freizügigkeitsrecht als Arbeitnehmer bzw. Selbständiger erhalten. Die gleiche Regelung findet sich auch in § 2 Absatz 3 Satz 2 FreizügG/EU, allerdings ohne die zeitliche Begrenzung, dass die Arbeitslosigkeit erst nach einjähriger Betätigung eingetreten ist. Da das Freizügigkeitsrecht als Arbeitnehmer oder Selbständiger erhalten bleibt, ist der Ausschluss der Leistungsberechtigung nach dem SGB II europarechtlich nicht zulässig. Eine gesetzliche Änderung ist insoweit weder im SGB II noch im FreizügG/EU möglich.
(3) Unfreiwillige Arbeitslosigkeit nach weniger als einjähriger bzw. genau 12-monatiger wirtschaftlicher Betätigung als Arbeitnehmer oder Selbständiger
Wird ein Arbeitnehmer oder Selbständiger nach 12-monatiger oder kürzerer wirtschaftlicher Betätigung unfreiwillig arbeitslos, so bleibt ihm das Freizügigkeitsrecht als Arbeitnehmer oder Selbständiger nur für mindestens 6 Monate erhalten (Artikel 7 Absatz 3 lit. c der EU-Freizügigkeits-Richtlinie). Nach Ablauf der sechs Monate besteht es nach der Richtlinie nicht mehr fort, so dass ein Leistungsausschluss möglich wäre (Art. 24 Abs. 2 der EU-Freizügigkeits-Richtlinie). Das geltende deutsche Recht geht an dieser Stelle jedoch über das Schutzniveau der Richtlinie hinaus. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU bleibt die Freizügigkeitsberechtigung nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU unberührt. Regelungsgehalt des § 2 Absatz 3 FreizügG/EU ist der gesetzlich angeordnete Erhalt der Freizügigkeitsberechtigung, obwohl die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 FreizügG/EU entfallen sind. Im Fall der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit bedeutet dies, dass dem Arbeitslosen sein Freizügigkeitsrecht als Arbeitnehmer oder Selbständiger erhalten bleibt, egal ob die Arbeitslosigkeit in den ersten 12 Monaten der Beschäftigung eintritt oder danach. Die aufrechterhaltene Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitnehmer bzw. Selbständiger steht einem Leistungsausschluss nach Art. 24 Absatz 2 EU-Freizügigkeits-Richtlinie entgegen. Nach dem FreizügG/EU gilt dies, anders als nach der Richtlinie, ohne zeitliche Begrenzung.
Um die durch die EU-Freizügigkeits-Richtlinie eröffneten Ausschlussmöglichkeiten im Bereich der Arbeitssuche nach unfreiwilliger Arbeitslosigkeit ausschöpfen zu können, bedarf es der Anpassung des FreizügG/EU an das geringere Schutzniveau der Richtlinie sowie einer Änderung des § 7 Abs. 1 SGB II.
(4) Einreise als Arbeitssuchender
Reist ein EU-Bürger zur Arbeitssuche ein und ist ihm die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erlaubt oder könnte sie ihm erlaubt werden, ermöglicht die Freizügigkeitsrichtlinie den Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II, soweit nicht der Fall des freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen gegeben ist. Solange sich die Aufenthaltsberechtigung allein auf dem Umstand der Arbeitssuche begründet, kann die Leistungsberechtigung für die gesamte Zeit der Arbeitssuche ausgeschlossen werden (Art. 24 Abs. 2 der EU-Freizügigkeits-Richtlinie). Um die durch die EU-Freizügigkeits-Richtlinie eröffneten Ausschlussmöglichkeiten im Bereich der Arbeitssuche ausschöpfen zu können, bedarf es der Änderung des § 7 Abs. 1 SGB II.
- 2. Ergänzend sollen durch die Änderungen im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bestehende Schlupflöcher für einen Missbrauch der Sozialhilfe geschlossen und Anreize für Ausländer, nach Deutschland einzureisen und sich dort zum Zwecke des Bezugs von Sozialhilfe aufzuhalten, beseitigt werden. Auch das EU-Recht erlaubt den Mitgliedstaaten Regelungen, um zu verhindern, dass sich andere Staatsangehörige nur zum Zwecke des Bezugs von Sozialhilfeleistungen in ein anderes Mitgliedsland begeben. Denn das Gemeinschaftsrecht geht grundsätzlich davon aus, dass Personen, die auf Sozialhilfeleistungen angewiesen sind, im eigenen Staat unterstützt werden. Nach der Freizügigkeits-Richtlinie ist ein Aufnahmestaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern, Selbständigen und Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, (einschließlich deren Familienangehörigen) während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts Sozialhilfe zu gewähren.
- 3. Die Einkommensschonregelung des § 82 Abs. 4 SGB XII wird auch auf die Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII erstreckt.
B. Besonderer Teil
1. Zu Artikel 1 ( § 7 Absatz 1 SGB II)
In § 7 ist die Anspruchsberechtigung für Leistungen nach dem SGB II geregelt. Die im allgemeinen Teil dargestellten Ausschlusstatbestände wurden daher in § 7 Absatz 1 und nicht in § 8 Absatz 2 aufgenommen. Auf diese Weise wird auch klargestellt, dass nicht besondere Anforderungen an die Erwerbsfähigkeit von Ausländern gestellt werden sollen, sondern ein gänzlicher Ausschluss der Leistungsberechtigung normiert wird.
Der bisherige Verweis auf § 8 Absatz 2 entfällt. Die in § 8 Absatz 2 näher bestimmte besondere Voraussetzung der Erwerbsfähigkeit von Ausländern fließt bereits über § 7 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 in die Prüfung der Leistungsberechtigung ein. Eine in Anlehnung an § 30 SGB I für den Bereich des SGB II entwickelte Begriffsbestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts kann auch auf Ausländer übertragen werden. Durch den Verweis auf § 8 Absatz 2 in der geltenden Fassung wurde der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts für Ausländer ohne ausreichende sachliche Rechtfertigung besonders definiert. Durch die Streichung der besonderen Definition des gewöhnlichen Aufenthalts für Ausländer soll insbesondere auch vermieden werden, dass an die Annahme des gewöhnlichen Aufenthalts von Ausländern geringere Anforderungen gestellt werden, als bei deutschen Staatsangehörigen. Der gewöhnliche Aufenthalt von EU-Bürgern der herkömmlichen Mitgliedstaaten ist nach der bisherigen Definition beispielsweise in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts und für den Zeitraum ihrer Arbeitssuche immer gegeben.
Der bisherige Satz 3 in § 7 Absatz 1 entfällt, da ihm durch den Verweis auf das FreizügG/EU kein eigenständiger Regelungsgehalt mehr verbleibt.
Zu den einzelnen Nummern im neuen Satz 2:
a) Zu Satz 2 Nr. 1
§ 7 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 setzt die in Artikel 24 Absatz 2 der EU-Freizügigkeits-Richtlinie eingeräumte Möglichkeit in deutsches Recht um, den Bezug von Leistungen nach dem SGB II während der ersten drei Monate des Aufenthalts eines EU-Bürgers generell auszuschließen. Ausgenommen werden als Arbeitnehmer oder Selbständige freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, sowie Familienangehörige solcher Personen.
b) Zu Satz 2 Nr. 2
§ 7 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 setzt darüber hinaus die in Artikel 24 Absatz 2 der EU-Freizügigkeits-Richtlinie eingeräumte Möglichkeit in deutsches Recht um, den Bezug von Leistungen nach dem SGB II während der Zeit der Arbeitssuche für einen längeren Zeitraum als drei Monate auszuschließen. Soweit ein Leistungsausschluss über einen längeren Zeitraum als drei Monate normiert werden soll, ist dies allerdings nur möglich, wenn und solange die Aufenthaltsberechtigung allein auf der Arbeitssuche beruht, da die Möglichkeit des Ausschlusses von Sozialhilfeleistungen mit der privilegierten aufenthaltsrechtlichen Stellung von Arbeitssuchenden korrespondiert. Vor diesem Hintergrund wird der Leistungsausschluss auf den Fall beschränkt, dass sich das Aufenthaltsrecht allein auf der Arbeitssuche begründet. Der Leistungsausschluss ist damit nicht ohne zeitliche Begrenzung vorgesehen; eine zeitliche Obergrenze bildet jedenfalls das nach fünfjährigem ununterbrochenen Aufenthalt begründete Recht auf Daueraufenthalt (vgl. § 2 Abs. 5 FreizügG/EU).
c) Zu Satz 2 Nr. 3
Der bisher in § 7 Absatz 1 Satz 2 HS. 2 geregelte Ausschluss für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz wird ohne inhaltliche Änderungen in eine neue Ziffer 3 aufgenommen.
d) Zu Satz 3
Satz 3 regelt eine Ausnahme vom Leistungsausschluss nach Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 für Personen, denen der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland aus völkerrechtlichen, humanitären und politischen Gründen erlaubt wird. Von der Ausnahmeregelung des Satzes 3 werden Personen nicht erfasst, die abgesenkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten (vgl. § 7 Satz 2 Nr. 3). Eine entsprechende Regelung ist für das SGB XII vorgesehen.
2. Zu Artikel 2 (§ 2 Absatz 3 FreizügG/EU)
a) Zu Satz 2
Die bisherige Regelung der Aufrechterhaltung einer Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitnehmer oder Selbständiger im Falle der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit wird entsprechend Artikel 7 Absatz 3 lit. b EU-Freizügigkeits-Richtlinie nur insofern aufrechterhalten, als die wirtschaftliche Betätigung länger als 12 Monate angedauert hat. Im Übrigen erfolgen sprachliche Anpassungen.
b) Zu Satz 3
Der neu angefügte Satz 3 erkennt eine zeitlich befristete Weitergeltung der Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitnehmer bzw. Selbständiger für den Fall an, dass die unfreiwillige Arbeitslosigkeit nach einjähriger oder kürzerer wirtschaftlicher Betätigung eingetreten ist. Entsprechend den Vorgaben der EU-Freizügigkeits-Richtlinie wird eine Weitergeltung der Freizügigkeitsberechtigung (als Arbeitnehmer oder Selbständiger) nach § 2 Absatz 1 nur für weitere sechs Monate festgeschrieben. Dies führt insbesondere dazu, dass während des Fortgeltungszeitraums die Anspruchsberechtigung für Leistungen nach dem SGB II nicht gemäß Artikel 24 Absatz 2 der EU-Freizügigkeitsrichtlinie ausgeschlossen werden kann. Nach Ablauf der Sechsmonatsfrist endet die aufrechterhaltene Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitnehmer bzw. Selbständiger. Originär erlangte Freizügigkeitsrechte nach § 2 Absatz 1, wie insbesondere das Freizügigkeitsrecht als Arbeitssuchender, bleiben von dieser zeitlich begrenzten Fortgeltung unberührt. Folge ist aber, dass mit dem Ende der Fortgeltung der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II auf Grundlage der EU-Freizügigkeits-Richtlinie für den Zeitraum der Arbeitssuche (§ 7 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II n. F.) zulässig wird.
3. Zu Artikel 3
a) Zu Nr. 1
§ 23 SGB XII enthält Sonderregelungen für Leistungen an Ausländer. Zu den einzelnen Absätzen:
(1) Zu Absatz 1
Nach der bisherigen Regelung können Ausländer schon dann, wenn sie sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten, Leistungen der Sozialhilfe erhalten. Die deutschen Transferleistungssysteme dürfen aber nicht zur Ermöglichung von illegalen Aufenthalten beitragen. Satz 1 stellt deshalb nicht mehr auf den tatsächlichen, sondern auf einen rechtmäßigen Aufenthalt ab. Bei einem nicht rechtmäßigen Aufenthalt besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Sozialhilfe. Satz 2 ist dem bisherigen Abs. 3 Satz 2 nachgebildet und stellt die zwingend notwendige medizinische Versorgung sicher; im Übrigen darf nur die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe gewährt werden. Üblicherweise wird dies die Hilfe sein, die zur Rückkehr in das Heimatland erforderlich ist. Die Gewährung des soziokulturellen Existenzminimums ist nicht erforderlich, da sich ein nicht rechtmäßiger Aufenthalt nicht verfestigen sol1.
(2) Zu Absatz 2
Absatz 2 greift den Gedanken des bisherigen Absatzes 3 Satz 1 auf, dass Ausländer, die in das Bundesgebiet eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, keinen Anspruch auf Leistungen haben. Diese Vorschrift hat sich bisher als wenig praktikabel erwiesen, weil es dem Träger der Sozialhilfe in aller Regel nicht möglich ist, den geforderten Nachweis zu führen. Absatz 2 Satz 1 enthält deshalb eine Umkehr der Beweislast. Künftig muss der Hilfe suchende Ausländer glaubhaft machen, dass er bei seiner Einreise nicht die Absicht hatte, seinen Aufenthalt zu Lasten der deutschen Transferleistungssysteme zu finanzieren.
Es wird kein strikter Nachweis gefordert; es genügt vielmehr die Glaubhaftmachung. Eine Glaubhaftmachung wird sicher nicht vorliegen, wenn der Ausländer auf Befragen nicht darlegen kann, welche realistischen Gedanken er sich zur Bestreitung seines Lebensunterhalts in Deutschland ohne Inanspruchnahme von Transferleistungen gemacht hat.
Um keinen überflüssigen Verwaltungsaufwand zu erzeugen, ist die Glaubhaftmachung nur auf Verlangen des Sozialhilfeträgers erforderlich. Damit kann dieser gezielt die Fälle näher betrachten, bei denen der Verdacht auf Einreise zum Zweck der Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen nicht von vorne herein ausgeschlossen ist.
Satz 2 greift den bisherigen Absatz 3 Satz 2 auf.
(3) Zu Absatz 3
Absatz 3 entspricht dem bisherigen Absatz 1. Im Zusammenspiel mit der Grundsatznorm des neuen Absatzes 1 ergibt sich jedoch nun, dass die Leistungen nur zu erbringen sind, wenn der Aufenthalt des Ausländers rechtmäßig ist.
(4) Zu Absatz 4
Absatz 4 Satz 1 setzt die in der EU-Freizügigkeitsrichtlinie eingeräumte Möglichkeit in deutsches Recht um, den Bezug von Sozialhilfe während der ersten drei Monate des Aufenthalts eines EU-Bürgers generell auszuschließen. Was für EU-Bürger gilt, muss natürlich ebenso für sonstige Ausländer gelten.
Satz 2 weist klarstellend auf den Vorrang internationalen und europäischen Rechts (wie etwa der EU-Freizügigkeitsrichtlinie) sowie internationaler und europäischer Abkommen hin.
Satz 3 trifft eine Ausnahme von Satz 1 für Personen, denen der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erlaubt wird. Nicht erfasst werden von dieser Ausnahmeregelung Personen, die abgesenkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten (vgl. § 23 Abs. 5 SGB XII). Eine entsprechende Regelung ist für das SGB II vorgesehen.
(5) Zu Absätze 5 und 6
Absatz 5 und Absatz 6 entsprechen wörtlich den bisherigen Absätzen 2 und 4.
(6) Zu Absatz 7
Absatz 7 entspricht dem bisherigen Absatz 5.
(7) Zu Absatz 8
Nach bisherigem Recht können Ausländer Leistungen der Sozialhilfe erhalten, ohne dass sie eine Gegenleistung erbringen müssen, obwohl sie hierzu grundsätzlich in der Lage wären. Denn die Regelungen zur Verpflichtung zu gemeinnütziger Tätigkeit wie sie das BSHG bisher vorsah, sind im Hinblick auf die neue Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) entfallen. EU-Ausländer aus den neuen Beitrittsländern könnten damit Transferleistungen ohne jede Gegenleistung beziehen und wären damit besser gestellt als arbeitsfähige Deutsche. Nach Absatz 8 können daher Ausländer, die arbeitsfähig sind, denen jedoch die Aufnahme einer Beschäftigung nicht erlaubt ist oder erlaubt werden kann, zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden. Dies entspricht dem Grundsatz des "Fördern und Fordern". Die Folgen der Verweigerung einer angebotenen gemeinnützigen Tätigkeit ergeben sich aus § 39 SGB XII: Verminderung der Leistung in mehreren Stufen bis hin zum Wegfall der Leistung.
b) Zu Nr. 2:
Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch hatte der Gesetzgeber beabsichtigt, die bisherige Einkommensschonregelung des § 85 Abs. 1 Nr. 3 BSHG in das neue SGB XII (§ 82 Abs. 4) zu übertragen. Die Heranziehung zu den Kosten sollte grundsätzlich auf die Einsparungen für den Lebensunterhalt begrenzt werden, wenn eine Person in einer teilstationären oder stationären Einrichtung lebt. Dies ist jedoch nicht gelungen, da der insoweit eindeutige Wortlaut des § 82 Abs. 4 SGB XII die Schonregelung auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII begrenzt. Dies bedeutet, dass diese Schonregelung für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nicht gilt und insoweit der volle Mitteleinsatz gefordert werden kann.
Der Bund vertritt zwar die Auffassung, dass im Wege der Interpretation die Einkommensschonregelung auch auf die Leistungen der Grundsicherung erstreckt werden könne. Dagegen spricht allerdings der Wortlaut des § 82 Abs. 4 SGB XII. Insbesondere spricht die derzeitige Anrechnungspraxis verschiedener Sozialhilfeträger, die dazu führt, dass manche Zuhause lebende Ehepartner auf das Sozialhilfeniveau zurückfallen, für die Notwendigkeit gesetzgeberischen Handelns. Dies wird auch von der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger (BAGüS) betont. Rechtsaufsichtlich kann das Verhalten der Sozialhilfeträger nicht beanstandet werden, da der Gesetzeswortlaut für sie spricht und die Rechtslage zumindest höchst unklar ist.
Zur Klarstellung und aus Gründen der Gleichbehandlung ist daher § 82 Abs. 4 SGB XII um die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu ergänzen. Diese Gesetzesänderung ist dringlich. Es kann nicht hingenommen werden, dass seit 01.01.2005 betroffene Ehepaare zum Teil 500 € oder mehr zusätzlich bezahlen müssen und auf das Sozialhilfeniveau verwiesen werden. Dies stößt bei den Betroffenen auf Unverständnis und war vom Gesetzgeber letztlich nicht gewollt. Aus diesem Grund soll die Änderung auch rückwirkend zum 01.01.2005 in Kraft treten (vgl. Artikel 4).
4. Zu Artikel 4:
Inkrafttreten
Das Gesetz soll am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten. Abweichend hiervon soll Artikel 3 Ziffer 2 mit Wirkung vom 01. Januar 2005 in Kraft treten.