Der Bundesrat hat in seiner 861. Sitzung am 18. September 2009 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat nimmt das Anliegen des Vorschlags, durch einen Rahmenbeschluss einen für alle Mitgliedstaaten verbindlichen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Übertragung von Ermittlungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten zu schaffen, zur Kenntnis.
Zu einzelnen Regelungen des vorgeschlagenen Rahmenbeschlusses weist der Bundesrat auf Folgendes hin:
- 2. Das deutsche Strafanwendungsrecht ist bereits recht weitgehend. Die noch deutlich darüber hinausgehende Regelung in Artikel 5 des Rahmenbeschlussvorschlags, wonach die Befugnis zur innerstaatlichen Verfolgung allein von der Strafbarkeit im Recht eines anderen Mitgliedstaates und einem Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates um Übertragung eines anderen Verfahrens abhängen soll erscheint problematisch. Die Regelung sollte so gefasst werden, dass eine zu weite - und damit Zuständigkeitsstreitigkeiten heraufbeschwörende - Auslegung vermieden wird.
- 3. Es erscheint nicht unzweifelhaft, ob die in Artikel 7 Buchstabe c, f, g und h aufgeführten Kriterien (Ort, an dem sich die wichtigsten Beweismittel befinden, noch ausstehende oder stattfindende Verbüßung einer freiheitsentziehenden Maßnahme in anderer Sache, bessere Resozialisierungsaussichten, gewöhnlicher Aufenthalt des Opfers oder sonstiges erhebliches Interesse des Opfers an der Verfahrensübertragung) geeignet sind, jeweils für sich betrachtet eine Verfahrensübertragung zu rechtfertigen.
- 4. Die Regelung über die Unterrichtung des Beschuldigten in Artikel 8 sollte so gefasst werden, dass es keinem Zweifel unterliegt, dass im Falle verdeckt geführter Ermittlungen eine den Ermittlungszweck gefährdende Unterrichtung des Beschuldigten von Tatvorwurf und beabsichtigter Übertragung unterbleiben oder zumindest bis zum Wegfall der Gefährdung der Ermittlungen zurückgestellt werden kann.
- 5. Die Ausgestaltung der Ablehnungsgründe in Artikel 12 des Vorschlags bedarf unbedingt der Ergänzung. Dem ein Ersuchen entgegennehmenden Mitgliedstaat muss eine Ablehnung der Übertragung gegebenenfalls auch allein mit der Begründung, dass die Übertragung die effiziente und geordnete Rechtspflege nicht verbessern würde, möglich sein. Denn dieses Kriterium ist eine von zwei in Artikel 7 kumulativ aufgestellten Voraussetzungen der Übertragung. Im Ergebnis sollte die Übertragung von Strafverfahren nur einvernehmlich erfolgen.
- 6. Eine Klarstellung des mit Artikel 16 Absatz 4 des Vorschlags verfolgten Regelungsziels erscheint wünschenswert. Es sollte vermieden werden, dass wegen ein und derselben Tat in verschiedenen Mitgliedstaaten parallel Ermittlungsverfahren geführt werden und die Gefahr von Verstößen gegen den Grundsatz "ne bis in idem" entsteht.