Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik
Freistaat Sachsen
Dresden, 7. Dezember 2016
Ministerpräsident
An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Malu Dreyer
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Sächsische Staatsregierung, die Landesregierung Sachsen-Anhalt und die Thüringer Landesregierung haben beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zum Erhalt der Außenstellen der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zuzuleiten.
Ich bitte Sie, diesen Antrag gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 952. Sitzung des Bundesrates am 16. Dezember 2016 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Stanislaw Tillich
Entschließung des Bundesrates zum Erhalt der Außenstellen der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass den Außenstellen der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik eine besondere Bedeutung bei der andauernden Aufarbeitung der SED-Diktatur insbesondere durch die Möglichkeit der ortsnahen Einsicht in die Akten des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR zukommt.
- 2. Der Bundesrat begrüßt, dass sich der Deutsche Bundestag in der beschlossenen Drucksache 18/8705 dafür ausgesprochen hat, bei der Erstellung eines Konzepts zur dauerhaften Sicherung der Stasiakten durch den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und das Bundesarchiv zu beachten, dass keine Verschlechterung bei Aktenzugang und Akteneinsicht eintritt.
- 3. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich bei der zukünftigen Strukturierung der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik für den Erhalt der in den Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bestehenden Außenstellen einzusetzen.
Begründung:
Eine zentrale Forderung der Bürgerbewegung der ehemaligen DDR im Zuge der Friedlichen Revolution 1989/90 war, dass jeder Bürger die Möglichkeit haben sollte, Zugang zu allen Informationen zu erhalten, die der Staatssicherheitsdienst über die eigene Person dokumentiert hatte. Dieses Anliegen wurde mit dem Stasi-Unterlagen-Gesetz umgesetzt. Die persönliche Akteneinsicht ist seit über 25 Jahren eine zentrale Aufgabe des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Mehr als die Hälfte aller aufgefundenen Stasi-Unterlagen lagern in den Archiven der Außenstellen. Daher wurden bisher auch rund zwei Drittel der Anträge auf Akteneinsicht dorthin gerichtet. In den Außenstellen besteht neben der Möglichkeit der Antragstellung auf Akteneinsicht nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz für die Bürger auch die Gelegenheit, zu Fragen der Akteneinsicht eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Durch den Bestand der Außenstellen wird gewährleistet, dass die Bürgerinnen und Bürger, unproblematische, zügige und wohnortnahe Einsicht in die sie betreffenden Akten nehmen können. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund beachtlich, als dass zunehmend ältere, und damit gesundheitlich beeinträchtigte Menschen das Recht auf Akteneinsicht wahrnehmen werden.
Die Außenstellen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik leisten auch im Rahmen der Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere durch die bei den Außenstellen angegliederten Informations- und Dokumentationszentren, einen wichtigen Beitrag bei der Aufarbeitung des SED-Unrechts in den Regionen und tragen dazu bei, das Bewusstsein für Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat auch bei den kommenden Generationen, die nicht über persönliche Erfahrungen mit oder in einer Diktatur verfügen, zu schärfen. Ein dafür notwendiges umfangreiches Ausstellungs-, Bildungs- und Veranstaltungsprogramm kann allein vor Ort, von den ansässigen Akteuren geleistet werden. Darüber hinaus leisten die Außenstellen auch einen wichtigen Beitrag zur Bildungsarbeit für Schüler, Lehrer und Studenten.
Auf Grundlage des vom Deutschen Bundestag in seiner Sitzung vom 9. Juni 2016 beschlossenen Antrags Drucksache 18/8705 ist die Entscheidung über die Umstrukturierung der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in die nächste Legislaturperiode des Deutschen Bundestages vertagt worden. Der Bundesbeauftrage und das Bundesarchiv sollen zur dauerhaften Sicherung der Stasiakten ein gemeinsames Konzept erarbeiten. Dabei soll beachtet werden, dass bei der Neuregelung keine Verschlechterung bei Aktenzugang und Akteneinsicht eintreten soll.
Im Hinblick auf dieses zu erstellende Konzept und den damit noch anhaltenden Diskussionsprozess ist es erforderlich, dass auch die Bundesländer die Unverzichtbarkeit der Beibehaltung der bisherigen Außenstellen des Bundesbeauftragten für die Gewährleistung eines möglichst ortsnahen Zugangs für die Bürger zu den Stasi-Akten zum Ausdruck bringen.