Punkt 1 der 951. Sitzung des Bundesrates am 25. November 2016 Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Am 17. November 2016 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (Leiharbeitsrichtlinie) grundsätzlich auch auf die Überlassung von Rotkreuzschwestern an ein Krankenhaus im Rahmen eines Gestellungsvertrages Anwendung findet (Betriebsrat der Ruhrlandklinik, Rs. C-216/15). Traditionell erfolgt der Einsatz von Schwestern einer Schwesternschaft in einer Einrichtung, die nicht von der Schwesternschaft selbst betrieben wird, im Rahmen eines Gestellungsvertrages der Schwesternschaft mit dem Einrichtungsträger.
- 2. Aufgrund des Urteils des EuGH ist nicht auszuschließen, dass insbesondere die in Krankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen als Leiharbeitnehmerinnen tätigen Rotkreuzschwestern in den Anwendungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) fallen könnten. Bei einem Großteil der mit Rotkreuzschwestern bestehenden Leiharbeitsverhältnissen können dadurch Arbeitsverhältnisse mit den als Entleihern auftretenden Krankenhäusern und Pflegeinrichtungen entstehen. Dies hat zur Folge, dass die Mitglieder, Verbände und Gliederungen der Nationalen Gesellschaft des Roten Kreuzes in Ausnahmesituationen, wie zum Beispiel im Katastrophen-, Konflikts- oder Kriegsfall nicht wie bisher auf ihr Pflegepersonal zurückgreifen können. Letztlich wäre das Deutsche Rote Kreuz nicht mehr in der Lage, die gesetzlichen Aufgaben als Nationale Hilfsgesellschaft zu erfüllen.
- 3. Es ist Aufgabe des Roten Kreuzes, die Regeln des humanitären Völkerrechts zu verbreiten, damit die Teilnehmer bewaffneter Konflikte sie im Ernstfall kennen und umsetzen können. Außerdem ist es Teil seines Auftrags, die Einhaltung des humanitären Völkerrechts durch die Parteien eines bewaffneten Konfliktes einzufordern. Vor diesem Hintergrund der unverzichtbaren Aufgabenerfüllung durch das Deutsche Rote Kreuz bittet der Bundesrat die Bundesregierung sicherzustellen, dass der Einsatz der Rotkreuzschwestern weiterhin nicht vom AÜG tangiert wird. Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang um Prüfung gebeten, ob die Ausnahmetatbestände in § 1 Absatz 3 AÜG dahingehend erweitert werden müssen, dass die Mitglieder, Verbände und Gliederungen der Nationalen Gesellschaft des Roten Kreuzes vom Anwendungsbereich des AÜG ausgenommen bleiben oder zumindest eine mit den Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften vergleichbare Rechtsposition eingeräumt wird.