Der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburg, den 28. Oktober 2009
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage mit Begründung beigefügte
- Entschließung zu dem geplanten Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten und deren Übermittlung aus der Europäischen Union an die Vereinigten Staaten für die Zwecke des Programms zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (SWIFT-Abkommen)
zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 863. Sitzung des Bundesrates am 6. November 2009 zu setzen und sie anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Ole von Beust
Entschließung zu dem geplanten Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten und deren Übermittlung aus der Europäischen Union an die Vereinigten Staaten für die Zwecke des Programms zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (SWIFT-Abkommen)
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass sich das Europäische Parlament mit seiner Entschließung vom 17. September 2009 (BR Drucksache. 765/09 (PDF) ) für einen wirksamen Schutz von personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit dem geplanten internationalen Abkommen einsetzt.
- 2. Der Bundesrat betont die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die Eigentums- und Berufsfreiheit.
- 3. Der Bundesrat teilt die in der Entschließung des Europäischen Parlaments zum Ausdruck gebrachte Sorge, dass ein Zugriff auf die betroffenen Finanztransaktionsdaten die Gefahr von Wirtschafts- und Industriespionage großen Ausmaßes mit sich bringt, weil die vorhandenen Informationen Rückschlüsse über wirtschaftliches Verhalten zulassen.
- 4. Der Bundesrat erachtet eine substantielle Beteiligung der nationalen Gesetzgebungsorgane und des Europäischen Parlaments an der Verhandlung des Abkommens angesichts der weitreichenden Bedeutung für die Freiheitsrechte und die wirtschaftliche Integrität der Europäischen Union für geboten.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, einem Abkommen zur Bereitstellung von Finanztransaktionsdaten im Rat nur zuzustimmen, wenn Zweck und Voraussetzungen der Datenübermittlung hinreichend klar festgelegt sind, eine Weitergabe der Daten an Drittländer ausgeschlossen und ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet ist.
Begründung
Die Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist ein gemeinsames Anliegen der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten von Amerika. Dazu gehört auch ein entschlossenes Vorgehen gegen die Finanzierung terroristischer Verbrechen.
Gleichwohl müssen auch hier die verfassungsmäßigen Anforderungen gewahrt bleiben. Sicherheit und Freiheit gehören in einer offenen Gesellschaft untrennbar zusammen. Deshalb stehen bei der Aufdeckung und Verfolgung der Finanzierung terroristischer Straftaten das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ebenso wenig wie Eigentums- und Berufsfreiheit zur Disposition.
Das gilt in besonderem Maße für den Schutz sensibler Bankdaten. Vertrauliche Finanztransaktionen bilden die Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklung.
Nach dem derzeitigen Stand ist zu besorgen, dass das geplante Abkommen einen weitreichenden Zugriff auf - internationale wie nationale - Finanztransaktionsdaten erlaubt, ohne hinreichende Vorkehrungen zum Schutz der betroffenen Grundrechtspositionen vorzusehen.
Erhebliche Bedenken bestehen insbesondere, soweit eine Datenübermittlung auch ohne einen konkreten Verdacht auf strafbarer Aktivitäten der Betroffenen beabsichtigt ist. Damit erhielten die Behörden der Vereinigten Staaten von Amerika Befugnisse, die den deutschen Sicherheitsbehörden von Verfassungs wegen verwehrt sind.
Hinzu kommt, dass wesentliche Verhandlungsgrundlagen bisher nicht öffentlich sind. Eine verbindliche Regelung der Übermittlung schützenswerter Bankdaten ohne transparente öffentliche Diskussion wird der Bedeutung der Angelegenheit für die Freiheitsrechte und das Wirtschaftsleben nicht gerecht.