Der Bundesrat hat in seiner 966. Sitzung am 23. März 2018 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat hat zum Entwurf eines völkerrechtlichen Vertrags über eine verstärkte Wirtschaftsunion am 17. Januar 2012 (vergleiche BR-Drucksache 864/11(B) ) Stellung genommen. Darin hat er die Zielsetzung des Vertrages, die Wirtschafts- und Währungsunion zu einer fiskalpolitischen Stabilitätsunion weiterzuentwickeln, begrüßt. Er vertrat die Auffassung, dass es sich bei dem Vertrag um eine Angelegenheit der EU handle. Zudem forderte er, dass die zunächst intergouvernemental vereinbarten Regelungen so schnell wie möglich in die vertraglichen Grundlagen der EU zu überführen seien. Der vorliegende Richtlinienvorschlag greift diese Forderung grundsätzlich auf.
- 2. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission der fiskalischen Stabilität in den Mitgliedstaaten hohe Priorität einräumt und die Bestimmungen des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (sogenannter SKS-Vertrag), insbesondere die Regelungen zum Fiskalpakt, als geeignet zur Erreichung des stabilitätspolitischen Ziels einstuft.
- 3. Unabhängig von der Frage einer Überführung des Vertrags in die Strukturen der EU lehnt der Bundesrat die Erweiterung der Aufgaben und Kompetenzen der bereits in den Mitgliedstaaten bestehenden unabhängigen Einrichtungen ab. Die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen und die Erweiterung des Zugangs zu Informationen durch die unabhängigen Einrichtungen sind daher nicht notwendig. Ein Eckpfeiler erfolgreicher Haushaltssteuerung ist langfristige Verlässlichkeit. Die Erfahrungen mit den Regelungen des Fiskalvertrags rechtfertigen keine Änderungen der neu eingeführten oder neu justierten bestehenden Strukturen.
- 4. Er lehnt ferner inhaltliche Änderungen entschieden ab. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass das Vorhaben nur dann der Erreichung des stabilitätspolitischen Ziels dienen kann, wenn auf eine 1:1-Umsetzung geachtet wird. Daher fordert er die Bundesregierung auf, im Rahmen der weiteren Verhandlungen zum vorliegenden Richtlinienvorschlag im Rat auf eine strikte 1:1-Umsetzung des SKS-Vertrags zu achten.
- 5. Die Länder haben im Verfassungsgefüge der Bundesrepublik Deutschland Staatsqualität; sie genießen Haushaltsautonomie. Deshalb heißt es in den am 24. Juni 2012 zwischen Ländern und Bund vereinbarten Eckpunkten einer innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrages und des Stabilitäts- und Wachstumspakts: "Durch den Fiskalpakt sowie die noch ausstehende Konkretisierung bestimmter Vorgaben durch die Kommission werden keine Anforderungen begründet, die über die Vorgaben des verfassungsrechtlichen Rahmenwerks zur Begrenzung der Neuverschuldung in den Haushalten von Bund und Ländern hinausgehen. [...] Zur Erfüllung der Vorgaben des Fiskalpaktes tragen die Länder ausschließlich im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich garantierten Haushaltsautonomie durch die Einhaltung ihrer bestehenden Verpflichtungen aus Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 143d Absatz 1 Satz 4 GG bei. Die Länder treffen keine darüber hinausgehenden Verpflichtungen. Die Überführung des Fiskalvertrags in die Strukturen der EU muss diese Grenzen ebenfalls einhalten.
- 6. Der Bundesrat teilt die Einschätzung der Kommission in ihrer Vorlage gemäß Artikel 8 des SKS-Vertrags vom 22. Februar 2017, nach der der Rechtsstatus der Bestimmungen, die Formulierung der Regel des ausgeglichenen Haushalts, der Korrekturmechanismus und die Regelungen zur unabhängigen Überwachungsinstitution in der Bundesrepublik das Regelwerk des Fiskalpakts bzw. des SKS-Vertrags einhalten. Die Ausgestaltung der Überführung in die Strukturen der EU darf nicht dazu führen, dass Änderungen vorgenommen werden müssten.
- 7. Er ist insbesondere der Auffassung, dass sich das System der Haushaltsplanung und der jährlich zu aktualisierenden Finanzplanung in der Bundesrepublik grundsätzlich bewährt haben. Die Festlegung eines verbindlichen Ausgabepfads für den Zeitraum einer Legislaturperiode würde den Gestaltungsspielraum der Politik in nicht sachgerechter Art und Weise einschränken.
- 8. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.