Der Deutsche Bundestag hat in seiner 137. Sitzung am 28. Oktober 2011 zu dem von ihm verabschiedeten Gesetz zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts - Drucksachen 17/6052, 17/6645, 17/7505(neu) - die beigefügte Entschließung unter Buchstabe b der Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/7505(neu) angenommen.
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
- 1. Das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts gestaltet einen zentralen Bereich des Umweltrechts neu. Mit dem Gesetz wird nicht nur die EU-Abfallrahmenrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt, sondern gleichzeitig auch die Abfallwirtschaft ökologisch fortentwickelt. Ziel des neuen " title="Aktuelle Fassung">Kreislaufwirtschaftsgesetzes" ist eine nachhaltige Verbesserung des Umwelt- und Klimaschutzes sowie der Ressourceneffizienz.
Das Gesetz baut konsequent auf den Kernelementen und Grundprinzipien der EU-Abfallrahmenrichtlinie auf. Es legt somit ein rechtssicheres Fundament für alle betroffenen Kommunen und Wirtschaftsunternehmen sowie für die Bürgerinnen und Bürger. Darüber hinaus wird der hohe deutsche Umwelt- und Entsorgungsstandard fortentwickelt. Auf der Grundlage der neu eingeführten fünfstufigen Abfallhierarchie werden alle abfallwirtschaftlichen Pflichten der Abfallbesitzer konsequent auf die Abfallvermeidung und das Recycling ausgerichtet. Diese Neuausrichtung wird durch konkrete Zielvorgaben flankiert, an denen sich die Betroffenen orientieren müssen. Mit der Einführung der ab dem Jahr 2015 zu erfüllenden Pflicht zur Getrenntsammlung von Bioabfällen sowie von Papier-, Metall-, Kunststoff- und Glasabfällen legt das Gesetz die Grundlage für ein hochwertiges Recycling mit einem hohen Ressourcenpotential. Bis zum Jahr 2020 sollen dauerhaft 65 Prozent aller Siedlungsabfälle recycelt und 70 Prozent aller Bau- und Abbruchabfälle stofflich verwertet werden. Wir gehen mit unserer Umsetzungskonzeption über die EU-Vorgaben hinaus.
Auch die bestehende Aufgabenverteilung zwischen kommunaler und privater Entsorgung wird stärker an den neuen Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft ausgerichtet und EU-rechtlich besser abgesichert. Kommunen bleiben für die Hausmüllentsorgung wie bisher umfassend verantwortlich. Zwar sind zur hochwertigen Verwertung werthaltiger Haushaltsabfälle auch gewerbliche Sammlungen grundsätzlich zulässig. Die gesetzlichen Anforderungen an gewerbliche Sammlungen stellen aber sicher, dass die kommunale Entsorgung hierdurch nicht gefährdet wird.
Das neue title="Aktuelle Fassung">Kreislaufwirtschaftsgesetz schafft schließlich die verordnungsrechtlichen Grundlagen für die Einführung auch einer "einheitlichen Wertstofftonne oder einer einheitlichen Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität". Danach sollen künftig Verpackungen und stoffgleiche Nichtverpackungen einheitlich haushaltsnah entsorgt werden können. Das Trennen von Abfällen wird hierdurch erheblich erleichtert und das Ressourcenpotential des Hausmülls wesentlich effizienter genutzt. Die konkreten rechtlichen Regelungen werden in einem gesonderten Rechtssetzungsvorhaben im Laufe des Jahres 2012 verabschiedet werden, in dem auch Alternativen eines hochwertigen Recyclings geprüft werden können.
- 2. Mit dem neuen title="Aktuelle Fassung">Kreislaufwirtschaftsgesetz wird die Abfallwirtschaft wesentlich stärker in eine Ressourcen schonende Materialbewirtschaftung eingebunden. Vor dem Hintergrund der globalen Rohstoffknappheit kommt der Abfallwirtschaft eine immer stärkere Bedeutung als Lieferant von Rohstoffen zu. Weltweit werden heute jährlich annähernd 60 Milliarden Tonnen an abiotischen, nichtenergetischen Rohstoffen verbraucht, fast 50 Prozent mehr als vor 30 Jahren, mit steigender Tendenz. Die wesentlichen Treiber für den zunehmenden Rohstoffverbrauch sind die wachsende Weltbevölkerung, von circa 4,3 Milliarden im Jahr 1980, über heute etwa 6,5 Milliarden auf geschätzte 9,2 Milliarden in 2050, und ein zunehmender pro-Kopf-Verbrauch in bevölkerungsreichen Schwellenländern wie China, Brasilien oder Indien. Die Nutzung von Rohstoffen und anderen Ressourcen geht aber stets mit Umweltbelastungen einher. Denn sie führt zu Emissionen von Schadstoffen in die Luft, den Boden und das Wasser, zum Ausstoß von Treibhausgasen, zu Verbrauch oder Vernichtung wertvoller Flächen und zu einem Verlust der notwendigen Biodiversität. Eine nachhaltig umweltfreundliche Rohstoffversorgung ist daher unerlässlich. Hierfür muss die Ressourceneffizienz deutlich gesteigert werden. Neben der nachhaltigeren Nutzung von Produkten müssen vor allem auch die in den Abfällen enthaltenen Rohstoffe und Energieträger besser und hochwertiger genutzt werden.
Es gilt nun, die mit dem neuen title="Aktuelle Fassung">Kreislaufwirtschaftsgesetz gelegten Grundlagen intensiv zu nutzen. Die Fortentwicklung der Kreislaufwirtschaft ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe an der alle Akteure, insbesondere Verbraucher, Erzeuger, private wie öffentliche Entsorgungsträger, Verbände, Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen beteiligt sind. Hierzu bedarf es einer zügigen und konsequenten Umsetzung des neu gestalteten Abfallrechts.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
Produktverantwortung fortentwickeln
Die Produktverantwortung ist Leitprinzip auch des neuen title="Aktuelle Fassung">Kreislaufwirtschaftsgesetzes und auf Verordnungsebene, insbesondere unter Beteiligung des Bundestages, fortzuentwickeln. Dies gilt insbesondere für eine verbesserte Erfassung und Verwertung werthaltiger Abfälle aus privaten Haushaltungen durch eine einheitliche Wertstofftonne oder einer einheitlichen Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität. Hierdurch soll in diesem Bereich die Kreislaufwirtschaft nachhaltig ausgebaut und gleichzeitig die Umsetzung für die Bürgerinnen und Bürger entscheidend vereinfacht werden. Diese Ziele werden in Form einer umfassenden und effizienten Regelung in einem eigenständigen Gesetz regelt.
5-stufige Abfallhierarchie umsetzen
Die neue 5-stufige Abfallhierarchie bedarf zu einem ökologisch anspruchsvollen, ökonomisch tragfähigen und rechtssicheren Vollzug der Umsetzung durch abfallstrombezogene Rechtsverordnungen. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, möglichst zügig die zur Umsetzung der neuen Hierarchie erforderlichen Rechtsverordnungen zu erlassen und die bereits vorhandenen Rechtsverordnungen, wie zum Beispiel die Altholzverordnung, die Bioabfallverordnung oder die Klärschlammverordnung, entsprechend zu überprüfen und anzupassen. Ziel muss es sein, die relevanten Abfallströme an den Vorgaben der Hierarchie auszurichten, soweit dies erforderlich ist, um die ökologisch beste und ökonomisch sinnvollste Lösung umzusetzen. Leitbild der Regelungen für eine ressourceneffiziente Stoffnutzung sollte der bereits in der Verordnungsermächtigung verankerte Gedanke der Kaskadennutzung sein. Der zunächst als Auffang- bzw. Übergangslösung vorgesehene gesetzliche Heizwert sollte insoweit möglichst bald und vollständig abgelöst werden.
Abfallvermeidungsprogramm anspruchsvoll ausgestalten
Die Kreislaufwirtschaft erfordert eine dynamische Fortentwicklung und kontinuierliche Überprüfung der Praxistauglichkeit von Maßnahmen zur Abfallvermeidung, welcher innerhalb der Abfallhierarchie die oberste Priorität zukommt. Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter Beteiligung der Länder und Betroffenen ein anspruchsvolles Abfallvermeidungsprogramm zu erstellen, welches die Abfallvermeidung stärkt und ihr neue Impulse gibt. In diesem Zusammenhang sollte nicht nur die Verbesserung des Vollzugs bereits bestehender gesetzlicher Regelungen, welche die Abfallvermeidung einfordern, oder eine weitere Verbesserung bereits praktizierter freiwilliger Vermeidungsmaßnahmen in den Blick genommen werden. Vielmehr sollte auch geprüft und ausgelotet werden, ob und inwieweit neue Handlungsfelder für die Abfallvermeidung erschlossen oder bestehende erweitert werden können. Dies gilt zum Beispiel im Hinblick auf eine mehrfache oder längere Verwendung von Produkten, eine höhere Wertschöpfung bei der Nutzung von Rohstoffen, zum Beispiel von nachwachsenden Rohstoffen nach dem so genannten Kaskadenmodell oder auch im Hinblick auf die Vermeidung von Lebensmittelabfällen.
Wiederverwendung stärken
Die Vorbereitung zur Wiederverwendung von Abfällen stellt nach der Abfallhierarchie grundsätzlich die hochwertigste Verwertungsart dar. Diese Verwertungsform kommt aus ökologischen, ökonomischen und technischen Gründen allerdings nur für bestimmte Abfälle, insbesondere bestimmte Produktabfälle, etwa Altmöbel, in Betracht. Derartige Maßnahmen bedürfen daher einer gezielten Planung und Förderung. Die Kommunen sind daher aufgefordert, ihre Abfallwirtschaftskonzepte stärker auf die Förderung der Wiederverwendung auszurichten und dabei soziale, arbeitsmarktpolitische und ökologische Ziele miteinander zu verbinden.
Recyclinggesellschaft verwirklichen
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die notwendigen Maßnahmen zur Stärkung des Recyclings von Abfällen zu ergreifen.
Um das Recycling zu stärken, insbesondere um die für bestimmte Abfallströme vorgesehenen Quoten zu erreichen, etwa für Siedlungsabfälle oder Bau- und Abbruchabfälle, müssen zunächst bestehende Rechtsverordnungen überprüft und gegebenenfalls im Sinne dieser Zielsetzung angepasst werden. Dies betrifft zum Beispiel die Gewerbeabfall- und die Altholzverordnung.
Im vorliegenden Zusammenhang ist aber auch der Erlass weiterer Verordnungen zu prüfen, um durch ökologisch hochwertige, ökonomisch tragfähige, rechtssichere und gleichzeitig möglichst unbürokratische Vorgaben bundesweit und bundeseinheitlich den Ausbau des Recyclings von Abfällen nachhaltig zu fördern. Dies gilt zum Beispiel für das Recycling von Bau- und Abbruchabfällen, Schlacken u. ä. zu sogenannten Ersatzbaustoffen auf der Grundlage der eigens für diesen Bereich geschaffenen neuen Ermächtigungsgrundlage. Zusammen mit dem Bodenaushub stellen diese Abfälle den mit Abstand mengenmäßig größten Abfallstrom dar.
Umweltverträgliche Beseitigung sichern
Mit dem Ausbau der Kreislaufwirtschaft geht ein entsprechender Rückgang der zu beseitigenden Abfallmengen einher, letztlich mit dem "Idealziel", Verbrennungskapazitäten verringern zu können und Deponien weitestgehend entbehrlich zu machen.
Gleichwohl wird es für die Kreislaufwirtschaft auf absehbare Zeit immer noch von entscheidender Bedeutung sein, die umweltverträgliche Beseitigung von Abfällen, insbesondere von gefährlichen Abfällen, zu sichern.
Die Bundesregierung bleibt daher weiterhin aufgefordert, die umweltverträgliche Beseitigung von Abfällen zu gewährleisten und die Fortentwicklung des Standes der Technik in diesem Bereich nachhaltig zu fördern.
Unnötige Bürokratie vermeiden
Die Bundesregierung wird aufgefordert, für einen möglichst praktikablen Vollzug der neuen gesetzlichen Regelungen zu sorgen. Dies gilt insbesondere für Bereiche, die erstmals von Neuregelungen betroffen sind, wie etwa die Betreiber von größeren Biogasanlagen, soweit sie Gülle als Einsatzstoff verwenden. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Bundesländern einen praxisgerechten Vollzug der einschlägigen Vorschriften sicherzustellen, wenn erforderlich und von den Ländern akzeptiert auch durch eine Verordnung des Bundes. Wir gehen davon aus, dass sich landwirtschaftliche Betriebe in der Regel nicht der im Betrieb anfallenden tierischen Fäkalien entledigen wollen und müssen, insbesondere auch dann nicht, wenn diese vor ihrem Einsatz als Dünger zur Erzeugung von Energie dienen.
Die Bundesregierung wird zudem aufgefordert, die notwendigen Verordnungen des untergesetzlichen Regelwerkes, insbesondere für Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen sowie Entsorgungsfachbetriebe so auszugestalten oder anzupassen, dass unter
Wahrung der notwendigen Effizienz die Belastungen für die Betroffenen so gering wie möglich gehalten werden.
Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang aufgefordert, die erheblich erweiterten Möglichkeiten zum Einsatz moderner Kommunikationstechniken zu nutzen und auszuschöpfen und hierbei auf dem im Nachweisbereich bereits eingeführten elektronischen Verfahren aufzubauen und dessen Möglichkeiten konsequent zu nutzen.
Lohndumping bekämpfen
Mit dem neuen title="Aktuelle Fassung">Kreislaufwirtschaftsgesetz wird sich die Entsorgungswirtschaft verstärkt dem Wettbewerb stellen müssen. Dieser Wettbewerb darf nicht über Lohn- oder Sozialdumping geführt werden. Nach der Einigung der Tarifparteien auf eine Lohnuntergrenze in der Entsorgungswirtschaft und der Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit Anfang 2011 ist bereits die Grundlage für einen fairen Wettbewerb geschaffen worden."