975. Sitzung des Bundesrates am 15. März 2019
A.
Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Zwischenbericht gemäß § 43 Absatz 3 VSBG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat sieht in dem Zwischenbericht zur Funktionsweise der Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle einen wichtigen Beitrag, um die Effektivität der bestehenden Strukturen und Rahmenbedingungen für die außergerichtliche Streitbeilegung in Verbraucherstreitigkeiten in Deutschland einschätzen zu können.
- 2. Der Zwischenbericht macht deutlich, dass außerhalb des Zuständigkeitsbereichs von branchenbezogenen Schlichtungsstellen die Unternehmen nur sehr eingeschränkt bereit sind, bei Verbraucherstreitigkeiten an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen. Das Potenzial der außergerichtlichen Streitbeilegung wird derzeit nicht ausreichend genutzt. Aus Sicht des Bundesrates sollte die Bundesregierung daher verstärkt Bemühungen unternehmen, dass das Angebot an branchenbezogenen Schlichtungsstellen unter Beteiligung der jeweiligen Wirtschaftsverbände zum Beispiel auf Verbraucherstreitigkeiten in den Bereichen Pauschalreisen und Wohnraummiete erweitert wird. Dabei sollten unter Einbeziehung der Überlegungen im Zwischenbericht zu umlagefinanzierten Schlichtungsstrukturen auch Modelle geprüft werden, mit denen die Kostenbelastung vor allem kleinerer und mittlerer Unternehmen gesenkt und damit Hürden für eine Schlichtungsteilnahme abgebaut werden könnten.
- 3. Der Zwischenbericht wirft die Frage auf, ob durch eine flexiblere Gestaltung der vorvertraglichen Informationspflichten nach § 36 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) die Teilnahmebereitschaft der Unternehmen im konkreten Streitfall erhöht werden könnte. Der Bundesrat begrüßt daher Überlegungen, die Effektivität der Informationspflichten nach § 36 VSBG im Rahmen einer Studie näher zu untersuchen.
- 4. Im Zwischenbericht sowie im Verbraucherschlichtungsbericht des Bundesamtes für Justiz (BfJ) vom Juli 2018 finden sich Hinweise darauf, dass bei einzelnen Schlichtungsstellen ein hoher Anteil an Schlichtungsanträgen aufgrund sachlicher Unzuständigkeit abgewiesen wird und die Ermittlung der zuständigen Verbraucherschlichtungsstelle im Einzelfall mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein kann. Vor diesem Hintergrund regt der Bundesrat eine Überprüfung einzelner spezialgesetzlicher Zuständigkeitsregelungen wie beispielsweise in den Bereichen Finanzdienstleistungen und Telekommunikation an, um den Verbrauchern den Zugang zur Schlichtung zu erleichtern.
- 5. Der hohe Anteil an wegen Unzuständigkeit abgelehnter Schlichtungsanträge sollte außerdem zum Anlass genommen werden, die Regelung in § 204 Absatz 1 Nummer 4 BGB, die die Verjährungshemmung von der alsbaldigen Bekanntgabe des Schlichtungsantrags an den Antragsgegner abhängig macht, zu überprüfen. Denn im Falle einer Abweisung wegen Unzuständigkeit droht dem Verbraucher, anders als bei Erhebung einer Klage, die zwischenzeitliche Verjährung seiner Ansprüche. Für den beratenden Anwalt kann dies zudem mit einem erhöhten Haftungsrisiko verbunden sein, was wiederum zu einer geringeren Nutzung der Schlichtungsmöglichkeit führen kann.
- 6. Der Zwischenbericht und der Verbraucherschlichtungsbericht des BfJ sollten nach Auffassung des Bundesrates außerdem genutzt werden, die methodischen Grundlagen für die Gestaltung und Auswertung der Schlichtungsberichte und damit für die Beurteilung der Situation der Verbraucherschlichtung in Deutschland weiterzuentwickeln. Die von den Verbraucherschlichtungsstellen derzeit veröffentlichten Informationen sind nur bedingt vergleichbar und lassen nur in Grenzen eine Einschätzung zu, wie effektiv das Instrument der Verbraucherschlichtung in der Praxis ist.
B.
- 7. Der federführende Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von dem Zwischenbericht gemäß § 43 Absatz 3 VSBG Kenntnis zu nehmen.