Der Bundesrat hat in seiner 829. Sitzung am 15. Dezember 2006 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt wirkungsvolle Instrumente zur Hebung der Verkehrssicherheit. Er teilt in diesem Zusammenhang die Auffassung der Kommission, dass Sicherheitsprogramme auch bei der Gestaltung des Straßenraums zu berücksichtigen sind.
- 2. Allerdings müssen entsprechende Vorschläge auch zu einem tatsächlichen Sicherheitsgewinn führen und dürfen keine unverhältnismäßige Bürokratie verursachen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der Vorschlag der Kommission dieser Vorgabe nicht gerecht wird.
- 3. Der Bundesrat ist insbesondere der Auffassung, dass der Vorschlag in der vorliegenden Fassung aufgrund der Einführung eines umfangreichen Datenerhebungsverfahrens und Berichtswesens zu zusätzlichem Bürokratie-, Personal- und Kostenaufwand der Länder führt, ohne dass ein Nutzen für die Verkehrssicherheit in Deutschland zu erwarten ist.
- 4. Der Vorschlag kann daher in der vorliegenden Fassung nicht akzeptiert werden.
- 5. Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, im weiteren Verfahren gegenüber der EU darauf hinzuwirken, dass auf den Richtlinienvorschlag aus nachfolgenden Gründen verzichtet wird:
Der Richtlinienvorschlag sieht die Implementierung eines EU-weiten Sicherheitsmanagements auf den Straßen des transeuropäischen Verkehrsnetzes vor. Hierzu sollen folgende Verfahren generelle Anwendung finden:
- - grundsätzliche Bewertung des Sicherheitseffekts baulicher Maßnahmen,
- - generelles Sicherheitsauditing im Zusammenhang mit der Planung von Straßenbauvorhaben,
- - Entwicklung und Umsetzung infrastruktureller Maßnahmen zur Steigerung der Verkehrssicherheit auf festgestellten Strecken mit erhöhter Unfallbelastung sowie
- - regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen aller Straßen des transeuropäischen Verkehrsnetzes.
Alle Verfahren werden in Deutschland schon praktiziert. So wurden in Deutschland bereits im Jahr 2002 die Empfehlungen zum Sicherheitsaudit von Straßen veröffentlicht, die in der Praxis Anwendung finden. Die bestehenden Sicherheitsprogramme sind sehr wirksam und entsprechen in ihrer Maßnahmenstruktur den Anforderungen des Richtlinienvorschlags oder gehen noch darüber hinaus. Zudem erstrecken sich die Sicherheitsprogramme in Deutschland auf alle Straßen und nicht nur auf die Straßen des transeuropäischen Verkehrsnetzes.
Die Einführung weiterer normativer Regelungen ist aus deutscher Sicht nicht erforderlich. An deren Stelle sollte vielmehr ein europaweiter Informationsaustausch im Sinne der "best practices" forciert werden.
Aufgrund der hohen Qualität der in Deutschland bereits umgesetzten Maßnahmen eines Sicherheitsmanagements im Straßennetz steht der Vorschlag im Widerspruch zum Subsidiaritätsprinzip gemäß Artikel 5 EGV. Entgegen der Auffassung der Kommission werden die mit der vorgeschlagenen Richtlinie verfolgten Ziele in Deutschland bereits erreicht.
Der Richtlinienvorschlag sieht zudem die Einführung eines umfangreichen Datenerhebungsverfahrens und Berichtswesens vor. Es steht zu befürchten, dass der damit verbundene Personal- und Kostenaufwand zu Lasten der praktischen Verkehrssicherheitsarbeit geht. Die Durchführung von Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit in der Straßenverkehrsinfrastruktur wird damit zumindest erschwert und verteuert; Qualitätsverluste sind nicht auszuschließen. Demgegenüber ist ein Nutzen aus deutscher Sicht nicht zu erwarten.
Das ehrgeizige Ziel einer drastischen Senkung der Zahl der Verkehrstoten erfordert nicht den Aufbau von zusätzlicher Bürokratie, zumal dies allen innerstaatlichen Bestrebungen nach Bürokratieabbau zuwiderläuft. Völlig ausreichend ist, wenn bereits bewährte und gute Sicherheitsprogramme verbreitet und zur Anwendung empfohlen werden.
- 6. Sollte ein entsprechender Verzicht nicht durchsetzbar sein, bittet der Bundesrat die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass von Detailvorgaben abgesehen wird, die den Einsatz der bisher praktizierten Verfahren in Frage stellen, und dass insbesondere kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand durch Klassifizierungs- und Berichtspflichten entsteht.
- 7. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme der Kommission.